TE OGH 1992/11/24 14Os141/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.11.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof. Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Fuchs als Schriftführer, in der Strafsache gegen Heino Hartmut Walter B***** u. a. wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Strafsatz und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 15.September 1992, GZ 25 Vr 648/91-182, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heino Hartmut Walter B***** - und Jakobus Gerardus Antonius B*****, dessen Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, (zu A und B des Urteilssatzes) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Strafsatz und § 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken, Heino B***** auch mit dem abgesondert verfolgten Bernd G***** gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz Angestellte nachgenannter Bankinstitute durch Täuschung über Tatsachen und unter Verwendung falscher Urkunden, nämlich durch die Vorgabe, die von ihnen jeweils nach Eröffnung freier Schillingkonten zur Gutschrift eingereichten gefälschten Schecks seien gedeckt, zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Bargeldbeträgen, verleitet bzw zu verleiten versucht, die nachgenannte Bankinstitute an ihrem Vermögen in einem S 500.000 übersteigenden Betrag schädigten bzw schädigen sollten, und zwar:

A) Heino B*****

1. in der Zeit vom 8. bis zum 18.März 1991 in Wien die E*****-Bank durch Einreichen eines auf das Postgiroamt Ludwigshafen gezogenen Schecks über 87.900 DM zur Gutschrift und durch mehrmalige Behebungen um insgesamt 770.140,83 S,

2. in der Zeit vom 10. bis zum 21.Jänner 1991 in Innsbruck mit dem abgesondert verfolgten Bernd G***** die R*****kasse T***** durch Einreichen eines auf das Postgiroamt Ludwigshafen gezogenen Schecks über 76.800 DM zur Gutschrift und durch zwei Behebungen von S 45.000 und S 85.000 sowie durch Veranlassung einer Überweisung von S 125.000 um insgesamt S 255.000,

3. am 22.Jänner 1991 (zu ergänzen: in Innsbruck) die R*****kasse T***** durch die per Telefax veranlaßte Überweisung (des Restbetrages) um S 364.920 zu schädigen versucht (wobei die Überweisung lediglich infolge rechtzeitiger Stornierung durch die genannte Bank verhindert wurde);

B) Heino B***** zusammen mit Jakobus B***** in Graz

1. in der Zeit vom 30.Jänner bis zum 5.Februar 1992 die L*****bank für St***** durch Einreichen eines auf die S*****kasse Tr***** gezogenen Schecks über 86.400 DM zur Gutschrift und durch Behebung von S 400.000;

2. in der Zeit vom 29.Jänner bis zum 3.Februar 1992 die St***** Sparkasse und die St***** Bank ***** durch Einreichen zweier Schecks über je 86.400 DM und durch versuchte Behebungen (von jeweils S 400.000) zu schädigen versucht (wobei die Auszahlungen lediglich durch die Aufmerksamkeit der Bankangestellten unterblieben sind).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Heino B*****, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Mit der Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Angeklagte die (nach seiner Ansicht insbesondere im Hinblick auf die Beweiswürdigung zu Unrecht erfolgte) Abweisung der von ihm in der Hauptverhandlung gestellten sechs Beweisanträge (S 193 bis 194 III) durch das Schöffengericht.

Dazu ist im einzelnen folgendes zu sagen:

ad 1.: Der Antrag auf Einvernahme der Zeugen Bernd G***** und Johann B***** zum Beweis dafür, daß weder diese noch der Angeklagte B***** gewußt oder damit gerechnet haben, daß die eingereichten Schecks zu den jeweiligen Anklagefakten ungedeckt waren, sowie zum Beweis dafür, daß die entsprechende Anweisung zu den konkreten Handlungen immer von einem mit Familiennamen unbekannten "Dieter" deutscher Provenienz erteilt wurden, weiters der Zeuge B***** auch zum Beweis dafür, daß nicht der Angeklagte B*****, sondern der Zeuge bei der E*****-Casse Schecks eingereicht und eine entsprechende Unterschrift geleistet hat, wurde zu Recht abgewiesen. Denn mit Rücksicht darauf, daß sowohl das am 10.Juni 1991 vom Erstgericht an das für V***** (dem angeblichen Wohnort der genannten Zeugen) zuständige Gericht in den Niederlanden ergangene Rechtshilfeersuchen (ON 31 I) trotz mehrfacher Urgenzen ohne Begründung unbeantwortet geblieben ist als auch die gegen diese Beschuldigten erlassenen Steckbriefe (ON 3 und 25 I) trotz europaweiter Fahndung bisher erfolglos geblieben sind, handelt es sich im konkreten Fall um "aussichtslose Beweismittel", deren Abweisung keine Nichtigkeit begründet (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 102, 104, 105 b und 107 a zu § 281 Z 4).

ad 2.: Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung der E.H***** (Inhaberin des Hotels ***** in Graz) zum Beweis dafür, daß dem Angeklagten auf Grund eines von ihr offensichtlich mit einem Polizeibeamten geführten Telefonates bekannt war, daß ihn die Polizei suchte und er trotzdem nicht die Flucht ergriff, betrifft keinen Umstand, der für die Entscheidung über die Schuld oder für den anzuwendenden Strafsatz von Bedeutung ist. Davon abgesehen ging das Erstgericht ohnehin von der Annahme aus, daß der Angeklagte (nach seiner eigenen Verantwortung vor der Polizei - S 119, 129 bis 131 und 159 des einbezogenen Aktes ON 65 II) auf das Erscheinen der Polizei insofern vorbereitet war, als er (unmittelbar nach seiner Rückkehr in das Hotel und kurz vor seiner Festnahme - US 12) das Geld in einer Klopapierrolle versteckt hatte (US 18 letzter Satz).

ad 3.: Keinen für die Schuld relevanten Umstand berührt auch die beantragte Beischaffung des "offensichtlich in der Schweiz gegen den Angeklagten B***** behängenden" Strafaktes, mit dem dargetan werden sollte, daß der Beschwerdeführer nach kurzer Verhaftung wegen ähnlich gelagerter Handlungsweisen wie in den Anklagefällen freigelassen wurde und daher von einem noch behängenden Strafverfahren in diesem Zusammenhang nichts mehr bekannt wurde. Sowohl den sicherheitsbehördlichen Erhebungsergebnissen (ON 42) als auch der Verantwortung des Beschwerdeführers (S 190/III) ist zu entnehmen, daß die Schweizer Behörden das bezughabende Strafverfahren an die niederländischen Strafverfolgungsbehörden abgetreten haben.

ad 4.: Nicht zielführend ist der weitere (vom Erstgericht zu Recht abgelehnte) Beweisantrag auf Einholung eines "graphologischen" (gemeint wohl: Schriftsachverständigen -) Gutachtens zum Beweis dafür, daß nicht der Angeklagte, sondern der als Zeuge beantragte B***** der Scheckeinreicher bei der E*****-Casse war. Hat doch die Zeugin Ingrid S***** in der Hauptverhandlung den Angeklagten B***** zweifelsfrei als denjenigen erkannt, der den Scheck eingereicht hat (S 192 III iVm mit US 9 und 14). Selbst der durch das Gutachten eines Schriftsachverständigen möglicherweise zu erbringende Beweis, daß die Unterschrift auf dem Scheck aus der Hand des B***** stammt, könnte unter den gegebenen Umständen nichts an der festgestellten Schuld des Angeklagten ändern.

ad 5.: Weder dem Beweisantrag selbst auf "Einholung eines graphologischen (gemeint wohl: Schriftsachverständigen -) Gutachtens zum Beweis dafür, daß die ungedeckten Schecks nicht gefälscht waren, sondern vom Aussteller unterfertigt wurden", noch aus der Sachlage kann nachvollziehbar entnommen werden, daß - wie die Beschwerde "bei Zugrundelegung durchschnittlicher menschlicher Intelligenz und logischen Handelns" beweiswürdigend darzutun versucht - im Falle der Echtheit der Schecks, nicht anzunehmen ist, daß der Angeklagte damit gerechnet hat, daß sie nicht gedeckt sind.

Vorliegend hat das Schöffengericht in einer Gesamtschau der Verfahrensergebnisse sowie unter Berücksichtigung des von beiden Angeklagten geschilderten Tatablaufs mit unbedenklicher und zureichender Begründung auch in diesem Punkt der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers den Glauben versagt. Unter diesen Umständen war das Gericht aber nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre (aaO ENr 67). So gesehen wurde auch dieser Beweisantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

ad 6.: Was den Antrag auf "Einholung eines Gutachtens aus dem Bankfach" betrifft, bedurfte es zunächst keines Bankexperten zum Beweis der ohnehin notorischen und auch gegenständlich durch mehrere Zeugenaussagen bestätigten Tatsache, daß Banken bei Einhaltung der berufsüblichen Sorgfalt von ihnen nicht näher bekannten Einreichern zur Gutschrift vorgelegte Verrechnungsschecks grundsätzlich nur "zum Inkasso" annehmen und erst dann honorieren, wenn die bezogene Bank ihrerseits der auszahlenden Bank die Valuta gutgeschrieben hat. Nach der forensischen Erfahrung, die durch die vorliegende Aktenlage einmal mehr erhärtet wird (vgl hiezu S 109, 223, 249 I sowie ON 13, 14, 22, 29 und 55 I), kommt es dabei aber infolge Nachlässigkeit und mangelnder Aufmerksamkeit einzelner Bankangestellter immer wieder zu verfrühten, ungerechtfertigten Auszahlungen und Überweisungen von Bargeldbeträgen, wie dies in den Schuldspruchsfakten A 1. und 2. sowie B 1. des Urteilstenors augenscheinlich der Fall war.

Mit eben diesen Unzulänglichkeiten und Fehlern hat - wie das Erstgericht nach den Beweisergebnissen zutreffend annahm (US 16) - der Angeklagte, der zugegebenermaßen (S 121 und 159 b der ON 65 II) vordem in der Schweiz (ON 42 I) und anderen europäischen Ländern (ON 128 I und 107 II) auf gleiche Art und Weise Scheckbetrügereien verübt hat, auch bei österreichischen Banken teilweise erfolgreich spekuliert.

Entsprechend dem Sinngehalt des Beweisantrages ist aber - ohne vorgreifende Beweiswürdigung - auszuschließen, daß ein Banksachverständiger in der Lage ist, die dem Gericht durch die Gesamtheit der ihm bereits vorliegenden Verfahrensergebnissen vermittelte Sach- und Rechtslage im Sinne der vom Beschwerdeführer gestellten Erwartung in Ansehung der "inneren Tatseite" zu verändern, daß nämlich "der Angeklagte nicht damit rechnen konnte und auch nicht damit gerechnet hat, daß eine Vielzahl von Banken diesbezüglich in höchst unüblicher und unsorgfältiger Weise bereits zu einem früheren Zeitpunkt gutschreiben und die Behebung ermöglichen werde".

Demnach wurde auch dieser Beweisantrag durch das Schöffengericht zu Recht abgewiesen.

Nach eingehender Prüfung der in der Beweisrüge (Z 5 a) erhobenen Einwände gelangte der Oberste Gerichtshof zur Überzeugung, daß damit keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen dargetan werden. Das Erstgericht mußte sich im Rahmen der Beweiswürdigung nicht damit auseinandersetzen, "wie ein vernünftiger und rational denkender Mensch in der Weise vorgehen kann (wie es vorliegend der Angeklagte getan hat), obwohl er im Falle des festgestellten Vorsatzes mit einer strafbehördlichen Verfolgung tatsächlich rechnen muß, insbesondere wenn er bankinterne Mängel ausnützt". Mit "welchem bankinternen Mangel" der Angeklagte aber vorliegend gerechnet hat, und warum er nicht "an die Rechtmäßigkeit" seines Handelns glauben konnte, haben die Tatrichter in einer Gesamtschau - und nicht isoliert betrachtet - der ihnen vorliegenden Beweisergebnisse unter Einbeziehung der jeglichen Schuldvorwurf in Abrede stellenden Verantwortungen der beiden Angeklagten denkgesetzmäßig, plausibel und zureichend begründet. Der Sache nach unternimmt der Angeklagte mit seinem Vorbringen vielmehr nur den unzulässigen Versuch, nach Art einer Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in Ansehung der subjektiven Tatseite aufkommen lassen.

Schließlich ist auch die Mängelrüge (Z 5) nicht berechtigt.

Zum einen werden nämlich mit dem bloß allgemein gehaltenen Hinweis, daß "obige Umstände nicht entsprechend bei der Beweiswürdigung berücksichtigt wurden", weder die bekämpften Aussprüche des Gerichtes noch Tatumstände, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, ausdrücklich oder durch deutliche Hinweise angeführt, sodaß dieses Vorbringen einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich ist (aaO ENr 11 und 12 zu § 281 Z 5); zum anderen ist die (auf keinen entscheidenden Umstand bezogene) Beschwerdebehauptung, im gesamten Akt lägen keine "Beweisergebnisse vor, wegen welcher Handlungsweisen der Angeklagte in der Schweiz verfolgt, kurz inhaftiert und wieder aus der Haft entlassen wurde", schlichtweg aktenwidrig; denn sowohl in den sicherheitsbehördlichen Erhebungsberichten (S 347 bis 348, 357, 363 bis 379 I) als auch in der Verantwortung des Angeklagten (S 121 der ON 65 II) wird in unverwechselbarer Weise auf gleichartige Scheckbetrügereien hingewiesen. Im Kern läuft daher dieses Vorbringen erneut lediglich auf die bloße Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinaus, ohne in Wahrheit einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Gemäß § 285 i StPO fällt demnach die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.

Anmerkung

E31478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00141.9200005.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19921124_OGH0002_0140OS00141_9200005_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten