TE OGH 1993/4/15 6Ob535/93

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Veröffentlicht am 15.04.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karin M*****, vertreten durch Dr.Manfred Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ö*****, vertreten durch Dr.Wolfram Neureiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zustimmung zur Löschung einer Klagsanmerkung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den zum Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 5.Februar 1992, GZ 2 Cg 430/91-5, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7.Dezember 1992, AZ 4 R 45/92(ON 9), den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit 17.022,60 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 2.837,10 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Ein vielfacher Liegenschaftseigentümer hatte seine Ehefrau als Erbin und einen Verein durch fideikommissarische Substitution auf den Überrest als Nacherben eingesetzt. Aufgrund der Abhandlungsergebnisse wurde im Sinne dieser letztwilligen Anordnungen auf den in den Nachlaß gefallenen Liegenschaften, darunter auch auf einer im Sprengel des Bezirksgerichtes Mattighofen gelegenen Liegenschaft, das Eigentum der Witwe mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Nacherben einverleibt. Mehrere Schenkungen der Witwe, darunter auch die Schenkung der im Sprengel des Bezirksgerichtes Mattighofen gelegenen Liegenschaft an die nunmehrige Klägerin, nahm der Nacherbe zum Anlaß einer Klage gegen die Vorerbin mit dem Begehren, ihr zu verbieten, unter anderem die der Klägerin geschenkte Liegenschaft zu veräußern, zu verschenken oder auf welche Art immer zu übergeben. Diese Klage des Nacherben gegen die Vorerbin wurde auf Antrag des Nacherben im Sinne eines Beschlusses des Prozeßgerichtes grundbücherlich angemerkt. Erst etwa eineinhalb Jahre nach Vollzug der grundbücherlichen Klagsanmerkung wurde das Eigentumsrecht der Klägerin aufgrund des mit der Vorerbin geschlossenen Schenkungsvertrages einverleibt.

Der grundbücherlich angemerkte Rechtsstreit wurde nach dem Ableben der beklagten Vorerbin im Sinne eines übereinstimmenden Antrages beider Streitteile bis zur rechtskräftigen Beendigung der Abhandlung nach der Vorerbin unterbrochen. Der grundbücherlich angemerkte Rechtsstreit ist in diesem unterbrochenen Zustand weiterhin anhängig.

Die Klägerin begehrt vom Nacherben klageweise die Zustimmung zur Löschung der Klagsanmerkung.

Sie brachte ihre Klage unter Berufung auf den Gerichtsstand nach § 81 JN beim Kreisgericht Ried im Innkreis (und nicht bei dem Gericht, in dessen Sprengel der Sitz des beklagten Vereins gelegen ist) ein.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Nach ihrem Standpunkt werde mit der Klage (der Liegenschaftseigentümerin) auf Zustimmung zur Löschung einer Klagsanmerkung (gegen die klagende Partei des angemerkten Rechtsstreites) nicht die Freiheit von einem dinglichen Recht im Sinne des § 81 JN geltend gemacht.

Das Prozeßgericht erster Instanz wies nach abgesonderter Verhandlung über die erhobene Prozeßeinrede die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht verwarf in Stattgebung des von der Klägerin dagegen erhobenen Rekurses die Unzuständigkeitseinrede. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß eine Rechtsmittelvoraussetzung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht vorläge.

Während das Prozeßgericht erster Instanz die Klage auf Zustimmung zur Löschung der Klagsanmerkung als Klage zur Durchsetzung eines rein obligatorischen, die Liegenschaft betreffenden Anspruches ansah, die nicht dem Gerichtsstand nach § 81 JN unterfalle, wertete das Rekursgericht die Klage als Eigentumsfreiheitsklage, wenn auch mit ihr nicht die Aufhebung oder die Feststellung der Unwirksamkeit der das Eigentumsrecht der Geschenknehmerin beschränkenden fideikommissarischen Substitution, sondern nur die Zustimmung zur Löschung eines gegen die Voreigentümerin anhängig gemachten Rechtsstreites über (Bestand und) Wirkung der als Eigentumsbeschränkung einverleibten Bindung durch die fideikommissarische Substitution angestrebt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der von der beklagten Partei gegen die abändernde Rekursentscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Klage auf Zustimmung zur Löschung einer Klagsanmerkung nicht zu den im § 81 JN aufgezählten Klagen gerechnet werden kann und deshalb die Frage nach einer erweiternden Anwendbarkeit des Gerichtsstandes nach § 81 Abs 1 JN geprüft werden muß. Zu diesem Problem fehlt es an einer höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Nach dem Wortlaut des § 81 Abs 1 JN gehören unter anderem Klagen, durch welche ein dingliches Recht auf ein unbewegliches Gut, die Freiheit von einem solchen Recht oder die Aufhebung desselben geltend gemacht wird, vor das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut gelegen ist.

Die grundbücherliche Streitanmerkung bewirkt keinerlei Änderung der materiellrechtlichen dinglichen Rechtsverhältnisse; ein Streit um ihre Löschung kann deshalb auch keinen Anspruch auf Feststellung der Freiheit von einem dinglichen Recht oder auf Aufhebung eines derartigen Rechtes zum Gegenstand haben. Die Streitanmerkung dient lediglich der Sicherung eines bestrittenen Anspruches aus einem dinglichen Recht an einem unbeweglichen Gut. Bartsch Grundbuchsrecht7, 527 legt ihr den Charakter einer einstweiligen Verfügung bei. Auch ohne diese verfahrensrechtliche Wertung zu teilen, ist doch davon auszugehen, daß der Streitanmerkung die Aufgabe zufällt, Beeinträchtigungen des strittigen dinglichen Rechtes durch einen Gutglaubenserwerb eines Dritten hintanzuhalten und die Rechtsdurchsetzung im Falle eines Prozeßerfolges gegen einen möglichen unmittelbaren oder mittelbaren Rechtsnachfolger des mit der angemerkten Klage belangten Buchberechtigten zu erleichtern. In dieser Weise ist die sich aus einer Streitanmerkung zugunsten des Klägers im angemerkten Rechtsstreit ergebende Rechtsstellung kein selbständiges Recht, das den dinglichen oder persönlichen Rechten zugeordnet werden könnte, sondern nur eine von dem mit der angemerkten Klage verfolgten dinglichen Recht abhängige Begleitmaßnahme. Als solche ist sie aber bestimmt, dem vom Kläger im angemerkten Rechtsstreit behaupteten dinglichen Recht zu dienen und Wirkungen gegenüber jedermann zu üben. Diese die Wirkungen eines verbücherten Rechtes einschränkende Eigenschaft der Streitanmerkung rechtfertigt es, Klagen auf Zustimmung zur Löschung einer Streitanmerkung in erweiternder Auslegung des § 81 Abs 1 JN diesem Gerichtsstand zu unterwerfen.

Aus diesen Erwägungen war dem außerordentlichen Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 und 52 ZPO, da der Streit über die Prozeßeinrede einen kostenersatzrechtlich als vom Ausgang des Rechtsstreites unabhängigen Zwischenstreit darstellt.

Anmerkung

E33056

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00535.93.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19930415_OGH0002_0060OB00535_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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