TE Vwgh Erkenntnis 2006/7/6 2005/07/0030

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2006
beobachten
merken

Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AVG §8;
FlVfGG §11 Abs1;
FlVfGG §11 Abs3;
FlVfGG §11;
FlVfGG §13;
FlVfGG §4;
FlVfLG Tir 1996 §20 Abs2;
FlVfLG Tir 1996 §20 Abs9;
FlVfLG Tir 1996 §22 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §24 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §24 Abs4;
FlVfLG Tir 1996 §24;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Clup, über die Beschwerde 1.) der Gemeinde U und 2.) des HL in U, beide vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 15. November 2004, Zl. LAS-626/22-00, betreffend Zusammenlegung M, Durchführung vorläufiger Geldausgleiche, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit mit ihm Spruchpunkt B des Bescheides des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 6. April 2004 betreffend die vorläufigen Geldausgleiche der Beschwerdeführer aufgehoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Verordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 14. Dezember 1993 wurde das Verfahren zur Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke von M in der Katastralgemeinde U eingeleitet. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von Grundstücken, die in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen wurden.

In Sitzungen vom 31. Juli 1995 und vom 18. Mai 2000 wurden vom Ausschuss der Zusammenlegungsgemeinschaft M der Geldwert eines Wertpunktes mit S 10.000,--, der Geldausgleich im Bauland mit S 800,--/m2 und für Wege im Bauland mit S 400,--/m2 (jeweils wertgesichert) festgelegt. In der Ausschusssitzung vom 10. März 2004 bestand laut Niederschrift der AB "Einvernehmen, dass für alle Fälle im Verfahren wie z.B. beim Einkauf, bei der Geldabfindung, beim Geldausgleich u.a. Situationen mehr der einheitliche Punktewert von EUR 818,34 zum Tragen kommt." Ein förmlicher Beschluss wurde nicht gefasst.

Im Jahr 1996 waren Besitzstandsausweis und Bewertungsplan aufgelegt worden, welche in Rechtskraft erwachsen sind. Ein im Jahr 2004 aufgelegter Nach- und Neubewertungsplan einzelner Grundflächen ist ebenfalls in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheiden in den Jahren 1997, 1999, 2000 und zuletzt 2002 wurden Pläne der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen in vier Teilbereichen erlassen.

Die Anordnung der vorläufigen Übernahme der neu eingeteilten Feldflur erfolgte in Teilschritten (Bescheid vom 25. Februar 1998:

Teilbereich G 2, Bescheid vom 7. Dezember 1998: Teilbereich R, Bescheid vom 4. Mai 2001: Teilbereich G 3, Bescheid vom 13. März 2002: Teilbereich L).

In der Zeit vom 9. März bis 1. April 2004 fanden im Gemeindeamt U hinsichtlich einer weiteren Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen Anhörungen statt.

Mit dem durch Auflage zur allgemeinen Einsicht ab 15. April 2004 durch zwei Wochen im Gemeindeamt U erlassenen Bescheid der AB vom 6. April 2004 wurden im Spruchpunkt A die vorläufige Übernahme von Grundabfindungen im Zusammenlegungsverfahren M - wie im Lageplan der Abteilung Bodenordnung vom 2. April 2004 dargestellt - angeordnet, ausgenommen jene Teilbereiche des Zusammenlegungsgebietes, für die bereits die vorläufige Übernahme angeordnet worden war, und Übergangsverfügungen getroffen, um einen angemessenen Übergang in die neue Gestaltung des Grundbesitzes zu gewährleisten.

Im Spruchpunkt B wurde die Durchführung vorläufiger Geldausgleiche nach Maßgabe der Aufstellung der Abteilung Bodenordnung zu GZ IIId3-1487/1079 und AgrB-ZH373/850- 2004 verfügt.

Im Spruchpunkt C wurde schließlich einer gegen diesen Bescheid (Spruchpunkte A und B) eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Spruchpunkt B verfügte hinsichtlich der erstbeschwerdeführenden Gemeinde eine Zahlungsverpflichtung an die Zusammenlegungsgemeinschaft, hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers hingegen eine Zahlungsverpflichtung der Zusammenlegungsgemeinschaft an diesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben einzelne Verfahrensparteien, nicht jedoch die beiden Beschwerdeführer, Berufung.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch eine örtliche Erhebung am 20. September 2004 und gab mit dem angefochtenen Bescheid den Berufungen dahingehend Folge, dass Spruchpunkt B zur Gänze und Spruchpunkt C insoweit aufgehoben wurde, als damit die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen Spruchpunkt B ausgeschlossen wurde. Die Berufungen gegen Spruchpunkt A wurden als unbegründet abgewiesen.

Zu Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 24 Abs. 4 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996 (TFLG 1996) aus, dass sich aus der Systematik des § 24 ergebe, dass die Anordnung der Durchführung vorläufiger Geldabfindungen, Geldentschädigungen und Geldausgleiche nach Abs. 4 mit der Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen nach Abs. 1 eng verknüpft sei. Wenn die vorläufige Übernahme gemäß § 24 Abs. 2 TFLG 1996 auf einen Teil des Zusammenlegungsgebietes beschränkt werde, müsse demnach auch die Anordnung nach Abs. 4 auf diese Gebietsteile beschränkt sein. Spruchpunkt A habe die vorläufige Übernahme nur in einem Teil des Zusammenlegungsgebietes angeordnet, die Anordnung des Spruchpunktes B gelte jedoch auch für jene Gebietsteile, in denen bereits früher die vorläufige Übernahme angeordnet worden sei. Diese Vorgangsweise sei gesetzlich nicht gedeckt. Dazu komme, dass jene Parteien, denen gegenüber früher die vorläufige Übernahme angeordnet worden sei, von der Auflage des Bescheides der AB vom 6. April 2004, dessen Spruchpunkte B und C auch sie beträfen, nicht verständigt worden und daher hinsichtlich dieses Bescheides übergangene Parteien seien.

Die endgültige Regelung von Geldabfindungen, Geldentschädigungen und Geldausgleichen habe im (erst noch zu erlassenden) Zusammenlegungsplan zu erfolgen. Nach § 23 Abs. 2 lit. b TFLG 1996 habe die einen Bestandteil des Zusammenlegungsplanes bildende Abfindungsberechnung unter Z. 6 insbesondere allfällige Geldausgleiche (§ 20 Abs. 9), Geldabfindungen (§ 20 Abs. 2), Geldleistungen (§ 20 Abs. 3) und Geldentschädigungen (§ 22 Abs. 5) zu enthalten. Der Vergleich dieser Bestimmung mit § 24 Abs. 4 TFLG 1996 zeige, dass mit einem auf § 24 Abs. 4 leg. cit. gestützten Bescheid aus Anlass der Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen die Durchführung vorläufiger Geldleistungen (§ 20 Abs. 3) nicht angeordnet werden könne.

Geldleistungen würden im Gesetz als Regelungsinhalt des Zusammenlegungsplanes, nicht aber auch als Bestandteil eines auf Grundlage des § 24 Abs. 4 leg. cit. erlassenen Bescheides genannt. Aus Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides gehe hervor, dass mit der Durchführung von vorläufigen Geldausgleichen auch Geldleistungen für Mehrabfindungen (folge man der Begründung des in Berufung bezogenen Bescheides "vor allem auch Geldleistungen für Abfindungen, d.h. Landzulagen") mit 30. April 2004 zur Zahlung fällig vorgeschrieben worden seien. Geldleistungen seien für Mehrabfindungen, so genannte Landzulagen, die über mehr als 5 % des Wertes des Abfindungsanspruches hinausgingen, zu erbringen, während mit einem Geldausgleich der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch und dem Wert der Grundabfindung, wenn dieser bis zu 5 % +/- des Wertes des Abfindungsanspruches betrage, ausgeglichen werde.

Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 20 Abs. 2, 3 und 4 TFLG 1996 nahm die belangte Behörde auf die einzelnen Berufungen Bezug und führte mit näherer Begründung aus, warum die Zugrundelegung des höheren Punktewertes (von EUR 818,34) im angefochtenen Bescheid zu Unrecht erfolgt sei. In weiterer Folge erläuterte die belangte Behörde die Ermittlungsmodalitäten hinsichtlich des Punktwertes von EUR 525,-- und meinte weiter, für die so genannte Landzulage sei ein erst später (nach Erlassung der Bewertungsplanes) festzulegender Punktewert unter Berücksichtigung der Aufwendungen für durchgeführte Verbesserungsmaßnahmen zu ermitteln. Die im Zusammenlegungsverfahren eingesetzten öffentlichen Mittel des Landes, des Bundes und der EU seien ausschließlich widmungsgemäß, das heiße im Sinne der Zielsetzungen des TFLG 1996 in Verbindung mit den Förderrichtlinien des Ministeriums bzw. der EU zu verwenden. In dieser Sonderrichtlinie seien als Begünstigte ausschließlich Bewirtschafter landwirtschaftlicher Betriebe bzw. deren Zusammenschlüsse angeführt, Gemeinden als Begünstigte seien dezidiert ausgeschlossen. Das Festhalten am Verkehrswert und die Ablehnung eines reduzierten Punktewertes widersprächen den Bestimmungen der für die Gewährung der öffentlichen Mittel maßgeblichen Förderrichtlinien. Daher könne nur der reduzierte Punktewert relevant sein.

Unter Bezugnahme auf konkret genannte Berufungswerber meinte die belangte Behörde unter Wiederholung ihrer zuerst bereits dargelegten rechtlichen Begründung, die gegenüber diesen Berufungswerbern erfolgte Vorschreibung von Geldleistungen im Sinne des § 20 Abs. 3 TFLG 1996 seien durch den im angefochtenen Bescheid als angewendete Gesetzesbestimmung angeführten § 24 Abs. 4 TFLG 1996 nicht gedeckt bzw. könne sich die Vorschreibung eines Geldausgleiches für eine Mehrabfindung im Bauland auf eine bestimmte Berufungswerberin schon deshalb nicht beziehen, weil sie von der mit Spruchpunkt A angeordneten vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen nicht betroffen sei. Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, dass der Spruchpunkt B in mehrfacher Hinsicht gesetzwidrig und daher aufzuheben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Gemeinde und des Zweitbeschwerdeführers. Sie fechten den Bescheid der belangten Behörde insofern an, als dadurch die von der AB den Parteien aufgetragenen Zahlungen an die Zusammenlegungsgemeinschaft bzw. die von der AB angeordnete Zahlung der Zusammenlegungsgemeinschaft an den Zweitbeschwerdeführer aufgehoben wurden und als die im angefochtenen Bescheid geäußerte Rechtsansicht der belangten Behörde hinsichtlich der richtigen Ermittlung der Punktewerte dem weiteren Verfahren bindend zu Grunde zu legen sei.

Daraus ergibt sich, dass Gegenstand der vorliegenden Beschwerde allein die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Aufhebung des Spruchpunktes B des Bescheides der AB vom 6. April 2004 ist.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem Bescheid der AB vom 6. April 2004 wurden als "vorläufige Geldausgleiche" bezeichnete vorläufige Zahlungen an die Zusammenlegungsgemeinschaft bzw. von dieser an einzelne Parteien verfügt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Spruchteil gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben, womit alle vorläufigen Zahlungspflichten bzw. -ansprüche entfielen.

§ 24 TFLG 1996 lautet:

"§ 24

Vorläufige Übernahme

(1) Die Agrarbehörde kann nach der Erlassung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen und vor dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes, unbeschadet des Rechtes zur Berufung gegen diese Bescheide, die vorläufige Übernahme von Grundabfindungen anordnen, wenn

1. dies zur zweckmäßigen Bewirtschaftung des Zusammenlegungsgebietes erforderlich ist,

2. der Besitzstandsausweis und der Bewertungsplan bereits in Rechtskraft erwachsen sind,

3. die Bewirtschaftung der zu übernehmenden Grundabfindungen möglich ist,

4. die Agrarbehörde die zu übernehmenden Grundabfindungen in der Natur abgesteckt, jeder Partei erläutert und auf deren Verlangen anhand eines Lageplanes und in der Natur vorgezeigt sowie der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat und

5. mindestens zwei Drittel der Parteien, die Grundabfindungen übernehmen sollen, der vorläufigen Übernahme zugestimmt haben; wer keine Erklärung abgibt, hat als zustimmend zu gelten.

(2) Die vorläufige Übernahme kann auch auf Teile des Zusammenlegungsgebietes beschränkt werden.

(3) Mit der Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen geht das Eigentum an den Grundabfindungen auf den Übernehmer unter der auflösenden Bedingung über, dass es mit dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes erlischt, soweit dieser die Grundabfindung einer anderen Partei zuweist.

(4) Die Agrarbehörde kann auch die Durchführung vorläufiger Geldabfindungen, Geldentschädigungen und Geldausgleiche anordnen.

(5) Die Übernahme der Grundabfindungen ist, sofern keine Vereinbarung zwischen dem Übernehmer und dem bisherigen Eigentümer zustande kommt, mit Rücksicht auf die klimatischen und ortsüblichen Arbeitsbedingungen so festzulegen, dass nach bautechnischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine bestmögliche Bewirtschaftung der Grundabfindungen gewährleistet wird."

§ 24 TFLG 1996 regelt im stufenförmigen Aufbau des Zusammenlegungsverfahrens einen möglichen Zwischenschritt. Wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 bis 5 des § 24 leg. cit. vorliegen, kann die Agrarbehörde die vorläufige Übernahme bzw. die Durchführung vorläufiger Geldabfindungen, -entschädigungen und - ausgleiche anordnen. Eine Verpflichtung der Behörde zur Vornahme dieser Schritte ist aber nirgends festgelegt; es steht keiner Partei eines Zusammenlegungsverfahrens ein Anspruch darauf zu, dass die Behörde diese vorläufigen Maßnahmen setzt.

Im Zusammenhang mit der Anordnung dieser vorläufigen Schritte besteht lediglich ein Recht der Verfahrensparteien darauf, dass nicht ohne Vorliegen der genannten Voraussetzungen eine vorläufige Übernahme angeordnet wird (vgl. für viele die zur vorläufigen Übernahme ergangenen hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, 2004/07/0168 und vom 19. Mai 1994, 93/07/0008). Für die Anordnung der Durchführung vorläufiger Zahlungen im Sinne des § 24 Abs. 4 TFLG 1996 gilt nichts anderes.

Ausgehend davon, dass die Parteien eines Zusammenlegungsverfahrens keinen Anspruch auf die Durchführung vorläufiger Geldabfindungen, -entschädigungen und -ausgleiche etc. im Sinne des § 24 Abs. 4 TFLG 1996 haben, läge daher die Schlussfolgerung nahe, dass die Beschwerdeführer durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Behebung eines Bescheides, mit dem die Durchführung dieser vorläufigen Zahlungen aufgetragen wurde, nicht in ihren Rechten verletzt wurden.

Diese Schlussfolgerung trifft allerdings dann nicht zu, wenn die Beschwerdeführer aus dem Bescheid der AB (Spruchteil B) vom 6. April 2004 bereits Rechte ableiten konnten (vgl. das zu einer ähnlichen Fallgestaltung nach dem Salzburger Naturschutzgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1992, 91/10/0127). Diesfalls bewirkte die Aufhebung des Bescheides der AB eine Verletzung ihrer Rechte.

Zur Erinnerung sei angesichts der hier vorliegende Verfahrenskonstellation hervorgehoben, dass Spruchpunkt B des Bescheides der AB von den Beschwerdeführern nicht angefochten, dieser Spruchpunkt aber auf Grund der Berufungen anderer Verfahrensparteien gemäß § 66 Abs. 4 AVG zur Gänze behoben wurde.

Spruchpunkt B des Bescheides der AB sprach hinsichtlich der einzelnen Verfahrensparteien jeweils unterschiedlich und getrennt dahingehend ab, als Verpflichtungen zur Zahlung bzw. Berechtigungen zum Erhalt bestimmter Zahlungen ausgesprochen wurden. Eine Untrennbarkeit dieser einzelnen (vorläufigen) Zusprüche bzw. Verpflichtungen des Spruchpunktes B in Hinblick auf die betroffenen Parteien ist weder zu erkennen noch findet sich eine dahin gehende Begründung im angefochtenen Bescheid.

Das bedeutet aber, dass der Bescheid der AB vom 6. April 2004, der gegenüber den Beschwerdeführern - im Gegensatz zu anderen Parteien des Verfahrens - auch ergangen ist, diesen gegenüber (dh. hinsichtlich der aufgetragenen bzw. einforderbaren vorläufigen Leistungen gegenüber der Zusammenlegungsgemeinschaft) rechtskräftig wurde. Die Berufungen anderer Verfahrensparteien wandten sich gegen die sie betreffenden Teile des Spruchpunktes B und verhinderten nur in diesem Umfang den Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheidteiles; diese Berufungen hatten demnach nicht zur Folge, dass der gesamte Spruchpunkt B als in Berufung gezogen - und demnach nicht rechtskräftig geworden - anzusehen war.

Die belangte Behörde war auf Grund dessen aber nicht befugt, Spruchpunkt B zur Gänze aufzuheben. Sie hätte im Rahmen der ihr vorliegenden Berufungen Spruchpunkt B in jede Richtung hin gestalten können; zu einem gestaltenden Eingriff u.a. in die angeordnete Durchführung vorübergehender Geldausgleiche in Bezug auf die Beschwerdeführer war sie hingegen nicht befugt.

Daraus folgt weiters, dass trotz des Umstandes, dass keiner Verfahrenspartei ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Durchführung der vorläufigen Leistungen nach § 24 Abs. 4 TFLG 1996 zukommt, der angefochtene Bescheid dennoch Rechte der Beschwerdeführer verletzen konnte, erwuchs den Beschwerdeführern doch eine bestimmte, ihnen gegenüber rechtskräftig gewordene Rechtsposition aus dem Bescheid der AB vom 6. April 2004, in die der angefochtene Bescheid eingriff.

Schon aus dem aufgezeigten Grund erweist sich der angefochtene Bescheid - insoweit mit ihm Spruchpunkt B in Hinblick auf die Durchführung vorläufiger Geldausgleiche im Zusammenhang mit den Beschwerdeführern aufgehoben wurde - als inhaltlich rechtswidrig.

Bei diesem Verfahrensergebnis und in diesem Verfahrensstadium erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die in der Beschwerde zur Verteilung von Geldzahlungen aufgeworfenen Fragen und auf die Anregung der Beschwerdeführer, die Verfassungs- bzw. Grundsatzgesetzkonformität des § 20 Abs. 3 und § 21 Abs. 4 TFLG 1996 durch den Verfassungsgerichtshof prüfen zu lassen.

Ergänzend wird bemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde nicht teilt, wonach eine Vorschreibung nach § 24 Abs. 4 TFLG 1996 nur hinsichtlich einer gleichzeitig verfügten vorläufigen Grundabfindung nach Abs. 1 dieser Bestimmung angeordnet werden könne. Für diese eingeschränkte Interpretation bietet das Gesetz keinen Hinweis, eine praktische Notwendigkeit ist auch nicht erkennbar. Der belangten Behörde ist aber insofern zuzustimmen, als einem Verfahren nach § 24 Abs. 4 TFLG 1996 selbstverständlich sämtliche betroffenen Parteien, die - wie hier - über den Kreis einer gleichzeitig angeordneten vorläufigen Übernahme eines Teilgebietes hinausgehen können, beizuziehen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof ist hingegen mit der belangten Behörde der Ansicht, dass auf Grund der eingeschränkten Bezugnahme in § 24 Abs. 4 TFLG 1996 auf Geldausgleiche (§ 20 Abs. 9), Geldabfindungen (§ 20 Abs. 2) und Geldentschädigungen (§ 22 Abs. 5) eine vorläufige Durchführung von Geldleistungen im Sinne des § 20 Abs. 3 TFLG 1996 nicht möglich erscheint.

Der angefochtene Bescheid war daher, insoweit mit ihm Spruchpunkt B betreffend die vorläufigen Geldausgleiche der Beschwerdeführer aufgehoben wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. Juli 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Auslegung Diverses VwRallg3/5 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejaht Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005070030.X00

Im RIS seit

28.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten