TE OGH 1993/3/17 3Ob507/93

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Veröffentlicht am 17.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef K*****, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Steflisch, Rechtsanwalt in Oberwart, wider die beklagten Parteien 1. Karl K*****, ***** 2. Ernestine K*****, ***** beide ***** vertreten durch Dr.Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Unterlassung von Immissionen (Streitwert S 75.000,-) infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Kreis- nun Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 25.November 1992, GZ R 432/92-12, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 31. Juli 1992, GZ 2 C 1202/92d-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.783,68 (darin S 797,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger erhob gegen seine Nachbarn die Klage mit dem Begehren auf Unterlassung sämtlicher von ihrem landwirtschaftlichen Betrieb ausgehenden das ortsübliche Maß übersteigenden Lärm- und Geruchsimmissionen.

Das Erstgericht wies nach Vornahme eines Ortsaugenscheins das Klagebegehren ab, weil auch von anderen bäuerlichen Betrieben in unmittelbarer Umgebung der Liegenschaft des Klägers Gestank ausgehe und der Lärm von Tieren und die Geruchseinwirkung in bäuerlichen Gebieten ortsüblich sei.

Das Berufungsgericht hob über die Berufung des Klägers das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht erachtete das vom Erstrichter nur durch Feststellungen im Bereich der Liegenschaft der Parteien abgeführte Beweisverfahren als unzureichend, weil damit nur eine Einwirkung zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erfaßt werden konnte, und meinte, die vom Kläger geführten Zeugen seien zu vernehmen und allenfalls auch ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Kläger werde auch zu einer Präzisierung seines Unterlassungsbegehrens anzuleiten sein. Es reiche nicht aus, bloß den Wortlaut der Verbotsnorm anzugeben. Die Verpflichtung müsse so genau wie möglich umschrieben werden. Zumindest müsse die Quelle der Geräusch- und Geruchseinwirkungen im Begehren bezeichnet werden, etwa durch die Bezugnahme auf die behauptete Massentierhaltung der Beklagten. Zur Formulierung des Unterlassungsbegehrens bei Geruchsimmissionen habe der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit nicht Stellung genommen.

Rechtliche Beurteilung

Der von den Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist nicht zulässig.

Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluß des Berufungsgerichtes ist der Rekurs zulässig, soweit das Berufungsgericht das erstrichterliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen und dabei ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, doch darf das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rekurses nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässsig ist (§ 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Satz 1 ZPO). In der Zulassung des Rekurses durch das Berufungsgericht liegt nun wohl auch der Bewertungsausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO). Die Verweisung auf die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Revision bedeutet aber, daß der Rekurs nur zugelassen werden darf und auch nur zulässig ist, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Fehlt diese Voraussetzung, so hat der Oberste Gerichtshof auch den zugelassenen Rekurs zurückzuweisen (Fasching, ZPR2 Rz 1982; Petrasch, ÖJZ 1983, 203 und ÖJZ 1985, 302; AB 991 BlgNR 17.GP zur Z 33 WGN 1989).

Das Berufungsgericht erblickte die erhebliche Rechtsfrage darin, daß eine neuere Rechtsprechung zur Frage der Bestimmtheit des Begehrens auf Unterlassung von Geruchsimmissionen fehle, hat aber die allgemein in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten Grundsätze richtig wiedergegeben. So wurde etwa verlangt, daß bei einer Unterlassungsklage die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein muß, daß ihre Verletzung nach § 355 EO exekutiv geahndet werden kann (SZ 33/46; ÖBl 1991, 105 ua). Das Begehren muß die Verhaltensweisen des Beklagten, deren Unterlassung aufgetragen werden soll, bestimmt und genau bezeichnen (1 Ob 27/91). Immer wieder wird gefordert, daß das Unterlassungsbegehren zu konkretisieren ist und allgemeine Umschreibungen nicht genügen. Die Unterlassung muß so genau wie möglich umschrieben werden (SZ 50/99; ÖBl 1978/75 ua). Eine Klage auf Unterlassung von Lärmimmissionen ist im Rahmen des § 364 Abs 2 ABGB hinreichend bestimmt, wenn die Quelle des Lärms deutlich bezeichnet ist (EvBl 1989/6).

Diese Anforderungen gelten auch für Geruchseinwirkungen iSd § 364 Abs 2 ABGB. Dabei kommt es immer auf die Umstände des einzelnen Falles an. Der Kläger wird nach den Gegebenheiten des besonderen Falles sein Klagebegehren so abzufassen haben, daß ein stattgebendes Urteil mittels der Exekution nach § 355 EO durchgesetzt werden kann; die Abgrenzungskriterien müssen derart bestimmt angegeben sein, daß es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreites in das Exekutionsverfahren kommt (vgl Roth in Staudinger12 Rz 253 zu § 906 BGB).

Der Rekurs der Beklagten geht nicht auf eine erhebliche Rechtsfrage ein. Sie streben die Beseitigung des Aufhebungsbeschlusses durch die Wiederherstellung des abweisenden Urteiles des Erstgerichtes an. Soweit sie sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes wenden, der Kläger werde sein zu unbestimmtes Begehren konkretisieren müssen, und meinen, die Unbestimmtheit des Begehrens könne nicht mehr beseitigt werden, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die Klage nicht mangels Bestimmtheit abgewiesen werden darf, sondern dem Kläger Gelegenheit zur Verbesserung zu geben ist (WoBl 1991/99; ÖBl 1991, 105; RdW 1991, 357 ua). Der Aufhebungsbeschluß folgt insoweit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Alle anderen Ausführungen im Rekurs wenden sich allein gegen die Notwendigkeit der vom Berufungsgericht für erforderlich erachteten Beweisaufnahmen. Da dem Berufungsgericht in der Sache keine unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen ist, kann der Oberste Gerichtshof dem Auftrag der letzten Tatsacheninstanz, die Entscheidungsgrundlagen herzustellen oder zu verbreitern, nicht entgegentreten. Auch insoweit fehlt es daher an einer erheblichen Rechtsfrage, von deren Beantwortung die Entscheidung abhängen sollte.

Da der Kläger (auch) die Zurückweisung des Rekurses beantragte, steht ihm nach § 41 und § 50 Abs 1 ZPO Kostenersatz zu (§ 52 Abs 1 ZPO).

Anmerkung

E34198

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0030OB00507.93.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19930317_OGH0002_0030OB00507_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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