TE Vfgh Erkenntnis 2002/3/6 B1212/01

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Veröffentlicht am 06.03.2002
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Flächenwidmungsplan 1997 der Stadt Salzburg vom 08.07.98
Räumliches Entwicklungskonzept 1994 der Landeshauptstadt Salzburg vom 21.02.96
Sbg BaupolizeiG 1997 §9, §10
Sbg BebauungsgrundlagenG §14 Abs1 lita
Sbg RaumOG 1998 §2 Abs1 Z6
Sbg RaumOG 1998 §19 Z3
Sbg RaumOG 1998 §24 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung eines Antrags auf Abänderung einer Bauplatzerklärung und Versagung der Kenntnisnahme einer Bauanzeige hinsichtlich der Errichtung einer Remise zur gärtnerischen Gestaltung anstelle des bestehenden Kellers; keine Bedenken gegen die Beibehaltung der Widmung der Grundstücke als "Grünland - Erholungsgebiet" im Flächenwidmungsplan der Stadt Salzburg 1997; ausreichende Grundlagenforschung; kein Widerspruch zum Räumlichen Entwicklungskonzept 1994

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 387/3 und Nr. 387/6, KG Liefering II. Auf dem Grundstück Nr. 387/3 befindet sich ein "Keller" (Grundriss 6,60 m x 6,50 m, rd. 1,75 m hohe Eingangsfront nach Osten, Höhe 30 - 50 cm über dem angrenzenden Gartenniveau); es liegen eine - wegen der Widmung des Grundstücks als "Grünland - Erholungsgebiete" erforderliche - raumordnungsrechtliche Bewilligung gemäß §19 Abs3 ROG 1977 (Bescheid vom 10. Juli 1992), eine Bauplatzerklärung gemäß §12 Abs3 Bebauungsgrundlagengesetz - BGG und eine Baubewilligung gemäß §9 Abs1 BauPolG (Bescheide vom 12. April 1994) vor.

Am 14. Februar 2000 suchten die Beschwerdeführer um Abänderung der Bauplatzerklärung vom 12. April 1994 an (Festlegung einer Bauhöchsthöhe gemäß §11 Abs1 BGG lita und b von 6,50 m anstatt 1,50 m, später modifiziert auf Festlegung einer Traufenhöhe von 3,50 m und einer Firsthöhe von 6,50 m) und erstatteten Bauanzeige gemäß §3 BauPolG hinsichtlich der "Errichtung einer Remise zur gärtnerischen Bewirtschaftung" an der Stelle des bestehenden Kellers auf dem Grundstück Nr. 387/3. Mit Spruchpunkt I des Bescheides vom 28. November 2000 wies der Bürgermeister der Stadt Salzburg gemäß §14 Abs1 lita iVm §24a BGG das Ansuchen um Änderung der Festlegungen in der Bauplatzerklärung vom 12. April 1994 ab. Mit Spruchpunkt II versagte die Behörde gemäß §9 Abs1 Z1 und 4 sowie §10 Abs1 Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40/1997 idgF. (in der Folge: BauPolG) iVm §24 Abs1 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998, LGBl. Nr. 44/1998 idgF. (in der Folge: ROG) und §2 Abs2 Bautechnikgesetz die Kenntnisnahme der erstatteten Bauanzeige. Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 9. Juli 2001 als unbegründet ab und bestätigte die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides, letzteren "mit der Maßgabe (...), dass im Spruchwortlaut die Wortfolge 'und §2 Abs2 Bautechnikgesetz (...)' entfällt".

1.2. In der Begründung führt die belangte Behörde aus, das Grundstück Nr. 387/3 sei im Flächenwidmungsplan 1997 (in der Folge: FlWP 1997) als "Grünland-Erholungsgebiete" (§19 Z3 ROG) ausgewiesen. Eine eingebrachte Bauanzeige sei gemäß §9 Abs1 iVm §10 Abs1 BauPolG zu versagen, wenn die bauliche Maßnahme vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unzulässig erscheine, so ua. (§9 Abs1 Z1 BauPolG), wenn die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan gegebenen Widmung widerspreche, sofern es sich nicht um eine im Einzelfall zulässige Verwendung (insb. §24 Abs3 und 8 ROG) handle. Eine raumordnungsmäßige Einzelbewilligung gemäß §24 Abs3 ROG liege unstrittig nicht vor - durch die vorliegende Einzelbewilligung gemäß §19 Abs3 ROG 1977 für den bestehenden Keller werde die neue bauliche Maßnahme keinesfalls ermöglicht. Das angezeigte Vorhaben stelle auch nicht gemäß §24 Abs8 ROG eine im Einzelfall zulässige Verwendung dar: Selbst wenn ein "Aufsetzen" einer oberirdischen Remise auf den bestehenden Keller noch als "Änderung" bzw. "Erweiterung" eines bestehenden Baues anzusehen sein sollte, wäre durch die Errichtung eines oberirdischen Baues in diesem durch oberirdische Bauten sonst noch unverbauten (Grünland-)Bereich "die festgelegte Nutzungsart als Grünland wesensgemäß wesentlich mehr als bisher beeinträchtigt." Letztlich sei auch die Frage, ob die beabsichtigte bauliche Maßnahme (Remise zur Unterstützung der gärtnerischen Nutzung) eine nutzungs- und widmungskonforme Maßnahme auf dem als "Grünland - Erholungsgebiete" gewidmeten Grundstück darstelle, zu verneinen: Die bloße Tätigkeit der gärtnerischen Nutzung werde durch diese Widmung zwar nicht unterbunden; die bauliche Maßnahme sei jedoch nicht "für die der Widmung entsprechende Nutzung notwendig" (§24 Abs2 erster Satz ROG), da für die gärtnerische Nutzung bereits der bestehende Keller zur Verfügung stehe. Deshalb sei die Bauanzeige zu versagen gewesen. Auch der Antrag auf Änderung der Bauplatzerklärung sei gemäß §14 Abs1 lita BGG abzuweisen gewesen, da die beabsichtigte Errichtung eines oberirdischen Baues dem Flächenwidmungsplan widersprechen würde.

2. Dagegen richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Magistratsdirektion der Stadt Salzburg legte die Akten betreffend das Zustandekommen des FlWP 1997 vor und erstattete eine Äußerung.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerdeführer behaupten insbesondere die Gesetzwidrigkeit der das Grundstück Nr. 387/3 betreffenden Festlegungen des FlWP 1997.

1.1. Aus den Akten betreffend das Zustandekommen des FlWP 1997 ergibt sich Folgendes:

1.1.1. Am 1. März 1994 machte der Bürgermeister gemäß §21 Abs1 in Verbindung mit §23 Abs3 ROG 1992 kund, dass eine Änderung des vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg am 29. April 1960 beschlossenen Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Salzburg, in der Fassung der 36. Änderung, für das gesamte Stadtgebiet beabsichtigt ist (Amtsblatt Nr. 5/1994 vom 15. März 1994). Mit Schreiben vom 17. November 1994 regten die nunmehrigen Beschwerdeführer die Umwidmung von Teilen der Grundstücke Nr. 387/6 und 387/3 entlang der Fischergasse im Ausmaß einer Bautiefe von Grünland in Bauland an. Diese Anregung begründeten sie mit der Absicht, einerseits eine Betriebsanlage für die angestrebte selbständige Berufstätigkeit des Zweitbeschwerdeführers und andererseits einen gemeinsamen Wohnraum für ihn und seine beiden Töchter zu schaffen.

In der fachlichen Beurteilung der Mag. Abt. 9/00-Raumplanung

u. Verkehr/Stadtentwicklungsplanung vom 1. April 1996 wurde im Hinblick auf mehrere Widersprüche zu den Zielsetzungen des Räumlichen Entwicklungskonzeptes 1994 (REK 1994) vorgeschlagen, diese Anregung bei der Neuaufstellung des Flächenwidmungsplanes nicht zu berücksichtigen.

Die Kundmachung der öffentlichen Auflage des Entwurfs des Flächenwidmungsplanes gemäß §21 Abs2 ROG 1992 erfolgte in der Zeit vom 16. Dezember 1996 bis 27. Jänner 1997 (Kundmachung Amtsblatt Nr. 22/1996 vom 2. Dezember 1996). In dem zur öffentlichen Einsicht aufgelegten Plan waren die Grundstücke Nr. 387/6 und 387/3 mit der Widmung "Grünland-Erholungsgebiete" (§19 Z3 ROG 1992) vorgesehen.

1.1.2. Am 22. Dezember 1996 erhoben die Beschwerdeführer unter Hinweis auf ihre Anregung gegen die beabsichtigte Widmung ihrer Grundstücke Einwendungen und beantragten, einen Teil der Grundstücke Nr. 387/6 und 387/3 im Ausmaß von 1800 m², in eventu einen 854,05 m² großen Teil des Grundstücks Nr. 387/3 in Bauland umzuwidmen.

Zusammenfassend stellte die Mag. Abt. 9/00 zur Einwendung der Beschwerdeführer fest, dass der Wunsch nach Umwidmung im Widerspruch zum REK 1994 stehe und daher aus fachlicher Sicht entschieden negativ beurteilt werde.

1.1.3. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg beschäftigte sich in seiner Sitzung vom 9. September 1997 mit der Einwendung der Beschwerdeführer und beschloss, der Einwendung durch Widmung eines Teils des Grundstücks Nr. 387/3 im Ausmaß von 857,1 m² in reines Wohngebiet stattzugeben. Als Begründung ist angeführt:

"REK Punkte A.3.1. (Stärkung der Wohnfunktion), A.3.4. (Sicherstellung von max. 115 ha Bauland), B.1.12. (ÖV-Anschluß bei der Standortwahl für Wohnnutzungen), B.6.4. (unten wiedergegeben), C.3.9.(Vertragliche Sicherung von Baulandflächen für den Wohnbau) und §2 Abs2 Z. 5 (Prinzip der gestreuten Schwerpunktbildung) und Z. 6 (Orientierung der Siedlungsentwicklung an Infrastruktureinrichtungen) ROG 1992."

1.1.4. Dieser (erste, vgl. den endgültigen Beschluss bei Punkt 1.1.5.) "Flächenwidmungsplan 1997" wurde vom Gemeinderat am 9. September 1997 beschlossen und am 1. Dezember 1997 gemäß §21 Abs1 ROG der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgelegt.

In einem Vermerk der Mag. Abt. 9/00 vom 1. April 1998 ist bezüglich des Grundstücks der Beschwerdeführer u.a. folgendes Ergebnis der aufsichtsbehördlichen Überprüfung festgehalten:

"Die beschlossene EW-Widmung ist hinsichtlich REK-Ziel B 6.4 fachlich nicht begründet und widerspricht überdies den Zielsetzungen des REK (§15 Abs1 ROG) hauptsächlich in den Punkten B 4.3; B 6.1; B 6.5; C 2.21).

Bei der gegenständlichen Fläche handelt es sich nicht um eine sinnvolle Arrondierung, sondern um den Beginn einer weiteren Verbauung jenseits der Aufschließungsstraße.

Zudem ist das Gebiet weder durch den öffentlichen Verkehr aufgeschlossen, noch hat es eine ausreichende soziale Infrastruktur und widerspricht daher deutlich dem Raumordnungsgrundsatz §2 Abs2 Z6 ROG. Weiters werden die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes (§2 Abs2 Z3 und 10 ROG) negativ berührt (Stellungnahme LUA und Naturschutz). Die Befolgung der Raumordnungsgrundsätze, welche Grundlage für jede raumplanerische Entscheidung zu sein haben, erfordert daher auch aus diesem Grund von der ggst. Widmung in Bauland abzusehen."

Im 2. Amtsbericht vom 30. April 1998 zu den Amtsberichten vom 25. April 1997 und vom 2. September 1997 ist unter Punkt 2.1. mit der Überschrift "Einwendungen mit deutlichem Widerspruch zu den Strukturverhältnissen ('potentielle aufsichtsbehördliche Versagungsgründe', Stellungnahme Pkt. 2.3.1.1.)" unter litb zur Einwendung der Beschwerdeführer festgehalten:

"Amtsvorschlag: Keine Berücksichtigung der Einwendung."

Am 20. Mai 1998 beschloss der Gemeinderat der Landeshauptstadt Salzburg eine Stellungnahme im aufsichtsbehördlichen Verfahren an die Landesregierung, in der er die Baulandwidmung des Grundstücks Nr. 387/3 u.a. folgendermaßen begründete:

"Die Ausweitung als Bauland widerspricht deshalb B 4.3., B 6.1. nicht, weil die Zielsetzung die Ausnahme bei vorhandener Infrastruktur vorsieht. Auf Grund der erteilten Baubewilligungen ist diese Ermöglichung der Bauführung auch zum Status quo im Sinne des Zieles B.6.5. einzustufen. Im übrigen liegt die Erreichbarkeit des öffentlichen Verkehrsmittels innerhalb der in D 3.7. festgelegten Entfernung. In Hinblick auf die bereits erteilten Bewilligungen und der o.a. Argumentation zu den einzelnen Zielen erscheint eine Berücksichtigung des Einspruches gerechtfertigt.

Durch die Übereinstimmung mit dem REK kann auch kein Widerspruch zu §15 Abs1 bzw. Abs2, Ziff. 3, 6 und 10 ROG erblickt werden."

1.1.5. Trotz dieser Stellungnahme trug der Gemeinderat der Meinung der Aufsichtsbehörde Rechnung und beschloss in seiner Sitzung vom 8. Juli 1998 gemäß §21 Abs5 ROG die Neuaufstellung des Flächenwidmungsplanes der Landeshauptstadt Salzburg (FlWP 1997), in der die Grundstücke der Beschwerdeführer als "Grünland - Erholungsgebiete" gewidmet sind.

Die Salzburger Landesregierung erteilte dem FlWP 1997 die aufsichtsbehördliche Genehmigung mit Bescheid vom 28. Juli 1998, Z7/03-1/01822/69-1998.

Der FlWP 1997 wurde gemäß §19 Abs1 des Salzburger Stadtrechts 1966 durch Auflegung zur öffentlichen Einsicht während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden des Magistrats kundgemacht (Amtsblatt Nr. 15/1998 vom 17. August 1998) und ist am 18. August 1998 in Kraft getreten.

2. Die Beschwerdeführer behaupten die Gesetzwidrigkeit der Grünlandwidmung ihres Grundstücks Nr. 387/3.

2.1.1. Die frühere Flächenwidmung habe keineswegs den strukturellen Gegebenheiten im Sinne des Raumordnungsgesetzes entsprochen, gemäß dem die Flächenwidmung die tatsächlichen und absehbaren Strukturverhältnisse zu berücksichtigen habe. Weder sei die mit der 12. Änderung des Flächenwidmungsplanes erfolgte Ausweisung als "Grünland-Wald" gerechtfertigt gewesen, da zum damaligen Zeitpunkt die Flächen der Schottergewinnung gedient hätten, noch treffe dies auf die Ausweisung als "Grünland-Erholungsgebiete" mit der 20. Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 1983 zu, die mit dem FlWP 1997 fortgeschrieben worden sei.

Die Voraussetzungen für die Widmung "Grünland-Erholungsgebiete" gemäß §19 Z3 ROG seien nicht gegeben, weil weder öffentliche Gärten oder Parkanlagen vorlägen, noch den Flächen eine sonstige Notwendigkeit für die Gesundheit und Erholung der Öffentlichkeit zukomme. Der Umstand, dass jede Gartenfläche geeignet sei, der notwendigen Erholung ihrer Eigentümer zu dienen, sei nicht als Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des §19 Z3 ROG einzuordnen.

Die dem Flächenwidmungplan anzulastende Rechtswidrigkeit liege nicht in der Änderung der Nutzungsart und Widmung, sondern darin, dass die für die Grundflächen fortgeschriebene Grünlandwidmung den Strukturgegebenheiten von vornherein widerspreche und daher gesetzwidrig sei.

2.1.2. Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Gemäß §2 Abs1 Z6 ROG hat die Raumordnung u.a. folgende Ziele zu verfolgen:

"6. Das Siedlungssystem soll derart entwickelt werden, daß die Bevölkerungsdichte eines Raumes mit seiner ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Einklang steht und daß eine bestmögliche Abstimmung der Standorte für Wohnen, wirtschaftliche Unternehmen und öffentliche Dienstleistungseinrichtungen sowie für Erholungsgebiete erreicht wird. (...)"

Gemäß §19 Z3 ROG gehören zum Grünland und "können besonders ausgewiesen werden:"

"3. Erholungsgebiete; das sind Flächen, die für öffentlich zugängliche Gärten und Parkanlagen sowie sonstige für die Gesundheit und Erholung notwendige Grünflächen bestimmt sind;"

Aus diesen beiden Bestimmungen ergibt sich, dass die Gemeinde bei Erstellung des Flächenwidmungsplanes innerhalb des Siedlungssystems durch Widmung entsprechend geeigneter Flächen Standorte für Erholungsgebiete sicherzustellen hat. Die Beschwerde bestreitet das Vorliegen der Voraussetzung der allgemeinen Zugänglichkeit des Grundstücks der Beschwerdeführer. Dass die Flächen bereits im Zeitpunkt der Widmung allgemein zugänglich sind und dass die Planungsmaßnahme in einer bestimmten Zeit verwirklicht werden muss, fordern die dargestellten Bestimmungen des ROG nicht. Die Widmung gemäß §19 Z3 ROG wird daher - die Eignung für den Widmungszweck vorausgesetzt - nicht gesetzwidrig, wenn der beabsichtigte Widmungszweck innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht erreicht wird (vgl. VfGH vom 29. November 2001, B1049/99, zu §19 Z5 ROG).

Die Beschwerde bestreitet auch das Vorliegen der zweiten Voraussetzung für die Widmung als Erholungsgebiet, nämlich, dass die Grundstücke der Beschwerdeführer für die Gesundheit und Erholung notwendig seien. In den fachlichen Stellungnahmen der Mag. Abt. 9/00 ist für den Verfassungsgerichtshof nachvollziehbar dargelegt, dass die Grundstücke im einzigen größeren als Erholungsgebiet geeigneten Gebiet zusammenhängender Grünflächen im Norden der Stadt liegen, sodass auch dieser Vorwurf ins Leere geht.

2.2. Die Beschwerde rügt weiters, dass der Fortschreibung der Widmung "Grünland-Erholungsgebiete" keine auf das konkrete Grundstück bezogene Grundlagenforschung vorangegangen sei. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich jedoch das Gegenteil. Denn die Mag. Abt. 9/00 hat auf Grund der Anregungen der Beschwerdeführer zur Umwidmung ihres Grundstückes mehrfach aus raumordnungsfachlicher Sicht zur Grünlandwidmung Stellung genommen, beispielsweise am 13. März 1995 (zum Entwurf des REK), in einem Schreiben an die Mag. Abt. 5/01 am 18. Jänner 1996, ferner zur Anregung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes und zu den Einwendungen der Beschwerdeführer gegen den Entwurf des Flächenwidmungsplanes, sodass nicht gesagt werden kann, der Beibehaltung der Widmung "Grünland-Erholungsgebiete" sei keine ausreichende Grundlagenforschung vorangegangen.

2.3. Die Beschwerde behauptet weiters, die Widmung widerspreche dem Gebot, auf die umliegende Bebauungsstruktur und Widmung (gemeint: vorhandene punktuelle Baulandwidmungen nördlich, südlich und westlich vom Grundstück der Beschwerdeführer) Bedacht zu nehmen. Dem ist entgegenzuhalten, dass in der raumordnungsfachlichen Beurteilung der Mag. Abt. 9/00 deutlich aufgezeigt wird, dass die als "Siedlungen im Landschaftsraum" definierten peripheren Baulandflächen sowie sonstigen Siedlungen bzw. Siedlungsteile im Grünland als Fehlentwicklungen einzustufen seien und nicht weiter ausgedehnt, erweitert oder verdichtet werden sollten (ausgenommen sinnvolle Arrondierungen bei vorhandener Infrastruktur). Es kann dem Verordnungsgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er die punktuellen Widmungen als Fehlentwicklungen beurteilt und solche in Zukunft verhindern will.

2.4. Weiters bringt die Beschwerde vor, die Gründe, die nach der Beschlussfassung auf Baulandwidmung schließlich wieder zur Grünlandwidmung geführt hätten, seien nicht dargelegt worden. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass die am 9. September 1997 - entgegen dem begründeten Amtsvorschlag - beschlossene Baulandwidmung nur durch eine allgemeine Verweisung auf Ziele des REK und des ROG 1992 (vgl. II. 1.1.3.) begründet wurde, wobei diese Begründung gleich lautend für mehrere Abweichungen vom Amtsvorschlag verwendet wurde, ohne dass auf die konkrete Situation der betroffenen Grundstücke eingegangen wurde. Dass in der Stellungnahme vom 20. Mai 1998 (vgl. II. 1.1.4.) die Baulandwidmung gegenüber der Aufsichtsbehörde verteidigt wurde, führt nicht dazu, dass ein in der Folge gefasster Beschluss auf Grünlandwidmung nicht nachvollziehbar dargelegt worden wäre. Der Gemeinderat hat sich vielmehr der - fachlich begründeten - Meinung der Aufsichtsbehörde angeschlossen, die nicht zuletzt auch den früheren Amtsvorschlägen entspricht.

2.5. Die Beschwerde rügt weiters, dass die so genannte "Absichtskundmachung" bereits vor der Beschlussfassung über das REK 1994 erfolgt sei. Die "Versteinerungs- oder Sperrwirkung der Absichtskundmachung" im Zusammenhalt mit den Entschädigungsregelungen - und damit die Ermöglichung gravierender Eigentumseingriffe über viele Jahre ohne Entschädigungsanspruch - dürfte nicht nach Belieben ausgelöst werden.

Dem ist zu entgegnen, dass die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Wirkungen der nach Meinung der Beschwerdeführer verfrühten "Absichtskundmachung" schon deshalb nicht eintreten können, weil der Ersatz vermögensrechtlicher Nachteile die Umwidmung von Bauland in Grünland oder Verkehrsfläche voraussetzen würde (vgl. §25 ROG). Das Grundstück der Beschwerdeführer war jedoch nie als Bauland gewidmet.

2.6. Schließlich sieht sich der Verfassungsgerichtshof veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

Bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer Planungsmaßnahme kommt es nicht darauf an, ob die vom Verordnungsgeber im Rahmen seines planerischen Gestaltungsspielraums getroffene Lösung die bestmögliche ist. Im Rahmen der Normenkontrolle gemäß Art139 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof nicht darüber zu befinden, welche der dem Verordnungsgeber im Rahmen des Gestaltungsspielraums offen stehenden Möglichkeiten die zweckmäßigste ist; sie muss (nur) mit dem Gesetz in Einklang stehen (VfSlg. 10.711/1985).

Gemäß §15 Abs1 ROG hat die Gemeinde den Flächenwidmungsplan auf der Grundlage des räumlichen Entwicklungskonzeptes aufzustellen.

Das Räumliche Entwicklungskonzept der Landeshauptstadt Salzburg vom 21. Februar 1996 ("REK 1994") enthält zur Grenzziehung Bauland-Grünland folgende Festlegungen im Kapitel "B.Freiraumkonzept":

"B.6.4. Als maximale Bauland-Grünland-Grenze soll im wesentlichen die Baulandgrenze des Flächenwidmungsplanes 1960 in der Fassung der 38. Änderung angesehen werden, wobei insbesondere die Abgrenzung der Deklaration 'Geschütztes Grünland' (die derzeit geltende Fassung wurde vom Gemeinderat am 18.8.1993 beschlossen) als Vorgabe dienen soll.

Geringfügige einmalige Änderungen (bis ca. 2.000 m²) unmittelbar im Anschluss an bebautes Bauland können vorgenommen werden, wenn die Änderung fachlich begründbar ist und grundsätzlich keinem anderen Entwicklungsziel oder -maßnahme des REK’s widerspricht (siehe C.1.9.)."

Allein diese aus dem REK 1994 ableitbare Zielsetzung reicht aus, die Beibehaltung der Grünlandwidmung der Grundstücke der Beschwerdeführer zu begründen. Dass der Verordnungsgeber von den in den Punkten B.6.4. und C.1.9. ermöglichten geringfügigen einmaligen Baulandwidmungen im Anschluss an bebautes Bauland keinen Gebrauch gemacht hat, liegt in seinem planerischen Gestaltungsspielraum und bewirkt keine Gesetzwidrigkeit der Widmung. Dazu kommt, dass dem Grundeigentümer kein Rechtsanspruch darauf zukommt, dass die Gemeinde diesen Fall als Fall der "Arrondierung" ansieht (vgl. VfGH B1008/99 und B2016/99 vom 29. November 2001).

3. Aus all diesen Gründen hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken ob der Festlegung der Nutzungsart "Grünland" und der Widmungsart "Erholungsgebiete" für die Grundstücke der Beschwerdeführer und sieht sich nicht veranlasst, ein Verfahren zur Prüfung des FlWP 1997 einzuleiten.

4. Schließlich behauptet die Beschwerde, die belangte Behörde habe §24 Abs2 ROG einen "Inhalt unterstellt, der die Regelung mit Verfassungswidrigkeit belastet". Denn aus der Sicht der im Zuge der Flächenwidmung zu wahrenden raumordnungsfachlichen Gesichtspunkte sei nicht erkennbar, warum ein Antragsteller beim selben Vorhaben allein deshalb, weil er die Flächen gewerblich nutzt, gegenüber einem Genehmigungswerber, der die selbe Nutzung, ohne gewerbliche Interessen zu verfolgen, bereits bisher vorgenommen hat und auch in Zukunft vornehmen wird, schlechter gestellt werden soll.

Gemäß §24 Abs2 ROG fallen unter die Beschränkungen des §24 Abs1 (Bewilligung nur in Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan) nicht Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen für Vorhaben im Grünland, welche für die der Widmung entsprechende Nutzung notwendig sind. Der belangten Behörde kann daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis kam, dass die beabsichtigte Maßnahme (Remise zur Unterstützung der gärtnerischen Nutzung) ein Vorhaben darstellt, das weder für öffentlich zugängliche Gärten und Parkanlagen bestimmt ist noch eine nutzungs- und widmungskonforme Maßnahme auf für die Gesundheit und Erholung notwendigen Grünflächen darstellt. Denn die von der Beschwerde behauptete Differenzierung hat die belangte Behörde nicht vorgenommen. Ob die Behörde im Übrigen das Gesetz richtig angewendet hat, ist nicht vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilen.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bauplatzgenehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1212.2001

Dokumentnummer

JFT_09979694_01B01212_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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