TE OGH 1993/3/17 9ObS13/93

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Veröffentlicht am 17.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Othmar Roniger und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Parteien 1.) Herbert F*****, 2.) Franziska F*****, Handelsvertreter, ***** vertreten durch Dr.Maximilian Ganzert und Dr.Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Linz, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 223.687 S sA (Revisionsinteresse 207.607,60 S sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11.November 1992, GZ 12 Rs 89/92-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 8.Mai 1992, GZ 11 Cgs 2002/92-6, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Erstkläger die mit 9.518,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.586,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger zedierte seine offenen Provisionsansprüche gegen seinen Dienstgeber an die Zweitklägerin (seine Ehegattin). Die Zweitklägerin machte die ihr abgetretene Forderung von 446.773,30 S sA beim Landesgericht geltend und erwirkte die Zuerkennung des Klagebetrages und der Prozeßkosten von 223.687 S. Am 1.2.1990 wurde ein Konkursantrag gegen den Dienstgeber des Erstklägers mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen.

Die beiden Kläger begehrten jeweils gesondert die Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld für die zugesprochenen Kapitals- und Kostenbeträge. Das Arbeitsamt sprach dem Erstkläger Insolvenzausfallgeld in Höhe von 416.532 S und 48.917 S zu; die Gewährung von Insolvenzausfallgeld für die der Zweitklägerin zuerkannten Prozeßkosten lehnte es mangels Arbeitnehmereigenschaft zur Gänze ab.

Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Klage begehrten die Kläger die Zuerkennung eines Betrages von 223.687 S an Insolvenzausfallgeld. Der Erstkläger hafte der Zweitklägerin auch für die Kosten der zur Hereinbringung erforderlichen Schritte; diese Kosten wären in gleicher Höhe aufgelaufen, wenn der Erstkläger die Forderung selbst eingeklagt hätte.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil dem Erstkläger die Prozeßkosten nicht zugesprochen worden seien. Die Zweitklägerin sei nicht anspruchsberechtigt, weil sie nicht Arbeitnehmerin gewesen sei.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Forderung des Erstklägers gegen die beklagte Partei mit 207.607,60 S sA zu Recht und mit 16.079,40 S sA nicht zu Recht bestehe, verpflichtete die beklagte Partei zur Zahlung von 207.607,60 S sA an die Zweitklägerin und wies die übrigen von den Klägern geltend gemachten Ansprüche - insoweit unbekämpft - ab. In den begehrten Kosten sei ein Betrag von 16.079,40 S für einen vom Obersten Gerichtshof als unzulässig zurückgewiesenen Revisionsrekurs enthalten; die übrigen Prozeßkosten wären auch aufgelaufen, wenn der Erstkläger die Forderung eingeklagt hätte. Unter den Begriff der notwendigen Kosten im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG seien auch jene Prozeßkosten zu subsumieren, die der Übernehmer zur Durchsetzung der gesicherten Forderung aufwende. Die Übertragung der gesicherten Forderung ändere nichts am Recht des bisherigen Arbeitnehmers und Zedenten, Insolvenzausfallgeld für die abgetretenen Ansprüche zu verlangen. Da er dem Zessionar für die Richtigkeit und Einbringlichkeit der Forderung hafte, stünde ihm auch Insolvenzausfallgeld für die Kosten des vom Zessionar geführten Prozesses zu.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil mit Ausnahme des Zinsenzuspruches. Auch die dem Zessionar erwachsenen, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Prozeßkosten seien gemäß § 1 Abs 2 Z 4 IESG gesichert. Es sei nicht einzusehen, daß zwar die Zession der Arbeitnehmerforderung nichts an ihrer Qualität als gesicherter Anspruch ändere, aber Auswirkungen auf die Sicherung der zur Durchsetzung dieser Ansprüche erforderlichen Prozeßkosten haben sollte.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Erstkläger beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin folgert aus § 1 Abs 1 iVm § 1 Abs 2 Z 4 IESG, daß nur die dem Anspruchsberechtigten auf Insolvenzausfallgeld zur Durchsetzung seiner "Hauptansprüche" gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber erwachsenen, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten gesichert seien.

Dem kann nicht beigepflichtet werden.

Aus dem Einleitungssatz des § 1 Abs 2 IESG "Gesichert sind ... Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, auch wenn sie gepfändet, verpfändet oder übertragen worden sind ..." ist zu erschließen, daß die Übertragung der in der Folge aufgezählten Ansprüche an ihrer Sicherung nichts ändert. Die in § 1 Abs 2 Z 4 IESG "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten" beziehen sich daher auf die Durchsetzung der in § 1 Abs 2 Z 1-3 IESG genannten Ansprüche ungeachtet ihrer Pfändung, Verpfändung oder Übertragung. Dies führt dazu, daß neben den in § 1 Abs 2 Z 4 lit a-f IESG demonstrativ aufgezählten Kosten auch die Prozeßkosten gesichert sind, die dem Zessionar zur Durchsetzung der Ansprüche nach § 1 Abs 2 Z 1-3 IESG rechtskräftig zugesprochen wurden.

Mit der Gleichstellung auch der gepfändeten, verpfändeten und übertragenen Ansprüche sollte offenbar eine Schlechterstellung der Arbeitnehmer vermieden werden, die infolge des Zahlungsverzuges des Arbeitgebers zur Aufnahme von Krediten gegen Abtretung ihrer Gehaltsansprüche gezwungen sind oder Verpflichtungen nicht erfüllen können. Wäre nämlich mit der Pfändung, Verpfändung oder Abtretung der Ansprüche der Verluste der Sicherung des zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Prozeßkostenaufwandes verbunden, würde dies zu einer weitgehenden, mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbarenden Entwertung dieser Ansprüche führen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

Anmerkung

E32443

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:009OBS00013.93.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19930317_OGH0002_009OBS00013_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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