TE OGH 1993/3/31 13Os53/93

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Veröffentlicht am 31.03.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger und Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Musa D***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 22 b Vr 14.384/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Musa D***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 10. März 1993, AZ 23 Bs 74/93, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Musa D***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In dem oben bezeichneten Strafverfahren wird gegen Musa D***** die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens der versuchten Erpressung nach den §§ 15, 144 Abs. 1 StGB, der Vergehen der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB geführt.

Er steht im dringenden Verdacht, im Zusammenwirken mit den ebenfalls in Untersuchungshaft befindlichen Mitbeschuldigten Levend E*****, Hitir G***** und Zeki T***** sowie mit dem auf freiem Fuß befindlichen Mitbeschuldigten Zeynal D***** und weiteren noch nicht ausgeforschten Mittätern in der Zeit von September 1992 bis 29. November 1992 im bewußten und gewollten Zusammenwirken in fünf Fällen türkische Geschäftsleute jeweils durch gefährliche Drohung zur Bezahlung von Geldbeträgen an die politische Organisation TKP zu nötigen versucht zu haben. Der Forderung nach Bezahlung der Geldbeträge soll teils durch die verbalen Drohungen, bei Nichtbezahlung würde etwas passieren, das Lokal würde zerstört werden, teils durch die Äußerung, der festgesetzte Betrag müsse bezahlt werden, verbunden mit einem drohenden Auftreten, Nachdruck verliehen worden sein, wobei dieser Nachdruck durch den "Besuch" einer jeweils größeren Anzahl von Mittätern noch verstärkt wurde.

Weiters wird Musa D***** verdächtigt, gemeinsam mit Veli Y*****, Hitir G***** und Zeki T***** um den 15.Oktober 1992 den Cahit T***** durch Drohungen genötigt zu haben, die Anbringung eines Plakates in seinem Lokal zu dulden. Bei der Festnahme des Musa D***** wurde in seinem PKW eine geladene Pistole der Marke P 38, Kal. 9 mm, und anläßlich der bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung eine Liste mit den Namen von türkischen Geschäftsleuten und Geldbeträgen vorgefunden.

Der Beschuldigte wird seit dem 3.Dezember 1992 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. b StPO in Untersuchungshaft angehalten.

Die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien hat am 17. Februar 1992 die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem erwähnten Haftgrund beschlossen. Der vom Beschuldigten dagegen erhobenen Beschwerde hat das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 10. März 1993, AZ 23 Bs 74/93, nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich die fristgerecht beim Obersten Gerichtshof eingebrachte Grundrechtsbeschwerde des Musa D*****, in der er das Vorliegen des Haftgrundes bestreitet.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. b StPO ist dann anzunehmen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuße ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung, wenn er entweder wegen einer solchen strafbaren Handlung bereits verurteilt worden ist oder wenn ihm nunmehr - wie hier - wiederholte oder fortgesetzte Handlungen angelastet werden.

Daß das Oberlandesgericht einen dringenden Tatverdacht iS des § 180 Abs. 1 StPO hinsichtlich der dem Beschuldigten angelasteten, oben wiedergegebenen Vergehen als gegeben erachten konnte - und daß damit eine Mehrheit von Anlaßtaten iS des § 180 Abs. 2 Z 3 lit. b StPO anzunehmen sind - räumt die Beschwerde ein.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen lassen die bisherigen Verfahrensergebnisse aber auch mit Grund befürchten, Musa D***** werde ohne Fortsetzung der durch gelindere Mittel nicht substituierbaren Untersuchungshaft auch während des gegen ihn geführten Strafverfahrens neuerlich gleichartige, gegen dasselbe Rechtsgut gerichtete strafbare Handlungen begehen, wie die ihm nunmehr angelasteten Straftaten. Das Beschwerdegericht hat dazu zutreffend ausgeführt, daß der Verdacht der vielfachen, gleichartigen und organisierten Begehung des Verbrechens der versuchten Erpressung auf die intensive Gefahr hinweise, daß der Beschwerdeführer auf freiem Fuß die nach dem dringenden Tatverdacht eingeschlagene Kriminalität fortsetzen und damit strafbare Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde. Dem ist noch hinzuzufügen, daß diese Prognose auch durch weitere die Gefährlichkeit des Beschuldigten manifestierende Umstände, nämlich dadurch, daß in seinem Fahrzeug eine geladene Pistole sichergestellt und bei einer Hausdurchsuchung eine Liste mit den Namen von türkischen Geschäftsleuten vorgefunden wurde, erhärtet wird. Daß die Anlaßtaten nur relativ geringe finanzielle Forderungen betroffen haben und - wie die Beschwerde dazu ausführt - auch bei den Prognosetaten kein größerer Vermögensschaden anzunehmen sei, steht der Annahme dieses Haftgrundes nicht entgegen (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 180 Anm. 5 a).

Durch gelindere Mittel kann der Haftzweck nach Lage des Falles nicht erreicht werden (§ 180 Abs. 4 und Abs. 5 StPO).

Somit ergibt sich, daß durch den in Beschwerde gezogenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit in Ansehung des Musa D***** nicht stattgefunden hat.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Damit entfällt auch eine Kostenentscheidung (§ 8 GRBG).

Anmerkung

E34375

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00053.9300007.0331.000

Dokumentnummer

JJT_19930331_OGH0002_0130OS00053_9300007_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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