TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/29 2003/09/0013

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Veröffentlicht am 29.05.2006
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §11 Abs2 Z1 idF 1999/I/120;
AuslBG §12a Abs2;
AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z3 idF 1997/I/078;
AuslBG §4 Abs6 Z3 litc idF 1997/I/078;
BHZÜV 1995 §1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des Dr. S in W, vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kretschmer, Dr. Thomas Buschmann und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Operngasse 10, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 16. Dezember 2002, Zl. LGSW/Abt. 10/13114/1253967/2002, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 11. September 2002 bei der regionalen Geschäftstelle Wien, Esteplatz, Fachzentrum für Bank/Versicherung/EDV/Recht/Beratung/Immobilien/Kultur, die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die indonesische Staatsbürgerin Y für die berufliche Tätigkeit einer Korrespondentin und Übersetzerin Englisch-Javanisch. Der Antrag wurde ergänzend damit begründet, dass der Beschwerdeführer eine österreichische Rechtsanwaltskanzlei betreibe und überwiegend "in Fernost, maßgeblich Singapur, Indonesien, Malaysia und Thailand", arbeite. Eine erhebliche Anzahl der Klienten seiner Kanzlei in Indonesien spreche ausschließlich Javanisch, welche Sprache der Beschwerdeführer persönlich nicht beherrsche. Für die häufigen von Österreich aus geführten Telefonate mit Klienten erweise es sich als unbedingt notwendig, eine Javanisch sprechende Mitarbeiterin in Österreich zu beschäftigen, um sowohl Telefonate als auch Korrespondenzen zu übersetzen. Die Ausländerin verfüge über ein Maturazeugnis, weiters über ein Abschlusszeugnis der Unterstufe mit dem Nachweis der Sprachkenntnisse in Javanisch.

Diesen Antrag wies die genannte Geschäftstelle des Arbeitsmarktservice mit Bescheid vom 1. Oktober 2002 gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 6 Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Begründung seines Antrages und führte ergänzend aus, Y könne als besondere Qualifikation für die beantragte Beschäftigung vorweisen, dass sie Englisch, Indonesisch und Javanisch fließend spreche. Auch sei ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung von Y gegeben, dieses gehe über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers hinaus. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers beziehe sich sowohl in Österreich als auch in Singapur überwiegend auf die Betreuung von Klienten in wirtschafts- und gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten auf internationaler Ebene. Auf Grund seiner beratenden Tätigkeit würden einerseits Klienten aus dem fernöstlichen Raum veranlasst, erhebliche Investitionen in Europa zu tätigen und werde andererseits österreichischen Klienten geholfen, Betriebsniederlassungen und Vertretungen in Fernost aufzubauen. Der Beschwerdeführer sei der einzige österreichische Rechtsanwalt, der in Singapur als foreign lawyer zugelassen sei. Eine effiziente und flächendeckende juristische Arbeit könne nur erbracht werden, wenn sowohl in der Kanzlei in Singapur als auch in Wien Mitarbeiter beschäftigt seien, die die Sprache der Klienten und von deren Geschäftspartnern fließend beherrschten. Die Beschäftigung von Y in der Kanzlei des Beschwerdeführers in Österreichs diene dem gesamtwirtschaftlichen Interesse, weil ansonsten eine gänzliche Auslagerung der anwaltlichen Tätigkeit in Indonesien aus der Wiener Kanzlei stattfinden müsste bzw. indonesische Anwälte in verstärktem Ausmaß zugezogen werden müssten, was wiederum zu einem "Abfluss von Geldmengen" führe und die Betreuung indonesischer Klienten durch die Wiener Kanzlei bzw. auch österreichischer Klienten in Fernost nicht gewährleistet werden könne.

Die belangte Behörde machte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 4. November 2002 den Vorhalt, dass die gemäß § 12a AuslBG festgesetzte Landeshöchstzahl überschritten sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei für das Arbeitsmarktservice nicht neu. Zwischen 1992 bis 1998 habe er in Österreich eine Prokuristin aus Indonesien ohne eine Bewilligung nach dem AuslBG beschäftigt, wobei es sich dabei angeblich um eine Beteiligte gehandelt habe. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass im Fall der Nichtausstellung der von ihm begehrten Sicherungsbescheinigung die Tätigkeit aus der Wiener Kanzlei ausgegliedert werden müsse, so sei nicht zu ersehen, wer bisher die vom Beschwerdeführer genannten Geschäfte koordiniert und ermöglicht habe. Ein gesamtwirtschaftliches Interesse sei nicht zu ersehen, weil aus dem Antrag nicht hervorgehe, inwiefern durch die Beschäftigung der ausländischen Arbeitskraft in diversen Unternehmen in Österreich Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten würden.

Der Beschwerdeführer führte dazu in einer Stellungnahme vom 8. November 2002 gegenüber der belangten Behörde aus, dass er in seiner Wiener Kanzlei derzeit sieben Mitarbeiter, davon ein Konzipientin und zwei Lehrlinge beschäftige und keiner der Mitarbeiter indonesisch oder javanisch spreche. Ende der 80er Jahre bzw. zu Beginn der 90er Jahre sei eine indonesische Staatsangehörige mit Bewilligung beschäftigt gewesen. Die Geschäfte seien bisher vom Einschreiter koordiniert und ermöglicht worden, der über rudimentäre Kenntnisse in der indonesischen Sprache verfüge. Javanische Klienten würden von der Kanzlei in Singapur betreut, der Beschwerdeführer halte sich knapp halbjährlich in Österreich auf. Durch die in Singapur erbrachte Leistung sinke die Wertschöpfung der Wiener Kanzlei. Investoren würden sich eher in Wien niederlassen, wenn sie hier von native speakers in ihrer Sprache betreut würden.

Mit weiterem Vorhalt wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, aus den Aufzeichnungen des Arbeitsmarktservice gehe hervor, dass er am 8. Oktober 1998 eine Beschäftigung für eine indonesische Staatsbürgerin als Übersetzerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zwei Stunden beantragt habe, dieser Antrag sei jedoch abgelehnt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Dezember 2002 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf die § 11 Abs. 2 und § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG gestützt.

Nach § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 120/1999 (AuslBG), ist einem Arbeitgeber, der beabsichtigt, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.

Nach Abs. 2 Z. 1 leg. cit. darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind.

     Gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall

anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 darf über

bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung

festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) eine

Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn

     1.        der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9

genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2

erfassten Ausländer eingebracht wird und

     2.        die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

     3. a) der Regionalbeirat einhellig die

Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder

     b)        die Beschäftigung des Ausländers aus besonders

wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung

von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich

qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder

Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder

     c)        überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen

die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder

     d)        die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder

     e)        die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß

§ 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.

Liegt auch nur eine Voraussetzung der Z. 1 bis 3 leg. cit. nicht vor, darf eine Sicherungsbescheinigung nicht ausgestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2003, Zl. 2001/09/0164).

Y erfüllt unbestritten keines der in § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG angeführten Kriterien (in dieser Bestimmung sind Kategorien von in Österreich integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern angeführt), die Behörde hatte daher zu prüfen, ob der Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung im vorliegenden Fall für einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wurde.

     Für diese Beurteilung hat die belangte Behörde zutreffend die

auf Grund des § 12a Abs. 2 AuslBG erlassene

Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, BGBl. Nr. 278/1995,

i. d.F. BGBl. II Nr. 256/1997, herangezogen. Nach der im

vorliegenden Fall allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 1

Z. 3 dieser auch als BHZÜV bezeichneten Verordnung (die übrigen

Bestimmungen nennen ebenfalls Kategorien von in Österreich

integrierten bzw. besonders schutzwürdigen Ausländern, in welche Z

unbestritten nicht fällt) dürfen über die Gesamtzahl der

unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer

(Bundeshöchstzahl) hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt

werden für "Ausländer, an deren Beschäftigung

     a)        im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung,

speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder

     b)        im Hinblick auf den mit der Beschäftigung

verbundenen Transfer von Investitionskapital

     gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen".

Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 2000, Zl. 97/09/0312, und vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0020).

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Beschwerdeführer ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung bzw. Anwerbung für eine Beschäftigung letztlich nicht darzulegen vermochte. Sein in dieser Hinsicht im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen über die zunehmende Bereitschaft indonesischer Investoren, sich in diesem Fall in Österreich niederzulassen, führt mangels Konkretisierung nicht zu dem von ihm gewünschten Ergebnis.

Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlagen und wenn sie daher die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung versagte, so vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Mai 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003090013.X00

Im RIS seit

11.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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