TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/23 2005/16/0259

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Veröffentlicht am 23.03.2006
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Index

22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §14;
GGG 1984 §2 Z1 lita;
JN §56 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der O GmbH in W, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für ZR Wien vom 15. September 2005, Zl. Jv 1813- 33a/05 (BA 109/05), betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Klage vom 10. Dezember 2004 beantragte die Beschwerdeführerin wegen Anfechtung und in eventu Anpassung eines Pachtvertrages wider die beklagte Partei nachstehendes Urteil:

     "1.        Der Pachtvertrag zwischen der klagenden und der

beklagten Partei vom 13./14.12.2001 wird mit ex-tunc-Wirkung

aufgehoben.

      2.        Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden

Partei EUR 588.649,93 samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz vom

vorangehenden 30.6. bzw 31.12. eines jeden Jahres ab 10.12.2004

binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

      3.        Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden

Partei die Prozesskosten gemäß § 19a RAO zu Handen der

Klagevertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

In eventu:

      4.        Der Pachtvertrag zwischen der klagenden und der

beklagten Partei im Pachtvertrag vom 13./14.12.2001 wird dahin

angepasst, dass der vereinbarte Pachtzins in Punkt II. des

Pachtvertrages anstatt monatlich EUR 22.710,26 zuzüglich USt

monatlich EUR 9.084,10 zuzüglich USt beträgt.

      5.        Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden

Partei EUR 588.649,93 samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz vom

vorangehenden 30.6. bzw 31.12. eines jeden Jahres ab 10.12.2004

binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

      6.        Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden

Partei die Prozesskosten gemäß § 19a RAO zu Handen der Klagevertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

Im Rubrum dieses Schriftsatzes bewertete die Beschwerdeführerin die Klage wie folgt:

"Anfechtung eines Pachtvertrages

 

 

(RATG: § 58 Abs 2 JN

EUR

3,924.332,60

GGG: gem. § 16 Abs 1 Z 1 lit c

EUR

630,--)

Leistung

EUR

588.649,93 s.A.

 

 

 

In eventu

 

 

Anpassung eines Pachtvertrages (wie oben)

 

 

Leistung

EUR

588.649,93 s.A.

 

 

 

Gesamt: RATG:

EUR

4,512.982,53

GGG:

EUR

589.280,--"

Nach ergangener Zahlungsaufforderung schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien der Beschwerdeführerin mit Zahlungsauftrag vom 25. Jänner 2005 die restliche Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG von EUR 19.629,60 (EUR 28.203,-- abzüglich der durch Einzug bereits entrichteten Gerichtsgebühren von EUR 8.580,36 und zuzüglich Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG von EUR 7,--) vor.

In dem dagegen eingebrachten Berichtigungsantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, als Bemessungsgrundlage für die Gebührenvorschreibung sei nicht nur das Hauptbegehren in Punkt 1. und 2. des Klagebegehrens, sondern zusätzlich auch das Eventualbegehren in Punkt 4. des Klagebegehrens herangezogen worden. Das Hauptbegehren habe jedoch Geldwert, sodass bereits aus diesem Grund das Eventualbegehren bei der Streitwertberechnung nicht zu berücksichtigen sei. Im Übrigen sei auch die Bewertung des Eventualbegehrens nicht zutreffend erfolgt. Bei dem Eventualbegehren in Punkt 4. des Klagebegehrens handle es sich ebenfalls um eine Bestandstreitigkeit, nämlich um ein Rechtsgestaltungsbegehren auf Anpassung eines Pachtvertrages. Es sei weder die Zahlung eines bestimmten Betrages noch die Feststellung, dass die beklagte Partei einen bestimmten Betrag zu zahlen verpflichtet sei, begehrt worden. Es wäre daher die besondere Bemessungsgrundlage nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c GGG heranzuziehen gewesen. Selbst wenn angenommen werde, dass ein Geldbetrag verlangt werde, sei die Berechnung unrichtig, weil der geminderte Monatspachtzins von EUR 9.084,10 anzusetzen gewesen wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag teilweise Folge und berichtigte den Zahlungsauftrag dahingehend, dass er hinsichtlich der vorgeschriebenen Pauschalgebühr auf EUR 13.073,54 zu lauten habe. Der Antrag auf Zuspruch von Kosten im Betrag von EUR 358,38 wurde zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, zur Berechnung der Pauschalgebühr des Eventualbegehrens sei richtigerweise der geminderte Monatspachtzins zu Grunde zu legen, weshalb der Zahlungsauftrag zu berichtigen gewesen sei. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin handle es sich bei dem Eventualbegehren jedoch um keine Bestandstreitigkeit, weil dieses im Klagebegehren auf Leistung einer Geldsumme gerichtet sei. Mit dem Eventualbegehren werde die Anpassung des vereinbarten Pachtzinses ohne zeitliche Begrenzung begehrt, weshalb dieses mit der zehnfachen Jahresleistung zu bewerten sei. Diese Vorgangsweise bei der Gebührenberechnung stütze sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 2000, Zl. 97/16/0195. Es sei von einer tatsächlichen Bemessungsgrundlage von EUR 1,678.741,93 auszugehen, so dass sich eine Pauschalgebühr von EUR 21.653,90 errechne. Abzüglich der bereits geleisteten Zahlung von EUR 8.580,36 sei daher eine Pauschalgebühr von EUR 13.073,54 exklusive Einhebungsgebühr vorzuschreiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "dass nicht - entgegen § 14 GGG - in die Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Gerichtsgebühr (Pauschalgebühr) der Streitwert des Eventualbegehrens kumulativ zum Hauptbegehren herangezogen wird, obwohl auch das Hauptbegehren auf eine Geldleistung gerichtet ist. Die Beschwerdeführerin erachtet sich insbesondere in ihrem einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht darauf verletzt, dass entsprechend § 56 JN - auf den § 14 GGG verweist - eine Berücksichtigung des Eventualbegehrens bei der Streitwertberechnung und damit bei der Gebührenbemessung unterbleibt, wenn das Hauptbegehren auf eine Geldleistung gerichtet ist. Ferner erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem gemäß § 14 GGG iVm § 56 JN einfachgesetzlich gewährleisteten Rechte darauf verletzt, dass bei Vorliegen von mehreren (Alternativ- oder Eventual-)Begehren nicht sämtliche Begehren zur Streitwertbemessung und damit zur Gebührenbemessung heranzuziehen sind, wenn das Hauptbegehren auf eine Geldleistung lautet".

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche sind gemäß § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

Die Bemessungsgrundlage beträgt gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c GGG EUR 630,-- bei Bestandstreitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag verlangt wird, sowie Streitigkeiten über Räumungs- und Besitzstörungsklagen.

Erbietet sich der Kläger anstelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist gemäß § 56 Abs. 1 JN die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.

Als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist gemäß § 58 Abs. 1 JN bei immer währender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.

Im Beschwerdefall enthält die Klage ein Haupt- und ein Eventualbegehren; diese Begehren sind jeweils in drei Punkte untergliedert. Das Hauptbegehren in Punkt 1. und das Eventualbegehren in Punkt 4. enthalten jeweils Bestandstreitigkeiten. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass das Hauptbegehren in Punkt 1. die Aufhebung eines Pachtvertrages und das Eventualbegehren an dessen Stelle in Punkt 4. die Anpassung eines Pachtzinses enthält. Im Übrigen sind das Haupt- und Eventualbegehren wortgleich.

Auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist, so ist doch im Wesentlichen unbestritten, dass der Streitwertberechnung in analoger Anwendung des § 56 Abs. 1 JN die Höhe der Geldsumme des Eventualbegehrens zu Grunde zu legen ist, wenn das Hauptbegehren nicht Geldwert besitzt und das Eventualbegehren bereits in der Klage gestellt wurde (Gitschtaler in Fasching, Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen2, I, Rz 8 zu § 56 JN).

Die Beschwerdeführerin hat bereits in der Klage den Antrag gestellt, dass anstelle des nicht in einer Geldsumme bestehenden Klagebegehrens - Aufhebung des Pachtvertrages - über eine bestimmte Geldsumme entschieden wird, nämlich einen monatlichen Pachtzins von EUR 9.084,10. Somit liegt diesem Eventualbegehren eine Geldsumme zu Grunde, die bei der Bemessung der Gerichtsgebühr an Stelle des Hauptbegehrens heranzuziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2003/16/0485). Auf die Entscheidung über die Klage, insbesondere ob auch über das Eventualbegehren abgesprochen wird, kommt es bei der Vorschreibung der Gerichtsgebühren nicht an, weil die Gebührenpflicht bereits mit der Überreichung der Klage entstand (§ 2 Z 1 lit. a GGG).

Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, dass das Eventualbegehren der Streitwertberechnung nur dann zu Grunde gelegt werden könne, wenn das Hauptbegehren nicht Geldwert besitze, und behauptet, im Beschwerdefall sei das Hauptbegehren ohne jeden Zweifel auf eine Geldleistung gerichtet.

Die Beschwerdeführerin übersieht dabei allerdings, dass im Hauptbegehren neben dem Kostentragungsbegehren zwei unterschiedliche Ansprüche geltend gemacht wurden, die zunächst einzelnen und getrennt zu bewerten und dann gemäß § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen sind. Der erste Anspruch im Hauptbegehren ist nicht auf eine Geldleistung gerichtet und der zweite Anspruch ist ein Leistungsbegehren. Es handelt sich bei dem Hauptbegehren insgesamt somit entgegen der Beschwerdebehauptung nicht um ein einheitliches Geldleistungsbegehren. Somit konnte die belangte Behörde bei der Streitwertberechnung von dem auf eine Geldsumme lautenden Eventualbegehren an Stelle des nicht auf eine Geldsumme lautenden Hauptbegehrens ausgehen.

Als Begründungsmangel wird gerügt, aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht hervor, ob der Ansatz der Rückzahlungsforderung von EUR 588.649,93 aus dem Haupt- oder Eventualbegehren stamme. In der Beschwerde wird allerdings die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dargestellt, so dass schon deswegen diese Verfahrensrüge keinen Erfolg haben kann. Im Übrigen ist aber die in der Klage begehrte Geldleistung im Hauptbegehren (Punkt 2.) und im Eventualbegehren (Punkt 5.) gleich hoch, so dass diesem Vorbringen im Beschwerdefall keine Bedeutung zukommen kann. Eine Zusammenrechnung der Bemessungsgrundlagen des Hauptbegehrens mit dem Eventualbegehren, um davon die Gerichtsgebühren zu bemessen, ist im angefochtenen Bescheid entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht erfolgt.

Da die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. März 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005160259.X00

Im RIS seit

27.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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