TE Vwgh Erkenntnis 2006/3/31 2005/02/0314

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Veröffentlicht am 31.03.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
VStG §24;
VStG §51g Abs3;
VStG §51h Abs1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des RP in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. Juni 2005, Zl. VwSen-160471/15/Bi/Be, betreffend Übertretungen des FSG und des KFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2005 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 27. Jänner 2005 um ca. 19.10 Uhr einen näher beschriebenen Pkw an einem (bestimmten) Ort gelenkt, obwohl 1. ihm mit einem - näher bezeichneten - Bescheid das Recht aberkannt worden sei, von seiner deutschen Lenkberechtigung in Österreich bis zum 28. April 2005 Gebrauch zu machen, 2. das Kraftfahrzeug nicht zum Verkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zugelassen und 3. dieses nicht haftpflichtversichert gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu

1. nach § 1 Abs. 3 FSG, zu 2. nach § 36 lit. a KFG und 3. nach § 36 lit. d KFG begangen; es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung derselben mit Beschluss vom 2. November 2005, B 676/05, ab und trat sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist mit seiner Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Einvernahme seiner Person und des Zeugen Matthias P. unterlassen, im Recht:

Beweisthema war in Hinsicht auf diese vom Beschwerdeführer beantragten Einvernahmen die von ihm bestrittene Lenkeigenschaft. Insoweit brachte er in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vor, Matthias P. sei "zum damaligen Zeitpunkt gefahren". Die Einvernahme der Person des Beschwerdeführers wurde mit der Begründung beantragt, dass er zu dieser Zeit "gar nicht zu Hause war, sondern bei seinem Freund in G. ...".

Was zunächst die unterlassene Einvernahme des Matthias P. anlangt, so vermag der Gerichtshof nicht zu erkennen, dass dessen Einvernahme objektiv gesehen nicht geeignet gewesen wäre, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2001/03/0193). Ob es "wenig wahrscheinlich ist", dass dieser Zeuge - so die belangte Behörde - bei einer neuerlichen Aussage "bessere Erinnerungen als am 10. Mai 2005" (bei der Einvernahme durch die Erstbehörde im Zuge des Verfahrens betreffend Lenkverbot) habe, ist ebenso rechtlich unerheblich wie, dass der Zeuge zu einem "Geständnis" (offenbar in Hinsicht auf seine Lenkeigenschaft) ohnedies nicht gezwungen werden könne und es daher auch aus "verfahrensökonomischen Überlegungen" entbehrlich sei, ihn (der sich in Untersuchungshaft befinde) einzuvernehmen.

Auch mit der unterbliebenen Einvernahme des Beschwerdeführers zeigt die Beschwerde einen - relevanten - Verfahrensmangel auf:

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 2004, Zl. 2004/02/0024, wo auf das hg. Erkenntnis vom 26. November 1997, Zl. 97/03/0241, - vgl. insbesondere dessen ausführliche Entscheidungsgründe - verwiesen wurde) kann dann, wenn sich der Beschuldigte - wie im vorliegenden Beschwerdefall - vor dem unabhängigen Verwaltungssenat auf seine Vernehmung als Beweis beruft, die Aufnahme dieses Beweises nur dann unterbleiben, wenn er an sich nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme Beweis zu liefern. Der Verwaltungsgerichtshof vermag allerdings nicht zu erkennen, dass diese Voraussetzung für das Unterbleiben der Vernehmung des Beschwerdeführers im Beschwerdefall zutraf. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist es dabei rechtlich unerheblich, ob der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertreten war; auch hier spielen "verfahrensökonomische Überlegungen" (zumal sich auch der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft befand) keine Rolle.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei es sich erübrigte, in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. In Hinsicht auf die Vorschrift des § 51h Abs. 3 erster Satz VStG sei die belangte Behörde allerdings auf das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2004, Zl. 2002/17/0270, verwiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 31. März 2006

Schlagworte

Ablehnung eines Beweismittels

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005020314.X00

Im RIS seit

26.04.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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