TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/23 2005/01/0475

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Veröffentlicht am 23.02.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des F Y A in W, geboren 1975, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Juni 2005, Zl. 250.425/0-III/07/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 3.) des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger des Sudan, beantragte am 15. November 2003 Asyl. Bei seiner Einvernahme am 15. November 2003 durch die Grenzbezirksstelle Neusiedl am See gab er an, er sei "katholischen Glaubens"; im Sudan habe er Grundschule (sechs Jahre), Mittelschule (sechs Jahre) und ein Jahr die Universität besucht. Vor etwa einem Jahr sei er "vom Islam zum katholischen Glauben konvertiert"; aus diesem Grund "hatte ich Probleme und musste mein Heimatland verlassen".

Bei seiner Einvernahme am 4. Mai 2004 gab der Beschwerdeführer - zusammengefasst - zu seinen Fluchtgründen an, als er 2002 mit dem Studium der Architektur begonnen habe, hätten seine Probleme mit den Sicherheitsbehörden der Universität begonnen; er sei als Christ verdächtigt worden, der Opposition anzugehören. Es sei ihm gesagt worden, es gebe nur islamische Studenten, sein Vater sei Muslim und er (der Beschwerdeführer) habe als Christ an der Universität nichts verloren. Als er die Universität verlassen habe, sei er erleichtert gewesen; er habe auch einen "Zettel" erhalten, wonach er exmatrikuliert sei. Danach sei er wieder nach Darfour (Minwashi) zurückgekehrt und habe sich der Organisation "Gleicheit und Gerechtigkeit" angeschlossen;

diese habe mit der Volksarmee zur Befreiung des Sudan kooperiert;

er habe die Aufgabe übernommen, Flugblätter zu verteilen und junge Männer über die Anliegen der Organisation zu informieren. Er (der Beschwerdeführer) habe den Sudan verlassen, weil er der Opposition angehört habe. Seine Angaben vom 15. November 2003 würden nicht der Wahrheit entsprechen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. Juni 2005 wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt 1.)). Außerdem stellte sie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 FrG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan fest (Spruchpunkt 2.)) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt 3.)).

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Angaben des Beschwerdeführers seien unglaubwürdig. Seine Unglaubwürdigkeit ergebe sich aus den (in der Bescheidbegründung im Einzelnen dargestellten) divergierenden Angaben betreffend seinen Namen, seine Schulausbildung, seinen Reiseweg und seine Fluchtgründe. Auf Grund dieser Unglaubwürdigkeit würde das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt und es bestünden keine stichhaltigen Gründe dafür, dass sein Leben oder seine Freiheit im Sudan aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Es seien - auch wenn in den Dafour-Provinzen eine humanitäre Krisensituation bestehe - keine Umstände amtsbekannt, dass im Sudan landesweit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der sich dorthin begebe, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Ausweisung stelle keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar, weil der Beschwerdeführer - dessen Familienangehörige nach seinem Vorbringen in Afrika leben würden - keinen Familienbezug zu einer dauernd aufenthaltsberechtigten Person in Österreich habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer nicht darüber befragt, ob "zwei Asylgründe", nämlich Verfolgung aus religiösen und aus politischen Gründen, vorliegen. Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer dazu am 4. Mai 2004 befragt wurde und er (über Vorhalt) daraufhin seine Angaben vom 15. November 2003, also die Verfolgung aus religiösen Gründen, als nicht der Wahrheit entsprechend bezeichnete. Das gegen Teile der Beweiswürdigung gerichtete Vorbringen ist nicht geeignet, diese als unschlüssig zu erweisen. Die belangte Behörde hat in ihren beeiswürdigenden Erwägungen Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers konkret aufgezeigt. Die Beschwerde vermag dem nichts entgegen zu setzen.

Mit dem Hinweis auf das Unterbleiben einer mündlichen Berufungsverhandlung wird kein Verfahrensmangel aufgezeigt, hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung doch keinen dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehenden oder darüber hinausgehenden Sachverhalt neu und in konkreter Weise behauptet. Ausgehend davon bestand für die belangte Behörde vorliegend keine Verpflichtung, eine Berufungsverhandlung durchzuführen. Soweit sich die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1.) und 2.) des bekämpften Bescheides richtet, war ihr ein Erfolg zu versagen.

Mit Rechtswidrigkeit belastet ist hingegen der Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt 3.) des angefochtenen Bescheides). Insoweit hat die belangte Behörde verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Spruchpunkt 3.) des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Die verzeichnete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG steht dem Beschwerdeführer nicht zu, weil er aufgrund der Bewilligung der Verfahrenshilfe von deren Entrichtung befreit ist. Der für Schriftsatzaufwand festgesetzte Pauschbetrag deckt auch die Umsatzsteuer.

Wien, am 23. Februar 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010475.X00

Im RIS seit

06.06.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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