TE Vwgh Erkenntnis 2006/4/24 2005/09/0006

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Veröffentlicht am 24.04.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §125a Abs3 Z5;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §93 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Taubenmarkt 1, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 12. November 2004, Zl. 88/9-DOK-04, betreffend die Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand im Tatzeitraum als Beamter der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV) seit 1982 in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wurde seit 31. Dezember 1998 (Wirksamkeit der Abspaltung des Unternehmensbereiches Post aus der Post und Telekom Austria AG und dessen Übertragung auf die österreichische Post AG als Gesamtrechtsnachfolgerin) bei der Österreichischen Post AG im Bereich der Zustellbasis S beschäftigt. Er war als Gesamtzusteller tätig.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 2. Juli 2003 wurde das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet und eine mündliche Verhandlung anberaumt, weil ihm vorgeworfen wurde, er habe als Gesamtzusteller der Zustellbasis S

a) am 21. Februar 2003 während des Dienstes in einem Gasthaus Alkohol konsumiert, sei verspätet und betrunken zu seiner Dienststelle zurückgekehrt und habe dort eine Vorgesetzte beschimpft, beleidigt und tätlich angegriffen;

b) am 25. Februar 2003 die Anweisung, einen Gesprächstermin bei der Betriebsärztin wahrzunehmen, nicht befolgt;

c) am 21. Februar 2003 eine Mitarbeiterin der Zustellbasis beschimpft und beleidigt;

d) Ende 2002 einen Kollegen tätlich angegriffen und diesem Faustschläge versetzt.

Er habe dadurch gegen die in den §§ 43 Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1 und 48 Abs. 1 BDG 1979 festgelegten Dienstpflichten, nämlich seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu und gewissenhaft zu besorgen, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen sowie die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist, verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10. März 2004, die gemäß § 125a Abs. 1 BDG 1979 in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt wurde, erging das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 10. März 2004, in welchem der Beschwerdeführer im Sinne der Anschuldigungspunkte a), c) und d) des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses schuldig erkannt und gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung über ihn verhängt wurde.

Hinsichtlich des weiteren Anschuldigungspunktes b) des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses wurde der Beschwerdeführer gemäß § 126 Abs. 2 BDG 1979 freigesprochen.

Gegen den verurteilenden Spruchteil dieses Disziplinarerkenntnisses erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er u.a. die ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen bestritt.

Ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde dieser Berufung mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 12. November 2004 gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 105 BDG 1979 keine Folge und bestätigte das Disziplinarerkenntnis erster Instanz.

Nach Wiedergabe der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sowie des Inhaltes der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung verwies die belangte Behörde im Begründungsteil ihrer Entscheidung zunächst auf die vom Beschwerdeführer anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 5. März 2003 in der Regionalleitung Distribution S getätigten Angaben, welche vom Berufungsvorbringen dadurch abwichen, dass der Beschwerdeführer - zwischenzeitig rechtsanwaltlich vertreten - nunmehr lediglich eingestehe, zu einem ausgiebigen Mittagessen Alkohol in geringen Mengen, nicht jedoch in größerem Ausmaß getrunken zu haben. Dieses Vorbringen stehe den ursprünglich anlässlich der Vernehmung am 5. März 2003 angegebenen Alkoholmengen entgegen. Auch werde dem Berufungsvorbringen, dem Beschwerdeführer stehe nach einem anstrengenden Zustellgang die Einnahme eines ordnungsgemäßen Mittagessens zu, entgegen gehalten, dass der Zusteller verpflichtet sei, vor der Einhaltung einer Mittagspause und der Einnahme des Mittagessens die Abrechnung an seiner Zustellbasis durchzuführen. Werde in der Berufung die Behauptung aufgestellt, der Beschwerdeführer sei zur Tatzeit am 21. Februar 2003 im Dienst weder betrunken noch angetrunken gewesen, dann bestehe auch hierin ein Widerspruch zu den niederschriftlichen Aussagen der Zeuginnen W. und K., die von beiden Zeuginnen in der mündlichen Verhandlung vor der erstinstanzlichen Behörde vollinhaltlich bestätigt worden seien und auch den eigenen niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vom 5. März 2003 entsprächen. Seiner Envernahme sei im Übrigen auch die Vertrauensperson N. beigezogen gewesen, welche zum Teil selbst Zeuge der in den Spruchpunkten a) und b) aufgelisteten Dienstpflichtverletzungen geworden und welcher der Sachverhalt somit aus eigener Wahrnehmung bekannt gewesen sei. N. habe in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson des Beschwerdeführers dessen damaliger Darstellung nicht widersprochen bzw. diese berichtigt oder sonst in irgendeiner Weise zu Gunsten des Beschwerdeführers in die genannte Amtshandlung eingegriffen.

Nach anschließender Wiedergabe der von der Zeugin W. verfassten schriftlichen Sachverhaltsdarstellung führte die belangte Behörde aus, an der nach Ansicht der belangten Behörde auf Grund der Aktenlage rechtlich zulässigen Feststellung der Erstinstanz, der Beschwerdeführer habe sich zum Tatzeitpunkt in einem durch den Konsum von Alkohol jedenfalls deutlich beeinträchtigten Zustand befunden, vermöge auch nichts zu ändern, dass eine weitere Untermauerung dieser Sachverhaltsannahme durch das Ergebnis einer Atem- und/oder Blutalkoholuntersuchung des Beschwerdeführers nicht erfolgt sei.

Die Berufungsausführungen zum Distributionssystem "KAP neu" entsprächen nicht der Rechtslage, sodass die darin enthaltene Behauptung, der Beschwerdeführer habe, auch wenn das in Rede stehende Mittagessen "etwas länger gedauert" habe, die Dienstzeiten dennoch genauestens eingehalten, weil durch das neue System "KAP neu" keine fixen Dienstzeiten vorgegebenen seien, jeder Grundlage entbehre. Zusteller hätten vielmehr sehr wohl fixe Dienstzeiten einzuhalten, zumal im Fall verspäteten Einrückens in die Zustellbasis zur Durchführung der Abrechnung auch die Kollegen daran gehindert seien, ihre Arbeit abzuschließen. Auch im Zustellwesen im Bereich der Österreichischen Post AG gehöre das Einhalten von Dienstzeiten sohin zu den grundlegenden Pflichten eines Beamten.

Werde in der Berufung vorgebracht, der Beschwerdeführer erhalte monatlich eine Prämie von 60 EUR, woraus abzuleiten sei, dass dies nicht der Fall wäre, wenn sein Verhalten im Dienst Anlass zu Beanstandungen irgendwelcher Art, etwa auch was die Einhaltung der Dienstzeiten betreffe, gäbe, so ändere dies nichts daran, dass der Beschwerdeführer jedenfalls am 21. Februar 2003 gegen die Dienstpflicht des § 48 Abs. 1 BDG verstoßen habe. Im Übrigen bezögen sich die auf den Erhalt dieser Prämie bezugnehmenden Äußerungen in der Berufung nicht auf die konkreten dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers, sondern führten durchwegs dienstliche Tätigkeiten an, die nicht zu jenen von Zustellern zählten. Eine für den Beschwerdeführer günstigere Entscheidung hätte mit diesem Vorbringen somit nicht herbeigeführt werden können. Die neuen Organisationsformen im Bereich der Österreichischen Post AG bezögen sich vielmehr nicht auf den hier vorliegenden Disziplinarfall.

Wende sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung entgegen seinen ursprünglichen Angaben auch gegen die Feststellung der Erstinstanz, er sei gegenüber der Zeugin W. ausfällig geworden und habe diese "auf das übelste beschimpft", mit der nunmehrigen Behauptung, er habe lediglich versucht, dieser seinen Rechtsstandpunkt zu erklären, sei für die belangte Behörde nicht erkennbar gewesen, welche - nachvollziehbaren - Fakten bzw. Argumente er gegenüber der Zeugin W. und in der Folge auch der Zeugin K. gegenüber zu seiner Verteidigung konkret vorgebracht habe; dies werde in der Berufung auch nicht näher ausgeführt. Die Behörde erster Instanz habe sich hinsichtlich des disziplinären Vorwurfes zu Punkten a) und b) auf ihre in der mündlichen Verhandlung von den beiden genannten Zeuginnen vollinhaltlich bestätigten niederschriftlichen Aussagen und letztlich auch auf die Aussage des Beschwerdeführers selbst zu stützen vermocht. Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer mit dem nahezu dreistündigen Aufenthalt in einer Gastwirtschaft, der von den Mittags- bis weit in die Nachmittagsstunden hinein angedauert habe, ohne zuvor in der Zustellbasis seine Abrechnungen durchgeführt zu haben, mit dem Konsum von Alkohol in erheblichem Ausmaß während des Dienstes, mit der aus diesem Grund verspäteten Rückkehr zur Zustellbasis sowie mit Beschimpfungen, Beleidigungen und dem tätlichen Angreifen der Zeugin W. (das Packen am Ärmel sei ohne Zweifel als tätlicher Angriff zu werten) sowohl gegen seine in § 43 Abs. 1 und 2 als auch in § 48 Abs. 1 BDG 1979 normierten Dienstpflichten im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft verstoßen. Dass Umstände beim Beschwerdeführer vorgelegen seien, die einem Rechtfertigungs- bzw. Schuldausschließungsgrund nahe gekommen wären, habe die belangte Behörde nicht erkennen können. Wie bereits zu Spruchpunkt a) ausgeführt, habe der Beschwerdeführer anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 5. März 2003 auch zu Protokoll gegeben, dass er sich an eine Beschimpfung der Distributionsleiterin K. im vorliegenden Zusammenhang nicht mehr erinnern könne, dass er dies aber auf Grund seines alkoholisierten Zustands auch nicht ausschließen könne. Nunmehr anwaltlich vertreten, bestreite der Beschwerdeführer auch diesen von der Erstinstanz als verwirklicht angesehenen Sachverhalt wieder mit der Behauptung, er sei nur bemüht gewesen, dieser die Situation zu erklären. Nach wörtlicher Wiederholung der schriftlichen Sachverhaltsdarstellung der Distributionsleiterin K. vor der Dienstbehörde fügte die belangte Behörde an, diese Zeugin habe anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz ihre schriftliche Sachverhaltsdarstellung vollinhaltlich bestätigt und ergänzt, sie habe sich persönlich durch die in Rede stehenden Beschimpfungen nicht bedroht gefühlt. Die schriftliche Sachverhaltsdarstellung der betroffenen Zeuginnen W. und K. bestätigten einander. Der beim gegenständlichen Vorfall zum Teil ebenfalls anwesend Vertrauensmann N. habe, was die Darstellung des Sachverhaltes durch den Beschwerdeführer selbst betreffe, auch in diesem Punkte nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers in dessen Vernehmung korrigierend eingegriffen. Die belangte Behörde vertrete somit auch zu diesem disziplinären Vorwurf insgesamt die Auffassung, die Behörde erster Instanz habe auf Grund dieser Feststellung zum Sachverhalt im Ergebnis zu Recht davon ausgehen dürfen, dass der Beschwerdeführer durch das hier abzuvotierende Verhalten Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 im Sinne des § 91 leg. cit. zu verantworten habe. Zum dritten, dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachten Faktum zitierte die belangte Behörde zunächst die Angaben des Zeugen S. sowie der Verantwortung des Beschwerdeführers, jeweils vor der Dienstbehörde und ergänzte, in der vorliegenden Berufung werde seitens des Beschwerdeführers nunmehr auch dieses Faktum mit dem Vorbringen bestritten, es habe nie eine körperliche Auseinandersetzung gegeben, oder einen Konflikt, der in der beschriebenen Art physisch ausgetragen worden wäre. In der Berufung sei in diesem Zusammenhang auch gerügt worden, dass in der mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz diesbezüglich kein Zeuge befragt oder sonst ein Beweismittel vorgelegt worden sei. Der Inhalt der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers sei anders wiedergegeben worden, als dieser es zu Protokoll gegeben habe, seine Unterschrift sei unter Druck zustande gekommen, weil er sich bei der Unterfertigung dieser Niederschrift durch die Aussagen des Posterhebungsdienstes in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht gefühlt habe. Dazu sei anzumerken, dass die in Rede stehende Einvernahme vom 5. März 2003 in der Regionalleitung Distribution stattgefunden habe, und daran "Zi. W.M. als Leiter der Amtshandlung sowie E.M. und VPA H.N. als weitere amtliche Organe und sonst Anwesende" teilgenommen hätten. Die behauptete Teilnahme eines Vertreters des Posterhebungsdienstes lasse sich dieser Niederschrift nicht entnehmen. Versuche der Beschwerdeführer in seiner Berufung, die Angaben des S. mit dem Hinweis zu relativieren, er sei seitens des Erhebungsdienstes unter Druck gesetzt worden, die nicht seinen tatsächlichen Angaben entsprechende Niederschrift zu unterfertigen, erscheine dies schon aus dem genannten Grund nicht nachvollziehbar. Der von der Behörde erster Instanz als Zeuge geladene S. habe sich entschuldigt. Dessen vor der Dienstbehörde gemachten Angaben seien jedoch verlesen und somit zum Inhalt der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Der Feststellung der Behörde erster Instanz, der Beschwerdeführer habe das ihm vorgeworfene und niederschriftlich auch eingestandene Verhalten gesetzt und damit gegen seine in § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 normierten Dienstpflichten im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft verstoßen, könne im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegen getreten werden. Werde in der Berufung ferner releviert, dass die zur Entlastung des Beschwerdeführers gestellten Beweisanträge auf Einvernahme des unmittelbar vorgesetzten Distributionsleiters E.M. und des VPA H.N. als Zeugen grundlos abgewiesen worden sei, sei auszuführen, dass dies aus Sicht der belangten Behörde nicht zutreffend erscheine, weil einerseits der genannte Vorgesetzte (E. M.) zu den dem Beschwerdeführer im Einzelnen vorgeworfenen Tathandlungen keine Aussagen aus eigener unmittelbarer Wahrnehmung hätte machen können und andererseits der Zeuge H. N. zwar den Vorfall vom 21. Februar 2003 zum Teil aus eigener Anschauung miterlebt habe, aber bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers als dessen Vertrauensperson anwesend gewesen sei und der den Feststellungen zu den Spruchpunkten a) und b) im Wesentlichen bestätigenden Aussage des Beschwerdeführers nicht widersprochen habe. Der vermeintlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Erstinstanz komme somit im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt jedenfalls keine rechtliche Relevanz zu.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Gründe für den Ausspruch der Entlassung - unter umfangreicher Zitierung der verwaltungsgerichtlichen Judikatur zur Frage des Untragbarkeitsgrundsatzes - dar. Bezogen auf den konkreten Beschwerdefall knüpfte die belangte Behörde schlussendlich die rechtliche Überlegung an, der Behörde erster Instanz sei im Lichte der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin zuzustimmen, dass angesichts der Art und Schwere der begangenen Dienstpflichtverletzungen eine andere Disziplinarmaßnahme als jene der Entlassung nicht in Betracht komme, weshalb alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe - etwa die disziplinäre Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und sein niederschriftlich abgelegtes Geständnis sowie auch seine allfällige Existenzgefährdung - nicht von entscheidendem Gewicht sein könnten. Im Hinblick auf sein - als mehrfaches disziplinäres Vergehen zu wertendes - Verhalten könne zudem nicht von einer einmaligen unbedachten Gelegenheitstat gesprochen werden. Der im vorliegenden Fall durch den verfahrensgegenständlich bedeutenden Alkoholkonsum während des Dienstes (noch dazu angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses auf sein daran anschließendes weiteres Verhalten bereits hätte kennen müssen), durch das offenbar vollkommen unbekümmerte Nichteinhalten der Dienstzeit und vor allem durch das mehrfach beschriebene, nicht zu tolerierende Verhalten des Beschwerdeführers in Form von verbalen und physischen Entgleisungen gröbster Art gegenüber seinen Vorgesetzten und Kollegen eingetretene Vertrauensverlust habe die Untragbarkeit des Beschwerdeführers für das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis zur Folge, was im Interesse der generellen Wahrung des Vertrauens und des Ansehens der Beamtenschaft notwendig und auch zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Unternehmens Österreichische Post AG geboten erscheine. Erschwerend sei ins Gewicht gefallen, dass der Beschwerdeführer mehrere auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Dienstpflichtverletzungen (Tatwiederholung) zu verantworten habe. Der Angriff des Beschwerdeführers auf die körperliche Unversehrtheit von Mitarbeitern, die Einschränkung von Vorgesetzten in ihrer körperlichen Bewegungsfreiheit durch das Packen am Ärmel und das massive und lautstarke verbale Ausfälligwerden gegenüber mehreren an der Dienststelle anwesend gewesenen Personen (Vorgesetzten) seien doch deutliche Zeichen seines hohen Aggressionspotentials, welches durch den Konsum von Alkohol noch weiter angehoben werde. Dieses Verhalten entspräche dem Maßstab eines mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten in keiner Weise. Schon vor dem Hintergrund dieser Überlegungen könne den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Milderungsgründen keine entscheidende Bedeutung zukommen. Auf Grund der objektiven Schwere der verfahrensgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen könnten daher auch die vom Beschwerdeführer relevierte Zuerkennung einer monatlichen Leistungsprämie, die seinem Vorbringen zufolge seine ausgezeichnete Arbeitsleistung transparent mache, seine gute Dienstbeschreibung vom 5. März 2004 durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten, Distributionsleiter E.M., der ihm

u. a. Verlässlichkeit und Pflichtbewusstsein attestiere, die auch von VPA H.N. bestätigt werde, seine 22-jährige Tätigkeit im Unternehmen, die Verleihung des goldenen Verdienstzeichens der Republik Österreich (für die anlässlich des Stellens eines Posträubers gezeigte Zivilcourage), der Umstand, dass es aus seinem Zustellbezirk nie Beschwerden gegen ihn gegeben habe, dass er seitens der Postkunden vielmehr gelobt worden sei, sein bisher ordentlicher Lebenswandel, eine positive Zukunftsprognose, sein Bemühen, mögliche Konsequenzen seines Verhaltens gutzumachen oder diesbezügliche weitere nachteilige Folgen zu verhindern, die Behauptung des Vorliegens einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung bzw. einer Notlage zu den Tatzeitpunkten, aus der er sich zu der verfahrensgegenständlichen Dienstpflichtverletzung habe hinreißen lassen, seine Unterhaltspflichten sowie das fortgeschrittene Alter, das ihn auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten lasse, nichts daran ändern, dass sich der Beschwerdeführer durch die vorliegend abvotierten Dienstpflichtverletzungen für eine Fortsetzung seines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses im Unternehmen Österreichische Post AG selbst untragbar gemacht habe. Bei diesem Ergebnis erübrigten sich jedenfalls spezialpräventive Erwägungen. Angesichts der Art und Schwere der vorliegend begangenen Dienstpflichtverletzung komme daher eine andere Disziplinarstrafe als jene der Entlassung von vornherein nicht in Betracht, weshalb alle möglicherweise sonst gegebenen Milderungsgründe dahinstünden. Der Umstand, dass die Dienstpflichtverletzungen keinen Schaden materieller Art nach sich gezogen hätten, vermöchte angesichts des durch sein Verhalten verursachten Vertrauensverlustes im Rahmen der Strafbemessung ebenso wenig zu seinen Gunsten ins Gewicht zu fallen, wie die Geltendmachung grundlegender zwischenmenschlicher Spannungen zwischen ihm und der Distributionsmanagerin W.

Verweise der Beschwerdeführer in seiner Berufung im Übrigen darauf, dass eine Entlassung nicht zulässig erscheine, weil er auch zu keinem Zeitpunkt suspendiert worden sei, so vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass die Disziplinarbehörden hinsichtlich ihres Ausspruches der für angemessen erachteten Disziplinarstrafe nicht an die Tatsache der Suspendierung gebunden seien. Es stehe den Disziplinarbehörden daher der Umstand einer mangelnden Suspendierung auch nicht bei der Beurteilung der Frage im Wege, ob der durch das Verhalten des Beschwerdeführers ausgelöste Vertrauensverlust dessen Entlassung rechtfertige. Dass der Strafantrag des Disziplinaranwaltes auf Verhängung lediglich einer Geldstrafe von 1.500 EUR und nicht auf Entlassung des Beschwerdeführers gelautet habe, vermöge die Disziplinarbehörde bei ihrer Strafbemessung ebenfalls nicht zu binden.

Wenn in der Berufung schließlich vorgebracht werde, der Beschwerdeführer habe sich vom 8. März bis zum 12. März 2004 im Erholungsurlaub befunden, um Arzt-Termine wahrzunehmen und damit dem Unternehmen Österreichische Post AG nicht durch Krankenstände zur Last zu fallen, er habe durch seine im Übrigen entschuldigte Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung vor der Behörde erster Instanz keineswegs eine negative Einstellung zum Dienst und Gleichgültigkeit demonstriert, sei anzumerken, dass es dem Beschwerdeführer als bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten im Unternehmen tätigen Mitarbeiter hätte bekannt sein müssen, dass er im Fall des Vorliegens krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit Krankenstand hätte in Anspruch nehmen können, ohne aus dieser Tatsache allein für ihn negative dienstrechtliche Konsequenzen gewärtigen zu müssen. Andererseits hätte der Beschwerdeführer nicht ausgerechnet während der Dauer der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkommission von gut zweieinhalb Stunden einen Arzttermin wahrnehmen müssen. Von seiner Seite sei im Übrigen auch gar nicht vorgebracht worden, die Einhaltung dieser Arzttermine sei aus medizinischen Gründen unbedingt erforderlich gewesen, um bei ihm den Eintritt gesundheitlicher Schäden abzuwenden bzw. eine Verschlimmerung seines physischen und/oder psychischen Zustandes hintanzuhalten.

Im Übrigen verwies die belangte Behörde darauf, ihre Entscheidung habe gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden können, zumal ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gar nicht gestellt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, nicht bzw. milder als durch die Disziplinarstrafe der Entlassung bestraft zu werden, verletzt.

Er macht die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG erwogen:

In Ausführung der Beschwerde macht der Beschwerdeführer zunächst zum Faktum a) des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses geltend, beide Disziplinarbehörden hätten es verabsäumt, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, beide Behörden hätten damit ihre Pflicht zur amtswegigen Erhebung des maßgeblichen Sachverhaltes verletzt. Insbesondere sei die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme des Zeugen H.N. ohne Begründung abgelehnt worden, welcher hätte bezeugen können, dass er (der Beschwerdeführer) am 21. Februar 2003 weder verspätet noch betrunken in seine Dienststelle zurückgekehrt sei, weder seine Vorgesetzte noch eine andere Mitarbeiterin beschimpft, beleidigt oder tätlich angegriffen habe; vielmehr habe es sich allenfalls um berechtigte Unmutsäußerungen seinerseits gehandelt. Zu Unrecht hätten die Disziplinarbehörden auch von der Einvernahme seines Vorgesetzten E.M. abgesehen, der hätte bezeugen können, dass die vom Beschwerdeführer bezogene Prämie diesem nur ausbezahlt werde, wenn er - wie auch am 21. Februar 2003 - seine Dienstzeit ordnungsgemäß einhalte, ansonsten die Prämie verwirkt gewesen wäre. Zur Untermauerung der Sachverhaltsannahme der Behörden in Bezug auf seine angebliche Alkoholisierung am 21. Februar 2003 sei weder eine Atem- noch eine Blutalkoholuntersuchung des Beschwerdeführers durchgeführt worden. Es habe nie eine schriftliche Anweisung gegeben, nach deren Inhalt Alkoholgenuss in der Pause verboten sei. In der Aussage der Zeugin W. sei im Bezug auf eine vermutete Alkoholisierung lediglich von seinem Kollegen G. die Rede gewesen, nicht aber vom Beschwerdeführer. Die von der Zeugin wahrgenommenen äußeren Anzeichen einer Alkoholisierung, wie der schwankende Gang, Speichelfluss und Alkoholgeruch, hätten sich nur auf diesen Kollegen bezogen. Es sei auch unrichtig, dass er die Zeugin W. tätlich angegriffen habe, er habe sie vielmehr lediglich zur Untermauerung seiner Argumente am Ärmel gefasst. Dies alles sei unberücksichtigt geblieben. Die belangte Behörde habe sich auch nicht mit seinem Vorbringen zum neuen Distributionssystem "KAP neu" auseinandergesetzt, nach welchem der Beschwerdeführer seinen Dienst zu versehen habe.

Hinsichtlich des Faktums b) des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses hätten die Disziplinarbehörden nicht festgestellt, um welche Beleidigungen oder Beschimpfungen es sich eigentlich konkret gehandelt habe, oder ob es vielmehr berechtigte Unmutsäußerungen des Beschwerdeführers gewesen seien.

Zum Faktum d) des Einleitungs- und Verhandlungsbeschlusses wird in der Beschwerde ausgeführt, es sei aus den Niederschriften ersichtlich, dass der von ihm angeblich körperlich angegriffene S. den Beschwerdeführer über einen längeren Zeitraum hin massiv provoziert habe. Zu diesem Faktum habe es überhaupt keine weitere Ermittlungstätigkeit der Behörden gegeben.

Im Übrigen wiederholt der Beschwerdeführer sein Argument, ohne Ausspruch der Suspendierung sei die Disziplinarstrafe der Entlassung unzulässig; es seien auch nicht alle Milderungsgründe berücksichtigt worden, etwa die ausgezeichnete Zukunftsprognose durch seinen Vorgesetzten und die Härte der Entlassung im Hinblick auf sein Alter und seine Dienstzeit.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Gemäß § 92 Abs. 1BDG 1979 sind Disziplinarstrafen

1.

der Verweis,

2.

die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

              3.              die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

              4.              die Entlassung.

Nach § 93 Abs. 1 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

Die Entlassung ist - wie sich aus der taxativen Aufzählung des § 92 Abs. 1 BDG 1979 ergibt - die schwerste Disziplinarstrafe gegen aktive Beamte. Sie bezweckt, dass sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht hat (Untragbarkeitsgrundsatz), unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen kann. Nur die im Fehlverhalten des Beamten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar macht, mit dem Beamten weiterhin das Beamtenverhältnis fortzusetzen, darf Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1996, Zl. 95/09/0032). Die Disziplinarstrafe der Entlassung ist eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Im Vordergrund steht dabei die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes. Die Gründe für eine Untragbarkeit lassen sich nur einem Vergleich mit den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Ein entscheidender Gesichtspunkt bei Beurteilung der Untragbarkeit eines Beamten ist, dass sich die Verwaltung auf die Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beamten bei dessen Dienstausübung verlassen muss, weil eine lückenlose Kontrolle nicht möglich ist. Die Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ist auf der Grundlage der Schwere der Dienstpflichtverletzung zu beurteilen. Auch hier hat die Disziplinarbehörde gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 zunächst am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 92 Abs. 1 BDG 1979 zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 BDG 1979 geboten ist. Hiebei hat sie sich gemäß § 93 Abs 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem StGB für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte. Erst wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Beamten orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten ergibt, dass ein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, fehlt es an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt für spezialpräventive Erwägungen kein Raum (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. September 2003, Zl. 2000/09/0203, und vom 7. Juli 1999, Zl. 99/09/0042).

Die belangte Behörde begründete ihre Auffassung, der Beschwerdeführer habe sich durch sein Fehlverhalten untragbar gemacht, mit dem "verfahrensgegenständlich bedeutenden Alkoholkonsum während des Dienstes, noch dazu angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses auf sein daran anschließendes weiteres Verhalten bereits kennen musste", mit einem "vollkommen unbekümmerten Nichteinhalten der Dienstzeit" und - vor Allem - mit dem "mehrfach beschriebenen, nicht zu tolerierenden Verhalten des Beschwerdeführers in Form von verbalen und physischen Entgleisungen gröbster Art gegenüber seinen Vorgesetzen und Kollegen".

Diese Auffassung beruht - wie die Beschwerde im Ergebnis zu Recht geltend macht - nicht auf in einem mängelfreien Verfahren gewonnenen Feststellungen, die überdies dem Konkretisierungsgebot entsprächen, dem eine Bescheidbegründung überhaupt und umso mehr dann zu entsprechen hat, wenn sie tragfähige Grundlage für eine so schwerwiegende Maßnahme wie die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein soll (vgl. dazu die bei Kucsko - Stadlmayer,

Das Disziplinarrecht der Beamten3, 75, FN 143 referierte hg. Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall kann - auch bei Bedachtnahme auf den vom angefochtenen Bescheid übernommenen Inhalt des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses - weder dem Spruch noch der Begründung des angefochtenen Bescheides hinreichend konkret entnommen werden, dass den Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers solches Gewicht zukäme, dass daraus ohne Rechtswidrigkeit seine Untragbarkeit gefolgert werden dürfte. Sowohl hinsichtlich des Faktums a) als auch hinsichtlich des Faktums c) fehlen konkrete Feststellungen, worin die vom Beschwerdeführer geäußerten "Beschimpfungen" und "Beleidigungen" bestanden; ebenso fehlen Feststellungen über die vom Beschwerdeführer während des Dienstes konsumierten Alkoholmengen bzw. die an ihm (durch andere Bedienstete und Kunden) wahrnehmbaren Anzeichen mehr oder weniger starker Alkoholisierung. Es fehlen aber auch - über die Annahme des "Packens am Ärmel" hinaus - ins Einzelne gehende Feststellungen im Zusammenhang mit der Annahme einer "Tätlichkeit" gegenüber der Vorgesetzten, auf deren Grundlage das Gewicht des so beschriebenen Fehlverhaltens für die Annahme, der Beschwerdeführer sei untragbar geworden, beurteilt werden könnte. Ebenso fehlen Feststellungen über die gesetzlichen oder auf Weisung (Dienstplan) beruhenden Regelungen der Dienstzeit des Beschwerdeführers, auf deren Grundlage die Annahme, der Beschwerdeführer sei "verspätet" zu seiner Dienststelle zurückgekehrt, auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft und gegebenenfalls das Gewicht einer unerlaubten Abwesenheit vom Dienst beurteilt werden könnte.

Auch im Fall des Faktums d) genügen die getroffenen Feststellungen den Anforderungen an die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides, mit dem die Entlassung eines Beamten ausgesprochen wird, nicht, zumal weder Feststellungen über den Hergang im Einzelnen und das Vorliegen oder Fehlen von Verletzungsfolgen getroffen wurden (von einer strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ist nicht die Rede).

Solcher Art beruhen auch die - nach der Bescheidbegründung zur Annahme der Untragbarkeit führenden - Annahmen eines "bedeutenden" Alkoholkonsums, eines "vollkommen unbekümmerten Nichteinhaltens der Dienstzeit" und von "verbalen und physischen Entgleisungen gröbster Art" gegenüber Vorgesetzen und Kollegen nicht auf einer mängelfrei festgestellten Sachverhaltsgrundlage. Ebenso wenig kann der Bescheidbegründung - mangels insoweit über den Vorfall vom 21. Februar 2003 hinausgehender Feststellungen - nicht konkret entnommen werden, wie die Behörde zu ihrer Annahme gelangte, der Beschwerdeführer hätte "die Folgen übermäßigen Alkoholgenusses auf sein daran anschließendes weiteres Verhalten" kennen müssen. Die belangte Behörde hat sich auch nicht mit den - nach Lage des Falles nicht unbeachtlichen - Darlegungen des Beschwerdeführers auseinander gesetzt, er habe vor und nach den in Rede stehenden Vorfällen seinen Dienst ohne jede Beanstandung verrichtet.

Dazu kommt, dass die belangte Behörde - wie sich schon aus dem soeben Gesagten ergibt - zu Unrecht die Voraussetzungen des Abstandnehmens von einer mündlichen Verhandlung nach § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 als gegeben angenommen hat.

Gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission ungeachtet eines Parteienantrages nur unter der Voraussetzung Abstand genommen werden, dass der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint. Die Berufungsbehörde darf insbesondere dann nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 125a Abs. 3 Z 5 BDG 1979 ausgehen (und demnach nicht von einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen), wenn der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt wurde, der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2002/09/0133, und die darin angegebene Judikatur).

Im Beschwerdefall lagen die Voraussetzungen des § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 nicht vor, wie sich aus dem zuvor Gesagten bereits ergibt. Die belangte Behörde wird im fortzusetzenden Verfahren eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen und unter Bedachtnahme auch auf die vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung ins Treffen geführten Umstände - erforderlichenfalls auf der Grundlage eigener Ermittlungen - eigene Feststellungen im oben aufgezeigten Sinn zu treffen haben.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 43 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag des Schriftsatzaufwandes nach der genannten VO bereits enthalten ist.

Wien, am 24. April 2006

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Unmittelbarkeitsprinzip Gegenüberstellungsanspruch Fragerecht der Parteien VwRallg10/1/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090006.X00

Im RIS seit

19.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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