TE OGH 1993/3/9 4Ob102/92

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** B*****-Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 60.000, gemäß § 7 RATG S 300.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 17.August 1992, GZ 6 R 160/92-10, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 15.Juni 1992, GZ 5 Cg 186/92-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 9 b UWG (BGBl 1992/147) als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt in zahlreichen Filialen in ganz Österreich ua den Handel mit Schallplatten und CDs. Die Beklagte betreibt in mehreren Standorten in Österreich den Handel mit Geräten der Unterhaltungselektronik und ebenfalls mit Schallplatten und CDs.

Am 15.5.1992 warb die Beklagte in einem Zeitungsinserat neben verschiedenen Geräten auch für CDs mit den Titeln "25 Years of Rock" und "Media's digitaler Soundcheck" mit dem graphisch besonders hervorgehobenen Preis von S 69 sowie für CDs mit den Titeln "Sisters of Mercy", "ABBA" und "Your Sexy Thing" mit dem graphisch besonders hervorgehobenen Preis von S 99. Zwischen den Abbildungen der CDs der verschiedenen Preisgruppen war folgende Information abgedruckt.

"ab 3 Stück pro Titel + 40 %

ab 10 Stück pro Titel + 50 %

ab 15 Stück pro Titel + 60 %

ab 20 Stück pro Titel + 70 %"

Zur Sicherung inhaltsgleicher Unterlassungsansprüche beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, die Abgabe von CDs je Käufer mengenmäßig zu beschränken oder die Preise für CDs in der Weise zu staffeln, daß beim Kauf einer größeren Anzahl der gleichen CD ein höherer Stückpreis zu zahlen ist;

in eventu, die Preise für CDs in der Weise zu staffeln, daß beim Kauf einer größeren Anzahl der gleichen CD ein höherer Stückpreis zu zahlen ist. Die Beklagte kündige durch diese Vorgangsweise eine unzulässige mengenmäßige Beschränkung im Sinne des § 9 b UWG an; zumindest aber wolle sie damit das Verbot des § 9 b UWG umgehen. Sie verstoße damit insbesondere gegen § 9 b UWG oder § 1 UWG.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Andere als mengenmäßige Beschränkungen würden von § 9 b UWG nicht erfaßt. Die im Gesetz genannte Beschränkung habe die Beklagte mit ihrem Inserat vom 15.5.1992 nicht angekündigt. Damit entfalle auch der wegen einer Umgehung dieser Bestimmung erhobene Sittenwidrigkeitsvorwurf.

Das Erstgericht wies das Sicherungshauptbegehren ab, erließ jedoch eine einstweilige Verfügung im Sinne des Eventualantrages. Die Beklagte verstoße gegen § 9 b Z 1 und 2 UWG. Einerseits beschränke sie durch ihre Ankündigung den Verkauf um den angegebenen günstigen Preis auf zwei Stück, andererseits erwecke sie auch den Anschein eines besonders günstigen Angebotes, beschränke dieses dann aber tatsächlich mengenmäßig auf zwei Stück je Käufer. Sollte aber mit der angekündigten Preisstaffelung keine mengenmäßige Beschränkung verbunden sein, dann verstoße das Verhalten der Beklagten gegen § 1 UWG, weil damit der gleiche Effekt erzielt werde wie mit einer mengenmäßigen Beschränkung. Das Hauptbegehren sei jedoch zu weit gefaßt, weil keine mengenmäßige Beschränkung je Käufer vorgenommen werde; daher könne eine einstweilige Verfügung nur im Sinne des Eventualantrages erlassen werden.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. § 9 b Z 1 UWG richte sich nur gegen die öffentliche Werbung mit einer mengenmäßigen Abgabebeschränkung; § 9 b Z 2 UWG diene dagegen - entgegen der Auffassung, daß damit in verfassungskonformer Weise ein Ersatz für § 3 a NVG geschaffen worden sei - den Schutz des umworbenen "Verkäufers" gegen die Gefahr einer besondern Irreführung. Mit ihrer Werbeeinschaltung habe die Beklagte zwar den Anschein eines besonders günstigen Angebotes hervorgerufen; wenn sie dann aber beim Kauf einer größeren Anzahl desselben Titels prozentuelle Aufschläge vornehme, sei damit keine Irreführung verbunden, weil die Beschränkung der Abgabe zu dem besonders günstigen Preis der Erwartungshaltung von Käufern im Einzelhandel entspreche. Eine Irreführung scheide aber schon deshalb aus, weil die Beklagte schon in ihrer Werbeankündigung auf diese Beschränkung hingewiesen habe. Ein Verstoß gegen § 9 b Z 2 UWG sei somit nicht gegeben. Die Werbeankündigung verstoße aber auch nicht gegen § 9 b Z 1 UWG, weil mit einer grundsätzlichen Beschränkung der Abgabemengen nicht geworben worden sei. Ein Verstoß gegen die guten Sitten komme im Hinblick darauf, daß das Verhalten der Beklagten nicht den Grundwertungen des § 9 b UWG zuwiderlaufe, nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Entscheidung über dieses Rechtsmittel hat der Oberste Gerichtshof § 9 b UWG anzuwenden; er hat aber gegen die Anwendung dieses Gesetzes aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit folgende Bedenken:

Gemäß § 9 b UWG kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind (vgl zu dieser Wendung § 4 Abs 1, § 30 Abs 1 UWG; § 2 UWG idF vor der UWG-Nov 1971),

1. die Abgabe von Waren je Käufer mengenmäßig beschränkt oder

2. den Anschein eines besonders günstigen Angebots durch Preisangaben oder sonstige Angaben über Waren hervorruft, tatsächlich aber deren Abgabe je Käufer mengenmäßig beschränkt.

Das Verbot der Z 1 richtet sich gegen das (öffentliche) Ankündigen von Mengenbeschränkungen, das damit in engem Zusammenhang stehende Verbot der Z 2 gegen die tatsächliche mengenmäßige Beschränkung der Abgabe von Waren je Käufer, sofern diese Beschränkung Angebote betrifft, die den Anschein besonderer Günstigkeit hervorgerufen haben.

Nach den Materialien (RV 338 BlgNR 18.GP 7) wurde diese Bestimmung dem § 6 d dUWG nachgebildet. Sie richtet sich gegen zwei Arten der Lockvogelwerbung (vgl zu dieser etwa ÖBl 1992, 39 - Blaupunkt Bremen) und soll (darüber hinaus?) die Werbung mit Sonderangeboten eindämmen. Das wird damit begründet, daß die Werbung mit einer Beschränkung der Abgabemengen bestimmter Waren einen starken Anlockeffekt ausüben kann, der nicht nur den Absatz der mengenmäßig beschränkten, zu Tiefstpreisen angebotenen Waren, sondern auch den Absatz anderer, möglicherweise zu überhöhten Preisen angebotener Waren fördert (vgl dazu Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 Rz 3 zu § 6 d dUWG). Daß dies nur für Waren gelten sollte, die zu "Tiefstpreisen" (unter dem Einstandspreis?) angeboten werden, hat aber im Gesetz keinen Niederschlag gefunden; nach der RV soll mit dieser Bestimmung auch der mit einer solchen Werbung typischerweise verbundenen Gefahr einer Irreführung des Käufers begegnet werden. Da die Kunden bei der Ankündigung einer - später auch tatsächlich so gehandhabten - Mengenbeschränkung über die beschränkte Möglichkeit des Warenerwerbes nicht in Irrtum geführt werden, kann die Täuschung, die § 9 b UWG verhindern will, nur darin liegen, daß der Verbraucher bei dieser Art der Werbung auf ein besonders günstiges Angebot schließt (vgl Baumbach-Hefermehl aaO Rz 8 zu § 6 d dUWG). Diese typische Irreführungsgefahr war aber nur ein Motiv des Gesetzgebers; sie ist kein Tatbestandsmerkmal. § 9 b Z 1 UWG enthält - ebenso wie § 6 d Z 1 dUWG (Baumbach-Hefermehl aaO Rz 4; Lehmann, Die UWG-Neuregelungen 1987 - Erläuterungen und Kritik, GRUR 1987, 199 [204]; Sack, Die UWG-Novelle 1986, BB 1986, 2205 [2207]) einen typisierenden - abstrakten - Gefährdungstatbestand, also ein sogenanntes per se-Verbot (zu diesem Begriff allgemein: Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 256), welches ohne Rücksicht darauf gilt, ob die Ankündigung im konkreten Fall tatsächlich irreführend ist (dazu Prunbauer, Das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz 1992, RdW 1992, 198 [201]; Schuhmacher, Anmerkungen zum "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz", WBl 1992, 114 [117]; kritisch bereits Barfuß, Deregulierung durch ein neues "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz"? ÖBl 1991, 54 [55]).

Nach § 9 b Z 1 UWG soll jede Ankündigung der Beschränkung der Abgabemenge, zB durch die Worte "Abgabe nur in Haushaltsmengen" oder "Nur ein Stück pro Person" verboten sein; Angaben über den vorhandenen Warenvorrat sind hingegen zulässig, um einer Irreführung des Käufers über die tatsächliche Vorratsmenge (vgl § 2 Abs 1 UWG: "......über die Menge der Vorräte.......") vorzubeugen (ebenso Baumbach-Hefermehl aaO Rz 10 zu § 6 d dUWG; Helm im Nachtrag 1986 zum HdB des Wettbewerbsrechts 14). Der krasseste Fall einer Mengenbeschränkung im Sinne der Z 1 und Z 2 soll nach der RV darin bestehen, daß der Werbende einzelne Käufer oder Käufergruppen (zB Wiederverkäufer) überhaupt vom Kauf ausschließt. Als "Käufer" iS des § 9 b UWG sollen daher Unternehmer und Verbraucher in Frage kommen (dazu schon kritisch Wiltschek, Neues von der Deregulierungsfront, ecolex 1992, 32 [34]); § 6 d dUWG sieht hingegen im Ausschluß von Wiederverkäufern keine mengenmäßige Beschränkung, erwähnt aber ausdrücklich diese zweite Form der Abgabebeschränkung (vgl dazu Liebscher, "Abgabe nur an Letztverbraucher", ecolex 1992, 782).

§ 9 b Z 2 UWG statuiert ein weiteres, "bedingtes" Werbeverbot. Es richtet sich gegen das Hervorrufen des Anscheins eines besonders günstigen Angebots durch Preisangaben oder sonstige Angaben über Waren, wenn deren Abgabe je Käufer (dann) tatsächlich mengenmäßig beschränkt wird. § 9 b Z 2 UWG spricht - ebenso wie § 6 d dUWG - vom "Anschein" eines besonders günstigen Angebotes. Damit dürfte allerdings ein schon für sich allein irreführendes Angebot nicht gemeint sein, weil dieses bereits nach § 2 UWG verboten wäre und dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, daß er derartige Angebote in Hinkunft nur noch dann mit Sanktionen belegen wollte,

a) wenn sie (außerdem) in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, gemacht wurden (siehe aber Wiltschek, Die geplante Wettbewerbsrechtsnovelle: Ein "Deregulierungsgesetz", ecolex 1991, 627 [628]),

b) und außer der Irreführung über das Angebot beim anschließenden Verkauf tatsächlich eine Mengenbeschränkung vorgenommen wird (vgl dazu Barfuß, Deregulierung durch ein neues "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz"? ÖBl 1991, 54 [56]).

Das Wort "Anschein" kann sich daher nur auf einen Gegensatz zwischen dem durch die Werbung hervorgerufenen "Anschein" entsprechender Kaufmöglichkeiten und der tatsächlichen Abgabemenge beziehen, also auf eine Täuschung der Käufererwartung über die Möglichkeit des Bezuges eines (objektiv!) günstigen Angebotes (Dellinger, § 9 b Z 2 UWG - Ein tauglicher Versuch zur Bekämpfung des Verkaufs unter dem Einstandspreis, WBl 1992, 362 [365]). Das ergibt sich wohl auch aus den Materialien ("Der Anschein eines besonders günstigen Angebots kann etwa dadurch hervorgerufen werden, daß der in der Werbung ausgewiesene Wert im Verhältnis zum erfahrungsgemäß verlangten Preis für eine Ware besonders niedrig erscheint ....").

Der Tatbestand des § 9 b Z 2 UWG soll nach der RV (8) vor allem den Interessen des klein- und mittelständischen Handels dienen, indem die Attraktivität von Verkäufen unter dem Einstandspreis vermindert wird. Das Verbot ist aber vom Gesetzgeber nicht auf Verkäufe unter dem Einstandspreis beschränkt worden; es erfaßt vielmehr alle (anscheinend) besonders günstigen Angebote. Die Regierungsvorlage stellt an dieses Tatbestandsmerkmal keine hohen Anforderungen: Es soll schon durch Angaben wie "Sonderangebot", "spottbillig", "konkurrenzlos" usw verwirklicht werden, ebenso aber auch dann, wenn sonstige Angaben über die Ware im Vergleich zum übrigen Werbeinhalt besonders herausgestellt sind, sei es durch Unterstreichen, Färbung, Fettdruck, Druckunterschiede, Druckgröße, Absetzen vom übrigen Text usw (vgl dazu Baumbach-Hefermehl aaO Rz 15 zu § 6 d dUWG). Das bedeutet, daß schon das bloße Herausstellen eines Angebotes das Verbot mengenmäßiger Abgabebeschränkungen nach sich zieht.

§ 9 b Z 2 UWG geht aber über ein bloßes Werbeverbot hinaus: Er soll nämlich - nach der RV - jedem Mitbewerber die Möglichkeit geben, "besonders günstig" erscheinende "Waren" entweder ohne Mengenbeschränkung zu Zwecken des Wiederverkaufes zu erwerben oder aber im Fall einer Beschränkung der Abgabemenge oder eines Ausschlusses vom Verkauf den betreffenden Unternehmer auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Dieser Hinweis der Gesetzesverfasser läßt eine Zielsetzung des § 9 b UWG erkennen (zur Entstehungsgeschichte siehe Karsch, Zum Entwurf eines Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, WiPolBl 1992, 19 [21 f]), die weit über den Schutz der Käufer vor Irreführungen hinausgeht. Im Gegensatz dazu enthalten die Materialien zu § 6 d dUWG keinen solchen Hinweis, was die Auslegung dieser Bestimmung durch den BGH wohl entscheidend beeinflußt hat.

Nach herrschender Auffassung statuiert § 9 b Z 2 UWG zwar keinen rechtlichen Kaufzwang (Hanreich, Das neue österreichische Wettbewerbs- und Preisrecht, ÖZW 1992, 33 [38]; Schuhmacher aaO 117; Prunbauer aaO 201; ebenso zu § 6 d dUWG: Baumbach-Hefermehl aaO Rz 16 zu § 6 d dUWG; Sack, BB 1986, 2206; Helm aaO 13; Koppensteiner, Der Verkauf unter dem Einstandspreis, WBl 1991, 37 ff, 73ff [76]); er läuft aber - jedenfalls bei einer Interpretation im Sinne der Materialien - auf einen faktischen Kontrahierungszwang hinaus, muß doch der Werbende das Leerkaufen durch einen einzelnen Kunden hinnehmen, wenn er nicht einen Wettbewerbsprozeß auf Unterlassung und allenfalls sogar auf (verschuldensunabhängigen? [Schuhmacher aaO 118]) Schadenersatz (mit Haftung für den entgangenen Gewinn des abgewiesenen "Leerkäufers" oder nur für den Schaden aus der "Lockvogelwerbung"? [vgl Dellinger aaO 363 FN 6]) riskieren will (Dellinger aaO 363; Liebscher aaO 783; zu § 6 d dUWG: Nacken, Das Verbot der mengenmäßigen Beschränkung nach § 6 d UWG, WRP 1987, 598 [601]; Traub, § 6 d dUWG: Faktischer Kontrahierungszwang und Täuschung über die vorhandene Warenmenge, WRP 1987, 709 [710];

Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in GRUR 1986, 439 [442]; Seisler, Der gescheiterte "Leerkauf" - Versuch und § 6 d I Nr. 2 UWG, WRP 1987, 596 [597];

siehe auch bei Leisse, Der mißachtete Gesetzgeber, GRUR 1989, 291 [294]; aM Sack, Die mengenmäßige Beschränkung der Abgabe an Kunden iS von § 6 d UWG, NJW 1989, 2360 [2362]). Kann der Werbende nicht beweisen, daß der Versuch des Leerkaufens nicht nur der Bedarfdeckung des Mitbewerbers dient, sondern auf eine sittenwidrige Behinderung des Leergekauften (in Schädigungsabsicht) abzielt (vgl zur Abgrenzung Dellinger aaO 264), dann wird er sich zur Vermeidung verschwiegender prozessualer (Kosten-)Folgen dem "Leerkaufen" fügen müssen.

Durch diese Regelung - und zwar insbesondere durch § 9 b Z 2 UWG, aber auch durch § 9 b Z 1 UWG - wird die unternehmerische Dispositionsfreiheit empfindlich eingeschränkt. Im Schrifttum werden daher - ähnlich wie in der BRD gegen § 6 d dUWG - Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung erhoben. Der erkennende Senat teilt diese Bedenken:

Das Grundrecht der Erwerbsfreiheit umfaßt auch die Freiheit der unternehmerischen Disposition (VfGH 15.6.1990 ÖBl 1990, 222; zustimmend Barfuß ÖBl 1990, 225; Koppensteiner, aaO 76 mwN FN 59). Dieses Grundrecht steht unter Gesetzesvorbehalt; eine Einschränkung ist daher nur zulässig, wenn sie

-

durch das öffentliche Interesse geboten,

-

geeignet,

-

zur Zielerreichung adäquat und auch

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sonst sachlich gerechtfertigt ist (VfGH 15.6.1990 ÖBl 1990, 222).

Die Regelungsziele des aufgehobenen § 3 a NVG und des § 9 b UWG stimmen - weitgehend - überein. Da der Verfassungsgerichtshof die vom Gesetzgeber mit der Schaffung des § 3 a NVG angestrebten Ziele als im öffentlichen Interesse liegend angesehen hat, wird dies auch für die Nachfolgebestimmung zutreffen. Das Werbeverbot des § 9 b Z 1 UWG erscheint geeignet, die starke Lockwirkung, die von der Ankündigung einer mengenmäßigen Beschränkung der Warenabgabe in typischen Fällen ausgeht, einzudämmen; das gilt aber nur für die mengenmäßige Beschränkung der Abgabe an Letztverbraucher und nicht auch für den Hinweis, daß die Ware nicht an Wiederverkäufer abgegeben wird, weil dadurch bei den Letztverbrauchern nicht der Eindruck erweckt wird, sie könnten sich mit der angebotenen Ware nicht in einem Ausmaß eindecken, das bei Letztverbrauchern - je nach der Art der angebotenen Ware - üblich ist. Die Möglichkeit eines Erwerbes zur Vorratshaltung nach Art eines Wiederverkäufers erwartet der Letztverbraucher nicht (BGH NJW 1990, 1179; NJW 1991, 2636; siehe dazu auch Dellinger aaO 363 und Koppensteiner aaO 76). Auch das Bestreben des Gesetzes, im Interesse des klein- und mittelständischen Handels die Attraktivität von Verkäufen unter dem Einstandspreis zu vermindern, wird als im öffentlichen Interesse liegend anzuerkennen sein.

Über die Tauglichkeit des Gesetzes, dieses Ziel überhaupt zu erreichen, lassen sich hingegen keine eindeutigen Aussagen treffen. Hanreich (aaO 38) meint, daß die Erfahrung der nächsten Jahre zeigen werde, ob die Norm den in der RV bezeichneten Zweck erreichen werde. Sicher sei aber schon jetzt, daß die Taktik des "Leerkaufens" des Konkurrenten durch diese Vorschrift zu Recht (!) nicht erreicht werden könne, weil diese Praxis in vielen Fällen selbst sittenwidrig wäre; da § 9 b UWG zu Recht keinen Kontrahierungszwang begründe, bleibe die Möglichkeit des günstigen Einkaufs bei nicht aufmerksamen Konkurrenten und der Unterlassungs- und Schadenersatzklage gegen denjenigen, der gegen § 9 b UWG verstößt. Liebscher (aaO 783) meint, daß die Norm entgegen ihrem Zweck, den "Kleinen" vor dem "Großen" zu schützen, nicht auf die Betriebsgröße abstelle (vgl zum ähnlichen Problem des § 3 a NVG Koppensteiner aaO 74 f). Auf Grund seiner finanziellen Mittel werde es dem großen Handelsbetrieb in der Regel ein leichtes sein, den Einzelhändler, der entsprechende Sonderangebote durchführt, leerzukaufen, während dies dem Einzelhändler wohl nur sehr selten möglich sein werde. Der Großbetrieb könne mit einer dauernden Tiefpreisstrategie Marktanteile gewinnen; der Einzelhändler sei dagegen viel stärker darauf angewiesen, mit Einzelaktionen Werbeeffekte zu erzielen. Diese Ansicht wurde auch schon in der BRD vertreten: Lehmann (aaO 205) weist darauf hin, daß die vom Gesetzgeber erhofften strukturpolitischen Effekte fraglich erschienen, denn die Großen im Handel auf Grund ihres allgemeinen Dauertiefpreis-Images in der Lage seien, künftig noch einfacher den Kunden auf sich zu ziehen, wenn die Kleinen nicht einmal mehr mit punktuellen Sonderangeboten dieses Handelsimage zu erschüttern versuchen könnten. Auch Witt (Das Einzelhandelsmarketing im Spannungsfeld zwischen § 3 UWG und § 6 d UWG, WRP 1987, 588) meldet Zweifel an der Effektivität des § 6 d dUWG an; das Ergebnis seiner Untersuchungen gebe zu Bedenken Anlaß, ob § 6 d dUWG nicht zum Teil ins Leere gegangen sei oder sogar "Negativeffekte" ausgelöst habe.

Selbst wenn aber das Gesetz zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet wäre, erreicht es dieses nicht mit adäquaten Mitteln, so daß die damit verbundene Einschränkung der Freiheit der unternehmerischen Disposition jedenfalls unverhältnismäßig ist. § 9 b UWG bezweckt primär eine Einschränkung der "Lockvogelwerbung"; er trifft aber durch seine weite Fassung auch die Werbung für "echte" Sonderangebote und erstreckt damit das zur Bekämpfung der Angebote unter dem Einstandspreis eingesetzte Mittel, nämlich jedem Mitbewerber die Möglichkeit des Leerkaufens zu geben, auch auf die Werbung für "echte" Sonderangebote. Solche Angebote zielen in erster Linie auf eine Beschleunigung des Absatzes der so angebotenen Ware ab, während "Lockvogelangebote" - wobei es zwischen den beiden Angebotsformen selbstverständlich fließende Übergänge gibt - in erster Linie eine "Köderfunktion" haben; sie zielen vor allem auf den beschleunigten Absatz regulärer Ware ab, während der Absatz der "Lockvogelware" möglichst klein gehalten werden soll. Durch die "Lockvogelangebote" soll der Kunde "in das Geschäft des Anbieters gelockt werden, um in erster Linie unter Ausnützung des sogenannten Verbundeffektes reguläre Ware zu normalen oder gar zu überhöhten Preisen zu kaufen". Dabei werden die Ausfälle beim Verkauf der "Lockvogelware" durch eine Mischkalkulation gedeckt (Sack, Der rechtspolitische Zweck der §§ 6 d, e UWG, WRP 1989, 693).

Befürworter des Verbotes der Mengenbeschränkung weisen darauf hin, daß der Unternehmer durch § 9 b UWG in seiner Preiskalkulation frei bleibe. Nur wenn er ein gezieltes Lockvogelangebot macht und daher den Preis seiner Ware zu nieder ansetzt, laufe er Gefahr, die Ware auch an Konkurrenten abgeben zu müssen; wolle er dagegen tatsächlich besonders preiswert und schnell verkaufen, dann werde er die Abgabemenge ohnehin nicht beschränken. § 9 b UWG erschwere demnach in Wahrheit nur das wirtschaftspolitisch unerwünschte Lockangebot, bei welchem der Werbende die Ware entgegen seiner Ankündigung möglichst lange behalten wolle. Bei einer entsprechenden Preiskalkulation werde ein Leerkaufen durch einen Mitbewerber, der sich mit der billigen Ware eindecken will, in aller Regel unterbleiben (vgl dazu Dellinger aaO 365; Leisse aaO 255; Sack, NJW 1989, 2362; Prunbauer aaO 200).

Diese Erwägung trifft jedoch durchaus nicht in allen von § 9 b UWG erfaßten Fällen zu. § 9 b UWG - der durch seine Fassung wesentlich weiter greift als sein deutsches Vorbild, das auf die Abgabe einzelner aus dem gesamten Angebot hervorgehobener Waren beschränkt ist (siehe dazu Schuhmacher aaO 117) - richtet sich nicht nur gegen blickfangartig herausgestellte Lockangebote, sondern gegen herausgehobene Billigangebote (Sonderangebote) schlechthin.

Das Interesse eines Mitbewerbers, seinen Konkurrenten leerzukaufen, kann auch bei "echten" Sonderangeboten, die ohne Verlust kalkuliert worden sind, auftreten, also etwa dann, wenn der Werbende irgendeinen Sonderposten besonders günstig erwerben konnte oder von einer Ware sehr viel angeschafft hat. Der für solche "echte" Sonderangebote Werbende hat ein berechtigtes Interesse daran, seine Werbeankündigung gegenüber allen zu erwartenden Interessenten erfüllen zu können; schon deshalb soll er nicht gezwungen sein, seinen Vorrat einem einzelnen Wiederverkäufer herausgeben zu müssen und damit seine Kunden zu enttäuschen, zu verärgern und zu verunsichern (Dellinger aaO 365). Auch wenn sich der für Sonderangebote Werbende gegen den Vorwurf, das Publikum über die Warenvorräte in Irrtum geführt zu haben (§ 2 UWG) im Fall eines unerwarteten "Leerkaufens" wahrscheinlich (s aber unten) schützen kann (vgl zu diesem Problem Nacken aaO 603; Alt, Beschränkung der Abgabemenge gegenüber Wiederverkäufern - Ein Verstoß gegen § 6 d I Nr. 2 UWG? NJW 1988, 3189 [3191]; Lehmann aaO 205; Traub aaO 710 ff), hat er doch ein legitimes Interesse daran, die Waren für seine Detailkunden zur Verfügung zu haben und damit das in der Werbung gegebene Versprechen zu erfüllen, könnte er doch sonst Kunden wegen des Anscheins unseriöser Werbung verlieren.

Große Unternehmer mit vielen Filialen haben ein Interesse daran, daß die als Sonderangebot angekündigten Waren in jeder Filiale vorhanden sind und sie nicht durch Leerkäufe in einzelnen Filialen zu außergewöhnlichen Nachlieferungen gezwungen werden, um das Werbeversprechen überall gleichmäßig erfüllen zu können. Bei zeitlich beschränkten Sonderangeboten, wie sie im Handel durchaus üblich sind, um auf Artikel des einen oder anderen Erzeugers besonders aufmerksam zu machen, müßten es sich die Werbenden sonst gefallen lassen, unter Umständen den gesamten Warenvorrat herauszugeben, mag dieser zum Teil auch schon für den regulären Verkauf nach Beendigung des Sonderangebotes bestimmt sein. Ein legitimes Interesse am Aufkaufen solcher Sonderangebote kann insbesondere bei einer Änderung der Marktsituation sowie bei gelegentlichen Versorgungsengpässen bestehen.

Das gegen Verkäufe unter dem Einstandspreis gerichetete Unwerturteil des Gesetzes trifft somit auch "echte" Sonderangebote, auf die manche Branchen, wie etwa der Lebensmittelhandel, schon deshalb angewiesen sind, weil alle Konkurrenten im wesentlichen die gleichen Waren anbieten (Dellinger aaO 366; Seisler, WRP 1987, 597). Dabei sind gerade die kleineren Einzelhändler viel stärker darauf angewiesen, mit Einzelaktionen Werbeeffekte zu erzielen, während Großbetriebe häufig auch mit einer dauernden Tiefpreisstrategie Marktanteile gewinnen können (Liebscher aaO 783; Lehmann aaO 205).

Überschießend ist aber auch das per se-Verbot des § 9 b Z 1 UWG, welches nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auch das Verbot der Ankündigung einer Abgabebeschränkung an Wiederverkäufer erfaßt; eine solche Beschränkung ist aber unter Bedachtnahme auf die durch die Werbung bei den Verbrauchern geweckten Erwartungen über die Lieferbereitschaft des Werbenden gerade nicht irreführend (Dellinger aaO 366). Das Verbot, die Beschränkung der Abgabe von Waren an Wiederverkäufer anzukündigen, sowie der faktische Kontrahierungszwang beeinträchtigen die unternehmerische Handlungsfreiheit noch stärker als das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis (Koppensteiner aaO 76).

Auch das Spannungsverhältnis zwischen § 9 b UWG und dem Verbot der Irreführung über die Vorräte (§ 2 UWG) ist problematisch. Nach der bisherigen Rsp haftet der Werbende nicht wegen Irreführung über die Vorräte, wenn er sich mit einer der zu erwartenden Nachfrage entsprechenden Warenmenge eingedeckt hat, auch wenn sie dann doch schneller als zunächst angenommen ausverkauft war. Den Beklagten trifft aber die Beweislast dafür, daß der angeschaffte Vorrat ausreichend bzw die Lieferung gesichert war, dann aber unvorhergesehene Lieferschwierigkeiten aufgetreten sind (vgl ÖBl 1979, 129 - Teppichland Linz; ÖBl 1980, 126 - Herrenschuhe; ÖBl 1992, 39 - Blaupunkt Bremen).

Es wäre nun durchaus denkbar, daß die Rsp vom Werbenden in Zukunft auch verlangen könnte, bei der Kalkulation der zu erwartenden Nachfrage auch wahrscheinliche Kaufwünsche von Wiederverkäufern zu berücksichtigen; vor allem kleinere Unternehmen würden dann in eine ausweglose Situation kommen. Einen überproportionalen Vorrat anzuschaffen, wird ihnen meist nicht möglich sein. Entsprechen sie dann dem "Leerkaufangebot" eines Wiederverkäufers, der sich kurz nach der Werbeankündigung einfindet, nicht, dann droht ihnen eine Verurteilung nach § 9 b UWG; geben sie aber die gesamte Ware ab, dann besteht das Risiko einer Verurteilung nach § 2 UWG. Selbst die Bekanntgabe der von den angepriesenen Waren jeweils vorhandenen Stückzahl schließt eine Irreführung nicht aus, wenn ein großer Vorrat schon kurz nach dem Beginn des "Sonderangebots" infolge "Leerkaufens" durch einen Wiederverkäufer ausverkauft ist.

In der BRD hat der Bundesgerichtshof den in der Lehre vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 6 d dUWG durch den Versuch einer engen, verfassungskonformen Interpretation entsprochen. Seisler (WRB 1987, 596 f) verweist darauf, daß Art 2 I GG die allgemeine Handlungsfreiheit auch auf wirtschaftlichem Gebiet schütze. Hierher gehörten vor allem die Vertragsfreiheit, aber auch die Freiheit, sich seinen Vertragspartner selbst auszusuchen. Der (faktische) Kontrahierungszwang, der diese Freiheit einschränkt, sei nach dem Sinngehalt des Art 2 I GG nur so weit zulässig, als die Ausübung der Abschlußfreiheit gegen die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen würde. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 d I Nr.2 dUWG lasse aber eine Beschränkung der Abgabemenge im konkreten Einzelfall dann zu, wenn der Werbende nicht den Eindruck erweckt hat, er wolle unbeschränkte Mengen verkaufen, und die Beschränkung im konkreten Fall deshalb erfolgt, um die Fähigkeit des Werbenden, die Kaufwünsche der Endverbraucher zu erfüllen, zu erhalten (aA Leisse, GRUR 1989, 251 [255]).

Das OLG Stuttgart betont in seinem Urteil vom 14.8.1987 (siehe Nacken WRP 1987, 598 [601]), daß eine Absicht des Gesetzgebers, Untereinstandspreisverkäufen dadurch vorzubeugen, daß Konkurrenten, Herstellern und Großhändlern durch § 6 d I Nr. 2 dUWG das Recht eingeräumt wird, die unter dem Einstandspreis angebotene Ware aufzukaufen, weder im Gesetzestext noch in den Gesetzesmaterialien hinreichenden Ausdruck gefunden habe. Im übrigen würden gegen eine dartige Regelung auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen; weil es sich dabei um eine Regelung der Berufsausübung handeln würde, welche die dem Gesetzgeber durch Art 12 GG gezogenen Grenzen überschritte. Bei Eingriffen in die Freiheit der Berufsausübung, bei denen grundsätzlich ein erheblich weiterer Spielraum bestehe, als bei solchen in die Berufswahl, gelte das Verbot des Übermaßes. Der Eingriff müsse in einem vernünftigen Verhältnis zu dem gegebenen Anlaß und dem mit ihm verfolgten Zweck stehen; das Verbot dürfe nicht übermäßig belasten. Dieses Verbot des Übermaßes wäre hier verletzt.

Dieser Meinung hat sich auch der Bundesgerichtshof zu § 6 d I Nr. 2 dUWG angeschlossen. Das Zusammentreffen wettbewerbsrechtlich zulässiger Handlungen (Sonderangebot, Abgabebeschränkung) könne die Rechtswidrigkeit des Werbeverhaltens nur dann begründen, wenn gerade durch diese Kombination eine wettbewerbswidrige Lage geschaffen werde, weil das Verkaufsunternehmen die Abgabemenge der angepriesenen Ware in einem unüblichen Maße beschränke, das mit der durch die herausgestellte Sonderangebotswerbung beim Verbraucher geweckten Vorstellung von der Lieferbereitschaft des werbenden Unternehmens nicht in Einklang stehe. Eine andere Betrachtungsweise, die allein in der Häufung wettbewerbsgerechter Verhaltensweisen die Grundlage für das Werbeverbot des § 6 d I Nr. 2 dUWG sehe und zur Folge habe, daß das mit besonders preisgünstigen Angeboten werbende Unternehmen hinnehmen müßte, von einem einzelnen Kunden leergekauft zu werden, wenn es nicht auf seine Werbung verzichte, mißachte das Recht des Handelsunternehmens, sein Werbeverhalten im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung frei zu gestalten (NJW 1990, 1180; ähnlich NJW 1991, 2636).

Die stark einschränkende Auslegung, die der BGH dem Verbot der Mengenbeschränkung nach § 6 d I Nr. 2 dUWG gegeben und dieses damit im wesentlichen auf ein Verbot der Irreführung über die Lieferbereitschaft reduziert hat, kommt aber für § 9 b UWG kaum in Betracht (aM Dellinger aaO 365 f), geht doch aus den Materialien zu § 9 b UWG deutlich hervor, daß die Gesetzesverfasser auch im Ausschluß einzelner Käufergruppen (zB Wiederverkäufer) eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne der Z 1 und 2 sehen und die Z 2 nach ihrem Willen des Gesetzgebers jedem Mitbewerber die Möglickheit geben soll, besonders günstig erscheinende Waren entweder ohne Mengenbeschränkung zu Zwecken des Wiederverkaufes zu erwerben oder aber das betreffende Unternehmen im Fall einer Beschränkung der Abgabemenge auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch zu nehmen.

Diese Absicht der Gesetzesverfasser scheint mit der Entstehungsgeschichte der Norm (Karsch aaO 21) im Einklang zu stehen; auch aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich nichts Abweichendes. Es ist daher anzunehmen, daß der Gesetzgeber mit Hilfe eines faktischen Kontrahierungszwanges gegen Billigangebote schlechthin vorgehen und das Verbot von Mengenbeschränkungen als (möglichst gleichwertigen) Ersatz für das verfassungswidrige Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis einführen wollte. Eine verfassungskonforme Interpretation des § 9 b UWG als bloßes Verbot der Irreführung über die Lieferbereitschaft dürfte daher nicht möglich sein, doch kann der Oberste Gerichtshof darüber erst entscheiden, wenn der Verfassungsgerichtshof über den vorliegenden Anfechtungsantrag erkannt hat. Da die Regelung auch die unternehmerische Bewegungsfreiheit im Kern und sogar wesentlich stärker berührt als ihr deutsches Vorbild (Dellinger aaO 366; Liebscher aaO 784; Schuhmacher aaO 118), bestehen gegen § 9 b UWG Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit.

Den Anlaßfällen der Anfechtungsanträge (4 Ob 117/92, 4 Ob 123/92) liegen Sachverhalte zugrunde, die auf massive Praktiken der "Lockvogelwerbung" schließen lassen. Diese Fälle liegen daher mit größter Wahrscheinlichkeit im Kernbereich der angefochtenen Norm und würden von ihr auch dann getroffen, wenn der Gesetzgeber eine adäquate (nicht überschießende) Regelung erlassen hätte. Ob aber die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes im Anlaßfall zum Tragen kommt, ist

ohne Belang (Walter-Mayer, Verfassungsrecht6, 377; VfSlg 9.755; 19.3.1987 G 269/86 ua).

Anmerkung

E31271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0040OB00102.92.0309.000

Dokumentnummer

JJT_19930309_OGH0002_0040OB00102_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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