TE OGH 1992/12/15 4Ob1079/92

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Fahrzeug Import und Export Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Ivo Greiter und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei F***** Nutzfahrzeuge Vermietungs- und Vertriebsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 350.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17.September 1992, GZ 2 R 129/92-20, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin, welche nach den für den OGH bindenden Feststellungen Nutzfahrzeuge von österreichischen Kunden kauft und an solche verkauft, dabei jährlich 100 bis 150 Anfragen erhält, von denen 30 % zu Geschäftsabschlüssen führen (S. 197), damit in Österreich Verkehrsbekanntheit erlangt hat, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 34/168; ÖBl 176, 79; ÖBl 1986, 73; SZ 57/88). Ganz abgesehen davon, daß die Feststellungen der Vorinstanzen - welche sich nicht nur auf Urkunden, sondern auch auf die Parteiaussage des Geschäftsführers der Klägerin (S. 69) stützen - dahin zu verstehen sind, daß die Klägerin weiterhin im festgestellten Umfang mit österreichischen Kunden in Verbindung ist, wäre ihr auch dann Verkehrsbekanntheit in Österreich zuzuerkennen, wenn sie nur in den Jahren 1987 und 1989, für welche sie Urkundenbeweise vorgelegt hat, in Österreich tätig gewesen wäre; auch in diesem Fall müßte ja die Klägerin, deren Fahrzeuge doch über mehrere Jahre im Einsatz sein werden, noch immer bekannt sein. Eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung kommt den von der Beklagten in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen nicht zu. Ob Verkehrsbekanntheit als Voraussetzuntg für den inländischen Firmenschutz eines ausländischen Unternehmens überhaupt erforderlich ist (ablehnend Schönherr, ÖBl 1976, 80 ff; GesRZ 1978, 58 ff), kann bei dieser Sachlage ungeprüft bleiben (so schon SZ 57/88).

Daß zum Begriff der "beteiligten Verkehrskreise" keine "einheitliche Judikatur" vorhanden ist, liegt in der Natur der Sache, weil es in jedem einzelnen Fall darauf ankommt, welche Verkehrskreise an Geschäften bestimmter Art beteiligt sind. Im vorliegenden Fall trifft dies auf all jene Unternehmer zu, welche die von der Klägerin vertriebenen Fahrzeuge - zB LKW-Pritschenwagen, LKW-Kastenwagen, LKW-Kipper, Omnibusse udgl. - kaufen.

Mit dem "Gestattungsvertrag" hat sich der Oberste Gerichtshof schon befaßt (ÖBl 1992, 157; 4 Ob 96/92) und ausgesprochen, daß es sich dabei nicht um eine Namensüberlassung, sondern nur um einen Verzicht auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegenüber dem Gestattungsempfänger handelt (4 Ob 96/92). Die "F***** France Import-Export GmbH" mit dem Sitz in K***** hatte aber nach der Aktenlage von Haus aus keinen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, weil die Verwechslungsgefahr bei der - in diesem Fall gegebenen - durchgreifenden Warenverschiedenheit grundsätzlich zu verneinen ist (ÖBl 1992, 147 und 152 je mwN). Darauf, ob die weiteren Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft überhaupt vorlägen, kommt es nicht an. Hatte aber die F***** France Import-Export GmbH aber gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch, dann ist ihr in der - nachträglichen - Gestattung (Beilage 6) gelegener Verzicht ohne jede Bedeutung; er kann daher auch nicht der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin die Priorität verschaffen. Die Frage, wie weit sich der Gestattungsempfänger im allgemeinen auch gegenüber Dritten auf die Priorität des Gestattenden berufen kann (vgl 4 Ob 96/92), ist daher hier nicht entscheidend.

Das Firmenschlagwort "F*****" ist - im Gegensatz zu "CTC" (MR 1992, 37) - lautlich aussprechbar; es hat zweifellos Kennzeichnungskraft und damit Namensfunktion.

Die Firmen beider Parteien unterscheiden sich nur in ihren Zusätzen; der kennzeichnende Firmenbestandteil - welcher für sich allein den Schutz nach § 9 Abs 1 UWG genießt (ÖBl 1986, 127; ÖBl 1991, 247 uva) - ist in beiden Firmen identisch. Selbst wenn man annehmen wollte, daß auch in der Flüchtigkeit des Verkehrs die Zusätze Beachtung finden, müßte doch jedenfalls die Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn - welche dann vorliegt, wenn zwar erkennbar ist, daß es sich um verschiedene Unternehmen handelt, auf Grund der Ähnlichkeit der Bezeichnungen jedoch der Eindruck entsteht, daß zwischen diesen Unternehmen besondere Beziehungen oder Zusammenhänge, insbesondere wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur, bestünden (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 50; ÖBl 1992, 147 mwN) - bejaht werden. Hier kann nämlich durchaus der Eindruck entstehen, daß die Streitteile insofern in einem Naheverhältnis zueinander stünden, als sich die Klägerin mit dem Import und Export von Fahrzeugen, die Beklagte hingegen mit der Vermietung und dem Vertrieb von Nutzfahrzeugen befasse.

Anmerkung

E30858

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB01079.92.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19921215_OGH0002_0040OB01079_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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