TE OGH 1992/10/13 11Os95/92

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Veröffentlicht am 13.10.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1992 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, Dr.Rzeszut, Dr.Hager und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hadler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Edgar S***** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 und Abs 2 Z 3 SGG sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Edgar S***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.August 1992, GZ 6 e Vr 7122/90-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Edgard S***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG (I.) und des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit a FinStrG (II.) schuldig erkannt.

Darnach hat er

I. den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt, indem er am 22.März 1990 3.065 Gramm Kokain aus Österreich in die Bundesrepublik Deutschland einführte und am 23.März 1990 in Bad Reichenhall dem gesondert verfolgten Karlheinz C***** übergab, wobei er die Tat mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen hat, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmachte;

II. durch die zu Punkt I. beschriebenen Handlungen Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, an sich gebracht und verhandelt.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der Verfahrensrüge (Z 4) erachtet sich der Beschwerdeführer durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung vom 26.März 1992 gestellten Beweisanträge als in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Dies in der Beschwerde nur noch wegen der unterlassenen zeugenschaftlichen Einvernahme des Kriminalkomissärs L***** vom Bayerischen Landeskriminalamt, des Scheinankäufers "Fred" (nach seiner Ausforschung) und der abermaligen zeugenschaftlichen Einvernahme des Kriminalhauptkommissars Helmut H*****.

Für die erfolgreiche Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO ist zunächst ein prozessual tauglicher Beweisantrag vorauszusetzen, der außer Beweisthema und Beweismittel - soweit es sich (wie hier) nicht aus der Sachlage von selbst ergibt - auch die Gründe anführen muß, aus welchen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise das behauptete Ergebnis haben werde. Der Zeuge Helmut H***** wurde in der Hauptverhandlung vom 4.April 1991 (AS 353 ff) ausführlich vernommen, wobei auch dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt war, entsprechende Fragen zu stellen. Es wäre daher Voraussetzung für einen erheblichen Beweisantrag gewesen, darzutun, aus welchen Gründen die abermalige Vernehmung dieses Zeugen ein zusätzlich relevantes Beweisergebnis erwarten lasse (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 19 zu § 281 Abs. 1 Z 4). Dazu kommt, daß das Erstgericht ohnedies von dem nach dem erstinstanzlichen Beweisantrag (AS 428, 429) gewünschten Ergebnis, daß nämlich Karlheinz C***** den Beschwerdeführer anläßlich seiner Festnahme nicht als Suchtgiftlieferanten namhaft gemacht hat, ausging (US 9 f).

Aber auch hinsichtlich der beiden anderen Beweisanträge lassen weder diese noch die sich in hypothetisch-beweiswürdigenden Überlegungen erschöpfenden Beschwerdeausführungen erkennen, zu welchen entscheidungswesentlichen Tatsachen zusätzliche Aufschlüsse durch die Beweisaufnahme zu gewinnen gewesen wären. Der Beschwerdeauffassung zuwider wurden daher Verteidigungsrechte des Angeklagten durch die Abweisung der genannten Beweisanträge nicht geschmälert, weil - wie das Erstgericht in seinem abweisenden Zwischenerkenntnis im Ergebnis zutreffend ausführt (AS 81/Band II) - das Beweisthema, nämlich die näheren Umstände der Verhaftung des gesondert verfolgten Karlheinz C***** bzw dessen "widersprechende Angaben" vor seiner Festnahme sowie die Frage des Bekanntheitsgrades des Mittäters C***** in der deutschen Suchtgiftszene und die näheren Modalitäten seiner ersten Kontaktaufnahme mit dem Scheinankäufer bzw sein allfälliges Wissen um die Identität dieses angeblichen Kaufinteressenten mit dem Vornamen "Fred", keine entscheidungswesentlichen Tatsachen betrifft und überdies vom Beweisbegehren des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages nicht umfaßt ist.

Soweit der Angeklagte im Rahmen der Verfahrensrüge weiters auf das Fehlen seines Einverständnisses (insbesondere) zur - indes nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO gerechtfertigten - Verlesung der in Gegenwart des erkennenden Senates vor dem Rechtshilfegericht abgelegten Aussage des Zeugen C***** (ON 71) verweist und damit der Sache nach eine Verletzung der Bestimmung des § 252 Abs. 1 Z 4 StPO rügt, vermag er - ebenso wie mit seinem Hinweis auf den Verstoß gegen § 276 a StPO - Nichtigkeit auch unter dem Aspekt der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO - wie die Beschwerde selbst nicht verkennt - nicht aufzuzeigen (vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 23 zu § 252, ENr 7 zu § 276 a). Unter dem Blickwinkel der Z 4 hinwieder fehlt es dem Beschwerdeführer an der formellen Legitimation zur erfolgreichen Geltendmachung dieses Umstandes als Verfahrensmangel.

Doch auch der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Aus welchen Gründen das Schöffengericht vor allem den belastenden Angaben des Zeugen Karlheinz C***** Glauben schenkte und die Verantwortung des die Tat leugnenden Angeklagten als widerlegt ansah, legte es denkfolgerichtig, im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung und entgegen dem Beschwerdevorbringen auch unter Erörterung vorhandener Inkonstantheiten in den Aussagen der vom Erstgericht gehörten Zeugen mängelfrei dar. Dabei befaßte es sich ausdrücklich mit der Aussage der Zeugin Brigitte S*****, der es allerdings die Eignung aberkannte, die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Karlheinz C***** zu erschüttern bzw Zweifel an der Schuld des Angeklagten zu begründen. Es nahm auch auf die von der Beschwerde relevierten Divergenzen in der Aussage des Belastungszeugen Karlheinz C***** ausdrücklich Bedacht und setzte sich überdies mit den Angaben der Zeugin Herta C***** auseinander, aus deren Depositionen es eine Bestätigung entscheidungswesentlicher Teile der Aussage des Zeugen Karlheinz C***** ableitete.

Im übrigen erschöpft sich das weitwendige Vorbringen des Beschwerdeführers zur Mängelrüge (Z 5) vornehmlich mit dem abermaligen Hinweis auf angebliche Widersprüche in der Aussage des Belastungszeugen C***** der Sache nach bloß im Versuch, die Beweisergebnisse nach Art einer (im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht eingeräumten) Schuldberufung einer anderen Deutung zu unterziehen, als es den denklogischen Überlegungen des Schöffensenates entspricht. Formale Begründungsmängel in der Bedeutung dieses Nichtigkeitsgrundes werden vom Rechtsmittelwerber jedoch nicht aufgezeigt. Entgegen seiner Auffassung mußte sich das Erstgericht auch nicht mit sämtlichen Divergenzen in den Angaben des Zeugen C***** über die Frage der exakten Zeitpunkte der jeweiligen Tathandlungen auseinandersetzen, es genügte der gebotenen gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) vielmehr damit, daß es diesen Teil der Aussage des Zeugen zusammenfassend als "etwas unpräzise" beurteilte und die aufgetretenen Widersprüche denklogisch auf Erinnerungsschwächen zufolge des zwischen der Tat und der Vernehmung des Zeugen verstrichenen längeren Zeitraumes zurückführte, die der Glaubwürdigkeit in bezug auf das wesentliche Tatgeschehen aber nicht entgegenstehen (US 14 f). Das Schöffengericht war entgegen der offensichtlichen Meinung des Beschwerdeführers auch nicht verpflichtet, sich mit sämtlichen (auch unwesentlichen) Verfahrensergebnissen, wie etwa der Temperatur der Fahrzeugreifen des PKWs des Angeklagten anläßlich der Übernahme des Suchtgiftes und der - hinlänglich geklärten - Frage des Standortes dieses PKWs, noch näher zu befassen. Auf die aus der Gesamtheit der weitwendigen Beschwerdeausführungen hervorleuchtende Behauptung des Beschwerdeführers, die im angefochtenen Urteil aus der Aussage des Zeugen Karlheinz C***** gezogenen Schlüsse seien nicht zwingend, es wären auch für den Angeklagten günstigere Folgerungen denkbar, vermag der formale Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aber nicht gestützt zu werden.

Nach eingehender Prüfung der im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) vorgebrachten - weitgehend eine Wiederholung der Argumente der Mängelrüge darstellenden - Einwände ergaben sich auch gegen die Richtigkeit der von den Tatrichtern dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen keine erheblichen Bedenken.

Die zum Teil unbegründete, zum Teil nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß dem § 285 d StPO sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird daher das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E30883

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0110OS00095.9200006.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19921013_OGH0002_0110OS00095_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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