TE OGH 1992/11/24 14Os136/92

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof.Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Mag. Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fuchs als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heribert M***** und andere wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 46 Abs 1 lit a FinStrG und anderer Finanzvergehen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Adolf H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. Mai 1992, GZ 6 b Vr 13362/91-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Deitzer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - neben weiteren Angeklagten - Adolf H***** der Finanzvergehen der Abgaben- und Monopolhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 46 Abs 1 lit a FinStrG, jeweils als Beteiligter nach § 11 dritter Fall FinStrG (Punkte B/II a und b sowie D/II des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Enzersdorf an der Fischa vorsätzlich zur Ausführung der von dem Mitangeklagten Heribert M***** hinsichtlich 2,300.000 Stück Zigaretten der Marke Milde Sorte begangenen Finanzvergehen der Abgaben- und Monopolhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 46 Abs 1 lit a FinStrG - mit einem strafbestimmenden Wertbetrag von 3,224.692 S und einer Bemessungsgrundlage gemäß § 46 Abs 2 lit b FinStrG von 2,990.000 S (Punkte A/I a-c und C/I) - in Ansehung von 800.000 Stück dieser Zigaretten, sohin von Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, dadurch beigetragen, daß er

a) am 4. Februar 1991 Heribert M***** beim Verladen der (800.000 Stück) Zigaretten in einen LKW behilflich war und

b) am 5. Februar 1991 1.200 Stück dieser Zigaretten geschenkweise an sich brachte;

strafbestimmender Wertbetrag: 1,121.632 S, Bemessungsgrundlage gemäß § 46 Abs 2 lit b FinStrG: 1,040.000 S (Punkte B/II a und b, D/II).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nicht berechtigt ist zunächst die mangelnde Strafwürdigkeit der Tat reklamierende Rechtsrüge (Z 9 lit b). Der Strafausschließungsgrund nach § 42 StGB, der gemäß § 25 Abs 3 FinStrG für Finanzvergehen, die vom Gericht zu ahnden sind, gilt - hier aber wohl auf jene Finanzstrafsachen mit Bagatellcharakter gemünzt ist, die nur zufolge sachlicher Konnexität (§ 53 Abs 4 FinStrG) in die Zuständigkeit des Gerichts fallen (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch FinStrG § 25 Anm 5) - liegt nur dann vor, wenn alle in der genannten Bestimmung angeführten Voraussetzungen erfüllt sind; fehlt auch nur eine von ihnen, ist die Tat strafbar. Vorliegend sind schon im Hinblick auf den strafbestimmenden Wertbetrag, der die hier (in Ansehung der Abgabenhehlerei) für die Gerichtszuständigkeit maßgebliche Wertgrenze von 500.000 S (§ 53 Abs 2 lit b FinStrG) um mehr als das Doppelte übersteigt, die Folgen der Tat jedenfalls nicht mehr als unbedeutend anzusehen. Wenngleich es sich vorliegend nicht um ein Vermögensdelikt, sondern um Angriffe gegen die Finanzhoheit des Staates handelt (SSt 45/22), kann sich angesichts der Verweisung des Finanzstrafgesetzes auf § 42 StGB die Beurteilung, was unter unbedeutenden Folgen zu verstehen ist, auch im Finanzstrafrecht nicht wesentlich von den für Vermögensdelikte entwickelten Kriterien entfernen (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO E 6; Leukauf-Steininger Komm.**n § 42 RN 27). Bei Berücksichtigung dieser Kriterien kann sohin vorliegend von geringen Folgen der Tat nicht ernstlich die Rede sein. Hinzu kommt, daß abgesehen von hier gleichfalls zu beachtenden generalpräventiven Erwägungen, angesichts des Umfangs der Tätigkeit des Beschwerdeführers beim Verladen der Zigarettenmenge (800.000 Stück = 4.000 Stangen zu 10 Paketen), womit zwangsläufig ein nicht unbedeutender Aufwand an Zeit und Mühe verbunden war, auch von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten hinter dem durch die hier maßgebliche Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt (vgl. Leukauf-Steininger aaO RN 14) nicht mehr gesprochen werden könnte.

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) hinwieder strebt der Beschwerdeführer die Beurteilung seines Verhaltens als Abgaben- und Monopolhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit b, 47 (gemeint: 46) Abs 1 lit b FinStrG an; er ist auch damit nicht im Recht.

Abgesehen davon, daß die in lit a und b des § 37 Abs 1 FinStrG - gleiches gilt für den Tatbestand der Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a und lit b FinStrG, der dem Tatbestand der Abgabenhehlerei entspricht - umschriebenen Begehungsweisen der Abgabenhehlerei ebenso wie jene der vergleichbaren Deliktsfälle der Z 1 und 2 des § 164 Abs 1 StGB rechtlich vertauschbar sind, sodaß die vorliegende, bloß auf die Annahme der anderen Begehungsweise zielende Beschwerde insoweit auch nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt ist (vgl. 9 Os 16/86; ÖJZ-LSK 1982/176 zu § 164 Abs 1 Z 1 und 2 StGB), verkennt der Beschwerdeführer die wesentlichen Kriterien der fremdnützigen und eigennützigen Abgabenhehlerei. Der Deliktsfall der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit b FinStrG pönalisiert die Unterstützung des Vortäters - etwa des Schmugglers - beim Verheimlichen oder Verhandeln der durch die Vortat erlangten Sache. Von der eigennützigen Abgabenhehlerei (Abs 1 lit a) unterscheidet er sich dadurch, daß der Vortäter selbst die Sache verheimlicht oder verhandelt, während sich die Tätigkeit des Abgabenhehlers darauf beschränkt, ihn - den Schmuggler - dabei zu unterstützen. Erfolgt das Verheimlichen oder Verhandeln jedoch durch den Abgabenhehler, so haftet dieser nicht nach Abs 1 lit b, sondern nach Abs 1 lit a FinStrG. Während also bei der fremdnützigen Abgabenhehlerei der Vortäter im Mittelpunkt des Geschehens steht und sich die Tätigkeit des Hehlers auf die Unterstützung des Vortäters beschränkt (sachliche Begünstigung des Vortäters), trifft dies bei der eigennützigen Abgabenhehlerei auf den Hehler zu. Der Unterschied zur Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG besteht sohin darin, daß dort das Verheimlichen oder Verhandeln im Interesse des Hehlers erfolgt, also Ausfluß der selbständigen Verfügung über die Sache ist, während gemäß § 37 Abs 1 lit b FinStrG das Verheimlichen oder Verhandeln durch den Hehler im Interesse des Vortäters erfolgt, um ihm den Erfolg der Vortat zu sichern oder ihn der Strafverfolgung zu entziehen (vgl. Sommergruber-Reger, Das Finanzstrafgesetz mit Kommentar S 274 f, 312; Leukauf-Steininger aaO § 164 RN 15, 20, 31).

Da der Beschwerdeführer die eingangs wiedergegebenen Verhehlungshandlungen im eigenen Interesse und im Interesse des (gleichfalls) der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannten Heribert M***** begangen hat und nicht in Unterstützung der Vortäter (hier also der Schmuggler), mit denen er offensichtlich gar keinen Kontakt hatte, ist dem Schöffengericht der von der Beschwerde behauptete Rechtsirrtum nicht unterlaufen. Die unzutreffende Beurteilung eines mängelfrei festgestellten Verhaltens aber bloß in bezug auf die Täterschaftsform - sonstiger Tatbeitrag anstelle unmittelbarer (Mit-)Täterschaft - ist angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 11 FinStrG und des § 12 StGB ohne Bedeutung (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO § 11 E 20, 21; Mayerhofer-Rieder aaO ENr 55, 56 zu § 281 Z 10).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 21, 37 Abs 2, 46 Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 80.000 S; gemäß § 20 FinStrG wurde die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit acht Wochen festgesetzt. Von der Verhängung einer Wertersatzstrafe wurde abgesehen.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von zwei Finanzvergehen als erschwerend, hingegen das reumütige Geständnis, die finanzbehördliche Unbescholtenheit und die äußerst untergeordnete Tatbeteiligung als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafherabsetzung an; ihr kommt keine Berechtigung zu.

Wenngleich das Erstgericht den Umstand, daß der Angeklagte die ihm zur Last liegenden Finanzvergehen vorwiegend unter der Einwirkung eines Dritten, nämlich des Mitangeklagten M***** begangen hat, nicht ausdrücklich als besonderen Milderungsgrund angeführt hat, so lassen die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit jedenfalls erkennen, daß diese spezifische Situation ohnedies mitberücksichtigt wurde. Die Strafzumessungsgründe bedürfen allerdings insofern einer Korrektur, als das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen hier nicht erschwerend ist, weil dieser Umstand bereits die (größere) Höhe der Geldstrafdrohung bestimmt (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch aaO § 21 E 12).

Selbst auf der Basis der solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe zeigt sich jedoch angesichts der vom Erstgericht bei einer Strafobergrenze von 3,283.264 S mit 80.000 S ausgemessenen Geldstrafe, daß die von der Berufung hervorgekehrte besondere Lage des Falles ohnedies berücksichtigt wurde.

Die vom Schöffensenat verhängte Geldstrafe ist somit tat- und tätergerecht, weshalb auch der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

E35132

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00136.9200011.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19921124_OGH0002_0140OS00136_9200011_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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