TE Vwgh Erkenntnis 2006/2/28 2001/03/0048

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Veröffentlicht am 28.02.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde 1.) des FK in B und 2.) der K GmbH & Co KG in L, beide vertreten durch Mag. Herwig Kraemmer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. Jänner 2001, Zl. Senat-SW-99-037, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Schwechat vom 4. Oktober 1999 wurde der Erstbeschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener der F. und R. K GmbH. schuldig erkannt, er habe am 6. April 1999 um 12.45 Uhr in 1300 Flughafen Wien-Schwechat, Nordstraße, in Höhe Objekt 311, näher bezeichnete gefährliche Güter zur Beförderung überlassen, obwohl er als Beförderer nicht dafür gesorgt habe, dass dem Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagens ein dem ADR entsprechendes Beförderungspapier und die Ausrüstungsgegenstände ordnungsgemäß übergeben worden seien, wodurch er drei Verwaltungsübertretungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) begangen habe. Über ihn wurden Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 20 Stunden) verhängt.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung der Zweitbeschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 und 8 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Dazu führte die belangte Behörde begründend aus, dass die als "Einspruch" bezeichnete Berufung vom 18. Oktober 1999 auf Briefpapier der F. und R. K AG geschrieben und in "wir-Form" verfasst sowie mit einer unleserlichen Unterschrift versehen sei, unter welcher die Firmenbezeichnung und in Klammer "i. A. R.....K....." aufscheine. Diese "in Abwesenheit" von R.K. unterfertigte Berufung sei unzweifelhaft der F. und R. K AG zuzurechnen, weil sich in der gesamten Eingabe kein Hinweis auf eine Vertretung finde. Diese "Firma" sei nicht Partei im Verwaltungsstrafverfahren der Bundespolizeidirektion Schwechat, weshalb ihr auch kein Berufungsrecht zustehe. Da aber weder das GGBG noch das VStG der Zweitbeschwerdeführerin Parteistellung einräumten, sei ihre Berufung als unzulässig zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und der Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Zunächst ist dem Vorbringen der Beschwerde und dem beigelegten Auszug aus dem Firmenbuch zu entnehmen, dass die K. GmbH mit Generalversammlungsbeschluss vom 12. April 1999 (Antrag auf Änderung eingelangt am 26. April 1999, eingetragen am 1. Mai 1999) in die K. AG und diese wiederum mit Hauptversammlungsbeschluss vom 7. Mai 1999 (Antrag auf Neueintragung eingelangt am 11. August 1999, eingetragen am 19. Oktober 1999) gemäß § 5 Umwandlungsgesetz unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft K. GmbH & Co KG (= der Zweitbeschwerdeführerin) umgewandelt wurde.

Prüfungsgegenstand hinsichtlich der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin ist zunächst, ob von der belangten Behörde die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil die Zweitbeschwerdeführerin nicht Partei des erstinstanzlichen Verfahrens und nicht Bescheidadressatin gewesen sei.

Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, dass der Inhalt des Straferkenntnisses erster Instanz so zu deuten ist, dass damit der Erstbeschwerdeführer als Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Zweitbeschwerdeführerin wegen diverser Übertretungen des GGBG bestraft werden sollte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000, Zl. 99/09/0002, ausgesprochen hat, ist der Haftungspflichtige nach § 9 Abs. 7 VStG - das ist im vorliegenden Fall die Zweitbeschwerdeführerin - im Verwaltungsstrafverfahren als Partei beizuziehen und kann in diesem Verfahren alle Parteirechte einschließlich des Berufungsrechts ausüben, weil nur die volle Einbindung des Haftungspflichtigen als Partei in das Verfahren, in dem die Grundlage und der Umfang der Haftung ermittelt und festgesetzt wird, eine rechtlich einwandfreie Lösung darstellt. Das Fehlen einer "ausdrücklichen" Regelung der Parteistellung des Haftungspflichtigen im VStG vermag infolge der allgemeinen Regeln des gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 8 AVG zu keinem anderen Ergebnis zu führen.

Dem im Verwaltungsakt erliegenden Rückschein ist zu entnehmen, dass zwar dem Erstbeschwerdeführer das Straferkenntnis durch Ausfolgung an einen Angestellten im Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin zugestellt wurde, eine Zustellung des Straferkenntnisses an die Zweitbeschwerdeführerin aber nicht erfolgte. Da das Berufungsrecht jedoch unmittelbar aus der Parteistellung erfließt, ist die Berufung einer Partei gegen einen ihr zwar nicht zugestellten, jedoch seinem Inhalt nach zur Kenntnis gelangten und durch Zustellung an eine andere Partei erlassenen Bescheid zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2001, Zl. 2000/07/0100, mwN).

Nach dem Gesagten entspricht daher die Zurückweisung der Berufung der Zweitbeschwerdeführerin mangels Parteistellung nicht der Rechtslage. Ungeachtet dessen vermag der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zu erkennen, dass dieser Spruchinhalt die Zweitbeschwerdeführerin in dem von ihr gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG bezeichneten Recht verletzt hätte, macht sie doch in Ausführung des Beschwerdepunktes ausdrücklich geltend, in ihrem Recht auf "Unterlassung eines Abspruches über eine gar nicht von ihr eingebrachte Berufung" verletzt zu sein. Soweit sich die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens, insbesondere auf Durchführung der gemäß §§ 13 Abs. 3, 37 Satz 1 AVG iVm § 24 VStG gebotenen Ermittlungen verletzt erachtet, ist sie darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht um Beschwerdepunkte, sondern um Beschwerdegründe handelt, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiellrechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden können.

Da durch den Beschwerdepunkt der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt wird, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, VwSlg. Nr. 11.525/A), erweist sich die Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei, die nach dem Folgenden in dem von ihr im Rahmen des Beschwerdepunktes bezeichneten Rechtes nicht verletzt wurde, als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit derjenige Beschwerde erheben, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen fehlender Beschwerdeberechtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa den Beschluss vom 12. November 1998, Zl. 95/18/0495).

Zunächst steht in Frage, ob die in Rede stehende Berufung dem Erstbeschwerdeführer oder der genannten Gesellschaft zuzurechnen war. Die Berufung ist auf Firmenpapier abgefasst und wurde nicht vom Erstbeschwerdeführer, sondern mit unleserlicher Unterschrift und der Beifügung F.u.R. K.... AG (i.A. R. K.) unterschrieben (im Unterschied zu dem dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1984, VwSlg. Nr. 11.625, zu Grunde liegenden Beschwerdefall). Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist für die Wirksamkeit einer durch einen Vertreter vorgenommenen fristgebundenen Verfahrenshandlung das Vorliegen einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Vertretenen zum Zeitpunkt der Verfahrenshandlung erforderlich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1982, VwSlg. Nr. 10.641/A, und die dort zitierte Vorjudikatur). Das genannte Schreiben enthält jedoch (selbst wenn die Floskel i.A. abstrakt auf ein Vollmachtsverhältnis hinzudeuten geeignet wäre) keinerlei Hinweis darauf, dass die Rechtsvorgängerin der Zweitbeschwerdeführerin als Vertreterin des Erstbeschwerdeführers auftritt. Es wird weder auf einen erteilten Vertretungsauftrag hingewiesen noch wird erklärt, namens des Erstbeschwerdeführers tätig zu werden, noch wird der Erstbeschwerdeführer sonst in irgendeiner Weise erwähnt. Das Schreiben gibt im Unterschied zu dem dem angeführten hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1984, VwSlg. Nr. 11.625, zu Grunde liegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es der belangten Behörde zweifelhaft erscheinen hätte müssen, von wem die Berufung erhoben wird, in welchem Fall von der belangten Behörde weitere Ermittlungen hätten vorgenommen werden müssen. Hinzu kommt weiters, dass der angeführten Gesellschaft - wie bereits ausgeführt - nach der hg. Rechtsprechung zu § 9 Abs. 7 VStG im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren selbst Parteistellung zukommt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. November 2000). Deshalb sowie auf Grund ihrer schon skizzierten äußeren Form besteht für den Gerichtshof kein Zweifel, dass die in Rede stehende Berufung der genannten Gesellschaft - der in dem gegen den Erstbeschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren Parteistellung zukommt - zuzurechnen ist. Dadurch, dass die belangte Behörde eine nicht vom Erstbeschwerdeführer erhobene Berufung zurückgewiesen hat, konnte er in keinem Recht verletzt sein (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Oktober 2004, Zl. 2001/03/0226).

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

3. Zur Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 und § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. Februar 2006

Schlagworte

Übergangene ParteiParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2001030048.X00

Im RIS seit

22.03.2006

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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