TE OGH 1993/2/2 11Os145/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.02.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Februar 1993 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Munsel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Otto Johann S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1, Abs 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 24. August 1992, GZ 37 Vr 918/90-135, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Rechtsmitteln auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto Johann Sch***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er die ihm als geschäftsführender Verwaltungsrat der Schloß G***** AG, Vaduz-Liechtenstein, mithin durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und der genannten Firma einen 500.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt und zwar:

1. am 16. Mai 1984 in Salzburg dadurch, daß er vom Kreditkonto der genannten Firma beim Bankhaus D***** widmungswidrig für entweder nicht bestehende oder nicht fällige Forderungen die nachgenannten Beträge überweisen ließ, und zwar:

a) mindestens 5,3 Mio S an Ing. Franz K*****, welchen Betrag er sich banklagernd zurückführen ließ und ferner diese ihm dadurch persönlich zugekommenen 5,3 Mio S durch Wechselakzepte namens der Schloß G***** AG besicherte,

b) mindestens 2,781.000 S an Dipl.Ing. Hans B*****, welchen Betrag er sich von ihm in bar zurückführen ließ und für eigene Zwecke verwendete und

c) den Betrag von 1 Mio S auf ein auf seinen Namen lautendes Abwicklungskonto und diesen Betrag für eigene Zwecke verwendete;

2. am 26. Juni 1985 in Spittal an der Drau dadurch, daß er ohne Bestehen von Verbindlichkeiten der Schloß G***** AG gegenüber der Firma A***** GesmbH & Co KG, Salzburg, auf den im Eigentum der Schloß G***** AG stehenden Liegenschaften EZ 616, 609 und 487, jeweils KG Greifenburg, sowie EZ 1323 Kärntner Landtafel, KG Greifenburg, auf Kosten der AG zugunsten der A***** GesmbH & Co KG eine Höchstbetragshypothek von 8,4 Mio S einräumen ließ, wodurch ein Schaden in unbekannter Höhe entstand.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Z 4, 5 a und (undifferenziert) 9 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der auch - ebenso wie die Staatsanwaltschaft - den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde kam der Oberste Gerichtshof zur Überzeugung (§ 290 Abs 1 StPO), daß das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten insofern unrichtig angewendet wurde, als in dem - insgesamt von zahlreichen entbehrlichen Wiederholungen und denklogischen Ungereimtheiten gekennzeichneten - Urteil und dessen Entscheidungsgründen wesentliche Tatsachen nicht festgestellt wurden, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrunde zu legen gewesen wären. Abgesehen davon nämlich, daß das angefochtene Urteil auch mit gravierenden, allerdings von der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgezeigten und daher vom Obersten Gerichtshof nicht zu berücksichtigenden (§ 290 Abs 1, erster Satz, StPO) formellen Begründungsmängeln hinsichtlich entscheidender Tatsachen behaftet ist, fehlt es bei der Faktengruppe 1. an einer ausreichenden Feststellungsbasis zur subjektiven Tatseite.

Das angefochtene Urteil führt zwar sowohl in seinem Spruch als auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung den Text des Tatbestandes des § 153 StGB - sich insofern auf die verba legalia beschränkend - an, unterläßt es aber, gerade die - nach der Aktenlage durchaus möglichen - Feststellungen über den auf der subjektiven Tatseite erforderlichen wissentlichen Befugnismißbrauch zu treffen. Nach ausdrücklichem Hinweis darauf, daß (beim Verbrechen der Untreue nach dem § 153 StGB) auf der inneren Tatseite Wissentlichkeit iS des § 5 Abs 3 StGB verlangt wird, führt das angefochtene Urteil aus, der Angeklagte habe auf Grund seiner beruflichen Qualifikation, seiner Ausbildung und langjährigen Praxis gewußt, welche Folgen seine Handlungen nach sich ziehen würden, und die ihm angelasteten Rechtsgeschäfte besorgt, "wobei er das Eintreten des entsprechenden Erfolges für gewiß gehalten hat, es ihm geradezu darauf ankam, hier durch seine Handlungen sich die geschilderten Vermögensvorteile zu verschaffen (US 30). Die Konstatierungen zur Wissentlichkeit beziehen sich daher ausschließlich auf den Tatbestandserfolg, für den nach dem Aufbau des Tatbestandes des Verbrechens der Untreue Wissentlichkeit nicht verlangt ist, sondern Eventualvorsatz ausreicht. Dort, wo das Urteil ansatzweise auf den Befugnismißbrauch eingeht, spricht es von einer "absichtlichen" Überschreitung der Kompetenzen durch den Angeklagten, stellt damit diesbezüglich eine entsprechende Verstärkung der Willens-, nicht aber - wie vom Gesetz verlangt - der Wissenskomponente fest und wiederholt in diesem Zusammenhang, der Angeklagte habe gewußt, "daß er durch seine beschriebenen Handlungen zum Nachteil, auch finanziell, der von ihm repräsentierten Firma vorging", womit das Wissen des Angeklagten abermals in bezug auf die Vermögensschädigung "der von ihm repräsentierten Firma", nicht aber auch in bezug auf den Befugnismißbrauch konstatiert wurde (US 25 und 27). Zudem läßt sich dem Urteil nicht entnehmen, ob die vom Angeklagten zu den Urteilsfakten 1.a) und b) erwirkten Rücküberweisungen seinem ursprünglichen und insoweit einheitlichen Tatplan entsprachen und daher als Folge eines wissentlichen Befugnismißbrauchs begrifflich in Frage kommen, zumal das Urteil hinsichtlich der Überweisung von 5,3 Mio S im Urteilsfaktum 1.a) ausdrücklich davon ausging, daß der Angeklagte erst nach Überweisung der 10 Mio S an Ing. Franz K***** herangetreten sei und die Rücküberweisung eines Betrages von 5,3 Mio S gefordert habe. Unter Berücksichtigung der (unbegründeten und die gegenteilige Verantwortung des Angeklagten negligierenden) Feststellung auf US 23, wonach es sich bei Rücküberweisung der Beträge von B***** und K***** auf keinen Fall um private Darlehen an den Angeklagten, sondern um widmungswidrige Verwendung der von K***** und B***** geforderten Rücküberweisungen gehandelt habe, fehlt es - wie im übrigen auch zum Faktum 1.c) - an ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite, und zwar hinsichtlich des wissentlichen Befugnismißbrauchs.

Beim Urteilsfaktum 2. hinwieder stellen die Tatrichter zwar fest, daß "beide Sch*****" wußten, daß durch dieses Rechtsgeschäft vor Notar Dr. K***** die jeweilige Verfügungs- und Vertretungsbefugnis mißbraucht wurde, was sie auch wollten, bleiben hier aber ausreichend klare Feststellungen zum objektiven Tatbestand schuldig. Zum einen wird inhaltlich des Urteilsspruchs dem Angeklagten zur Last gelegt, er habe durch Einräumung der Höchstbetragshypothek von 8,4 Mio S am 26. Juni 1985 tatbestandsmäßig gehandelt und dadurch einen Schaden in unbekannter Höhe verursacht, zum anderen spricht das Urteil von einem über 8,4 Mio S hinausgehenden weiteren Schaden (US 14) und knüpft schließlich einen Schaden von jedenfalls mehr als 500.000 S an die Verbücherung der Höchstbetragshypothek im Jahre 1989.

Da auf Grund dieser Mängel die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und die Verfahrenserneuerung zu beschließen, ohne daß es eines weiteren Eingehens auf das Beschwerdevorbringen des Angeklagten bedurfte, der mit seinen Rechtsmitteln ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen war.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß im zweiten Rechtsgang zudem konkrete und detaillierte Feststellungen über die Abwicklung der Rücküberweisungen (Faktum 1.a und b)) und zur Frage allfälliger schuldbefreiender Wirkung der Überweisung des Betrages von 10 Mio S (1.a)) für die rechtsrichtige Beurteilung des Sachverhaltes vorauszusetzen sein werden. Die bisher nicht erörterte Frage, inwieweit durch die Besicherung mit Wechselakzept (Faktum 1. a)) eine Verpflichtung der Schloß G***** AG stattfand und in welches Entwicklungsstadium diesfalls die Tat getreten ist, wird schließlich ebenso einer Klärung zuzuführen sein wie jene nach dem (zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen) tatsächlich eingetretenen Vermögensschaden, jeweils zurückgeführt auf die diesen Schaden herbeiführende wissentliche Mißbrauchshandlung des Angeklagten.

Anmerkung

E34507

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00145.9200006.0202.000

Dokumentnummer

JJT_19930202_OGH0002_0110OS00145_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten