TE OGH 1993/1/21 6Ob620/92

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Veröffentlicht am 21.01.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva T*****, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und Dr. Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei B***** Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Johann Poulakos, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 55.399,73 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 26.8.1992, GZ 19 R 135/92-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 27.4.1992, GZ 23 C 944/91-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.348,80 (darin S 724,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist auf Grund des Nutzungsvertrages vom 12.3.1973 Nutzungsberechtigte der Wohnung Nr. 8 im Haus der beklagten Partei in L*****. Sie begehrt die Zahlung von S 55.399,73 sA mit dem Vorbringen, sie habe im Dezember 1981 und Oktober 1982 die äußerst desolaten Holzfenster ihrer Wohnung in Eigenregie mit Zustimmung der beklagten Partei gegen Kunststoffenster ausgetauscht und dafür den Klagsbetrag aufgewendet. Im Jahre 1990 habe die beklagte Partei die Holzfenster jener Wohnungen durch Kunststoffenster ersetzt, deren Nutzungsberechtigte dies nicht schon früher auf eigene Kosten getan hätten. Die beklagte Partei habe diese Kosten über eine Erhöhung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages auch der Klägerin anteilig vorgeschrieben. Die Klägerin werde dadurch neuerlich zur Finanzierung herangezogen. Sie begehrt, gestützt auf die §§ 1097, 1036 ABGB, den Ersatz ihres Aufwandes an Erhaltungsarbeiten, welche die beklagte Partei als Vermieterin zu tragen habe. Sollten die Sanierungsarbeiten von ihrem Ehemann in Auftrag gegeben und bezahlt worden sein, so sei dies in Geschäftsbesorgungsabsicht für die Klägerin nur deshalb geschehen, weil deren Ehemann Alleinerhalter der Familie sei und damit nur im Rahmen seiner Unterhaltspflicht bezahlt habe. Vorsorglich habe der Ehemann seine Forderung an die Klägerin zediert.

Die beklagte Partei wandte zunächst ein, die Holzfenster seien bei der Übergabe der Wohnung in gutem Zustand gewesen, die Verschlechterung sei nur durch mangelnde Pflege seitens der Klägerin eingetreten, behauptete in der Folge jedoch, ein Ersatz stehe deshalb nicht zu, weil die Klägerin in Kenntnis des desolaten Zustandes der Fenster schon bei Abschluß des Mietvertrages diesen ohne Vorbehalt eines Rückersatzes geschlossen habe, so daß Verzicht auf die getätigten Aufwendungen anzunehmen sei. Ein solcher Verzicht auf Ersatz sei auch anläßlich des Ansuchens um Bewilligung des Austausches der Fenster abgegeben worden. Der Klägerin fehle die aktive Klagslegitimation, weil nicht sie, sondern ihr Ehemann Auftraggeber und Zahler der Fenstererneuerung gewesen sei. Diesem aber stehe kein Anspruch nach § 1097 ABGB zu; er habe auch nicht die Absicht gehabt, seinen Aufwand von der beklagten Partei oder der Klägerin zurückzuverlangen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung folgender wesentlicher Feststellungen ab:

Anläßlich der Übergabe der Wohnung am 5.3.1973 waren die Fenster und die Balkontüre verzogen und undicht, so daß bei Schneesturm der Schnee in die Wohnung geblasen wurde. Die Oberlichten waren zugenagelt, weil sie nicht ordentlich zu schließen waren. Der Anstrich war bereits stark abgeblättert, das Holz ausgelaugt, ausgetrocknet, schieferig und dunkel angelaufen. Dieser Zustand war der Klägerin bekannt. In der Folge verschlechterte sich der äußerst desolate Zustand sukzessive noch weiter. Dies war der Anlaß dafür, daß die beklagte Partei am 26.5.1981 die Nutzungsberechtigten des Hauses verständigte, daß sie unbedingt erforderliche Instandsetzungsarbeiten, darunter auch die Auswechslung der Holzfenster gegen Kunststoffenster, durchführen wolle und die zu erwartenden Kosten bekannt gab. Bei einer Hausversammlung am 8.7.1981 lehnten die Bewohner die Durchführung dieser Arbeiten wegen zu hoher Kosten ab. Die beklagte Partei bot die Möglichkeit an, Fenster und Balkontüren über ihre Vermittlung auf eigene Kosten auszutauschen. Von dieser Möglichkeit machte ein Reihe Nutzungsberechtigter Gebrauch. Da die Klägerin bei einem ehemaligen Arbeitgeber die Fenster günstiger erwerben konnte, ersuchte sie um Zustimmung der beklagten Partei zum Austausch ohne deren Vermittlung. Diese stimmte unter der Voraussetzung zu, daß die Arbeiten auf Kosten und Gefahr der Klägerin durchgeführt würden und räumte einen Ablöseanspruch bei Beendigung des Nutzungsvertrages in Höhe der ortsüblichen belegten Anschaffungskosten, vermindert um 8,33 % für jedes Benützungsjahr, ein. Die Klägerin dachte nicht daran, daß Fenster von anderen Nutzungsberechtigten durch die beklagte Partei ausgetauscht würden und sie - anteilig - mit den Kosten belastet werden könnte.

In der Folge bestellten die Klägerin und ihr Ehemann insgesamt 7 Fenster samt Einbau. Die Rechnungsbeträge von zusammen S 55.399,73 zahlte der Ehemann der Klägerin, da diese damals für ihren Mann und drei Kinder den Haushalt führte und über kein eigenes Einkommen verfügte, in seiner Funktion als Familienerhalter. Eine Geschäftsführungsabsicht gegenüber der Klägerin oder der beklagten Partei hatte er nicht. Er machte den Aufwand beim Finanzamt als Sonderausgabe geltend, so daß sich seine Lohnsteuerbemessungsgrundlage verringerte.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die getätigten Aufwendungen seien nicht aus dem Vermögen der Klägerin, sondern aus jenem ihres Ehemannes bestritten worden, so daß nur ihm ein Anspruch auf Aufwandersatz zukommen könnte. Da er nicht in einem Vertragsverhältnis zur beklagten Partei stehe, scheide ein Anspruch nach § 1097 ABGB aus; für einen Anspruch nach §§ 1036, 1037 und 1042 ABGB fehle es aber an der Geschäftsführungsabsicht und dem animus obligandi, so daß durch Zession auch kein Anspruch auf die Klägerin habe übertragen werden können. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Klagsstattgebung ab.

Im MRG und im WGG sei die Erhaltungspflicht des Vermieters bzw. der Bauvereinigung normiert, wenn es sich um die Behebung ernster Schäden der Baulichkeit handle. Sei aus Gründen der Wirtschaftlichkeit - und dies müsse bei dem desolaten Zustand der Fenster angenommen werden - keine Verbesserung, sondern nur mehr der Austausch möglich, so handle es sich um Arbeiten im Sinne des § 14a Abs 1 und 2 Z 2 WGG, welche dem Vermieter oblägen. Führe solche Erhaltungsarbeiten nicht die Bauvereinigung, sondern mit deren Zustimmung der Nutzungsberechtigte durch, so sei dieser als Geschäftsführer ohne Auftrag anzusehen und berechtigt, Ersatz schon während des aufrechten Nutzungsverhältnisses zu fordern. Die Bestimmung des § 14a WGG sei zwingend, ein Verzicht auf die Geltendmachung der dem Nutzungsberechtigten entgegen anderslautenden Vereinbarungen erwachsenen Rechte im vorhinein nicht zulässig. Weder durch die unbeanstandete Übernahme der Wohnung im Jahr 1973 noch durch das von der Klägerin unterfertigte Zustimmungsschreiben der beklagten Partei zum Einbau auf eigene Kosten sei ein zulässiger Verzicht erfolgt.

Auch der Einwand der mangelnden Aktivlegitimation sei unberechtigt. Ein Anspruch nach § 1097 ABGB stehe zwar nur jenem Bestandnehmer zu, der einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand aus eigenem Vermögen bestreite. Die Klägerin sei als alleinige Mieterin der Ehewohnung aber verpflichtet, ihrem Ehemann und den Kindern die Mitbenützung des Bestandgegenstandes aus ihrer familienrechtlichen Verbindlichkeit heraus zu gewähren. Da die Klägerin den Haushalt führe und kein eigenes Einkommen erziele, sei es die Pflicht des Ehemannes, seiner Frau so viel Geld zur Verfügung zu stellen, daß sie ihre Verpflichtungen als Mieterin der Wohnung einhalten könne. Wenn daher der Ehemann der Klägerin formell auch den Aufwand bezahlt habe, so habe er damit nur seine Unterhaltsverpflichtung erfüllt. Dazu gehöre auch der Austausch desolat gewordener Fenster mit Zustimmung des Bestandgebers. Der Ehemann der Klägerin habe somit die Rechnungen für seine Frau bezahlt, weil diese kein eigenes Einkommen gehabt habe. Man würde den Bogen überspannen, verlangte man von der Klägerin, daß sie in einem nach außen hin nachweisbaren Vorgang von ihrem Ehemann aus dem Titel der Unterhaltsverpflichtung Geld zur Bezahlung der Fenster verlange und diesen Betrag in eigenem Namen dann einzahle. Die Zahlungen seien daher der Klägerin zuzurechnen, so daß sie erfolgreich ihren Anspruch nach §§ 1097, 1036 ABGB geltend machen könne.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil es zu der vertretenen Rechtsansicht an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle und der zu lösenden Frage über den konkreten Rechtsstreit hinaus Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß aus der bloßen Tatsache, daß der allein erhaltende Ehemann der Klägerin die Rechnungen für den Fensteraustausch bezahlt hat, die Aktivlegitimation der Klägerin nicht zu verneinen ist. Fest steht, daß die Klägerin als Mieterin die Beklagte um deren Zustimmung zu den geplanten Maßnahmen ersucht hat und zumindest hinsichtlich eines Teiles der Aufträge auch Mitauftraggeberin war. Für die beklagte Partei war klargestellt, daß der Aufwand von ihrer Mieterin erbracht werde, unabhängig von dem sie nicht interessierenden Innenverhältnis und den Finanzierungsmaßnahmen der Klägerin. Im Rahmen der ehelichen Beistands- und Unterhaltspflichten hatte der alleinverdienende Ehegatte seiner den Haushalt führenden Ehefrau den erforderlichen Aufwand zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Mietobjektes jedenfalls zu leisten. Wollte man die Ersatzpflicht des Vermieters, demgegenüber ja eindeutig klargestellt wurde, daß es sich um einen von der Klägerin zu tätigenden Aufwand handelt, davon abhängig machen, daß die den Haushalt führende Mieterin zunächst vom unterhaltspflichtigen Ehemann Geldzahlung begehrt, um in der Folge Auftragserteilung und Zahlung des Rechnungsbetrages gegenüber dem Dritten im eigenen Namen vornehmen zu können, anstatt die wirtschaftlich naheliegende und in einer ordnungsgemäßen Ehe allein vernünftige direkte Lösung zu wählen, müßte dies zu sachlich in keiner Weise gerechtfertigten willkürlichen Ergebnissen führen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der getätigte Aufwand der Klägerin zuzurechnen ist, muß daher gebilligt werden.

Nach § 21 Abs 1 Z 1 WGG sind Vereinbarungen einer Bauvereinigung mit einem Mieter, sonstigen Nutzungsberechtigten oder Erwerber einer Liegenschaft (eines Liegenschaftsteiles) insoweit rechtsunwirksam, als sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 14 bis 20 und 22 abweichen. Das Berufungsgericht hat daher auch zutreffend der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof folgend (MietSlg 41.098; Würth in Rummel Rz 6 zu § 1097) ausgeführt, daß die Erhaltungspflicht des Vermieters im Anwendungsbereich des § 3 MRG und des § 14a Abs 2 Z 2 WGG im voraus unabdingbar ist. Aus der Eingehung des Nutzungsvertrages ohne ausdrückliche Forderung an den Vermieter, die schon bei Übernahme der Wohnung bestehenden Schäden an den Fenstern zu beheben, die sich im übrigen nach den Feststellungen in den bis zur Behebung durch die Klägerin folgenden sieben Jahren sukzessive noch verschlechterten, kann daher keineswegs ein rechtsgültiger konkludenter Verzicht auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen für getätigte Aufwendungen angesehen werden. Auch daß die Arbeiten erst nach Einholung der Erklärung der Beklagten, die Erhaltungsarbeiten würden "auf Gefahr und Kosten der Klägerin gestattet", getätigt wurden, kann keinen wirksamen Verzicht bewirken (MietSlg 41.098). Der Aufwand wurde in der geltend gemachten und hinsichtlich der Angemessenheit nicht bestrittenen Höhe tatsächlich erbracht. Eine dem Ehemann der Klägerin allenfalls aus der Geltendmachung von Sonderausgaben zugekommene Reduktion seiner Steuerlast hat auf die Vermögensverschiebung zwischen Mieter und Vermieter keinen Einfluß, denn dieser ist um den ihm tatsächlich zugekommenen Wert der für ihn erbrachten Leistung bereichert. Die im Einkommensteuergesetz vorgesehene Möglichkeit der Geltendmachung von Sonderausgaben unter anderem für Wohnungsverbesserungs- und Energiesparmaßnahmen mindert den der beklagten Partei verschafften Nutzen nicht. Die vom Ehemann der Klägerin - diese selbst hat kein eigenes Einkommen - geltend gemachten Sonderausgaben stellen nur einen Faktor von vielen für die Berechnung der Höhe seiner Abgabenschuldigkeit dar, die in keinem Zusammenhang mit den Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen steht.

Der Revision der beklagten Partei mußte daher insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E33109

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00620.92.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19930121_OGH0002_0060OB00620_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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