TE OGH 1993/3/9 4Ob29/93

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Ulrich Polley und Dr.Helmut Sommer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 10. September 1992, GZ 6 R 158/92-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3.Juni 1992, GZ 27 Cg 111/92-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der Beschluß des Rekursgerichtes wird im angefochtenen Umfang dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Der Eventualantrag, der beklagten Partei werde zur Sicherung des Anspruches auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen die Ankündigung verboten, die Zeitschrift "PM-Privatmarkt" enthalte eine bestimmte Anzahl von Anzeigen, wenn diese Anzahl bloß durch Zweiund/oder Dreifacheinschaltung ein und derselben Anzeige erreicht wird, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.425,60 (darin enthalten S 1.737,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 28.710 (darin enthalten S 4.785 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Inseratenzeitschrift "Fundgrube", welche in verschiedenen Regionalausgaben, darunter auch für das Bundesland Kärnten, erscheint. Die Beklagte ist die Verlegerin und Herausgeberin der Inseratenzeitschrift "PM-Privatmarkt". Beide - gegen Entgelt abgegebenen - Zeitschriften enthalten unentgeltlich eingeschaltete Privatanzeigen.

Die Nr. 6/92 der Zeitschrift "PM-Privatmarkt" enthielt auf der Titelseite die Ankündigung: "Heute 5000 Anzeigen". 119 davon waren jedoch - in Berücksichtigung von Kundenwünschen - unter mehreren Rubriken veröffentlicht und deshalb doppelt oder dreifach in diesem Heft enthalten; diese Nummer der Zeitschrift enthielt daher nur 4887 verschiedene Anzeigen. Von diesen waren bereits 1178 Anzeigen in der vorhergehenden Nummer 5/92 enthalten gewesen.

Die Titelseite der Nr. 10/92 der Zeitschrift "PM-Privatmarkt" enthielt die Ankündigung "Schon wieder 5000 Anzeigen". Die Titelseiten dieser Inseratenzeitschrift enthalten überdies auch die Ankündigung "Jeden Freitag neu".

Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragt die Klägerin, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr die Ankündigung, der "PM-Privatmarkt" enthalte "schon wieder" eine bestimmte Anzahl von Anzeigen, oder Ankündigungen gleichen Inhaltes zu verbieten, wenn die von der Ankündigung betroffene Zeitschriftennummer nur etwa zwei Drittel der angegebenen Anzahl an neuen Inseraten enthält und ein Drittel davon einer älteren Zeitschriftennummer entnommen sind, "bzw" auf Zwei- und/oder Dreifacheinschaltungen ein und derselben Anzeige zurückzuführen sind;

in eventu, die Ankündigung zu verbieten, die Zeitschrift "PM-Privatmarkt" enthalte eine bestimmte Anzahl von Anzeigen, wenn diese Anzahl bloß durch Zwei- und/oder Dreifacheinschaltungen ein und derselben Anzeige erreicht wird. Die Werbeankündigung, eine Inseratenzeitschrift enthalte 5000 Anzeigen, werde - insbesondere auch wegen der Ankündigung "Jeden Freitag neu" - vom Publikum dahin verstanden, daß dies verschiedene, jeweils neue Inserate seien; diese Deutung müsse die Beklagte jedenfalls nach der Unklarheitenregel gegen sich gelten lassen. Die Zeitschriften der Beklagten enthielten jedoch in ein und derselben Nummer Anzeigen doppelt und dreifach; darüber hinaus würden auch alte Inserate aus vorangegangenen Nummern übernommen. Die Nr. 6/92 der Zeitschrift "PM-Privatmarkt" habe demnach nur rund 3700 neue und verschiedene Anzeigen enthalten; damit werde ein den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechender Inseratenumfang vorgetäuscht.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus. Es treffe zwar zu, daß in der Nr. 6/92 ihrer Inseratenzeitschrift Inserate, möglicherweise auch 119, doppelt veröffentlicht wurden; das sei aber auf Grund von Kundenwünschen geschehen, Inserate unter verschiedenen Rubriken zu veröffentlichen. Ein solches Vorgehen diene der besseren Übersicht, weil kein Zeitungsleser Interesse an Inseraten sämtlicher Sparten habe. Dennoch seien aber unter Berücksichtigung der Doppelveröffentlichungen verschiedene Inserate vorgelegen. Die Kunden würden die Angabe der Anzahl der Inserate auch nicht anders auffassen, als daß dabei mehrfach geschaltete Inserate entsprechend oft berücksichtigt wurden. Das gleiche gelte auch für die Wiederholung von Anzeigen aus einer vorangegangenen Zeitschriftennummer. Auch aus der Ankündigung "Jeden Freitag neu" ergebe sich nichts anderes.

Das Erstgericht erließ eine einstweilige Verfügung im Sinne des Sicherungshauptbegehrens. Mit ihren Ankündigungen "Heute 5000 Anzeigen" und "Schon wieder 5000 Anzeigen" in Verbindung mit den Worten "Jeden Freitag neu" habe die Beklagte beim durchschnittlichen Publikum den unrichtigen Eindruck erweckt, daß sich diese Anzahl aus unterschiedlichen und bisher noch nicht veröffentlichten Inseraten ergebe; tatsächlich hätten aber die Zeitschriften der Beklagten nach Abzug der Mehrfach-Einschaltungen weniger als die behauptete Anzahl von Inseraten enthalten. Damit habe die Beklagte gegen § 2 UWG verstoßen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungshauptantrag ab. Dem Eventualsicherungsantrag gab es hingegen insoweit statt, als es die einstweilige Verfügung auf Fälle sogenannter "Zweifacheinschaltung" von Inseraten beschränkte; weiters sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Werbeangabe "Schon wieder 5000 Anzeigen" sei nur in der Nr. 10/90 der Zeitschrift "PM-Privatmarkt" enthalten gewesen. Daß schon einmal veröffentlichte Inserate auch in diese Zeitschriftennummer übernommen worden wären, habe die Klägerin nicht behauptet. Der Sicherungshauptantrag sei daher als unschlüssig abzuweisen. Die Wiederholung von Anzeigen aus einer vorangegangenen Zeitschriftennummer in Nr. 6/92 sei aber auch als sogenannte "Zweifacheinschaltung" im Sinne des Eventualantrages zu werten. Die Beklagte habe mit ihrer Werbeangabe nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie dabei solche Doppeleinschaltungen nicht berücksichtigt habe; ihre Ankündigung verstoße daher gegen § 1 und § 2 UWG. Da aber eine Dreifacheinschaltung weder behauptet noch bescheinigt worden sei (siehe dagegen jedoch ON 1 S. 3 und ON 5 S. 19), sei die einstweilige Verfügung "wie im Spruch ersichtlich zu verdeutlichen" gewesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Abweisung des Eventualsicherungsantrages abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO iVm §§ 78, 402 EO, weil das Rekursgericht zur Begründung seiner einstweiligen Verfügung einen Umstand herangezogen hat, auf den die Klägerin ihren Eventualsicherungsantrag nicht gestützt hat und mit dem ein Verbot im Sinne des Eventualantrages auch nicht begründet werden kann. Er ist aber auch berechtigt:

Die Klägerin hat die Werbeankündigungen der Beklagten unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten als irreführend beanstandet. Mit einer bestimmten Anzahl von Inseraten dürfe nur dann geworben werden, wenn alle diese Anzeigen verschieden und auch neu seien. Anzeigen, die in einer Zeitschriftennummer mehrmals (doppelt oder dreifach) erscheinen, sowie Anzeigen, die bereits in einer vorangegangenen Zeitschriftennummer veröffentlicht wurden, dürften dabei nicht mitgezählt werden. Während das Sicherungshauptbegehren die Irreführungseignung der Ankündigung einer bestimmten Anzahl von Anzeigen auf beide relevierten Umstände abstellt, ist der Eventualsicherungsantrag auf die Irreführungseignung bei Zweiund/oder Dreifacheinschaltungen ein und derselben Anzeige (gemeint in ein und derselben Zeitschriftennummer) beschränkt; er erfaßt somit nicht die Irreführungseignung einer zahlenmäßigen Angabe über den Anzeigenumfang einer Anzeigenzeitschrift, die allenfalls durch die Wiederholung von Anzeigen aus einer vorangegangenen Zeitschriftennummer entstehen könnte. Einem solchen Verhalten kann auch nicht durch ein Verbot begegnet werden, eine bestimmte Anzahl von Inseraten anzukündigen, wenn diese Anzahl bloß durch Mehrfacheinschaltung ein und desselben Inserates (in einer Zeitschriftennummer) erreicht wird. Es geht dabei nicht um die Wahrnehmung eines - hier nicht gerügten - Verstoßes gegen § 405 ZPO, sondern um eine Frage der rechtlichen Beurteilung, wenn geprüft wird, ob ein bestimmtes beanstandetes Verhalten ein konkretes Verbot rechtfertigt oder nicht. Die Frage, ob die Angabe einer bestimmten Anzahl von Anzeigen wegen einer solchen Wiederholung irreführend sein kann, ist daher im Rahmen des Eventualantrages nicht zu prüfen.

Die Klägerin hat sich in der Klage (auch) auf die mehrfache Wiedergabe ein und derselben Anzeige in einer Zeitschriftenenummer berufen und darin einen Verstoß gegen § 2 UWG gesehen, welcher mit dem Eventualsicherungsantrag geltend gemacht wird. Dazu steht nur fest, daß die Nr. 6/92 der Zeitschrift "PM-Privatmarkt" - wegen der doppelten oder dreifachen Einschaltung von 119 Inseraten - nur 4887 verschiedene Anzeigen enthalten hat. Nun trifft es zwar zu, daß die Werbeankündigung diesen Umständen einen unrichtigen Eindruck vermitteln könnte; "zur Irreführung geeignete Angaben" im Sinne des § 2 UWG müssen jedoch auch geeignet sein, den Entschluß der angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen, also einen Einfluß auf die Kaufentscheidung haben (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 49; SZ 13/222; SZ 54/97 uva). Die geringfügige Differenz von 113 Anzeigen, welche auf die behauptete Anzahl von 5000 Anzeigen fehlt - die Wiederholung von Einschaltungen aus einer vorangegangenen Zeitschriftennummer ist ja bei der Beurteilung des Eventualantrages nicht zu berücksichtigen -, ist aber nicht geeignet, einen Einfluß auf den Kaufentschluß auszuüben, bleibt es doch für den Kaufentschluß durchschnittlicher Interessenten von Inseratenzeitschriften regelmäßig ohne Bedeutung, daß die behauptete Anzahl von Anzeigen nur geringfügig unterschritten wird.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung im Sinne der Abweisung auch des Eventualsicherungsantrages abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten der Äußerung gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten der Beklagten im Rechtsmittelverfahren zusätzlich auf § 50 ZPO.

Anmerkung

E30814

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0040OB00029.93.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19930309_OGH0002_0040OB00029_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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