TE OGH 1993/4/15 6Ob512/93

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Veröffentlicht am 15.04.1993
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei STADT WIEN, *****, vertreten durch Dr. Peter Rudek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Brigitte H*****, *****, und 2. Friederike Ö*****, beide vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 2.9.1992, GZ 48 R 370/92-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.3.1992, GZ 41 C 191/91-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat die auf § 30 Abs 2 Z 5 MRG gestützte Aufkündigung vom 19.3.1991 aufgehoben und das Begehren, die beklagten Parteien zur Räumung der Wohnung top Nr. 14 im Hause Schlösselgasse 14, Stiege 2, 1080 Wien zu verpflichten, abgewiesen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei keine Folge, weil es ebenso wie das Erstgericht ein dringendes Wohnbedürfnis der Zweitbeklagten an der aufgekündigten Wohnung für gegeben erachtete. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof zum Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 5 MRG zu der Frage, inwieweit ein Eintrittswerber auf eine eigene Wohnung verwiesen werden könne, wenn dort der Ehegatte wohne und an eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht gedacht sei, noch nicht Stellung genommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Ein dringendes Wohnbedürfnis ist im Sinne eines schutzwürdigen Interesses des Eintrittsberechtigten zu verstehen und nur dann zu verneinen, wenn eine andere angemessene und zumutbare Unterkunft zur Verfügung steht. Die Frage, ob das dringende Wohnbedürfnis des Eintrittsberechtigten nach den im vorliegenden Einzelfall festgestellten Umständen zu bejahen ist oder nicht, ist keine solche von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO. Überdies hat der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung schon zu § 19 Abs 2 Z 11 MG - in der Textierung und Auslegung des dringenden Wohnbedürfnisses eintrittsberechtigter Personen hat sich durch § 30 Abs 2 Z 5 MRG keine Änderung ergeben - ausgesprochen, daß das dringende Wohnbedürfnis des Eintrittsberechtigten dann zu bejahen ist, wenn seine Ehe zerrüttet ist, der andere Eheteil zwar nicht die Rückkehr in die eheliche Wohnung verwehrt, jedoch von einem gemeinschaftlichen Zusammenleben nichts mehr wissen will und er selbst wegen der zerrütteten ehelichen Verhältnisse die Rückkehr in die Ehewohnung ernstlich ablehnt, sowie außer der aufgekündigten Wohnung sonst keine andere Unterkunft besitzt. Es kommt daher darauf an, ob der Eintrittsberechtigte die häusliche Gemeinschaft mit seinem Ehepartner endgültig aufgehoben oder zum Zeitpunkt des Todes des Mieters die Absicht gehabt hat, die Ehegemeinschaft wieder herzustellen (MietSlg 19.350 mwN; vgl auch die Entscheidung MietSlg 17.491, in welcher selbst bei Ansprüchen eines früheren Lebensgefährten auf eine von der beklagten Eintrittsberechtigten gemietete Wohnung das dringende Wohnbedürfnis nicht verneint wurde). Im vorliegenden Fall weigert sich nicht nur die Zweitbeklagte, die Gemeinschaft mit ihrem Ehemann wieder aufzunehmen; auch dieser ist hiezu nicht bereit und weigert sich, aus der von der Zweitbeklagten gemieteten nur 36 m2 großen Substandardwohnung, die er mit einem zweiten Türken bewohnt, auszuziehen. Solange die Ehe noch aufrecht ist, oder nicht nach einer Scheidung die Wohnung der Zweitbeklagten zugewiesen werden sollte, hat diese auch keine rechtliche Möglichkeit, den Auszug ihres Ehemannes durchzusetzen. Sie wäre daher bei Aufrechterhaltung der Aufkündigung jedenfalls für nicht absehbare Zeit der Obdachlosigkeit preisgegeben. Die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes entsprechen daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Da die beklagten Parteien nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, konnten ihnen für die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderliche Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41, 50 ZPO auch keine Kosten zuerkannt werden.

Anmerkung

E33041

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1993:0060OB00512.93.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19930415_OGH0002_0060OB00512_9300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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