TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/29 2003/09/0021

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Veröffentlicht am 29.05.2006
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §11 Abs2 Z1 idF 1999/I/120;
AuslBG §12a Abs2;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1997/I/078;
BHZÜV 1995 §1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. Christian Haas, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosengasse 8, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Niederösterreich des Arbeitsmarktservice vom 20. Dezember 2002, Zl. LGS NÖ/ABV/13114/1 250 907/2002, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 10. September 2002 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den mazedonischen Staatsbürger Z für die berufliche Tätigkeit eines Hufschmiedes.

Diesen Antrag wies die genannte Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 19. September 2002 gemäß § 20 Abs. 1 und § 11 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte in der Berufung und im weiteren Berufungsverfahren im Wesentlichen vor, dass er seit nunmehr 20 Jahren das Gewerbe eines Hufschmiedes betreibe. Das in diesem Zeitraum stark gestiegene und noch steigende Interesse am Reitsport in Österreich habe es mit sich gebracht, dass die im Lande tätigen Hufschmiede kaum in der Lage seien, der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, weil es an inländischen Interessenten für die Ausübung dieses Berufes mangle. Der Beschwerdeführer habe sich in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Kundenstock aufgebaut, den zu betreuen ihm - vor allem aus gesundheitlichen Gründen - nicht mehr möglich sein werde. Der beantragte Ausländer sei nicht nur geprüfter Hufschmied, sondern verfüge auch über eine überdurchschnittliche Fertigkeit und besondere Erfahrung im Umgang mit Pferden. Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben des österreichischen Hufschmiedeverbandes vor, in welchem die Mitteilung enthalten ist, es sei derzeit unmöglich, qualifizierte Fachkräfte für den Beruf des Hufschmiedes zu vermitteln. Die wenigen, gut ausgebildeten Hufschmiede machten sich sofort selbstständig.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 2002 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für Z zwar die Übersetzung eines Diploms über die abgelegte Kontrollprüfung für Hufschmiede vom 25. Februar 2002 vorgelegt worden sei. Es sei aber nicht ersichtlich, dass es sich bei dieser Prüfung um (den Nachweis) einer der Facharbeiterprüfung entsprechenden Qualifikation handle. Vielmehr handle es sich um Kenntnisse, die als absolutes Grunderfordernis für die Ausübung des Berufes eines Hufschmiedes notwendig seien. Die belangte Behörde habe von der Durchführung der vom Beschwerdeführer angebotenen Demonstration der Fertigkeiten des Z zur Darlegung seiner überdurchschnittlichen Kenntnisse und Erfahrung im Umgang mit Pferden Abstand genommen. Inwiefern ein überdurchschnittliches Einfühlungsvermögen des Z im Umgang mit Pferden bestehe, sei nicht nachvollziehbar.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente reichten für die Annahme eines gesamtwirtschaftlichen Interesses an der Beschäftigung des Z im Betrieb des Beschwerdeführers nicht aus. Ein solches gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung einer ausländischen Arbeitskraft könne nur dann bestätigt werden, wenn deren Beschäftigung über die einzelbetrieblichen (persönlichen) Interessen, wie z.B. die Befriedigung eines Arbeitskräftebedarfs, hinaus gingen. Mit dem bloßen Hinweis auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des Z und dem Facharbeitermangel im Beruf "Hufschmied" habe der Beschwerdeführer kein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Z darlegen können. Er habe nicht behauptet, dass sein Betrieb auf die gesamte Wirtschaft in der Region wesentlichen Einfluss habe. Das ins Treffen geführte gestiegene Interesse am Pferdesport könne für sich allein noch kein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des Z im Betrieb des Beschwerdeführers beweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf die § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG gestützt.

Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 (AuslBG), ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.

Nach Abs. 2 Z. 1 leg. cit. darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind.

     Gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall

anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 darf über

bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung

festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine

Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn

     1.        der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9

genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2

erfassten Ausländer eingebracht wird und

     2.        die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

     3. a) der Regionalbeirat einhellig die

Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

     b)        die Beschäftigung des Ausländers aus besonders

wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung

von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich

qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder

Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder

     c)        überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen

die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder

     d)        die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder

     e)        die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß

§ 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.

Liegt auch nur eine Voraussetzung der Z. 1 bis 3 leg. cit. nicht vor, so darf eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2001/09/0164).

Z erfüllt unbestritten keines der in § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG angeführten Kriterien (in dieser Bestimmung sind Kategorien von in Österreich integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern angeführt), die Behörde hatte daher zu prüfen, ob der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung im vorliegenden Fall für einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wurde.

     Für diese Beurteilung hat die belangte Behörde zutreffend die

auf Grund des § 12a Abs. 2 AuslBG erlassene

Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, BGBl. Nr. 278/1995,

i. d.F. BGBl. II Nr. 256/1997, herangezogen. Nach der im

vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 1

Z. 3 dieser auch als BHZÜV bezeichneten Verordnung (die übrigen

Bestimmungen nennen ebenfalls Kategorien von in Österreich

integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern, in welche Z

unbestritten nicht fällt) dürfen über die Gesamtzahl der

unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer

(Bundeshöchstzahl) hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt

werden für "Ausländer, an deren Beschäftigung

     a)        im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung,

speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder

     b)        im Hinblick auf den mit der Beschäftigung

verbundenen Transfer von Investitionskapital

     gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen". Die belangte

Behörde hat nun die Auffassung vertreten, dass Z nicht über eine

besondere Ausbildung, spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten oder

besondere Erfahrung im Sinne des § 1 Z 3 lit. a BHZÜV verfüge,

sowie weiters, dass an seiner Beschäftigung keine

gesamtwirtschaftlichen Interessen bestünden.

Es kann nun im Beschwerdefall dahinstehen, ob die erstangeführte Annahme der belangten Behörde hinsichtlich des Fehlens der besonderen Qualifikation des Z zutrifft, weil die belangte Behörde das Vorliegen eines gesamtwirtschaftlichen Interesses an seiner Beschäftigung im Ergebnis zutreffend verneint hat.

Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 2000, Zl. 97/09/0312, und vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0020).

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Beschwerdeführer ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung bzw. Anwerbung für eine Beschäftigung letztlich nicht darzulegen vermochte. Sein in dieser Hinsicht erstattetes Vorbringen über die zunehmende Bedeutung des Reitsports und damit des Gewerbes eines Hufschmiedes führt nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht dargelegt - und es ist auch nicht ersichtlich -, weshalb die Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft nicht bloß eine Verbesserung der wirtschaftlichen Position seines Unternehmens im Wettbewerb mit anderen österreichischen Hufschmieden zur Folge hätte, sondern im gesamtwirtschaftlichen Interesse läge.

Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlagen und wenn sie daher die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung versagte, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Mai 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003090021.X00

Im RIS seit

06.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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