TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2005/06/0185

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/05 Wohnrecht Mietrecht;

Norm

BauRallg;
ROG Tir 1972 §16a idF 1983/088;
ROG Tir 1984 §16a Abs1 lita;
ROG Tir 1994 §16 Abs1;
ROG Tir 1997 §117 idF 2001/073;
ROG Tir 1997 §15 Abs1 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §16 Abs1 idF 1997/028;
ROG Tir 1997 §16 Abs3 idF 1997/028;
ROG Tir 2001 §115;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WEG 1975;
WEG 2002;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der

A A in V, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Dr. Anneliese Lindorfer und Mag. Dr. Bernhard Feichtner, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 9, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Mai 2005, Zl. Ve1-8- 1/208-1, betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Verwendung einer Wohnung als Zweitwohnsitz (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister,

2. I K in W, 3. F O in W, beide Letzteren vertreten durch Dr. Herbert Schöpf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 34, 4. M B in 1090 W, 5. R S in L und 6. Dr. S G in V, beide Letztere vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Dr. Anneliese Lindorfer und Mag. Dr. Bernhard Feichtner, wie oben, und 7. H B in W, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. November 1974 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem R. H. die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses auf den Grundstücken Nr. 197/1, .177 und .178 im Gemeindegebiet. Mit weiterem Bescheid vom 30. April 1975 erteilte der Bürgermeister dem selben Bauwerber die baubehördliche Genehmigung zum Umbau des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück Nr. .177. In der Folge wurden Auswechslungspläne vorgelegt, die mit Erledigung des Bürgermeisters vom 9. Oktober 1975 mit einem entsprechenden Genehmigungsvermerk versehen dem Bauwerber übermittelt wurden. In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich weiters eine Teilbenützungsbewilligung mit Bescheid vom 18. Dezember 1975 unter Zugrundelegung der am 9. Oktober 1975 genehmigten Austauschpläne (Anmerkung: Der Gebäudekomplex wird im Verwaltungsverfahren als ein Gebäude angesehen).

Im Laufe des Jahres 1994 wurden insgesamt 8 Wohnungen als Freizeitwohnsitze angemeldet (wobei die Beschwerdeführerin zwei Wohnungen anmeldete, nämlich Top 9 und Top 10; die zweit- bis siebentmitbeteiligten Parteien sind "Wohnungseigentümer" der weiteren angemeldeten Wohnungen).

Mit Erledigung vom 14. April 2003 (Verfahrensschritte zwischen dem Einlangen der Anmeldung der Beschwerdeführerin und dieser Erledigung sind nicht aktenkundig) teilte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin mit, sie habe mit Eingabe vom 23. Dezember 1994 die Wohnungen 9 und 10 als Freizeitwohnsitze angemeldet. Für das Gebäude bestehe eine Baubewilligung als Wohn- und Geschäftshaus vom 20. November 1974 bzw. 30. April 1975. Es handle sich um ein Wohnungseigentumsobjekt. Zum 31. Dezember 1993 hätten sich in dem Gebäude 17 Wohnungseigentumseinheiten befunden, für acht dieser Wohnungen sei jeweils ein Freizeitwohnsitz angemeldet. Außer Zweifel stehe, dass die Anmeldung der Beschwerdeführerin rechtzeitig im Sinne des § 16 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 TROG 1997 erfolgt sei. Nach Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes heißt es weiter, für die Verwendung des Gebäudes als Apartmenthaus hätte es einer entsprechenden Flächenwidmung bedurft, was aber nicht erfolgt sei. Demnach stehe die Verwendung der beiden Wohnungen zum Stichtag 31. Dezember 1993 im Widerspruch zur Flächenwidmung. Die Verwendung der Wohnungen als Freizeitwohnsitze sei demnach unzulässig.

Die Beschwerdeführerin widersprach dieser Auffassung mit Schriftsatz vom 7. Mai 2003.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Jänner 2004 gab die Beschwerdeführerin unter anderem bekannt, mit Wohnungseigentumsvertrag vom 28. August 1975 sei Wohnungseigentum begründet worden sei. Sie sei damals Eigentümerin bestimmter Anteile an dieser Liegenschaft gewesen. Der Vertrag unterscheide zwischen Alt- und Neubau. Ihre beiden Wohnungen befänden sich im

3. Obergeschoß des Altbaues. Sie habe die Wohnung Nr. 10 mit Vertrag vom 10. Juni 1975 erworben, die Wohnung Top 9 mit Vertrag vom 11. Juli 1977. Die ursprünglichen Bauparzellen Nr. 177 und Nr. 178 seien in der Folge im Jahr 1979 zur Bauparzelle Nr. 178 vereinigt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe "das gesamte Bauwerk längst bestanden". Sollte man entgegen ihrer Auffassung davon ausgehen, dass § 16a TROG 1984 hier anwendbar sei, sei zu bedenken, dass zwei getrennte Bauparzellen existiert hätten, die erst im Jahr 1979 vereinigt worden seien, sodass zum Zeitpunkt der Errichtung "jedenfalls pro Bauparzelle und 'Wohnblock' 3 Wohnungen als 'Freizeitwohnsitz' errichtet und verwendet werden" durften. Umso mehr seien ihre beiden Wohnungen abgesichert, die sich bekanntlich im Altbau befänden.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10. August 2004 stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde fest, dass die Wohnung Top 9 nicht als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe. Begründend heißt es, beim fraglichen Gebäudekomplex handle es sich um ein Wohnungseigentumsobjekt mit 17 Wohnungen. Für acht dieser Einheiten sei ein Freizeitwohnsitz angemeldet worden, sämtliche Feststellungsverfahren seien dazu anhängig. Auf der Liegenschaft EZ 780 habe sich bis zum Jahr 1975 ein Wohn- und Geschäftshaus befunden, in dem sich neben den Geschäftslokalen sechs Wohnungen befunden hätten, die nach Aussage des ursprünglichen Eigentümers R. H. als ordentliche Wohnsitze, demnach nicht als Freizeitwohnsitze genutzt worden seien. Auf Grund der Baubewilligungen vom 20. November 1974 und 30. April 1975 sei das bestehende Gebäude auf dem Grundstück Nr. .178 aufgestockt und gleichzeitig auf dem Grundstück Nr. .177 ein Wohn- und Geschäftshaus als Neubau errichtet worden. Die Gebäude seien aneinander gebaut und im First zusammengebaut. In der Aufstockung des Altbestandes seien 4 Wohnungen untergebracht worden, im Neubau befänden sich die Wohnungen Nr. 11 bis 17. Auf der "Gesamtliegenschaft" sei mit Wohnungseigentumsvertrag vom August 1975 bzw. mit einem näher bezeichneten Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes vom 28. August 1975 Wohnungseigentum begründet worden. Das Bauvorhaben sei Mitte Juli 1975 fertig gestellt worden. Die Wohnung Top 9 sei im Zuge des genannten Dachgeschossausbaues beim bestehenden Gebäude errichtet und von der Beschwerdeführerin mit dem Kaufvertrag vom 11. Juli 1977 erworben worden. Das Vorbringen, dass es sich bei dieser Wohnung um eine Altbauwohnung handle, die in der Zeit vor dem Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 70/1973 errichtet worden sei, sei unzutreffend. Nach Rechtsausführungen heißt es weiter, unbestritten sei im Beschwerdefall, dass eine Flächenwidmung als Apartmenthaus nicht vorgelegen sei. Entsprechend der Baubewilligung befänden sich im gegenständlichen Objekt insgesamt 17 Wohnungen (also mehr als drei) und es dienten acht dieser Wohnungen nach dem eigenen Vorbringen der (verschiedenen) Verfügungsberechtigten in ihren Anmeldungen als Freizeitwohnsitze nicht ständig der Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes. Im gegenständlichen Fall sei daher davon auszugehen, dass die Verwendung als Freizeitwohnsitz widmungswidrig erfolgt sei, weil für die Verwendung als Apartmenthaus die Sonderflächenwidmung nicht vorgelegen sei. Damit hätten diese als Freizeitwohnsitze verwendeten Wohnungen zum Stichtag 31. Dezember 1993 nicht den damals geltenden raumordnungsrechtlichen Vorschriften entsprochen.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/06/0018) genüge es, dass die Baubewilligung die Verwendung als Freizeitwohnsitz mitumfasse. Ein Apartmenthaus liege nur dann vor, wenn in einem Gebäude mehr als drei Wohneinheiten nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfes dienten, sondern als Aufenthalt während des Urlaubes, der Ferien oder nur zeitweilig als Zweitwohnsitz benützt werden sollten. Nach dieser Regelung sei lediglich die Errichtung von mehr als drei solcher Wohnungen verboten gewesen. Daraus könne aber für jeweils drei von mehreren Wohnungen in einem Gebäude kein Verbot einer Freizeitwohnsitznutzung in einer Baubewilligung, mit der ein Wohnhaus mit mehr als drei Wohnungen im Jahr 1974 bewilligt worden sei, abgeleitet werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. April 2000, Zl. 98/06/0135, ausgeführt habe, habe die Behörde die Parteien auf diese Auslegung des Baubewilligungsbescheides hinzuweisen und sie aufzufordern, bekannt zu geben, in Bezug auf welche drei Wohnungen des Hauses diese uneingeschränkte Nutzung als Freizeitwohnsitz angenommen werden solle. Für die übrigen Wohnungen ergebe sich daraus als Folge, dass sie auf Grund des sich aus der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes nur der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen dürften.

Hier gingen sämtliche betroffenen Wohnungseigentümer davon aus, dass ihrer Wohnung Freizeitwohnsitzeigenschaft zukomme. Nachdem dies auf Grund der zuvor dargelegten Rechtslage nicht zutreffe, sei die Festlegung, welche drei von insgesamt acht Wohnungen als Freizeitwohnsitze weiterhin verwendet werden dürften, von der Behörde vorzunehmen. Nach dem zuvor genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 98/06/0135) sei dabei auf die zeitliche Rangfolge der Anmeldungen abzustellen. Diese stelle sich hier folgendermaßen dar (es folgt eine Auflistung, an erster Stelle steht die Wohnung der siebentmitbeteiligten Partei, an zweiter Stelle die Wohnung der viertmitbeteiligten Partei, an dritter Stelle die Beschwerdeführerin mit ihren beiden Wohnungen). Es sei somit davon auszugehen, dass die beiden ersten zuvor angeführten Freizeitwohnsitze als solche festzustellen sein würden, während als dritter in der zeitlichen Rangfolge des Einlangens vier Wohnungen zeitgleich am 23. Dezember 1994 angemeldet worden seien. Hier werde das im Grundbuch eingetragene Datum des Erwerbes der jeweiligen Wohnung durch die Eigentümer bzw. Verfügungsberechtigten zur Festlegung einer Rangfolge herangezogen. Von den acht angemeldeten Wohnungen sei die Wohnung Top 10 der Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom 10. Juni 1975 erworben worden. Sämtliche anderen angemeldeten Wohnungen seien zu einem späteren Zeitpunkt erworben worden und dürften dementsprechend nur mehr zur Deckung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses dienen.

Mit dem weiteren erstinstanzlichen Bescheid vom 16. August 2004 stellte der Bürgermeister fest, dass die Wohnung Top 10 der Beschwerdeführerin weiterhin als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe (vergleichbare positive Bescheide ergingen hinsichtlich der Wohnungen der siebentmitbeteiligten Partei und der Wohnung der viertmitbeteiligten Partei; im Übrigen ergingen abweisliche Bescheide).

Die Beschwerdeführerin erhob gegen den abweislichen Bescheid vom 10. August 2004 Berufung. In einer Ergänzung zur Berufung führte sie aus, sie habe die beiden Einheiten von Beginn an als Freizeitwohnsitz genutzt. An sich habe es sich nur um den Erwerb einer einzigen Einheit gehandelt. Bei der Vertragsabwicklung sei allerdings ein Fehler passiert, sodass der kleinere Teil der Wohnung, später offensichtlich als Top 9 bezeichnet, durch einen gesonderten Vertrag "formal dazu erworben" worden sei. Dies ändere nichts daran, dass es sich an sich um eine einzige Wohnungseinheit gehandelt habe und lediglich durch eine irrtümliche Vertragsabfassung zwei Verträge notwendig geworden seien.

Mit dem Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. November 2004 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, wobei die Berufungsbehörde im Wesentlichen die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wiederholte.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung, die mit dem nun angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammenfassend schloss sich die belangte Behörde der Auffassung der Gemeindebehörden an.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die Zweit-, Dritt-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführerin eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die siebentmitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der 1. Raumordnungsgesetz-Novelle vom 11. Juli 1973, LGBl. Nr. 70, die am 22. September 1973 in Kraft trat, war nach § 16 des damaligen Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 10/1972 (TROG 1972), ein neuer § 16a "Sonderflächen für Apartmenthäuser, Feriendörfer und Wochenendsiedlungen" eingefügt worden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen durften Apartmenthäuser nur auf entsprechend gewidmeten Sonderflächen errichtet werden; nach Abs. 3 war ein "Apartmenthaus" ein Gebäude mit mehr als drei Wohneinheiten, von dem auf Grund seiner Lage, seiner Ausgestaltung oder auf Grund der vorgesehenen Eigentums- oder Bestandverhältnisse anzunehmen war, dass es nicht der Deckung eines ganzjährigen Wohnungsbedarfes dienen, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benüzt werden solle. Als Apartmenthaus war ein Gebäude jedoch dann nicht anzusehen, wenn es als Gastgewerbebetrieb geführt wurde und die für diesen Zweck erforderlichen Einrichtungen aufwies.

§ 16a wurde in der Folge durch die Novelle LGBl. Nr. 63/1976 geändert und durch die Novelle LGBl. Nr. 88/1983 neu gefasst; schließlich wurde das TROG 1972 mit LGBl. Nr. 4/1984 als TROG 1984 wiederverlautbart. Nach § 16a Abs. 1 lit. a TROG 1984 sind "Apartmenthäuser" Gebäude, in denen mehr als drei Wohnungen nicht ständig der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen, sondern überwiegend als Aufenthalt während des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder sonst nur zeitweilig als Zweitwohnstätte benützt werden sollen.

§ 16 Abs. 1 des am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993 (TROG 1994), ordnete, soweit hier erheblich, an, dass Freitzeitwohnsitze (grundsätzlich) innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten dieses Gesetzes beim Bürgermeister anzumelden waren.

An die Stelle des TROG 1994 trat das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1997 (TROG 1997), das in der Folge als Tiroler Raumordnungsgesetz 2001, LGBl. Nr. 93 (TROG 2001), wiederverlautbart wurde.

§ 115 TROG 2001 (vor der Wiederverlautbarung: § 117 TROG 1997 idF LGBl. Nr. 73/2001) bestimmt, dass die am 30. September 2001 anhängigen Verfahren über die Anmeldung von Freizeitwohnsitzen "nach § 16 dieses Gesetzes in der Fassung des Gesetzes LGBl.

Nr. 28/1997 weiterzuführen" sind.

     § 16 Abs. 1 TROG 1997 in der Fassung LGBl. Nr. 28/1997 sieht

Folgendes vor:

     "Wohnsitze,

a) die am 31. Dezember 1993 nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften rechtmäßig als Freizeitwohnsitze verwendet worden sind oder bei denen sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt und

b) die weiterhin als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen,

können vom Eigentümer oder vom sonst hierüber Verfügungsberechtigten noch bis zum 31. Dezember 1998 beim Bürgermeister angemeldet werden, wenn er glaubhaft macht, dass er von der Anmeldepflicht nach § 16 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 nicht oder erst innerhalb von sechs Monaten vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes Kenntnis erlangt hat. Der betreffende Wohnsitz ist innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis der Anmeldepflicht anzumelden."

Gemäß § 16 Abs. 3 TROG 1997 in der angeführten Fassung hat "der Bürgermeister auf Grund der Anmeldung eines Freizeitwohnsitzes mit schriftlichem Bescheid festzustellen, ob der betreffende Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet werden darf. Die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz ist festzustellen, wenn die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist und eine der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. a vorliegt. Andernfalls ist die Unzulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz festzustellen. Bescheide über die Zulässigkeit der Verwendung eines Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz haben die Angaben nach Abs. 2 lit. a bis d zu enthalten. Parteien des Verfahrens sind der Eigentümer des Wohnsitzes und der sonst hierüber Verfügungsberechtigte."

Nach § 15 Abs. 1 TROG 1997 idF LGBl. Nr. 28/1997 sind "Freizeitwohnsitze", soweit hier erheblich, Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden.

Es trifft zu, dass die Baubewilligungen vom 20. November 1974 und 30. April 1975 (wie auch die Erledigung vom 9. Oktober 1975) keine ausdrückliche Aussage dahin treffen, dass die Nutzung bestimmter oder aller Wohnungen als Freizeitwohnsitze zulässig oder unzulässig wäre. Das bedeutet aber nicht, dass (allein) deshalb die Benutzung der Wohnungen als Freizeitwohnsitz zulässig wäre. Eine Baubewilligung, die zur Freizeitwohnsitznutzung nichts Explizites enthält, muss im Sinne der raumordnungsrechtlichen Vorschriften ausgelegt werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2005/06/0262, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135). Schon zum Zeitpunkt der Erteilung der ersten hier genannten Baubewilligung vom 20. November 1974 hätte es aber zur Errichtung eines Apartmenthauses (gemäß der schon im September 1973 in Kraft getretenen 1. Raumordnungsgesetz-Novelle, LGBl. Nr. 70/1973) einer entsprechenden Flächenwidmung als Apartmenthaus bedurft.

In dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, hat der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten, dass die dortige beschwerdeführende Partei, die Grundeigentümerin und Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Hauses war, auf die Auslegung des Baubewilligungsbescheides im Lichte der raumordnungsrechtlichen Regelung betreffend Apartmenthäuser in § 16a TROG 1984, wonach nur drei Wohnungen auch als Freizeitwohnsitz genutzt werden dürften, hingewiesen und weiters aufgefordert hätte werden müssen, bekannt zu geben, in Bezug auf welche drei Wohnungen des Hauses diese uneingeschränkte Nutzung als Wohnung angenommen werden solle. Der Verwaltungsgerichtshof ist dabei davon ausgegangen, dass die Frage, welche drei Wohnungen in einem Gebäude mit über drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze benutzt werden, vom Eigentümer des Gebäudes zu entscheiden ist.

Hier handelt es sich um einen Gebäudekomplex, an welchem Wohnungseigentum begründet wurde; er steht im Eigentum zahlreicher Personen. Es wären daher sämtliche Miteigentümer von der belangten Behörde einzubeziehen gewesen, was nur unzureichend erfolgte. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu in seinem zwischenzeitig (nach Beschwerdeerhebung im vorliegenden Fall) ergangenen Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2004/06/0143, in einem insofern rechtlich gleichgelagerten Fall Stellung genommen (auf dieses Erkenntnis kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden). Übertragen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die Behörden auf die Auslegung des Baubewilligungsbescheides dahingehend hätten hinweisen müssen, dass nur für drei der Wohnungen eine Freizeitwohnsitznutzung zulässig sei (dies unter der Annahme, dass es sich hier um ein Gebäude handelt). Ein solcher Hinweis ist im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren nicht erfolgt, allerdings tritt diese Auffassung der Behörden in weiterer Folge deutlich zutage und es lässt das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auch erkennen, dass sie in Kenntnis dieser Auffassung war. Allerdings hätten die Miteigentümer gefragt werden müssen, ob sie über diese Zuordnung ein Einvernehmen erzielen könnten, das den Behörden mitzuteilen wäre. Eine solche Befragung hat aber nicht stattgefunden. Die im Sachverhalt wiedergegebenen Mitteilungen der Baubehörde an die Beschwerdeführerin enthalten vor allem keinen Hinweis darauf, dass es zunächst in der Handhabung der Miteigentümer der Liegenschaft läge, einvernehmlich die Zuordnung von drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze zu treffen. Für eine solche gelungene Einigung gibt es auch keinerlei Hinweise. Eine Entscheidung der Baubehörde über die Zuordnung jener Wohnungen, die als Freizeitwohnsitze genutzt werden dürfen, kommt aber erst dann in Betracht, wenn eine entsprechende Anfrage an alle Miteigentümer das Ergebnis brachte, dass über die Festlegung von drei Wohnungen zur Freizeitwohnsitzung kein Einvernehmen vorliege.

Schon deshalb war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Ergänzend ist noch auf Folgendes zu verweisen: Der Begriff des "Apartmenthauses" war, wie sich aus § 16a TROG 1972 ergibt, nicht grundstücksbezogen, sondern gebäudebezogen. Demnach ist der Umstand, dass, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, die Bauparzellen Nr. 177 und Nr. 178 im Jahr 1979 vereinigt wurden, aus diesem Gesichtspunkt irrelevant und das bedeutet demnach insbesondere nicht, dass vor der Grundstücksvereinigung im Jahr 1979 drei Freizeitwohnsitze pro Grundstück, demnach insgesamt sechs zulässig gewesen wären. Es bleibt der Beschwerdeführerin unbenommen, im weiteren Verwaltungsverfahren darzulegen, dass hier zwei (selbständige) Gebäude in dem Sinn gegeben wären, dass in jedem drei Wohnungen als Freizeitwohnsitze verwendet werden dürften (nach den Plänen und sonstigen Unterlagen, insbesondere in Verbindung mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Wohnungseigentumsvertrag, ist allerdings davon auszugehen, dass die Wohnung der Beschwerdeführerin Top 10 sowohl im sogenannten "Altbau" als auch im sogenannten "Neubau" liegt), wie auch, dass es sich bei ihren beiden Wohnungen Top 9 und 10 um eine Wohnung handelt, dh., sie (zulässigerweise) eine Einheit bilden sollten.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060185.X00

Im RIS seit

28.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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