TE OGH 1993/1/28 8Ob546/92

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gunther Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** P*****, vertreten Dr.Helmut Klement und Dr.Annemarie Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. F***** H*****, 2. A***** L*****, 3. Verlassenschaft nach dem ***** verstorbenen J***** R**********, 4. F***** S*****, und 5. A***** S*****, alle vertreten durch Dr.Egon Jaufer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung der Unwirksamkeit eines Ausschlusses aus einer Jagdgesellschaft und Duldung der Ausübung des Jagdrechtes (Streitwert insgesamt S 50.000) infolge Revision beider Teile gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 23.September 1991, GZ 4 R 374/91-39, womit der Berufung der beklagten Parteien teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die erst-, zweit-, viert- und fünftbeklagte Partei sind (nach Kopfteilen) schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.985,34 (einschließlich S 664,22 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die streitgegenständliche Gemeindejagd ist seit langer Zeit an Jagdgesellschaften verpachtet. Die Gesellschafter der von den Streitparteien gebildeten Jagdgesellschaft üben bereits seit Jahrzehnten ihr Jagdrecht in der Weise aus, daß das Gebiet der Gemeindejagd in einzelne, den einzelnen Gesellschaftern zugewiesene Reviere geteilt wird. In dem ihm zugewiesenen Revierteil steht dem jeweiligen Gesellschafter allein das Recht der Hochwildjagd zu. Diese Vorgangsweise wurde bisher gepflogen, obgleich sie im Steirischen Jagdgesetz nicht vorgesehen, aber auch nicht ausdrücklich verboten, jedoch nach Ansicht des beigezogenen Sachverständigen unzweckmäßig ist.

Am 26.8.1988 schlossen die Streitteile einen neuen Gesellschaftsvertrag über die Gemeindejagd für die Dauer von zehn Jahren, beginnend mit 1.4.1990. Nach diesem Vertrag ist für einen gültigen Beschluß die einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Gesellschafter einschließlich der des Obmanns erforderlich. Am 28.2.1990 wurde ein Obmann gewählt und über die Reviereinteilung Beschluß gefaßt; es ist aber strittig, ob dieser Beschluß einstimmig oder mit Stimmenmehrheit (gegen die Stimme des Klägers) ergangen ist. Nach diesem Beschluß wurde dem Kläger, der in der früheren Jagdgesellschaft eine größere Fläche bejagt hatte, nur eine solche mit einem kleineren Flächenausmaß zugewiesen. Die Beklagten behaupten, der Kläger habe nach anfänglicher Weigerung diesem Beschluß zugestimmt; der Kläger bestreitet dies. Er hat sich nach der Beschlußfassung geweigert, das ihm vorgelegte Protokoll über die Revierzuteilung zu unterfertigen, und vertrat in der folgenden Korrespondenz den Standpunkt, es stehe ihm die Ausübung des Jagdrechtes in einem größeren Umfang zu; er sei mit der Regelung nur unter der Voraussetzung einverstanden gewesen, daß ihm das von mehreren anderen Gesellschafter gemachte Anbot, er könne auf deren Reviere ausweichen, falls ihm die Erfüllung der für sein neues Revier vorgesehenen Abschußpflicht nicht möglich sei, auch von den übrigen Gesellschaftern akzeptiert werde.

Bei der vom Obmann anberaumten Sitzung der Jagdgesellschaft am 30.5.1990, zu der der Kläger nicht gekommen war, wurde der Kläger von den übrigen Jagdgesellschaftern aus der Jagdgesellschaft ausgeschlossen; der Ausschluß wurde der Bezirkshauptmannschaft angezeigt. Seither dulden die Jagdgesellschafter nicht mehr die Ausübung der Jagd durch den Kläger, sodaß er nicht in der Lage ist, im Revier - auch nicht in dem ihm mit Beschluß vom 28.2.1990 zugewiesenen Teil - der Jagd nachzugehen.

Der Kläger begehrt deshalb gegenüber den Beklagten die Feststellung, sein Ausschluß aus der Jagdgesellschaft sei unwirksam, und die Verurteilung der Beklagten zur Duldung der Jagdausübung durch ihn gemäß dem Gesellschaftsvertrag vom 26.8.1988.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

In der mündlichen Berufungsverhandlung zog der Kläger das Duldungsbegehren hinsichtlich der drittbeklagten Partei (Verlassenschaft nach dem ursprünglich drittbeklagten Jagdgesellschafter) zurück, weil dieser während des erstinstanzlichen Verfahrens gestorben war.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nur teilweise Folge: es änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß es auch das aufrechterhaltene Feststellungsbegehren hinsichtlich der drittbeklagten Partei mangels rechtlichen Interesses an der Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses abwies; die Rechte und Verbindlichkeiten gingen nach § 1206 ABGB nicht auf den Rechtsnachfolger über; nach dem Gesellschaftsvertrag vom 26.8.1988 sei eine derartige Rechtsnachfolge ausgeschlossen.

Im übrigen bestätigte es im Ergebnis die erstinstanzliche Entscheidung. Es sei rechtlich unerheblich, ob der Beschluß über die Revierzuteilung mit Stimmenmehrheit oder einstimmig gefaßt worden sei, da auch mehrstimmig gefaßte Beschlüsse nach dem Gesellschaftsvertrag verbindlich seien. Es könne dahingestellt bleiben, ob im Zuge dieser Beschlußfassung oder nach dieser einige Gesellschafter dem Kläger zusagten, er könne auch in ihren Revierteilen Abschüsse vornehmen, wenn er in dem ihm zugewiesenen Revierteil seinen Abschußplan nicht erfüllen könne, und ob diese Zusagen Bestandteil des Beschlusses, bei dessen Protokollierung sie nicht erwähnt wurden, geworden seien oder aber, ob es sich nur um unverbindliche Zusagen handelte. Jedenfalls habe sich der Kläger geweigert, die Protokollierung des Beschlusses ohne jeden auf diese Erweiterung der Jagdmöglichkeiten hinweisenden Zusatz zu unterfertigen und sei sowohl persönlich als auch durch Vermittlung seiner Rechtsanwälte an die anderen Gesellschafter herangetreten, um eine Änderung dieses Beschlusses zu erreichen, worauf die anderen Gesellschafter mit seinem Ausschluß aus der Jagdgesellschaft reagiert hätten. Dieses Verhalten des Klägers lasse sich nicht unter die in § 1210 ABGB und im Gesellschaftsvertrag vom 28.8.1988 ausdrücklich genannten Ausschließungsgründe einreihen; es sei auch nicht als wichtiger Grund im Sinn des Vertrages zu werten. Der Ausschluß des Klägers aus der Jagdgesellschaft sei deshalb nicht wirksam, sodaß das Erstgericht zu Recht sowohl dem Duldungs- als auch dem Feststellungsbegehren gegen alle vier Beklagten, die heute noch Mitglieder der Jagdgesellschaft sind, stattgegeben habe. Eine Beschränkung der Ausübung des Jagdrechtes auf ein gewisses Gebiet sei nicht auszusprechen gewesen, da feststehe, daß dem Kläger entweder bei oder nach der Beschlußfassung vom 28.2.1990 zugesagt worden sei, daß er das Jagdrecht in größerem Umfang ausüben könne als nur durch die Benützung des ihm zugewiesenen Revierteiles. Genauere Feststellungen darüber seien jedoch von den Parteien nicht begehrt worden. Alle diese Regelungen seien aus dem Vertrag vom 26.8.1988 ableitbar, sodaß dem Klagebegehren in der vom Kläger gewählten Fassung stattzugeben sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die Revision zulässig sei, weil der Frage, welche Gründe den Ausschluß eines Gesellschafters aus der Jagdgesellschaft rechtfertigen, sowie jener, ob die Feststellung der Unwirksamkeit des Ausschlusses gegenüber einem zwischen dem Zeitpunkt des Ausschlusses und dem Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz verstorbenen Gesellschafter, dessen Erben in die Gesellschaftsrechte nicht eintreten, gerechtfertigt sei, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Teile.

Der Kläger begehrt, das Berufungsurteil dahin abzuändern, daß auch der drittbeklagten Partei (Verlassenschaft nach dem verstorbenen Jagdgesellschafter) gegenüber festgestellt werde, sein Ausschluß aus der Jagdgesellschaft sei unwirksam; schließlich begehrt er die Abänderung im Kostenpunkt in mehreren Belangen.

Die Erst-, Zweit-, Viert- und Fünftbeklagten machen als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und begehren, in Abänderung des Berufungsurteils das Feststellungs- und Duldungsbegehren auch ihnen gegenüber abzuweisen; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagten beantragen, der Revision des Klägers in der Sache selbst nicht Folge zu geben, und verweisen lediglich auf die Unzulässigkeit der Bekämpfung der Entscheidung im Kostenpunkt.

Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Beide Revisionen sind unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision des Klägers:

Das Berufungsgericht wies das Feststellungsbegehren (Unwirksamkeit des Ausschlusses aus der Jagdgesellschaft) gegen die drittbeklagte Partei (Verlassenschaft nach einem Jagdgesellschafter) mangels rechtlichen Interesses ab, weil die Rechtsnachfolge in der Jagdgesellschaft nach dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen sei. Es entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung, daß eine Klage mit Urteil abzuweisen ist, wenn das Feststellungsinteresse zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht mehr vorliegt (MGA ZPO14 § 228/E 29 und 37 mwN). Dem Argument des Klägers, er habe dennoch ein rechtliches Interesse auch gegenüber der drittbeklagten Partei an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Ausschlusses, weil er möglicherweise Schadenersatzansprüche und Ansprüche auf Verrechnung allfälliger Gewinne geltend machen könne, wofür auch die drittbeklagte Verlassenschaft hafte, ist entgegenzuhalten, daß solche Ansprüche mit Leistungsklage geltend gemacht werden können; ist aber eine Leistungsklage möglich oder kann sie in naher Zukunft erhoben werden, muß nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung das Feststellungsinteresse verneint werden (MGA ZPO14 § 228/E281 ff mwN).

Da sich die Abweisung des Feststellungsbegehrens gegenüber der drittbeklagten Partei somit auf eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung stützen kann, liegt - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - diesbezüglich keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO vor (§ 508 Abs 1 ZPO), sodaß die Revision als unzulässig zurückzuweisen ist (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Bekämpfung der Entscheidung im Kostenpunkt ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Zur Revision der Erst-, Zweit-, Viert- und Fünftbeklagten:

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes kommt der Frage, ob der Ausschluß des Klägers aus der Jagdgesellschaft gerechtfertigt ist, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Der Oberste Gerichtshof hat sich mit dieser Frage bereits im Rahmen des Provisorialverfahrens im Zusammenhang mit der Anspruchsbescheinigung befaßt. Auf diese Entscheidung (Beschluß vom 6.2.1992, 8 Ob 647/91 = ecolex 1992, 565) kann zurückgegriffen werden, weil sich der nunmehr festgestellte Sachverhalt mit dem als bescheinigt angenommenen vollinhaltlich deckt. Der Oberste Gerichtshof hat dort ausgesprochen, daß die Entscheidung mit den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen über den Ausschluß aus einer Personengesellschaft (hier Gesellschaft bürgerlichen Rechts, JBl 1959, 495; EvBl 1982/187 ua) in Einklang steht, wonach dieser wegen seiner einschneidenden Wirkung stets nur als letztes Mittel in Betracht kommt, wenn andere Mittel nicht zur Verfügung stehen, um die der Gesellschaft von einem Gesellschafter drohende Gefahren zu beseitigen (zuletzt OGH 8 Ob 618/91 mwN). Es liegen hier lediglich Meinungsverschiedenheiten über die Art und das Ausmaß der Jagdausübung vor; solche - in der Natur jeder organisierten Personensvereinigung liegende - Meinungsverschiedenheiten sind nie auszuschließen und rechtfertigen daher für sich allein - ohne Hinzukommen besonderer Umstände, die den weiteren Verbleib des Gesellschafters in der Gesellschaft für die anderen Gesellschafter unzumutbar machen - nicht den Ausschluß aus einer Jagdgesellschaft. Ein Verstoß gegen die gemeinsamen Vorstellungen und sicheren Erwartungen der Vertragspartner, die wegen Nichterfüllung wesentlicher Bedingungen des Vertrages (§ 1210 ABGB) oder aus sonstigen wichtigen Gründen im Sinn des Gesellschaftsvertrages den Ausschluß aus der Jagdgesellschaft rechtfertigen würden (vgl SZ 59/183), ist hier nicht erkennbar, insbesondere ist nicht ersichtlich, gegen welche Bedingungen, "welche an und für sich natürliche und selbstverständliche Grundlage des Vertrages sind" (Revision S. 11 ff), der Kläger verstoßen haben sollte.

Nur dem Kläger sind die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen, weil nur er auf die Unzulässigkeit der Revision der Gegenseite hingewiesen hat.

Anmerkung

E31305

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0080OB00546.92.0128.000

Dokumentnummer

JJT_19930128_OGH0002_0080OB00546_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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