TE OGH 1993/3/2 11Os16/93

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Veröffentlicht am 02.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Ebner als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kobler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johannes K***** und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 2 und 129 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Johannes K***** sowie die Berufung des Peter P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 30. September 1992, GZ 8 Vr 579/92-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem im Schuldspruch I.) enthaltenen Ausspruch, der Angeklagte Johannes K***** sei in das Haus der Gisela T***** durch Nachsperren des Schlosses der Eingangstüre eingedrungen und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung der Tat (auch) nach § 129 Z 1 StGB (in Ansehung des Angeklagten Peter P***** gemäß dem § 290 StPO) und in dem nur den Angeklagten Johannes K***** betreffenden Schuldspruch II.) (wegen des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1, zweiter Fall, StGB) sowie demgemäß im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Johannes K***** und Peter P***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 2 und 129 Z 1 StGB (I.), Johannes K***** überdies des Verbrechens der Verleumdung nach den §§ 297 Abs 1, zweiter Fall, StGB (II.) schuldig erkannt.

Darnach haben Johannes K***** und Peter P***** am 6. oder 7. April 1992 in Olbendorf im bewußten und gewollten Zusammenwirken der Gisela T***** fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Johannes K***** in das (zu ergänzen: Haus) der Genannten durch Nachsperren des Schlosses der Eingangstüre eindrang und aus der Schmuckschatulle ein Sparbuch der Raiffeisenkasse O***** mit einem Einlagestand von 717.300 S sowie zwei weitere Sparbücher der Bank Austria, Filiale S*****, mit Einlageständen von 86.000 S und 16.000 S an sich nahm und Peter P***** den Johannes K***** mit seinem Pkw zum Tatort brachte und wieder abholte; Johannes K***** überdies am 21. Mai 1992 in Oberwart und am 22. Mai 1992 in Eisenstadt dem Otto T***** durch die wiederholte Behauptung im Zuge seiner Einvernahme durch die Gendarmerie und den Untersuchungsrichter, der Genannte habe ihm die vorstehend erwähnten gestohlenen Sparbücher übergeben, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 und 128 Abs 2 StGB falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Angeklagte Johannes K***** bekämpft die ihn betreffenden Schuldsprüche mit einer auf die Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch haben beide Angeklagten Berufung ergriffen.

Mit der inhaltlich im wesentlichen gleichlautenden Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) behauptet der Beschwerdeführer zu Recht das Fehlen einer Begründung für die Annahme, der Angeklagte Johann K***** sei durch Nachsperren des Schlosses der Eingangstüre in das Anwesen der Gisela T***** eingedrungen (S 141, 147/II). Tatsächlich wird in den Urteilsgründen auf die Annahme dieser Deliktsqualifikation nur insofern eingegangen, als sich die Tatrichter, "was den Tathergang anlangt" vor allem auf die geständige Verantwortung des Angeklagten Peter P*****, die sie als reumütig und wirklichkeitsnah erachteten, stützten. Peter P***** verantwortete sich allerdings dahin, nicht zu wissen, "wie K***** in das Haus hineingekommen ist" (S 90 und 470/I). Die Beschwerdebehauptung, es gäbe für die Annahme der Einbruchsqualifikation keine tragfähige Grundlage, trifft demnach zu. Soweit sich das Urteil (arg.: "vor allem", S 153/II) auch auf andere Beweisergebnisse, so etwa auf die Erhebungen der Gendarmerie, beruft, bezieht es diese auf andere als die Einbruchsqualifikation betreffende Feststellungen.

Die Beschwerde ist aber auch berechtigt, wenn sie im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bemängelt, es ermangle an Feststellungen, die die Beurteilung des Sachverhaltssubstrates zum Faktum II. als Verbrechen der Verleumdung nach dem § 297 Abs 1, zweiter Fall, StGB zuließen. Tatsächlich wirft das angefochtene Urteil im Urteilsspruch Johannes K***** lediglich vor, er hätte Otto T***** durch die Behauptung, dieser habe ihm die gestohlenen Sparbücher übergeben, einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war. Demnach bleibt völlig offen, ob er Otto (und später Guido) T***** auch den Diebstahl der ihm später übergebenen Sparbücher vorgeworfen hat. Obschon dies aus den weiteren Urteilsannahmen, der Angeklagte Johannes K***** sei zu diesem Zeitpunkt selbst des Diebstahls aus dem Haus der Gisela T***** überführt gewesen, deduziert werden könnte, lassen die Urteilsgründe selbst diese Annahme deswegen nicht zu, weil danach hinwieder davon auszugehen war, daß er (Johannes K*****) Otto T***** bei seinen Einvernahmen in Kenntnis dessen, daß die Verdächtigung falsch war, des Verbrechens des Diebstahls bzw zumindest der Hehlerei, begangen durch die Übergabe der Sparbücher an ihn, verdächtigt habe. Abgesehen von dem - nicht geltend gemachten - inneren Widerspruch zwischen Urteilsspruch und -gründen, fehlt es damit aber auch an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage zur rechtsrichtigen Beurteilung der dem Angeklagten Johannes K***** unter II. des Schuldspruches angelasteten Tat.

Es war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johannes K***** daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung Folge zu geben, weil die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat. Da die Gründe, auf denen die Aufhebung des Ausspruchs über die Einbruchsqualifikation zugunsten des Angeklagten Johannes K***** beruht, auch dem Angeklagten Peter P***** zustatten kommen, war gemäß § 290 Abs 1 von Amts wegen so vorzugehen, als wäre der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO auch von diesem Angeklagten geltend gemacht worden.

Für eine Korrektur hinsichtlich der Beteiligungsform des Peter P***** (der nach der Formulierung des Urteilsspruchs zu Faktum I. und den Urteilsgründen nur einen Tatbeitrag leistete, nach den Worten "im bewußten und gewollten Zusammenwirken" allerdings dessen ungeachtet als Mittäter (= unmittelbarer Täter) behandelt wurde, bestand angesichts der Gleichwertigkeit der Formen der Beteiligung gemäß § 12 StGB ("funktionaler Einheitstäterbegriff") kein Anlaß (siehe Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 14).

Mit ihren Berufungen waren die beiden Angeklagten auf die - auch den gesamten Strafausspruch erfassende - kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E34437

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0110OS00016.9300006.0302.000

Dokumentnummer

JJT_19930302_OGH0002_0110OS00016_9300006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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