TE OGH 1992/11/12 7Ob636/92

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Veröffentlicht am 12.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Josef H*****, vertreten durch Dr.Otto und Dr.Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Jae-Whan R*****, vertreten durch Dr.Walter Prunbauer ua Rechtsanwälte in Wien, wegen S 62.158,20 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 30.Juni 1992, GZ 14 R 79/92, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25.Jänner 1992, GZ 8 Cg 80/90-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und die Urteile der Vorinstanzen dahin abgeändert, sodaß sie zu lauten haben:

"Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 7.147,25 s.A. binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 3.180,48 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen, der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 957,60 bestimmten Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 9.478,76 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 4.248,-- Barauslagen) und die mit S 3.348,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen. Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 690,-- an Barauslagen für das Revisionsverfahren zu bezahlen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist südkoreanischer Staatsbürger. Er wurde 1986 mit Elfriede B***** über den Ankauf der Eigentumswohnung Wien 1., Hoher Markt, Marc Aurelstraße 2, top.27, einig. Der Kaufpreis sollte vom Beklagten im Kreditweg beschafft werden. Der Beklagte beauftragte seinen Cousin W*****, einen österreichischen Staatsbürger, mit der weiteren Abwicklung dieses Rechtsgeschäftes und verreiste nach Südkorea. Da die Verkäuferin vom Käufer den Kaufpreis so bald wie möglich erhalten wollte, bei einem Ankauf durch den Beklagten jedoch erst in einiger Zeit mit einer Genehmigung nach dem Ausländergrunderwerbsgesetz zu rechnen war, erklärte der vom Beklagten beauftragte Notariatssubstitut des Klägers Dr.P*****, daß bei einem Ankauf der Wohnung durch den bereits eingebürgerten W*****, eine sofortige Auszahlung des Kaufpreises an die Verkäuferin möglich wäre, W***** hätte dann dem Beklagten weiterzuverkaufen, allerdings wären dann die Abgaben an das Finanzamt zweimal zu leisten. Bezüglich des Honorars des Klägers wurde keine Vereinbarung getroffen. W***** war mit dieser Konstruktion einverstanden. Am 23.1.1986 wurde der vom Kläger verfaßte Kaufvertrag B*****-W***** und am 6.8./8.6.1986 der ebenfalls vom Kläger verfaßte Kaufvertrag W*****-Beklagter unterfertigt. Beide Kaufverträge wurden verbüchert. Der Kläger verrechnete dem Beklagten für den ersten Kaufvertrag S 54.644,40 und für den zweiten letztlich S 37.513,80, jeweils ohne Aufschlüsselung des Honoraranspruches, aber unter Detaillierung aller Barauslagen und der Umsatzsteuer.

Der Kläger begehrt vom Beklagten ursprünglich die Bezahlung von S 92.158,20 s.A. Der Kläger habe für den Beklagten "einen" Kaufvertrag errichtet, der mit sehr umfangreichen Nebenarbeiten verbunden gewesen sei.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, mit dem Kläger eine Honorarvereinbarung über pauschal S 30.000,-- getroffen zu haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (im ersten Rechtsgang) mit S 30.000,-- - dieser Zuspruch erwuchs in Rechtskraft - und im zweiten Rechtsgang hinsichtlich des Restes vollinhaltlich statt. Der Beklagte habe den Kläger mit der Erstellung zweier Kaufverträge (gemeint ist wohl voneinander unabhängiger Kaufverträge) beauftragt und müsse dementsprechend für jedes Werk die angemessenen Kosten bezahlen.

Das Berufungsgericht wies mit der angefochtenen Entscheidung ein S 30.000,-- übersteigendes Honorarbegehren ab. Es erklärte die Revision für unzulässig. Die Honorarermittlung nach dem Notariatstarif sei hinsichtlich der im § 1 bzw. 5 NT genannten Amtshandlungen, für vom Notar errichtete Privaturkunden nicht mit einer Zeitgebühr für eine Konferenz, Telefonate oder einzelne Vorbereitungshandlungen, sondern allein nach der Wertgebühr für das Hauptgeschäft zu bemessen. Die Errichtung der Vertragsurkunde, ihre Verbücherung und die damit verbundenen Schritte stellten ein Werk im Sinne des § 1165 ABGB dar. Erachte der Notar wie im vorliegenden Fall, eine zusätzliche Vertragserrichtung für erforderlich, so habe er dem Besteller mitzuteilen, daß dafür eine gesonderte Honorierung anfalle, widrigenfalls er gemäß § 1170 a 2.Satz ABGB seinen zusätzlichen Entgeltanspruch dafür verliere. Einem Laien sei der mit einer zweiten Vertragserrichtung verbundene "ungewöhnliche Umfang" deswegen nicht ohne weiteres erkennbar, weil der Vertragstext der beiden Kaufverträge mit Ausnahme der Parteienbezeichnung gleich geblieben sei und nur auf die Erhöhung der Abgaben an das Finanzamt hingewiesen worden sei. Der Kläger habe daher nur Anspruch auf die Wertgebühr nach § 18 Abs.1 NTG von S 18.189,-- zuzüglich Umsatzsteuer, Barauslagen und Stempelgebühr, zusammen daher S 27.143,80. Dieses Honorar sei dem Kläger mit dem im ersten Rechtsgang bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrag von S 30.000,-- abgegolten worden.

Die gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Sind zur Erbringung des aufgetragenen Werkes Aufwendungen erforderlich, die in diesem Umfang unter ähnlichen Umständen nicht üblich sind, kann der Notar, falls ihm diese Aufwendungen nicht besonders aufgetragen wurden, dem dieser Mehrleistung nicht bewußten Auftraggeber nur die Auslagen verrechnen, die im Normalfall aufgelaufen wären (zuletzt 1 Ob 598/91). Der Fall ist dann dem im § 1170 a Abs.2 letzter Satz ABGB genannten, daß sich beträchtliche Überschreitungen als unvermeidlich herausstellen, vergleichbar. In diesem Fall kann der Unternehmer, der dies dem Besteller nicht unverzüglich angezeigt hat, kein Entgelt für die Mehrarbeit verlangen (vgl. NZ 1979, 74; EvBl 1989/117 ua). Im vorliegenden Fall hat aber der Vertreter des Klägers dem Vertreter des Beklagten vorgeschlagen, zur Verwirklichung des Verkäuferwunsches, den Kaufpreis so rasch wie möglich zu erhalten, durch die Errichtung zweier getrennter Kaufverträge zu entsprechen. Er schlug damit ein zulässiges Umgehungsgeschäft vor. Nur dann, wenn die umgangene Norm ein Rechtsgeschäft mit Nichtigkeit bedroht, muß dies, soll der Gesetzeszweck nicht vereitelt werden, auch für das Umgehungsgeschäft gelten. Wenn aber hier das umgangene Geschäft nicht nichtig, sondern bis zur Bewilligung der Grundverkehrsbehörde aufschiebend wirksam ist, muß dies auch für das Umgehungsgeschäft gelten. Nicht jedes Umgehungsgeschäft ist nichtig, es unterliegt vielmehr denjenigen Rechtsnormen, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden sind (vgl. EvBl. 1988/10; Krejci in Rummel ABGB2 § 879 Rz 37). Auf diese Form von Umgehungsgeschäften ist daher § 916 ABGB nicht anwendbar. Würde man das Gegenteil vertreten, so wäre jedes Treuhandgeschäft ein Scheingeschäft (vgl. Rummel in Rummel ABGB2 § 916 Rz 1).

Zu seinem Vorschlag machte der Substitut des Klägers dem Vertreter des laut Absprache kostenpflichtigen Beklagten hinsichtlich der Mehrkosten darauf aufmerksam, daß die Gebühren für das Finanzamt zweimal zu bezahlen seien. Dieser stimmte zu. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers und des Erstgerichtes wurde damit in Wirklichkeit aber nur die Durchführung eines Kaufvertrages in Auftrag gegeben. Die Annahme des Vorschlages Dris.P***** durch den Vertreter des Beklagten kann aber nicht anders verstanden werden, als daß der Kläger ausdrücklich damit beauftragt wurde, diesen Mehraufwand zu erbringen. Jedem einsichtigen Laien mußte jedoch klar sein, daß nicht nur die an das Finanzamt zu bezahlenden Gebühren doppelt anfallen, sondern daß die mit der Verbücherung des ersten Kaufvertrages verbundenen Aufwendungen nicht dem zweiten Kaufvertrag zugerechnet werden können. Mit der Zustimmung zu dieser Vorgangsweise hat daher der Vertreter des Beklagten eine beträchtliche Überschreitung des ursprünglichen Auftragsumfanges im Sinne des § 1170 a Abs.2 letzter Satz ABGB genehmigt. Demnach hat sich der Kläger seinen zusätzlichen Honoraranspruch gewahrt. Allerdings können ihm nach der Sachlage nicht die Errichtung von Urkunden über zwei voneinander völlig unabhängige Rechtsgeschäfte honoriert werden, weil ja in Wirklichkeit nur ein Rechtsgeschäft beurkundet werden sollte. In analoger Anwendung des § 7 2.Satz NTG (vgl. Michael-Tades NT Anm.3 zu § 7) ist in einem solchen Fall eine Erhöhung der Wertgebühr nach § 3 NTG vorgesehen. Diese erscheint gemäß § 273 ZPO mit einem 50 %igen Zuschlag angemessen.

Der Kläger hat ohne nähere Aufschlüsselung sein Gesamthonorar mit S 92.158,20 eingeklagt. Auch unter Zugrundelegung der vorgelegten Kostennoten ergibt sich, daß für den ersten Kaufvertrag pauschal S 46.971,-- und für den zweiten Kaufvertrag pauschal S 30.322,-- an Notarsleistungen verrechnet werden. Nur die einzelnen unbestrittenen Barauslagen und die Auslagen für Stempelgebühren wurden aufgeschlüsselt. Mangels einer gesonderten Detaillierung der der Grundgebühr zugrundeliegenden Ansätze konnte gemäß § 7 des NTG gleich dem Berufungsgericht nur die dem Gesetz zu entnehmende Grundgebühr von S 18.198,-- zuzüglich einem 50 %igen Zuschlag und zuzüglich der detailliert ausgewiesenen Barauslagen und der detailliert begehrten Stempelgebühr zugesprochen werden. Dementsprechend stehen dem Kläger zu den bereits rechtskräftig zuerkannten S 30.000,-- noch weitere S 7.147,25 zu. Um diesen Betrag war daher das Berufungsurteil in Stattgebung der Revision abzuändern, das Mehrbegehren jedoch abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs.1 ZPO. Im ersten Verfahrensabschnitt, der mit der rechtskräftigen Zuerkennung von S 30.000,-- endete, obsiegte der Kläger rund 40 %, weshalb er zu einem 20 %igen Kostenersatz an den Beklagten zu verpflichten war. Ihm steht jedoch ein Barauslagenersatz von 40 % gegenüber dem Beklagten zu. Im zweiten Verfahrensabschnitt obsiegte der Kläger nur 11,5 %, weshalb dem Beklagten ein Rechtsanwaltskostenersatz von 77 % und ein Barauslagenersatz von 88 %, jedoch dem Kläger ein solcher von 11,5 % zuzuerkennen war. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 43 Abs.1 und 50 ZPO. Auch hier waren die Aufteilungsregeln für den zweiten Verfahrensabschnitt anzuwenden.

Anmerkung

E33234

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00636.92.1112.000

Dokumentnummer

JJT_19921112_OGH0002_0070OB00636_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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