TE OGH 1993/3/9 5Ob160/92

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ing.Gerhard D*****, vertreten durch Dr.Rainer Cuscoleca, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Michael Hule und Dr.Erik Heinke, Rechtsanwälte in Wien, und 2.) V***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Elisabeth Fechter-Petter, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 1 MRG infolge Revisionsrekurses der Erstantragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 14.Juli 1992, GZ 48 R 343/92-20, womit der Teilsachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 7.Jänner 1992, GZ 5 Msch 67/90-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Vorweg ist festzuhalten, daß im Verfahren bei den Vorinstanzen zwei Mietrechtsverfahren verschiedener Antragsteller zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden waren (ON 5). Gegenstand des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof ist jedoch nur noch das Verfahren, das den im Kopf dieser Entscheidung genannten Antragsteller betrifft.

Der Antragsteller begehrt - nach vorausgehendem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Anerkennung als Hauptmieter gemäß § 2 Abs 3 MRG, ferner für den Fall der Abweisung dieses Antrages die Überprüfung der Angemessenheit des vorgeschriebenen Untermietzinses (Gesamtmietzinses). Er habe mit der Zweitantragsgegnerin, die in diesem Haus 24 weitere Wohnungen untervermietet habe, einen Untermietvertrag abgeschlossen. Es liege jedoch (im Verhältnis zwischen der Liegenschaftseigentümerin = Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegnerin als Hauptmieterin = Untervermieterin) ein Schein- bzw. Umgehungsgeschäft im Sinne des § 2 Abs 3 MRG vor.

Die Antragsgegnerinnen wendeten im wesentlichen folgendes ein (Schli-Akt; ON 1, 4 und 5):

Es liege weder ein Schein- noch ein Umgehungsgeschäft vor. Die Zweitantragsgegnerin hätte zunächst beabsichtigt, das ganze Haus für eigene Zwecke zu mieten. Dies sei aus firmeninternen Gründen unterblieben. Die Erstantragsgegnerin sei jedoch an einem Mieter mit dem nötigen finanziellen Rückhalt interessiert gewesen. Deswegen sei es zur Vermietung eines Großteils der Wohnungen in diesem Haus uno actu an die Zweitantragsgegnerin gekommen. Zwischen der Erstantragsgegnerin und der Zweitantragsgegnerin bestünden keine wie immer gearteten gegenseitigen Beteiligungen. Die Zahlungen der Untermieter seien immer direkt an die Untervermieterin geleistet worden.

Auch die Erstantragsgegnerin hätte gemäß § 16 MRG den sogenannten angemessenen Mietzins vereinbaren dürfen. Der Untermietvertrag sei überdies mit der gesamten Laufzeit des Hauptmietvertrages (5 Jahre) befristet.

Das Gebäude sei auf Grund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel dergestalt generalsaniert worden, daß die vom Antragsteller gemietete Wohnung als neu errichtet (Dachbodenausbau) im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG anzusehen sei.

Das Erstgericht sprach mittels Teilsachbeschlusses aus, der Antragsteller sei seit 1.7.1989 Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung, und behielt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vor.

Das Erstgericht stellte folgenden, für die Entscheidung über diesen Revisionsrekurs wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Erstantragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****mit dem Haus *****. Dieses Haus wurde im Jahre 1988 angekauft, weil die Verwendung im Rahmen des sogenannten "Bauherrenmodells" geplant war und sich dieses Haus wegen seiner vielen Substandardwohnungen dafür eignete. Es handelt sich um ein gegen Ende des 19.Jahrhunderts errichtetes Haus.

Im Rahmen der im Jahre 1988 bewilligten Revitalisierung dieses Hauses erfolgte der Umbau in der Weise, daß im Erdgeschoß sowie im ersten, zweiten und dritten Stock sämtliche Grundmauern, Decken und Geschoßeinteilungen erhalten blieben, aber im Inneren der einzelnen Objekte durch Abbruch bzw. Aufstellung von Mauern die Raumeinteilung verändert wurde.

Der Ausbau des Dachbodens erfolgte in der Weise,  daß die alte

Sparrenlage erhalten blieb.  Eine Neueindeckung war wegen des

Zustandes des Daches erforderlich.  Es wurde eine Wärmedämmung

angebracht,  die Dachkonstruktion durch Einbau von Säulen,  die das

Gewicht des Daches halten, geändert.  Es wurden Fenster eingebaut und

zuvor nicht vorhandene Versorgungsstränge bis zur Dachkonstruktion

gezogen.  Der Kamin wurde verstärkt.  So entstanden im Dachgeschoß

erstmals zwei Wohnungen, versehen mit Bad, WC,  Küche etc.  Die

Wohnung des Antragstellers wurde durch Ausbau des ehemaligen Dachbodens (auf Stiege 2) neu geschaffen.

Die Kosten der Sanierung wurden von der Erstantragstellerin mit Bankkrediten ohne Inanspruchnahme von Förderungsmitteln finanziert.

Die Eigentümerin hatte zunächst die Absicht, das bestandfreie Haus durch Verkauf zu verwerten. Dazu kam es aber nicht, weil bei einem sofortigen Verkauf nur ein Kaufpreis von zirka S 25,000.000,- hätte erzielt werden können. Dies hätte bei einem bilanzmäßigen Wert von S 40,000.000,- zu einem Verlust zu S 15,000.000,- geführt. Die Eigentümerin entschloß sich daher, den Verkauf erst nach fünf Jahren durchzuführen und für diese Zeit das Haus befristet an einen Generalmieter, die Zweitantragsgegnerin, zu vermieten. Ein weiterer Grund für diese Art der Vermietung lag darin, das Leerstehungsrisiko zu vermeiden und in der Bilanz jährlich einen fixen Einnahmeposten verbuchen zu können.

Die Zweitantragsgegnerin mietete diese Liegenschaft - ausgenommen die Wohnung top Nr.8 auf Stiege 2 - zu einem monatlichen Mietzins von S 115.192,80 zuzüglich USt. für die Dauer von 5 Jahren (1.7.1989 bis 30.6.1994). Der Zweitantragsgegnerin, die die Absicht hatte, die Wohnungen gewinnbringend unterzuvermieten, wurde dies gestattet.

Der Antragsteller erfuhr am 29.5.1989 von einer Immobilienmaklerin, daß er die Wohnung in Wien 17, ***** als Untermieter mieten könne. Bereits am nächsten Tag wurde der Untermietvertrag über diese 107,92 m2 große Wohnung mit einem Untermietzins von S 10.500,- zuzüglich Umsatzsteuer, Betriebs- und Heizkosten abgeschlossen. Der Mietbeginn war mit 15.6.1989, das Vertragsende mit 30.6.1994 vereinbart. Der Antragsteller leistete die Zahlungen für diesen Bestandgegenstand an die Zweitantragsgegnerin.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:

Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG sei nicht verwirklicht, weil nicht das gesamte Gebäude, sondern bloß einzelne Bestandgegenstände (hier: die vom Antragsteller gemietete Wohnung durch Dachbodenausbau) neu geschaffen worden seien. Der Oberste Gerichtshof habe zwar entschieden (5 Ob 64/87), daß in einem Gebäude, welches ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung errichtet wurde, bei nachträglicher Errichtung einer einzelnen Wohnung unter Verwendung öffentlicher Förderungsmittel lediglich auf den einzelnen Bestandgegenstand abzustellen und (nur) dieser daher dem Anwendungsbereich des MRG zu unterstellen sei. Eine derartige Auslegung sei gerechtfertigt, weil Mittel, die die öffentliche Hand zur Schaffung von Wohnraum zur Verfügung stelle, nicht zu einer sachlich ungerechtfertigten Bereicherung des Hauseigentümers führen sollten, sondern zur Schaffung von erschwinglichem Wohnraum für die Bevölkerung. In dem hier zu beurteilenden Fall hingegen unterliege das gesamte Gebäude dem Vollanwendungsbereich des MRG. Der Umstand, daß die Erstantragsgegnerin zur Neuerrichtung der Wohnung im ehemaligen Dachboden keine öffentlichen Förderungsmittel in Anspruch genommen habe, führe nicht zum Teilausschluß der Mieterschutzbestimmungen (nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG), sondern lediglich zur Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 MRG.

Da im vorliegenden Fall der Hauptmieter den Mietgegenstand auch nicht teilweise zur Befriedigung des eigenen Wohnbedürfnisses oder des Wohnbedürfnisses naher Angehöriger oder von Dienstnehmern gemietet habe, sei es evident, daß der Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung geschlossen worden sei. Umgehungsabsicht sei gegeben, weil es bei Abschluß des Hauptmietvertrages darum gegangen sei, die für die Hauptmieter geltenden Vorschriften des MRG gegenüber dem in Untermieterposition gedrängten Mieter zu unterlaufen. Der Eigentümer wollte nämlich hinsichtlich des gesamten Hauses wirtschaftlich disponibel bleiben, was nur unter Zwischenschaltung eines Hauptmieters möglich gewesen sei, weil das Mietrechtsgesetz befristete Hauptmietverträge nur für die Dauer eines Jahres, befristete Untermietverträge hingegen für einen Zeitraum von 5 Jahren ermögliche. Da immer wirtschaftliche Motive für die Zwischenschaltung eines Strohmannes maßgebend seien und weil zwischen der Erzielung eines Gewinnes und der Vermeidung eines Verlustes bei Verkauf bzw. der Vermeidung von bilanzmäßigen Unannehmlichkeiten ein Unterschied nicht erblickt werden könne, sei die Annahme eines Umgehungsgeschäftes gerechtfertigt.

Das Rekursgericht bestätigte den Teilsachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG sei nicht erfüllt.  Der

Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 5 Ob 64/87 =  WoBl 1988,

18/3 = MietSlg 39.217  ausgesprochen,   ein Gebäude sei nicht deshalb

mit öffentlichen Förderungsmitteln neu errichtet worden,  wenn dies

bloß auf eine Wohnung zutreffe.  In teleologischer Reduktion habe der

Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung auf die Zielsetzung des

Gesetzes abgestellt,  dessen Zweck es sei, nur Mietgegenstände,  die

unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem in dieser

Gesetzesstelle genannten Stichtag errichtet worden seien, dem vollen

Anwendungsbereich des MRG zu unterstellen und dadurch

wirtschaftliche Vorteile des Eigentümers in dem gesetzlich

determinierten Rahmen des MRG zu halten.  Das Rekursgericht vermöge

sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, weil der äußerst mögliche

Wortsinn auch bei Anwendung  der einzelnen Interpretationsmethoden

nicht überschritten werden dürfe.  So habe auch Würth in der in WoBl

1988,  19  veröffentlichten Glosse zu der genannten Entscheidung

darauf hingewiesen,  daß es sich in Wahrheit nicht um eine

teleologische Reduktion,  sondern um eine Gesetzesänderung durch

Richterspruch handle.  Dem Bedarf nach wirtschaftlichen Vorteilen des

Eigentümers,  auf die der Oberste Gerichtshof in der zitierten

Entscheidung abgestellt habe,  werde durch die Regelungen des § 16

Abs 1 Z 2 MRG und des § 29 Abs 1 Z 3 lit a erster Fall MRG Rechnung

getragen.  Der auf gesamte Gebäude abstellende Wortlaut aller

Bestimmungen des § 1 Abs 4 MRG schließe es aus, den

Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG schon dann verwirktlicht zu

sehen,  wenn die geforderten Tatbestandsmerkmale nur bezüglich eines

Mietgegenstandes verwirklicht seien.

Die erstgerichtlichen Feststellungen rechtfertigten auch die Annahme der Umgehungsabsicht im Sinne des § 2 Abs 3 MRG:

Ob jemand durch die Vermietung einen wirtschaftlichen Vorteil erreichen oder aber einen drohenden wirtschaftlichen Nachteil vermeiden wolle, spiele keine Rolle. Es komme wesentlich darauf an, ob durch die gewählte Vertragskonstruktion Personen, die für die tatsächliche Benützung der Bestandobjekte Entgelt zu leisten haben, nominell in die Position von Untermietern gedrängt werden, um ihnen die nach dem MRG zustehenden Rechte eines Hauptmieters zu schmälern. Im hier zu beurteilenden Fall sei die Begründung befristeter Untermietverhältnisse beabsichtigt gewesen, weil auch das Hauptmietverhältnis in gleichem Maße befristet gewesen sei, damit die Erstantragsgegnerin nach Abaluf von 5 Jahren die Möglichkeit zur Veräußerung des bestandfreien Hauses habe.

Es sei zwar richtig,  daß  auch die Erstantragsgegnerin mit dem

Antragsteller  als Hauptmieter beliebig befristete Verträge gemäß §

29 Abs 1 Z 3 lit a erster Fall MRG hätte abschließen können.  Auch

hätte mit ihm ein Hauptmietzins in angemessener Höhe (§ 16 Abs 1 Z 2

zweiter Fall MRG) vereinbart werden können.   In die Position des

Untermieters gedrängt könne ihm gegenüber aber der angemessene

Hauptmietzins  nach der zu § 26 Abs 1 MRG ergangenen Rechtsprechung

um bis zu 100 % überschritten werden.  Auch von den durch die §§ 6,

10, 12 MRG etc. eingeräumten Rechten  sei der  Untermieter

ausgeschlossen. Auch dies bedeute eine Schmälerung seiner Rechte.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht von der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Erstantragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen und das diesen vorangegangene Verfahren (bezüglich des Antragstellers) als nichtig aufzuheben und

die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen; hilfsweise beantragt

die Erstantragsgegnerin, die Entscheidung der Vorinstanzen dahin

abzuändern, daß der Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Hauptmieter abgewiesen werde.

Der Antragsteller begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Erstantragsgegnerin vertritt weiterhin die Rechtsmeinung,

a) die dem Antragsteller vermietete Wohnung unterliege gemäß § 1 Abs 4 Z 1 MRG nur den im Einleitungssatz des § 1 Abs 4 MRG genannten Bestimmungen des MRG, daher nicht dem § 2 Abs 3 MRG und auch nicht den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 37 MRG; dies müsse zur Nichtigerklärung des Verfahrens und der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie zur Zurückweisung der Anträge führen;

b) der festgestellte Sachverhalt lasse sich nicht als Verwirklichung des in § 2 Abs 3 MRG beschriebenen Umgehungstatbestandes qualifizieren, sodaß der Antrag des Antragstellers auf Anerkennung als Hauptmieter - selbst wenn das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG zu verneinen sei - abzuweisen sei.

Beide Rechtspositionen der Erstantragsgegnerin sind nicht zutreffend.

a) Zum Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG:

Alle drei Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 4 MRG, bei deren Verwirklichung nur die im Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle genannten (hauptsächlich kündigungsrechtlichen) Bestimmungen des MRG auf ein bestimmtes Vertragsverhältnis anzuwenden sind, enthalten als ein wesentliches Tatbestandsmerkmal eine bestimmte tatsächliche oder rechtliche Beschaffenheit des Gebäudes, in dem sich der betroffene Mietgegenstand befindet. So ist zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs 4 Z 1 MRG, um den es in dieser Rechtssache geht, erforderlich, daß das Gebäude, in dem der Mietgegenstand gelegen ist, ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30.6.1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden ist. Abgestellt wird also eindeutig auf die (näher determinierte) Neuerrichtung des Gebäudes, in dem sich der Mietgegenstand befindet, nicht jedoch auf die Neuerrichtung bloß des Mietgegenstandes selbst. Diesem eindeutigen Gesetzeswortlaut entspricht die Einhelligkeit der Lehre, die auf die Maßgeblichkeit der Neuerrichtung des Gebäudes hinweist, das den betreffenden Mietgegenstand beherbergt, wogegen die Neuschaffung einzelner Objekte z.B. in § 16 Abs 1 Z 2 MRG berücksichtigt ist.

Der eindeutige Gesetzeswortlaut schließt - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - eine Auslegung in dem von der Revisionsrekurswerberin gewünschten, oben dargelegten Sinn aus, weil der äußerst mögliche Wortsinn, der die Grenze jeder Auslegung bildet (Koziol-Welser, Grundriß9 I 21 unter Hinweis auf Larenz, Methodenlehre 324; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 441; SZ 54/135), dies nicht zuläßt.

In der Entscheidung 5 Ob 64/87, veröffentlicht in WoBl 1988, 18/3 und MietSlg 39.217, war zu beurteilen, ob selbst dann, wenn für bloß eine Wohnung eines Gebäudes, das auf Grund einer nach den 30.6.1953 erteilten Baubewilligung errichtet wurde, Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen wurden, auch die anderen Mietobjekte, für die dies nicht der Fall war, vom Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG nicht erfaßt sein sollten. Im Rahmen dieser Beurteilung sprach der Oberste Gerichtshof allerdings aus, daß "in richtiger teleologischer Reduktion im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG lediglich auf die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel hergestellten Mietgegenstände, nicht aber auf das Gebäude insgesamt mit Einschluß aller seiner selbständig abgeschlossenen Einheiten (Wohnungen und Geschäftslokale) abzustellen" sei. Der Zweck des Ausschlusses von Wohnungen und Geschäftslokalen von der bloß beschränkten Anwendung der Bestimmungen des MRG im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG liege ausschließlich darin, daß Mietgegenstände - auf die allein komme es an und nicht auf das Gebäude, in dem sie liegen -, die unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem genannten Stichtag errichtet worden seien, dem vollen Anwendungsbereich des MRG unterstellt seien und dadurch wirtschaftliche Vorteile des Eigentümers in dem gesetzlich determinierten Rahmen des MRG gehalten würden.

Diese Rechtsmeinung darf aber nicht losgelöst von dem ihr

zugrundeliegenden  Sachverhalt verallgemeinert werden.  Nach den der

genannten Entscheidung zugrundeliegenden festgestellten Tatsachen

hatten die Liegenschaftseigentümer zur Errichtung des Gebäudes keine

öffentlichen Förderungsmittel in Anspruch genommen, sondern erhielten

lediglich für die Errichtung einer im Erdgeschoß dieses Hauses

gelegenen Wohnung einen Annuitätenzuschuß nach dem Salzburger

Wohnbauförderungsfondsgesetzes 1977.  Wurde nämlich das Haus zunächst

ohne öffentliche Mittel errichtet und nachträglich (wie die

Feststellungen wohl zu verstehen sind) eine Wohnung mit öffentlicher

Förderung darin hergestellt, dann kann dieser später eingetretene

Umstand nur die geförderte Wohnung selbst betreffen, nicht aber die

anderen Objekte des Gebäudes:  Ein Um- oder Zubau ist nicht der

Errichtung des Gebäudes gleichzustellen (Würth in der

Entscheidungsbesprechung in WoBl 1988, 19).  Soweit jedoch aus der im

vorigen Absatz wiedergegebenen Entscheidungsbegründung  die

Rechtsmeinung erschlossen werden könnte, § 1 Abs 4 Z 1 MRG wäre in

allen Fällen so auszulegen, als lautete er,  nur solche

Mietgegenstände, die unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem

in dieser Gesetzesstelle genannten Stichtag errichtet worden seien,

sollten dem vollen Anwendungsbereich des MRG unterstellt werden,

wird vom erkennenden Senat eine derartige Rechtsmeinung nicht

aufrechterhalten.  Eine solche Verallgemeinerung  läßt sich nämlich

aus dem Gesetzeswortlaut,  über dessen äußersten Wortsinn nicht

hinausgegangen werden darf,  nicht ableiten.  Hätte der Gesetzgeber

eine Norm des von der Revisionsrekurswerberin angestrebten Inhaltes

schaffen wollen,  so hätte er dies unschwer anstelle der tatsächlich

geschaffenen Bestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG tun können,  wie es

z. B. bei den auf die Errichtung des Mietgegenstandes selbst

abstellenden Bestimmungen des § 16 Abs 1 Z 2 zweiter Fall MRG und

des § 29 Abs 1 Z 3 lit a erster Fall MRG  geschehen ist.

In dem hier zu beurteilenden Fall wurde das Gebäude lang vor dem 30.6.1953 errichtet und bloß durch Umbauten (Revitialisierung) bzw. durch Aufbauten (Dachbodenausbau) erweitert. Dies verwirklicht aus den dargelegten Gründen nicht den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 4 Z 1 MRG (so auch Bernat in Korinek-Krejci, HBzMRG 116 f; Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 1 MRG Rz 46).

b) Zum Umgehungstatbestand des § 2 Abs 3 MRG:

Diesbezüglich kann auf die überzeugende Begründung des Rekursgerichtes verwiesen werden (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 528 a ZPO und § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Dem ist weiter nichts hinzuzufügen.

Anmerkung

E34082

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0050OB00160.92.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19930309_OGH0002_0050OB00160_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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