TE OGH 1992/12/21 7Ob649/92

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Veröffentlicht am 21.12.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Emanuel R*****, und der mj. Sophie R*****, beide vertreten durch Dr.Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems/D als Rekursgericht vom 20.Oktober 1992, GZ 2 R 148/92-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Krems/D vom 24.Juni 1992, GZ P 35/90-40, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

Der am 6.Dezember 1991 vor dem Bezirksgericht Krems/D zu 1 C 51/90 zwischen den Eltern abgeschlossene Vergleich wird in seinem Punkt III, betreffend die vom Vater für die Minderjährigen zu leistenden Unterhaltsbeiträge, pflegschaftsgerichtlich nicht genehmigt. Im übrigen wird der Vergleich, soweit er die Minderjährigen betrifft, genehmigt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bestimmte den vom Vater ab 1.5.1990 monatlich zu leistenden Unterhalt für den mj. Emanuel mit S 6.500,-- und für die mj. Sophie mit S 5.500,-- und wies das Mehrbegehren von je S 2.500,-- (rechtskräftig) ab. Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters im Umfang der Anfechtung einer Unterhaltsbemessung von S 3.500,-- monatlich je Kind zurück, hob im übrigen jedoch den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu treffende Entscheidung auf. Der Oberste Gerichtshof änderte mit Entscheidung vom 14.11.1991 den rekursgerichtlichen Beschluß in seinem aufhebenden Teil dahin ab, daß insoweit die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt wurde. Der Oberste Gerichtshof lehnte die Rechtsansicht der zweiten Instanz, daß ein Abzug der Leibrentenzahlungen des Vaters von der Unterhaltsbemessungsgrundlage bei einem die Leibrente übersteigenen oder diese zumindest erreichenden Zinsenertrag des gegen die Leibrente erworbenen Vermögens geboten sei, ab. Im übrigen wurde der Unterhaltsbemessung durch das Erstgericht beigetreten, weil sie auf der Basis des ermittelten Einkommens des Vaters der auch vom Obersten Gerichtshof gebilligten Praxis der Gerichte zweiter Instanz entspricht (ON 30). Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter der Minderjährigen bzw. dem rechtsfreundlichen Vertreter des Vaters am 23.1.1992 bzw. am 24.1.1992 zugestellt. Aus Anlaß der Ehescheidung nach § 55a EheG hatten die Eltern der Minderjährigen inzwischen am 6.12.1991 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, dessen Punkte I und II die Übertragung der Obsorge an die Mutter und das Besuchsrecht des Vaters betreffen. Der den Unterhaltsbeitrag des Vaters regelnde Punkt III des Vergleiches hat folgenden wesentlichen Wortlaut:

"Der Vater ist schuldig, ab 1.1.1991 bis zur

Selbsterhaltungsfähigkeit einen Unterhaltsbeitrag für den mj. Emanuel

.... von S 4.500,-- und für die mj. Sophie .... von S 3.500,-- zu

bezahlen.... Bei dieser Unterhaltsregelung wurden die bisherigen

Verfahrensergebnisse P 34/90 des BG Krems verwertet und der Umstand

berücksichtigt, daß die vom Kindesvater .... zu bezahlenden bisher

als Leibrentenbeträge bezeichneten ständigen monatlichen Aufwendungen bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen sind und damit die Unterhaltsbemessungsgrundlage entsprechend vermindern."

Mit Beschluß vom 24.6.1992 genehmigte das Erstgericht den Vergleich, soweit er die Minderjährigen betrifft.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Nach der Auffassung des Rekursgerichtes enthalte Punkt III des Vergleiches eine Umstandsklausel besonderer Art. Die vom Vater zu zahlenden Leibrentenbeträge seien im Sinne der vom Rekursgericht in seinem Aufhebungsbeschluß geäußerten Rechtsansicht als die Unterhaltsbemessungsgrundlage vermindernde Abzüge gewertet worden. Im Falle einer für die Minderjährigen positiven Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über ihren Rekurs sollten die Minderjährigen aber offensichtlich berechtigt sein, eine Unterhaltserhöhung zu begehren. Im Hinblick auf diese Umstandsklausel und darauf, daß die Minderjährigen danach jedenfalls die Möglichkeit hätten, rückwirkend einen Unterhaltserhöhungsantrag zu stellen, sei die Versagung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des Vergleiches nicht notwendig und auch nicht berechtigt. Die Mutter als Vertreterin der Minderjährigen habe die Genehmigung des Vergleiches beantragt. Es dürfe nicht übersehen werden, daß es der gesetzlichen Vertreterin der Minderjährigen unbenommen sein müsse, die Bedürfnisse der Kinder selbst zu beurteilen. Es sei auch nicht Sache des Pflegschaftsgerichtes, den jeweils höchstmöglichen Unterhalt für die Minderjährigen zu erzielen, da auch im außerstreitigen Unterhaltsverfahren das Antragsprinzip gelte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs der Minderjährigen ist berechtigt.

Vereinbarungen der Eltern über den Unterhalt der Kinder bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit den Kindern gegenüber der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung (EFSlg. 59.721, 40.107 ua). Die Entscheidung, ob diese Genehmigung zu erteilen oder zu versagen ist, hat sich an dem im Gesetz verankerten Grundsatz des Kindeswohles zu orientieren. Eine Verletzung dieses Grundsatzes liegt nicht erst dann vor, wenn der Unterhalt des Kindes durch die Vereinbarung der Eltern ernsthaft gefährdet ist. Die Vereinbarung darf nicht zu Lasten des Kindes gehen, insbesondere darf der dem Kind gebührende Gesamtunterhalt nicht geschmälert werden (EFSlg. 50.415; Schwimann-Schlemmer ABGB I § 140 Rz 85). Letzteres ist hier aber der Fall, bleibt doch der vom Vater nach Punkt III des Vergleiches geschuldete Unterhaltsbeitrag erheblich hinter dem zurück, auf den die Kinder nach der auch vom Obersten Gerichtshof gebilligten Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zu § 140 ABGB Anspruch hätten (vgl. AS 264 ON 30 und die dort zitierte Rechtsprechung und Lehre).

Die Auslegung der der Unterhaltsverpflichtung des Vaters im Vergleich beigefügten Klausel kann ebenso unerörtert bleiben, wie die Auswirkung der erst nach Vergleichsabschluß rechtswirksam gewordenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.11.1991 auf den Unterhaltsvergleich, weil selbst eine mögliche Verweisung der Kinder auf einen neuerlichen Unterhaltserhöhungsantrag nicht in deren Interesse wäre. Auch der Umstand, daß die zur Vertretung der Minderjährigen befugte Mutter selbst den Antrag auf Vergleichsgenehmigung stellte, steht der Versagung der Genehmigung nicht entgegen. Der Vergleich betrifft in seinem genehmigungspflichtigen Teil nicht nur die Unterhaltsansprüche und in dem Antrag wird ausdrücklich zu Punkt III des Vergleiches die Berücksichtigung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14.11.1991 begehrt.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.

Anmerkung

E33240

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00649.92.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19921221_OGH0002_0070OB00649_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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