TE OGH 1992/12/15 10ObS286/92

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Prager (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Olga D*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Juli 1992, GZ 31 Rs 79/92-54, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19.Dezember 1991, GZ 10 Cgs 174/89-50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1.1.1989 die Invaliditätspension in gesetzlicher Höhe zu gewähren, ab. Es stellte neben dem Leistungskalkül der Klägerin fest, daß sie noch Sortier- und Verpackungsarbeiten in der Leder- und Galanteriewarenerzeugung sowie in der Elektrowaren- und Kunststofferzeugung und daß sie ferner die Tätigkeit einer Wäschelegerin oder Adjustiererin für Berufsbekleidung, Wirkwaren und Miederkonfektionen verrichten könne und daß die (leidensbedingten) Krankstände im Laufe eines Jahres keinesfalls acht Wochen erreichen. Rechtlich war es der Meinung, daß die Klägerin nicht invalid sei, weil sie noch die angeführten Berufstätigkeiten ausüben könne.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung nicht Folge. Da Krankenstände nicht in dem von der Rechtsprechung für den Ausschluß vom Arbeitsmarkt geforderten Ausmaß von acht Wochen zu erwarten seien, sei die Klägerin aus diesem Grund in ihrer Erwerbstätigkeit nicht beeinträchtigt, sondern könne im Rahmen ihres Leistungskalküls die in der Berufung nicht mehr bestrittenen, im Ersturteil angeführten Verweisungstätigkeiten ausüben.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht oder Berufungsgericht zur neuerlichen Urteilsschöpfung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Da auch in der Revision zur Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß der Klägerin die im Ersturteil angeführten Berufstätigkeiten zugemutet werden könnten, nichts vorgebracht wird, ist hierauf nicht weiter einzugehen. Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (E vom 16.6.1992, 10 Ob S 119/92 = SSV-NF 6/70 - in Druck) schließen aber schon mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen jährlich den Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus und bewirken daher, daß der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist. Die Feststellungen des Erstgerichtes reichen daher nicht aus, weil es nicht darauf ankommt, ob die zu erwartenden Krankenstände acht Wochen erreichen, sondern es sind vielmehr Feststellungen darüber notwendig, ob leidensbedingte Krankenstände im Ausmaß von sieben Wochen zu erwarten sind.

Es bedarf somit einer Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz, weshalb auf die in der Revision enthaltene Mängelrüge nicht eingegangen werden muß.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht auf § 2 Abs 1 ASGG iVm § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E32306

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00286.92.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19921215_OGH0002_010OBS00286_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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