TE OGH 1993/2/4 6Ob621/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.1993
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei R*****gesellschaft mbH, *****vertreten durch Dr. Michael und Dr. Ingrid Auer, Rechtsanwälte in Wien, wider die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Z*****Gesellschaft mbH, *****vertreten durch Dr. Norbert Kosch ua Rechtsanwälte in Wr. Neustadt, wegen Feststellung der Unwirksamkeit von Kaufverträgen und Löschung von Grundbuchseintragungen, hier wegen einstweiliger Verfügung, infolge Revisionsrekurses der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 17.9.1992, GZ 1 R 156/92-14, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3.7.1992, GZ 10 Cg 85/92-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei, die mit S 19.663,20 (darin S 3.277,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit ihrer am 22.6.1992 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die Feststellung, daß die beiden Kaufverträge vom 12.3.1992 über die Liegenschaft EZ *****Grundbuch *****hinsichtlich der 5/6-Anteile der klagenden Partei und über die Liegenschaft EZ *****Grundbuch *****unwirksam und die Einverleibungen des Eigentums für die beklagte Partei zu löschen seien. Sie stellte den Antrag, die Klage im Eigentumsblatt der beiden Liegenschaften anzumerken und begehrte zur Sicherung ihres Löschungsanspruches gegenüber der beklagten Partei, durch einstweilige Verfügung die Veräußerung und Belastung der Liegenschaften zu untersagen. Sie brachte dazu vor, sie sei Eigentümerin von 5/6-Anteilen der Liegenschaft EZ *****KG *****und der EZ *****KG *****gewesen. Es sei beabsichtigt gewesen, auf diesen Liegenschaften Wohnungen zu errichten. Der Geschäftsführer der Klägerin, der auch 80 % der Geschäftsanteile gehalten habe, Architekt Dipl.Ing. F*****, habe unter der Vorspiegelung, alleiniger Gesellschafter zu sein, am 22.1.1992 eine außerordentliche Generalversammlung einberufen und die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft beschlossen. Er habe sich selbst zum Liquidator bestellt. Seine Gesellschaftsanteile habe Dipl.Ing. F*****am 3.2.1992 an Ing. F*****abgetreten. Obwohl der neue Gesellschafter mit Schreiben vom 5.3.1992 dem Liquidator jegliche Verfügung über die Liegenschaften der Klägerin untersagt habe, habe Dipl.Ing. F*****am 12.3.1992 treuwidrig die beiden Liegenschaften an die beklagte Partei verkauft. Der Kaufpreis sei weit unter den tatsächlichen Verkehrswerten der Liegenschaften gelegen gewesen. Zudem sei nicht sichergestellt worden, daß die Forderungen, die den auf den Liegenschaften haftenden Pfandrechten zugrundelagen, tatsächlich getilgt werden. Die beklagte Partei und Dipl.Ing. F*****hätten bewußt zusammengewirkt, um die Klägerin zu schädigen, indem sie den zu erwartenden Gewinn aus den geplanten Bauprojekten der Klägerin entzogen und sich selbst zugeführt hätten. Der beklagten Partei sei das treuwidrige Verhalten des Liquidators der Klägerin bekannt gewesen. Die Kaufverträge seien wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Das geplante Projekt der Errichtung von Wohnungseigentumsanlagen auf den Liegenschaften werde durch Dipl.Ing. F*****und die beklagte Partei weiter fortgeführt, weshalb die konkrete Gefahr bestehe, daß auf den Liegenschaften Wohnungseigentum begründet und die einzelnen Anteile der Liegenschaft an Wohnungseigentumswerber vom Plan weg abverkauft werden. Die drohende Weiterveräußerung der Liegenschaftsanteile durch die beklagte Partei würde die gerichtliche Verfolgung und Verwirklichung des Anspruches der Klägerin vereiteln. Die Erlassung der einstweiligen Verfügung sei zur Verhütung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens notwendig, da im Falle der Weiterveräußerung der Liegenschaften diese von der Klägerin um den von der beklagten Partei angeblich geleisteten Kaufpreis nicht mehr zurückerworben werden könnten, weil der wahre Wert der Liegenschaften wesentlich höher liege.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es nahm im wesentlichen den von der klagenden Partei bescheinigten Sachverhalt als glaubhaft an. Nicht feststellen konnte das Erstgericht, daß die beklagte Partei Handlungen vornehme, um die Liegenschaften in irgendeiner Form zu verwerten, oder daß Kaufinteressenten vorhanden seien. Rechtlich sei der Anspruch der klagenden Partei zwar glaubhaft, es mangle jedoch an der Bescheinigung der konkreten Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens. Es dürfe zwar nicht verkannt werden, daß die beklagte Partei irgendwann einmal offenbar die Liegenschaften weiterverwerten werde, doch stelle dies bloß eine abstrakte Gefährdung dar, die nicht zu der vom Gesetz verlangten begründeten Besorgnis ausreiche.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als glaubhaft an, daß die beklagte Partei in nächster Zeit beabsichtige, auf beiden Grundstücken Eigentumswohnungsanlagen zu errichten und die Wohnungen zu verkaufen. Aus den Feststellungen ergebe sich, daß es schon vor der Eigentumsübertragung Aufgabe der beklagten Partei gewesen sei, die von der klagenden Partei zu errichtenden Wohnungen zu verkaufen. Eine Baubewilligung und die erforderlichen Pläne seien bereits vorhanden. Aus den Beweisergebnissen sei unzweifelhaft abzuleiten, daß die Kaufverträge nur deshalb geschlossen worden seien, um auf den Grundstücken Eigentumswohnungen zu errichten. Eine Gefährdung sei schon anzunehmen, wenn zu besorgen sei, daß die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des - glaubhaft bescheinigten - Anspruches, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, vereitelt oder erheblich erschwert würde. Der klagenden Partei stehe der Anspruch zu, den Kaufgegenstand unverändert zurückzuerhalten. Es bedürfe daher der Erlassung einer einstweiligen Verfügung, um zu verhindern, daß die Durchsetzung dieses Anspruches durch die von der beklagten Partei drohenden Verfügungen vereitelt oder erheblich erschwert würde. Die Sicherung könne in einem solchen Fall durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot erfolgen. Dieses sei, obwohl eine Löschungsklage nach § 61 GBG vorliege und eine Streitanmerkung zur Verfügung stehe, das tauglichere Mittel, weil es im vorliegenden Fall nicht ausschließlich um das Unterbleiben der Weiterveräußerung der Liegenschaft gehe, sondern auch darum, daß diese nicht durch Errichtung von Bauten verändert werde.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rekursentscheidung in der Frage der Konkurrenz von Streitanmerkung und einstweiliger Verfügung durch Belastungs- und Veräußerungsverbot von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Der klagenden Partei wurden mit den Beschlüssen des Erstgerichtes vom 26.6.1992 antragsgemäß die Anmerkungen dieses Rechtsstreites ob den EZ *****Grundbuch *****und EZ *****Grundbuch *****bewilligt und vom Bezirksgericht *****am 29.6.1992 vollzogen.

Die bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der einstweiligen Verfügung verbücherten und inzwischen auch rechtskräftig gewordenen Streitanmerkungen nach § 61 GBG haben die Wirkung, daß das über die Klage ergehende Urteil nicht bloß gegen denjenigen, für den die angefochtene Einverleibung eingetragen ist und dessen Singularsukzessor, sondern auch gegen die Personen, die erst nach dem Zeitpunkt, in welchem das Gesuch um Streitanmerkung an das Grundbuchgericht gelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben, seine volle Wirksamkeit äußert.

Nach § 384 Abs 3 EO wird durch grundbücherliche Eintragungen, die nach Vollzug einer Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes auf Grund von dem Verbot zuwider vorgenommenen freiwilligen Verfügungen des Gegners der gefährdeten Partei erfolgen, der gefährdeten Partei gegenüber nur für den Fall ein Recht erwirkt, als der von ihr auf die Liegenschaft erhobene Anspruch rechtskräftig abgewiesen wird. Eintragungen, die zwar nach dem Vollzug der Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes, aber noch auf Grund einer früheren freiwilligen Verfügung des Gegners der gefährdeten Partei erfolgten, werden von der Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes nicht berührt. Hat der Antragsgegner die Liegenschaft aber verkauft, so ist er dem Käufer gegenüber verpflichtet, alle zur grundbücherlichen Durchführung notwendigen Erklärungen abzugeben. An dieser Verpflichtung kann die einstweilige Verfügung nichts ändern. Daraus ergibt sich aber, daß für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch durch das beantragte Veräußerungs- und Belastungsverbot keine weitergehende Sicherung erreicht werden könnte, als sie durch die Streitanmerkung ohnedies bereits gegeben ist. Eines weiterreichenden Schutzes bedarf es zur Sicherung der Durchsetzung des klageweise geltend gemachten Anspruches in Ansehung von Veräußerungen oder Belastungen, die durch Verfügungen der beklagten Partei mit dinglicher Wirkung nur durch Einverleibung im Grundbuch begründet werden könnten, nicht (8 Ob 553/77 mwN; 6 Ob 859/82). Nur gegen solche Einverleibungen könnte, ebenso wie die Streitanmerkung, eine einstweilige Verfügung durch Veräußerungs- und Belastungsverbot Schutz bieten. Wenn das Rekursgericht meint, im vorliegenden Fall gehe es auch darum, daß die beklagte Partei den derzeitigen Zustand nicht durch Errichtung von Baulichkeiten verändere, so übersieht es, daß eine solche etwa drohende Veränderung vom Sicherungsantrag der klagenden Partei nicht umfaßt ist. Denn ein Verbot, den gegenwärtigen Zustand zu verändern, hat sie nicht beantragt. Nur durch ein solches Verbot, nicht aber durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot - die Errichtung von Bauwerken auf einer unbebauten Liegenschaft ist keine Belastung mit dinglichen Rechten - könnte dieser vom Rekursgericht angenommenen Gefahr begegnet werden.

Da es bezüglich der beantragten einstweiligen Verfügung daher jedenfalls an der Voraussetzung des § 381 EO fehlt, hat das Erstgericht den Antrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen, so daß seine Entscheidung in Stattgebung des Revisionsrekurses wiederherzustellen war.

Der Ausspruch über die Kosten beruht auf den §§ 402, 78 EO und 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E33110

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00621.92.0204.000

Dokumentnummer

JJT_19930204_OGH0002_0060OB00621_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten