TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/29 2005/14/0113

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Veröffentlicht am 29.03.2006
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §108e;
EStG 1988 §4;
EStG 1988 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der E Gesellschaft mbH in B, vertreten durch die Webersdorfer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 5301 Eugendorf, Römerstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 10. Oktober 2005, Zl. RV/0125- L/05, betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG für 2002 und für 2003,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Hinsichtlich Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen,

und 2. zu Recht erkannt:

Soweit der angefochtene Bescheid Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin produziert für verschiedene Automobilhersteller Serienteile für Autos. Hiebei verwendet sie kundenspezifische Werkzeuge ("Formen"), die nur für bestimmte Kfz verwendbar sind und nur für Bestellungen des jeweiligen Kunden (Automobilhersteller) verwendet werden dürfen. Die Beschwerdeführerin stellt die genannten Werkzeuge selbst her. Sie erhält hiefür von dem jeweiligen Kunden "Werkzeugkostenzuschüsse", durch welche ein Teil der Herstellungskosten abgegolten wird. Die Werkzeuge bleiben im Eigentum der Beschwerdeführerin, die jedoch die geleisteten "Werkzeugkostenzuschüsse" bei ihrer Preiskalkulation für die gelieferten Teile preismindernd berücksichtigt. Die Instandhaltung und Reparatur der Werkzeuge obliegt der Beschwerdeführerin; sie ist verpflichtet, die Werkzeuge auch nach Auslaufen einer Serie für einen Zeitraum von mehreren Jahren zur Fertigung von Ersatzteilen aufzubewahren.

Die Beschwerdeführerin hatte u.a. für diese zu ihrem Anlagevermögen zählenden Werkzeuge für die Jahre 2002 und 2003 Investitionszuwachsprämien gemäß § 108e EStG geltend gemacht.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung traf die Prüferin die Feststellung, die "Werkzeugkostenzuschüsse" der Kunden seien bei den von der Beschwerdeführerin im Anlagevermögen ausgewiesenen Werkzeugen "anschaffungskostenmindernd" zu berücksichtigen. Demgegenüber habe die Beschwerdeführerin die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nicht gekürzt, sondern eine passive Rechnungsabgrenzung für die Zuschüsse gebildet. Auf Grund der Kürzung der Herstellungskosten (auch im Vergleichzeitraum iSd § 108e Abs. 3 EStG) betrage die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 EUR 169.636,02 (an Stelle des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Betrages von EUR 160.650,28) und für das Jahr 2003 EUR 75.823,15 (an Stelle des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Betrages von EUR 109.734,24).

Gegen die Bescheide, mit welchem das Finanzamt die Investitionsprämie für 2002 und 2003 den Prüfungsfeststellungen entsprechend festsetzte, brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein. Zur Begründung führte sie aus, grundsätzlich müsse sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlagevermögens (Abschreibung) in den Preis der zu erzeugenden Produkte einkalkulieren. Bei den Werkzeugen geschehe dies nun in der Form, dass der Kunde der zu erzeugenden Produkte einen Teil der Werkzeugkosten sofort durch den Zuschuss bezahle, während der Rest der Werkzeugkosten in den Preis der erzeugten Produkte einfließe. Bei den von den Kunden geleisteten Zuschüssen handle es sich nicht um steuerfreie Subventionen, weshalb diese nicht von den Herstellungskosten der Werkzeuge abgezogen werden dürften. Es werde daher beantragt, bei Berechnung der Investitionszuwachsprämie für die Jahre 2002 und 2003 von den ungekürzten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auszugehen.

Mit Eingabe vom 7. Juni 2005 brachte die Beschwerdeführerin vor, um die Vorlaufzeiten bis zum Beginn der Serienproduktion von Kfz-Teilen besser überbrücken zu können, würden von ihren Kunden Beiträge zu den Werkzeugkosten geleistet, die andernfalls über die Stückpreise der gelieferten Kfz-Teile amortisiert werden müssten. In der Angebotskalkulation der Serienteile (Kfz-Teile) würden nur mehr jene Werkzeugkosten berücksichtigt, die nicht bereits durch den Kunden "direkt erstattet" worden seien. Die Zahlungen der Kunden stellten in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Anzahlungen auf die in Hinkunft zu fertigenden Kfz-Teile dar und könnten in keinen Zusammenhang mit den Herstellungskosten der Werkzeuge gebracht werden. Die Beschwerdeführerin habe den Vorgang bisher bilanzmäßig wie folgt behandelt: Solange sich das Werkzeug im Zustand der Herstellung befunden habe und die Serienproduktion noch nicht angelaufen sei, sei der Zuschuss des Kunden als Rückstellung ausgewiesen worden; seit dem Jahre 2004 sei hiefür eine passive Rechnungsabgrenzung gebildet worden, zumal die richtige Vorgangsweise in der Literatur umstritten sei. Mit Fertigstellung des Werkzeuges und Beginn der Serienproduktion sei das Werkzeug als Anlagevermögen aktiviert (und in der Folge abgeschrieben) worden; gleichzeitig sei der Zuschuss des Kunden über einen Zeitraum von einem bis drei Jahren erfolgswirksam aufgelöst worden. In einer vorangegangenen Betriebsprüfung sei diese Vorgangsweise nicht beanstandet, sondern lediglich der Zeitraum der erfolgswirksamen Erfassung verkürzt worden. Bereits im Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 90/14/0124, habe der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass nicht steuerbefreite (nicht öffentliche) Subventionen die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten nicht kürzten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung führt sie aus, bei den streitgegenständlichen Werkzeugen handle es sich um "Formen" für die Herstellung von Kfz-Teilen. Ohne die "Formen" könnten die Kfz-Teile nicht hergestellt werden. Die "Formen" verblieben im Eigentum der Beschwerdeführerin und müssten nach Auslaufen einer Serie für eine bestimmte Zeit (zur Herstellung von Ersatzteilen, etc.) aufbewahrt werden.

Die Zuschüsse der Kunden betrügen durchschnittlich 80 % der Kosten der "Formen". Ein Teil der Zuschüsse werde bei Auftragserteilung (also zu Beginn der Fertigung der "Form") bezahlt, der Rest werde nach dem Feststehen der Stückzahl der mit den Formen zu fertigenden bzw. gelieferten Teile ausverhandelt, was nicht zwingend im Jahr der Herstellung der "Form", sondern auch in einem späteren Jahr erfolgen könne. Da erst nach Feststehen der endgültigen Stückzahlen der mit den "Formen" gefertigten Teile die endgültige Höhe des Zuschusses verhandelt werde, sei davon auszugehen, dass sich die Höhe des Zuschusses nach der Wertigkeit des Geschäftes richte; bei Beginn einer Serienfertigung wisse weder die Beschwerdeführerin noch der Kfz-Erzeuger, wie das gefertigte Kfz am Markt bestehen werde, ob er eine große Zahl an Kfz am Markt absetzen könne oder nicht.

Würde das Szenario so gestaltet, dass der Kunde keinen Zuschuss leiste, hätte die Beschwerdeführerin die Kosten für die "Formen" allein zu tragen, das heißt die Herstellung der Kfz-Teile würde zu höheren Kosten führen. Würde die Beschwerdeführerin die "Formen" gar nicht selber fertigen, müsste entweder sie oder der Kunde die "Formen" bei einem "Formenhersteller" in Auftrag geben. Dass in einem solchen Fall die Kosten für die "Formenherstellung" nicht als Kosten der Herstellung der Kfz-Teile zu sehen wären, da sie zwei verschiedene Vorgänge beträfen, sei evident; in einem solchen Fall würde bei Gewährung eines Zuschusses für die Kosten der Herstellung der "Formen" niemand die Idee vertreten, dass der Zuschuss an den Hersteller der Kfz-Teile geleistet würde. Bei Anwendung dieses Gedankenganges auf den beschwerdegegenständlichen Fall sei nun in logischer Folge auch davon auszugehen, dass die Zuschüsse zu den Kosten der "Formen" sich nur auf eben diese Kosten (der "Formen") und nicht auf jene der Kfz-Teile bezögen.

Die belangte Behörde betrachte den Zuschuss als eine Art Prämie, die sich an der letztlich am Markt entstandenen Nachfragesituation für die jeweiligen Kfz der Serie orientiere, auf die sich die mit den "Formen" gefertigten Kfz-Teile bezögen; anders wäre es nicht zu verstehen, dass die Zuschüsse erst "nach Abnahme der Form mit den endgültigen Teilezahlen verhandelt werden".

Der Zuschuss stehe unabdingbar mit der Anzahl der mit den "Formen" produzierten Kfz-Teile im Zusammenhang. Mit der Förderung der Herstellung der "Formen" werde die Produktion der Kfz-Teile "forciert", wobei die Höhe der Zuschüsse nicht von vornherein feststehe, sondern erst nach Feststellung der Höhe der Produktion der Kfz-Teile "endverhandelt" werde.

Die Zuschüsse seien keine Anzahlungen auf die Preise der Kfz-Teile, sondern bezögen sich eindeutig auf die Kosten der "Formen". Es bliebe der Beschwerdeführerin unbenommen, eine Anzahlung auf die Kfz-Teile zu fordern, doch könne die beschwerdegegenständliche tatsächliche Übung nicht als Anzahlung auf Kfz-Teile interpretiert werden.

Nach Straube, Kommentar zum HGB2, § 203 Tz 12, dürften nicht rückzahlbare Zuschüsse anschaffungskostenmindernd berücksichtigt werden. Bei den gegenständlichen Zuschüssen sei von einer Minderung der Anschaffungskosten (der "Formen") auszugehen. Es treffe zwar zu, dass bei Unterbleiben von Zuschüssen für die "Formen" die Preise für die Kfz-Teile höher ausfielen, doch sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die Vertragsparteien übereingekommen seien, "die Formenherstellung durch die Autoindustrie zu bezuschussen".

Die "Bezuschussung" durch die Kunden könne nicht als private Subvention verstanden werden, weil die den Zuschuss gewährenden Kunden in einem Vertragsverhältnis zur Beschwerdeführerin stünden. Im Beschwerdefall trete die Autoindustrie als Vertragspartner und nicht als einseitiger Förderer der Beschwerdeführerin auf und verhandle mit ihr die Höhe des Zuschusses in Abhängigkeit von der Anzahl der herzustellenden Kfz-Teile.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Für die Berechnung der Bemessungsgrundlage der Investitionszuwachsprämie kommt es ausschließlich auf die steuerlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten an (vgl. Hofstätter/Reichel, § 108e EStG 1988, Tz 5).

Herstellungskosten sind Aufwendungen, die getätigt werden, um ein Wirtschaftsgut neuer Art hervorzubringen. Die Aktivierung der Herstellungskosten hält den Herstellungsvorgang gewinnneutral (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, 2003/14/0107).

1. Investitionszuwachsprämie 2002:

Hinsichtlich der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 ist mit dem angefochtenen Bescheid im Instanzenzug die Festsetzung mit einem höheren Betrag erfolgt (nämlich EUR 169.636,02) als von der Beschwerdeführerin geltend gemacht (EUR 160.650,28). Der höhere Betrag hat sich daraus ergeben, dass die belangte Behörde auch die in den Vergleichszeitraum 1999 bis 2001 fallenden Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten um die in Rede stehenden "Werkzeugkostenzuschüsse" gekürzt hat.

Hinsichtlich dieser Investitionszuwachsprämie 2002 kann der Beschwerdeführer sohin nicht in seinen Rechten verletzt sein, weshalb die Beschwerde in diesem Ausmaß gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

2. Die Investitionszuwachsprämie 2003:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem zum EStG 1972 ergangenen Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 90/14/0124, zu Recht erkannt, dass Zuschüsse, die nicht zu den in § 6 Z 10 EStG genannten Subventionen gehören, die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes nicht mindern.

In den Erkenntnissen vom 18. Dezember 1996, 94/15/0148, und vom 29. Oktober 2003, 2000/13/0090, hat der Verwaltungsgerichtshof (auch) für den Geltungsbereich des EStG 1988 ausgesprochen, dass nicht steuerbefreite Zuschüsse Dritter für Anlageinvestitionen nicht die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten mindern, sondern Betriebseinnahmen darstellen. Im Falle einer Gegenleistungsbeziehung erfolgt dabei die Gewinnrealisierung nach Maßgabe der Leistungserbringung. Bei Gegenleistungsbeziehungen in Form von Dauerschuldverhältnissen tritt die Gewinnrealisierung laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung ein (vgl. zu diesen Erkenntnissen Wiesner, RWZ 2003/98).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht kein Zweifel, dass auch die streitgegenständlichen, von den Kunden der Beschwerdeführerin geleisteten "Werkzeugkostenzuschüsse" die (Anschaffungs- bzw.) Herstellungskosten der Beschwerdeführerin (betreffend die Werkzeuge bzw. "Formen") nicht mindern. Die belangte Behörde hat sohin bei Ermittlung der steuerrechtlichen Herstellungskosten für Zwecke der Berechnung der Höhe der Investitionszuwachsprämie die Rechtslage verkannt.

Ob den Zuschüssen der Kunden eine Leistungsverpflichtung der Beschwerdeführerin in Form eines Dauerschuldverhältnisses gegenübersteht, sodass die Gewinnrealisierung erst laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung eintritt, und ob dies durch die Einstellung einer Rechnungsabgrenzung bewirkt wird oder ob allenfalls - wie dies vom BFH in dem "Werkzeugkostenzuschüsse", die den hier streitgegenständlichen weitestgehend entsprechen, betreffenden Urteil vom 29. November 2000, I R 87/99, BB 2001, 771, vertreten wird - eine Rückstellung zu bilden ist, braucht im Beschwerdefall nicht beurteilt zu werden.

Der angefochtene Bescheid war sohin, soweit er Investitionszuwachsprämie 2003 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 29. März 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005140113.X00

Im RIS seit

04.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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