TE OGH 1992/12/3 12Os69/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, Dr.Rzeszut, Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag.Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr.Joszef A***** und Laszlo G***** wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach §§ 11 (erster Fall), 13 und 35 Abs 1 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten sowie über die Berufung des Angeklagten Dr.A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 20.März 1992, GZ 7 Vr 840/91-96, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen (soweit es auf dem Finanzstrafgesetz beruht) unberührt bleibt, in Ansehung beider Angeklagten im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) Außenhandelsgesetz sowie in dem auf § 17 Abs 2 Außenhandelsgesetz gestützten Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Über die Berufung des Angeklagten Dr.Joszef A***** wird (außer dem Fall des § 296 Abs 1 StPO im Zuge der Verfahrenserneuerung) das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben.

Text

Gründe:

Die jugoslawischen Staatsbürger Dr.Joszef A*****, geboren am 20.Juni 1957, Facharzt für Neurologie, und Laszlo G*****, geboren am 12. August 1962, Bautechniker, wurden (1) des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels nach §§ 11 (erster Fall), 13, 35 Abs 1 FinStrG und (2) des Vergehens nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) AußenhandelsG schuldig erkannt. Darnach haben sie - so der Schuldspruch - am 5. November 1991 in K***** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter

1. vorsätzlich versucht, eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 17 Goldbarren a 1 kg (Reinhaltsgehalt 995,0), 15 Stück kleine Goldbarren, 400 Stück Vierfachgolddukaten und 199 Stück Einfachgolddukaten im Gesamtwert von ca 2,8 Millionen Schilling, worauf Eingangsabgaben von insgesamt 638.246 S (davon 628.814 S an Einfuhrumsatzsteuer und 9.432 S an Außenhandelsförderungsbeitrag) entfielen, unter Verletzung der in den §§ 48 f ZollG 1988 normierten Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen;

2. wenn auch nur fahrlässig, die zu Punkt 1. angeführte Goldmenge ohne erforderliche Bewilligung eingeführt, wobei der Wert der Waren 500.000 S überstieg.

Das Erstgericht verhängte über beide Angeklagten jeweils sowohl nach § 35 Abs 4 FinStrG als auch nach § 17 Abs 2 AußenhandelsG (unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene) Geldstrafen (für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) und sprach gemäß §§ 17 Abs 1 und 2 lit a, 35 Abs 4 iVm § 13 FinStrG den Verfall der tatverfangenen Goldbarren und Golddukaten aus.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten Dr.Joszef A***** und Laszlo G***** bekämpfen ihre Schuldsprüche (in gemeinsamer Rechtsmittelausführung) jeweils mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Angeklagte Dr.A***** überdies den Verfallsausspruch mit Berufung.

Den - für beide Angeklagten ident ausgeführten - Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Der in der Mängelrüge (Z 5) zunächst behauptete Widerspruch zwischen den erstgerichtlichen Feststellungen, daß das urteilsgegenständliche Gold nach dem Tätervorsatz einerseits nach Österreich gebracht und in der Folge nach Kanada transferiert (341), andererseits in Österreich realisiert (345 f) werden sollte, betrifft keine entscheidende Tatsache, weil die grundsätzliche Strafbarkeit eines sogenannten Durchfuhrschmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG nur unter den - hier nicht aktuellen - besonderen Voraussetzungen gemäß § 35 Abs 5 FinStrG entfällt. Davon abgesehen geht das angefochtene Urteil zunächst vom Vorhaben eines weiteren Transfers "dieser Vermögenswerte" nach Kanada aus, was der Annahme einer zwischenzeitigen "Realisierung" des Goldes in Österreich nicht den Boden entzieht (341).

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider betrifft auch die Frage, ob sich der Angeklagte Dr.A***** mit seiner Familie nach dem Verlassen Jugoslawiens in Ungarn "angesiedelt" hat oder bloß von dort aus durch das inkriminierte Vorgehen seine weitere Flucht nach Österreich vorzubereiten suchte, keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Hat doch die tätergewollte spätere Widmung der Konterbande bei der Beurteilung der Strafbarkeit des Schmuggels außer Betracht zu bleiben. Nichts anderes gilt für das Tatmotiv, welches nach den Urteilsfeststellungen über die Auswanderungstendenzen des Angeklagten Dr.A***** entgegen dem Beschwerdevorbringen ohnedies auf der Hand liegt.

Als im Rahmen der Mängelrüge unzulässige und daher unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung hinwieder erweist sich der Einwand, aus der Sicht allfälliger zielorientierter Abstimmungsmöglichkeiten sei die Glaubwürdigkeit der Aussage des "fiskalischen Überlegungen verpflichteten" Zollbeamten Mario N***** nicht höher einzustufen als jene Punkte der Verantwortung der Angeklagten, die durch Zeugen aus dem Kreis ihrer Verwandtschaft erhärtet wurden.

Was schließlich zur Tatsachenrüge (Z 5 a) vorgebracht wird, vermag keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten Tatsachen zu erwecken. Daß die beiden Angeklagten beim Grenzübergang K***** im Zuge der routinemäßigen dienstlichen Kontaktierung durch den Zollwachebeamten Mario N***** keine Anstalten machten, das mitgeführte Gold ordnungsgemäß zu deklarieren, das Schmuggelgut vielmehr erst bei der von dem Zollwachebeamten angeordneten Öffnung des Kofferraums entdeckt wurde, ergibt sich aus den die angefochtenen Schuldsprüche tragenden, in ihrem entscheidenden Kern durchwegs konformen Angaben des Zeugen N*****, deren tatrichterliche Beurteilung als zuverlässige Feststellungsgrundlage durch die von den Beschwerdeführern versuchte Problematisierung unwesentliche Details betreffender Divergenzen nicht in Frage gestellt wird.

Die insgesamt nicht berechtigten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Aus Anlaß der Rechtsmittel konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß die Schuldsprüche der Angeklagten Dr.Joszef A***** und Laszlo G***** wegen des Vergehens nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) AußenhandelsG (Punkt 2) in mehrfacher Hinsicht gesetzwidrig sind. Grundvoraussetzung der Tatbestandsverwirklichung nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) AußenhandelsG ist nämlich, daß die Aus- oder Einfuhr der tatgegenständlichen Ware an eine nach § 3 oder nach einer auf Grund des § 5 Abs 1 AußenhandelsG ergangenen Verordnung erforderliche Bewilligung gebunden ist. Diese im angefochtenen Urteil ungeprüft gebliebene Voraussetzung liegt hier jedoch nur hinsichtlich eines Teils der inkriminierten Goldbestände vor. Während im Tatzeitpunkt (wie auch unverändert derzeit) die Einfuhr von (sowohl Einfach- als auch Vierfach-)Golddukaten aus Ungarn einer nach § 17 Abs 1 Z 1 relevanten Bewilligungspflicht unterfiel (Unternummer 711319B des Österreichischen Gebrauchszolltarifs), galt für Goldbarren (als nicht bearbeitetes Gold der Unternummer 710812) das Gegenteil, weil es sich dabei (nach wie vor) um sogenannte Freiwaren handelt, die als Tatobjekt nach § 17 Abs 1 Z 1 AußenhandelsG nicht in Betracht kommen. Ungeachtet der Klarstellung dieser (vom Bundesministerium für Finanzen laut Schreiben vom 6.Oktober 1992, GZ 030150/1-V/2/92, bestätigten) Rechtslage reichen die dem angefochtenen Urteil in diesem Punkt zu entnehmenden Tatsachengrundlagen nicht aus, den in Rede stehenden Tatkomplex nach dem Außenhandelsgesetz abschließend zu beurteilen. Dazu ist zunächst festzuhalten, daß Deliktsvollendung nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) AußenhandelsG in der im konkreten Fall allein aktuellen Begehungsform der Einfuhr eine gelungene Verbringung der Waren in das Inland voraussetzt, wegen der Betretung der Täter schon im Zuge der Zollabfertigung hier aber ebenso wenig in Betracht kommt, wie (insoweit auch vom Erstgericht zutreffend erkannt) vollendeter Schmuggel. Strafbarer Versuch des Vergehens nach § 17 Abs 2 AußenhandelsG setzt aber schon nach dem Wortlaut des § 15 Abs 1 StGB vorsätzliches Handeln voraus. Ein dementsprechender Schuldspruch kann sich daher nur auf insoweit mängelfreie tatrichterliche Feststellungen stützen. Gerade dies ist hier aber nicht der Fall, weil beiden Angeklagten laut Urteilsspruch 2 ausdrücklich bloß fahrlässige Tatbestandsverwirklichung eingeräumt wird und die inhaltlich davon abweichenden Ausführungen in den Urteilsgründen (361) auf eine - den Grad eines materiellen Feststellungsmangels (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) erreichende - Ambivalenz zur Frage der subjektiven Tatseite hinauslaufen. Gemäß § 290 Abs 1 StPO waren daher in Ansehung beider Angeklagten die auf dem Außenhandelsgesetz beruhenden Schuldsprüche und Strafaussprüche aufzuheben und dem Erstgericht insoweit eine Verfahrenserneuerung aufzutragen. In deren Rahmen wird materiellrechtlich zu beachten sein, daß es für eine Tatbestandsverwirklichung nach § 17 Abs 2 (§ 17 Abs 1 Z 1) AußenhandelsG keinen Unterschied macht, ob die Bewilligung der Einfuhr durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten oder (wie hier) nach der Zollämterermächtigungsverordnung BGBl 1987/630, durch die Zollämter in vereinfachter Form zu erteilen ist (Mayerhofer-Rieder3 Nebenstrafrecht ENr 1 zu § 17 AußenhandelsG).

Über die (allein den - vom kassatorischen Teil dieser Entscheidung unberührt gebliebenen und - angesichts des exzeptionellen Tathintergrundes aus der Sicht des § 17 Abs 6 (§ 19 Abs 5) FinStrG überprüfungsbedürftigen Verfallsausspruch nach dem Finanzstrafgesetz betreffende) Berufung des Angeklagten Dr.A***** wird gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben, sofern nicht im Zusammenhang mit einer allfälligen Urteilsanfechtung im erneuerten Verfahren (abermals) § 296 Abs 1 StPO zum Tragen kommt.

Anmerkung

E34566

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00069.9200009.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19921203_OGH0002_0120OS00069_9200009_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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