TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/21 2005/11/0154

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Veröffentlicht am 21.02.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §73;
KFG 1967 §45;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in R, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte-Partnerschaft in 8010 Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 16. Februar 2005, Zl. BMVIT-170.433/0002-II/ST4/2004, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages iA. Aufhebung der Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 5. November 2003 (Zl. 11.1-703/03) entzog die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung der S. GmbH in H. die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten gemäß § 45 KFG 1967. Als Rechtsgrundlage war § 45 Abs. 6 KFG 1967 angegeben. Im Verwaltungsakt erliegt ein Rückschein, der eine Hinterlegung des RSa-Briefes nach zwei Zustellversuchen beim Zustellpostamt 8151 am 12. November 2003 ausweist.

Im Verwaltungsakt erliegt weiters ein Ersuchschreiben der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 15. Dezember 2003, "den beiliegenden RSa-Brief" ausnahmsweise dem Beschwerdeführer gegen Unterschrift zu übergeben, dieser habe nämlich den Bescheid vom 5. November 2003 vom Postamt H. nicht behoben. Einem Schreiben des Gendarmeriepostens H. vom 16. Dezember 2003 zufolge wurde der Brief dem Beschwerdeführer gegen Bestätigung am 16. Dezember 2003 ausgefolgt. Beigeschlossen war ein Rückschein, der eine Übernahme am 16. Dezember 2003 ausweist.

Im Verwaltungsakt erliegt schließlich ein Berufungsschriftsatz, datiert mit 29. Dezember 2003, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung am 30. Dezember 2003, mit dem der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer "gegen den Bescheid der BH Graz-Umgebung vom 15.12.2003, zugestellt am 16.12.2003, sohin binnen offener Frist" Berufung erhob.

Mit Bescheid vom 1. September 2004 wies der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 05.11.2003, Zl.: 11.1-703/03" als verspätet zurück. Begründend wurde ausgeführt, der erstinstanzliche Bescheid sei dem Berufungswerber am 12. November 2003 nachweislich durch Hinterlegung des RSa-Briefes zugestellt worden. Ein Zustellmangel sei nicht erkennbar. Der mit 29. Dezember 2003 datierte Berufungsschriftsatz sei am 30. Dezember 2003 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt (Eingangsstempel). Die Berufung sei daher als verspätet anzusehen, denn der letzte Einbringungstermin wäre dafür der 26. November 2003 gewesen. Aus diesem Grunde habe die Berufung als verspätet zurückgewiesen werden müssen. Dieser Bescheid erging an den Beschwerdeführer (vertreten durch seine Rechtsvertreter).

Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 11. Oktober 2004 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 73 AVG auf Übergang der Entscheidungspflicht auf den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zur Entscheidung über die Berufung vom 29. Dezember 2003 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 15. Dezember 2003. Über dieses Rechtsmittel sei innerhalb der Entscheidungsfrist des § 73 AVG seitens des Landeshauptmannes für Steiermark nicht entschieden worden. Dem Beschwerdeführer sei lediglich ein Bescheid vom 1. September 2004 zugemittelt worden, mit welchem eine Berufung gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 5. November 2003 als verspätet zurückgewiesen wurde, obwohl eine solche Berufung überhaupt nicht existiere.

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wies diesen Devolutionsantrag mit Bescheid vom 16. Februar 2005 gemäß § 73 AVG als unzulässig zurück. In der Begründung führte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zusammengefasst aus, es sei nach Lage der Akten davon auszugehen, dass die in Rede stehende Berufung des Beschwerdeführers vom 29. Dezember 2003 mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. September 2004 eine Erledigung erfahren habe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom 13. Juni 2005, B 315/5-5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und über einen späteren Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 4. August 2005, B 315/05-7, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht, wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, wobei der Devolutionsantrag bei der Oberbehörde einzubringen ist.

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Devolutionsantrag nur zulässig, wenn die der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt hat. Trifft dies nicht zu, so ist der Antrag zurückzuweisen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 266 zu § 73 AVG zitierte hg. Judikatur).

Die belangte Behörde hat den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Diese Zurückweisung des Devolutionsantrages wäre im Beschwerdefall nur dann rechtmäßig gewesen, wenn eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Landeshauptmann von Steiermark in Ansehung der vom Beschwerdeführer eingebrachten Berufung vom 29. Dezember 2003 nicht vorlag.

2.2. Im Beschwerdefall ist zunächst auf Grund übereinstimmenden Vorbringens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer am 16. Dezember 2003 eine mit 15. Dezember 2003 datierte Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides zugestellt wurde, die abgesehen vom Datum mit der am 12. November 2003 hinterlegten Ausfertigung des mit 5. November datierten Bescheides völlig identisch ist. Im Beschwerdefall ist weiters in Übereinstimmung mit der Aktenlage und mangels eines entgegenstehenden Vorbringens des Beschwerdeführers im gesamten Verwaltungsverfahren der weiteren Beurteilung zu Grunde zu legen, dass vom Beschwerdeführer nur ein Berufungsschriftsatz eingebracht wurde.

Vor diesem Hintergrund kann freilich, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend erkennt, der Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. September 2004 nur als Erledigung der mit diesem (einzigen) Berufungsschriftsatz eingebrachten Berufung verstanden werden, und zwar unabhängig davon, ob der Landeshauptmann von Steiermark zutreffend davon ausgegangen ist, dass sich die bei ihm anhängige Berufung gegen die dem Beschwerdeführer erst am 16. Dezember 2003 zugegangene Bescheidausfertigung gerichtet hat und dass die Berufung verspätet war.

Soweit der Beschwerdeführer meint, "die behördlichen Erledigungen" hätten "den richtigen Adressaten" verfehlt, genügt es darauf hinzuweisen, dass der die von ihm im eigenen Namen eingebrachte Berufung erledigende mehrfach erwähnte Bescheid des Landeshauptmannes für die Steiermark vom 1. September 2004 korrekt an den Beschwerdeführer gerichtet war. In Ansehung der Frage, ob Säumnis des Landeshauptmannes für die Steiermark vorlag, kann somit von einer Verfehlung des richtigen Adressaten nicht die Rede sein.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers lag im Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde somit keine Säumigkeit des mit Berufung angerufenen Landeshauptmannes von Steiermark vor. Die Zurückweisung des Devolutionsantrages als unzulässig durch die belangte Behörde kann demnach nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005110154.X00

Im RIS seit

03.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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