TE Vwgh Erkenntnis 2006/7/26 2001/14/0171

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Veröffentlicht am 26.07.2006
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §177;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des K W in Z, vertreten durch Dr. Brigitte M. A. Weirather, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 34/2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 11. Juli 2001, Zl. RV 348/1-T7/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer übertrug zum 1. Jänner 1995 seinen Malereibetrieb, dessen Gewinn er gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelte, unentgeltlich an seinen Sohn. Nicht auf den Sohn übertragen wurde ein Garagen- und Lagergebäude, dieses wurde vielmehr unter Anwendung eines Wertansatzes von S 253.000,-- in das Privatvermögen übernommen. Diesem Wertansatz lag das Gutachten eines Sachverständigen zugrunde, in welchem zunächst die Kenndaten der Liegenschaft dargestellt wurden. Danach betrug die Grundstücksgröße 1.352 m2, wovon 113,03 m2 mit einem Wohnhaus und 137,50 m2 mit dem erwähnten Garagen- und Lagergebäude verbaut war. Der umbaute Raum des Wohngebäudes betrug 1.265,94 m3 (68,5 %) der des Garagen- und Lagergebäudes 577,50 m3. In der Folge ermittelte der Sachverständige den Sachwert der Liegenschaft im Wesentlichen unter Heranziehung eines Bodenwertes von insgesamt S 3,959.000,-- (Anteil des Wohnhauses bei 68,5 %: S 2.712.000,--, Anteil des Garagen- und Lagergebäudes bei 31,5 %: S 1,247.000,--) und der Zeitwerte der Gebäude von insgesamt S 2.457.000,-- (Wohnhaus S 1,808.000,-- sowie Garagen- und Lagergebäude S 649.000,--) mit insgesamt S 6,416.000,--, davon entfiel auf das Garagen- und Lagergebäude ein Wert von S 1,896.000,--.

In der Folge ermittelte der Sachverständige den "Ertragswert des Grundstückes" in Bezug auf das Wohnhaus mit S 4,135.000,-- (Gebäudewert S 1,423.000,-- zuzüglich Wert von Grund und Boden S 2,712.000,--) und in Bezug auf das Garagen- und Lagergebäude mit S 1,266.400,-- (Gebäudewert S 19.400,-- zuzüglich Wert des Grund und Bodens S 1,247.000,--). Den Verkehrswert der Liegenschaft in Bezug auf das Wohnhaus legte der Sachverständige mit S 4,300.000,--

fest (der Mittelwert zwischen dem Sachwert von S 4,520.000,-- und dem Ertragswert von S 4,135.000,-- betrug S 4,327.500,--). Den Verkehrswert der Liegenschaft in Bezug auf das Garagen- und Lagergebäude legte der Sachverständige mit S 1,500.000,-- unter Berücksichtigung eines Abschlages von S 81.000,-- vom Mittelwert fest (der Mittelwert zwischen Sachwert von S 1,896.000,-- und Ertragswert von S 1,266.000,-- betrug S 1,581.000,--).

Zum Wertansatz von S 253.000,-- gelangte der Beschwerdeführer, indem er vom Verkehrswert der Liegenschaft in Bezug auf das Garagen- und Lagergebäude (S 1.500.000,--), wie es vom Sachverständigen bewertet worden war, den entsprechenden Wert des Grund und Bodens in Höhe von S 1,247.000,-- abzog.

Anlässlich einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Überprüfung wurde vor allem die Vorgangsweise des Sachverständigen bei der Berechnung des Gebäudeertragswertes beanstandet. Dieser sei "durch Abzug eines Bodenertragswertes für ein relativ großes Baugrundstück (425 m2 zu S 3.500,--) errechnet" worden. Hiebei sei übersehen worden, dass das Gebäude direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück liege und für sich betrachtet niemals einen Preis für ein Baugrundstück in bester Lage erzielen würde. Die Ertragswertberechnung gehe von dem Grundsatz aus, dass sich Grund und Boden jedenfalls angemessen verzinsen müsse. Dabei bleibe der Grundanteil immer gleich und der Gebäudewert sinke nach einer gewissen Abschreibungsdauer auf Null. Diese Vorgangsweise stehe im Widerspruch zur Aussage des Sachverständigen in einem von ihm erstatteten Ergänzungsgutachten, wonach "der Ertrag in erster Linie aus den baulichen Anlagen resultiert". Diese Methode lasse jede Objektivität vermissen, weil die Höhe des Gebäudeertragswertes danach wesentlich von der Höhe des Grundpreises sowie dem Ausmaß des Grundstückes beeinflusst werden würde. Liege das Grundstück abgelegen, dann wäre der Ertragswert des Gebäudes entsprechend hoch. Dort, wo der Grund teuer sei, würde der Gebäudeertragswert wie im gegenständlichen Fall praktisch auf Null sinken. Weiters sei nicht nachvollziehbar, wieso ein großes unbebautes Grundstück (z.B. Gartenflächen) sich durch das Gebäude amortisieren müsse. Der Teilwert des Werkstattgebäudes sei daher um S 179.000,-- zu erhöhen.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ für das Jahr 1994 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid. In einer dagegen erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer, der Prüfer habe sich über sämtliche von Lehre und Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze der Gebäudeschätzung hinweggesetzt und die Berechnung nach dem sogenannten Baukostenindex vorgenommen. "Ross-Brachmann-Holzner" wiesen eindringlich darauf hin, dass ein Werkstättengebäude nicht nach dem Baukostenindex geschätzt werden könne. Es sei ein gesicherter Erfahrungsgrundsatz, dass der Verkehrswert nach mindestens zwei voneinander unabhängigen Methoden zu ermitteln sei. Die Ermittlung des (technischen) Sachwertes und des (wirtschaftlichen) Ertragswertes sei üblicherweise der erste Schritt. Daneben könne auch die Bewertung mit einem dieser Werte und dem Vergleichswert erfolgen, wenn dafür die Voraussetzungen gegeben seien. Als nächster Schritt sei die Lage auf dem Grundstücksmarkt zu beurteilen und aus diesen Faktoren der Verkehrswert zu bilden. Das Ergebnis des Sachverständigengutachtens entspreche in allen Bereichen der einer Schätzung eigenen Genauigkeit. Ein weiteres Gutachten eines Fachmannes werde kein wesentlich abweichendes Ergebnis bringen. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Steuerberater hätten sich außer Stande gesehen und sich nicht angemaßt, den gemeinen Wert zu schätzen. Es sei daher nur der Weg über ein Sachverständigengutachten geblieben. Allein der Bausachverständige übe "seine Kunst" fast ausschließlich in der Bewertung von Gebäudekubatur aus. Wenn die Finanzbehörde nach wie vor der Ansicht sein sollte, dass das in Frage stehende Werkstättengebäude einfachster Ausführung einen höheren Verkehrswert habe, als im Gutachten ermittelt, stehe es der Finanzbehörde selbstverständlich jederzeit frei, ein Gegengutachten von einem Bausachverständigen beizubringen. Wie oben bereits dargelegt, sei die von der Betriebsprüfung vorgenommene Berechnung sicherlich ein untaugliches Mittel zur Verkehrswertermittlung. Die Fehlerhaftigkeit des von der Abgabenbehörde ermittelten Entnahmewertes von S 432.000,-- sei aufgezeigt worden. Es werde darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde bei Nichtanerkennung des vorgelegten Gutachtens samt zwei Ergänzungsgutachten zur Erstellung eines Gegengutachtens auf Kosten der Finanzbehörde verpflichtet sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des vom Sachverständigen mit S 3.504,-- je m2 angenommenen Bodenwertes vertrat die belangte Behörde zwar die Ansicht, dass auf Grund der Vergleichswerte aus der amtlichen Kaufpreissammlung ein Bodenwert von S 3.000,-- als angemessen angesehen werden könne, den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Berufungsverhandlung werde jedoch auf Grund seiner Ortskenntnisse und jahrelangen Erfahrung als Sachverständiger eine besondere Aussagekraft eingeräumt. Der von ihm vertretene Grundstückspreis werde von der belangten Behörde zwar als relativ hoch erachtet, dürfte sich aber gerade noch im vertretbaren Rahmen befinden, weshalb seitens der belangten Behörde keine Bedenken bestünden, der Berechnung des Bodenwertes dem vom Sachverständigen angesetzten Grundpreis von S 3.500,-- zugrunde zu legen. Der Bodenwert sei aber im Hinblick darauf, dass bei einem Gewerbetreibenden, der seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt, der Wert des Grund und Bodens, der zum Anlagevermögen gehört, außer Ansatz bleibt, für die Ermittlung des Entnahmewertes des gegenständlichen Gebäudes nur insoweit von Relevanz, als der Ertragswert der Liegenschaft entsprechend dem im Sachwertverfahren ermittelten Wertverhältnis vom Bodenwert zu Bauwert aufzuteilen sei und dadurch die Höhe des Bodenwertes indirekt auch den Ertragswertanteil des Gebäudes beeinflusse. Der Sachverständige habe die Gesamtfläche der Liegenschaft entsprechend dem Verhältnis der Baumasse (Kubatur) von Wohnhaus und Garage diesen beiden Gebäuden zugeordnet und so für das Garagengebäude einen Grundstücksanteil von rund 425 m2 ermittelt. Der Sachverständige habe diese Zuordnung des Grundstücksanteiles zum Garagengebäude in einem Ergänzungsgutachten auch damit begründet, dass bei einer Realteilung der Liegenschaft zwischen Wohnhaus und Garagengebäude - von der er bei einer gesonderten Bewertung des Garagengebäudes ausgehen müsse, weil Gebäude und Grundstück untrennbar miteinander verbunden seien - die Mindestgrenzabstände nach der Tiroler Bauordnung zwingend einzuhalten wären und sich bei Berücksichtigung dieser Abstände ebenfalls eine Grundparzelle in der Höhe von rund 425 m2 ergäbe.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei für die Zuordnung von Grundstücksanteilen zum Garagengebäude weder auf die Baumasse der auf der Liegenschaft errichteten Gebäude noch auf die Mindestabstände nach der Tiroler Bauordnung abzustellen, zumal die Baumasse der Gebäude keinen Rückschluss auf die Nutzung der unbebauten Flächen (Garten, Zufahrt, Abstellflächen) zulasse und auch die Mindestgrenzabstände nach der Tiroler Bauordnung für die Ermittlung des Entnahmewertes des Garagengebäudes nicht von Bedeutung seien, da eine Realteilung der Liegenschaft nicht vorgesehen und wirtschaftlich wohl auch nicht sinnvoll wäre. Nach Auffassung der belangten Behörde seien für die hier relevante Bewertung des Entnahmewertes dem Garagengebäude jene Grundstücksteile zuzuordnen, die für deren Nutzung notwendig seien. Für die Nutzung des gegenständlichen Gebäudes notwendig seien im Wesentlichen neben der bebauten Fläche die Zufahrt und die bestehenden Abstellflächen. Für diese Nutzung möge zwar, wie sich aus den vorliegenden Plänen und Fotos ergebe, die vom Sachverständigen angesetzte Fläche relativ großzügig bemessen sein, sie überschreite nach Auffassung des Senates jedoch nicht das noch vertretbare Ausmaß. Der Wert von Grund und Boden des strittigen Garagen- und Lagergebäudes belaufe sich somit auf S 1,247.000,--.

Hinsichtlich des Gebäudewertes und im Besonderen hinsichtlich des Ertragswertes wies die belangte Behörde darauf hin, dass im Ertragswertverfahren der Wert der bebauten Liegenschaft durch Kapitalisierung des für die Zeit nach dem Bewertungsstichtag erzielten oder zu erwarteten Reinertrages zum angemessenen Zinssatz zu ermitteln sei. Bei der Kapitalisierung des Reinertrages müssten der Wert des Grund und Bodens und der Wert des Gebäudes getrennt ermittelt werden. Denn während der Boden sozusagen unvergänglich sei, und also einen "ewigen" Ertrag abwerfe, unterliege das Gebäude einem Alterungsprozess, es habe eine begrenzte Lebensdauer und folglich auch nur einen zeitlich begrenzten Ertrag. Der auf den Boden entfallende Anteil des Reinertrages werde also mit dem gewählten Zinssatz kapitalisiert und aus dem auf das Gebäude entfallenden Reinertragsanteil werde der Barwert einer zeitlich begrenzten Rente ermittelt. Für Gebäude und Boden werde grundsätzlich der gleiche Zinssatz herangezogen wie bei der Kapitalisierung des Gebäudeertragsanteils, da die Kapitalverzinsung des Grund und Bodens ebenso wie die des Gebäudes von der Nutzung des Grundstückes abhänge, denn solange das Gebäude stehe, teile das Grundstück sein Schicksal.

Vom Beschwerdeführer sei der gegenüber dem Sachwert niedrigere Ertragswert der Liegenschaft nicht entsprechend dem im Sachwertverfahren ermittelten Wertverhältnis von Gebäuden zu Grund und Boden aufgeteilt worden, sondern es sei für Grund und Boden ein (gegenüber der Verhältnisrechnung) höherer Ertragswertanteil angesetzt worden, "der dem ermittelten Sachwert entspricht". Nach dieser Berechnungsmethode wäre der Ertragswert von Grund und Boden immer gleich hoch, unabhängig davon, wie hoch der tatsächliche Ertragswert der Liegenschaft insgesamt sei. Der Ertragswertanteil des Gebäudes errechne sich als Restgröße des Gesamtertragswerts abzüglich Ertragswertanteil von Grund und Boden (Seite 13 des angefochtenen Bescheides). Wie dem Gutachten zu entnehmen sei, betrage sowohl der Sachwert als auch der Ertragswert des dem Garagengebäude zugeordneten Grundstücksteiles S 1,247.000,--, obwohl insgesamt (Grundstück und Garagengebäude) der Sachwert S 1,868.000,-- und der Ertragswert nur S 1,266.400,-- betrage. Dies ergebe sich deshalb, weil als Ertragswert des Grundstückes vom Sachverständigen der im Sachwertverfahren ermittelte Wert herangezogen und diesem ein bestimmter Kapitalisierungszinssatz (im gegenständlichen Fall von 4 %) zugeordnet worden sei. Je nach dem, ob für das Grundstück ein höherer oder niedrigerer Kapitalisierungszinssatz angesetzt werde, führe dies zwar zu einem insgesamt niedrigeren oder höheren Gesamtertragswert. Auf Grund des Umstandes, dass bei dieser Berechnungsmethode sich der Ertragswertanteil des Gebäudes als Restgröße aus Gesamtertragswert abzüglich Ertragswertanteil des Grundstückes (der dem Sachwert entspreche) errechne, wirke sich dies wiederum nur auf den Ertragswertanteil des Gebäudes aus. Eine gesonderte Berechnung des Ertragswertes des Grundstückes erscheine bei dieser Berechnungsmethode gar nicht notwendig, weil als Ertragswert des Grundstückes immer der Sachwert angesetzt werde und damit konstant bleibe, unabhängig davon, wie hoch der Ertragswert der Gesamtliegenschaft sei.

Nach der vom Sachverständigen durchgeführten Wertermittlung entfalle somit vom Gesamtertragswert der Liegenschaft von S 1,266.400,-- auf das Grundstück S 1,247.000,-- (98,5 %) und auf das Gebäude ein Restbetrag von lediglich S 19.400,-- (1,5 %). Dem Sachwert des Gebäudes von S 649.000,-- stünde somit nur ein Ertragswert von S 19.400,-- gegenüber. Hätte der Sachverständige bei der Kapitalisierung des Grundstückes nicht den Zinssatz von 4,5 %, sondern nach den anerkannten Grundsätzen und Regeln der Liegenschaftsbewertung den selben Zinssatz wie für die Kapitalisierung des Gebäudeertragsanteiles angesetzt (gegenständlich 6,5 %), so wäre für das Gebäude nicht einmal ein Restwert geblieben und der durch diese bebaute Liegenschaft erzielte Ertragswert wäre bei dieser Berechnungsmethode zur Gänze dem Grundstück zuzuordnen und der Ertragswert des Gebäudes entsprechend mit Null anzusetzen.

Nach Ansicht der belangten Behörde liege es auf der Hand, dass diese Berechnungsmethode im streitgegenständlichen Fall nicht zu einer sachgerechten Bewertung des Gebäudes führe. Auch der Sachverständige führe in einem Ergänzungsgutachten aus, dass "in der Ertragswertüberlegung der Ertrag in erster Linie aus den baulichen Anlagen resultiert, und nicht vordergründig aus dem Baugrund". Obschon der Ertrag einer Liegenschaft unbestritten primär von der baulichen Anlage abhänge, denn der Pachtzins und damit der Ertrag einer bebauten Liegenschaft werde vor allem von den Nutzungsmöglichkeiten und dem Erhaltungszustandes des Gebäudes abhängen und nicht so sehr vom Sachwert des Grundstückes, sei vom Sachverständigen der Ertragswert nahezu ausschließlich dem Grundstück zugeordnet worden. Es scheine auch nicht zielführend, bei einer derart enorm hohen Abweichung vom Sach- und Ertragswert den Mittelwert von S 334.000,-- (S 649.000,-- Sachwert und S 19.000,-- Ertragswert) unreflektiert als Basis für den Verkehrswert heranzuziehen, der nach einem weiteren Abschlag von S 81.000,-- (als Annäherung an den Ertragswert) vom Beschwerdeführer mit S 253.000,-- als Entnahmewert des Gebäudes angesetzt worden sei.

Diese Berechnungsmethode, bei der der Ertragswert des Grundstückes unter Außerachtlassung der Bebauung mit dem Sachwert angesetzt werde, möge zwar bei wirtschaftlich abbruchreifen Gebäuden oder in Fällen, bei denen der gesamte Sach- und Ertragswert (von Grund und Boden sowie Gebäude) sehr nahe beieinander lägen, zu einer sachgerechten Bewertung führen, nicht aber im gegenständlichen Fall, in welchem Sach- und Ertragswert doch erheblich von einander abwichen und es sich keineswegs um ein wirtschaftlich abbruchreifes, sondern unbestritten um ein gut instandgehaltenes Gebäude handle, das vom Sohn des Beschwerdeführers gemietet und als Lager und Garage im Rahmen des übernommenen Malerbetriebes betrieblich genutzt werde.

Solange ein Gebäude stehe, teile das Grundstück sein Schicksal und könne nicht losgelöst vom Gebäude gesehen werden. Durch die Bebauung entstehe aus Grundstück und Gebäude eine technische sowie auch wirtschaftliche Sachgesamtheit. Beide Teile, Boden und Gebäude, seien während der voraussichtlichen Lebensdauer des Gebäudes untrennbar miteinander verbunden.

Durch die Bebauung ändere sich der ursprüngliche Zustand eines Grundstückes. Der Grund und Boden scheide aus dem "Markt für bebaute Grundstücke" aus. Er nehme nicht mehr an der Preisentwicklung unbebauter Areale teil, sondern werde durch die Bebauung zu einem Gesamtobjekt verschmolzen. Er könne demzufolge Preisentwicklungen nur im Zusammenhang mit dem Gesamtgrundstück mitmachen, wie es der "Markt für bebaute Grundstücke" ergäbe. Es wäre daher nicht sachgerecht, diese offensichtliche Verbindung nicht zu berücksichtigen. Denn erst durch die Bebauung werde der wesentliche Ertrag des Grundstückes - der Sachgesamtheit von Boden und Bauwert - erwirtschaftet. Würde man das Grundstück so behandeln, als ob es unbebaut wäre, könnte man eigentlich nur einen Pachtzins ansetzen, wie er für unbebaute Flächen bezahlt werde und der sei in der Regel nicht gerade hoch. Der Ertragswert einer bebauten Liegenschaft der von der Sachgesamtheit Grundstück und Gebäude erwirtschaftet werde, beeinflusse daher im gleichen Maß sowohl den Bodenwert als auch den Bauwert einer Liegenschaft. Daraus folge, dass die Aufteilung der auf den Boden und auf das Gebäude entfallenden Ertragsanteile nur in prozentuellen Anteilen erfolgen könne. Diese Anteile entsprächen dem Verhältnis von Bodenwert zu Bauwert in der Sachwertermittlung.

Der Ertragswert berechne sich demnach wie folgt: Der Grundstücksreinertrag für Grund und Gebäude in Bezug auf das Garagen- und Lagergebäude betrage laut Gutachten: S 57.510,--. Das im Sachwertverfahren ermittelte Verhältnis von Bodenwert zu Bauwert betrage 61,67 % zu 39,13 %. Der auf das Gebäude entfallene Anteil am Reinertrag betrage somit S 21.929,--. Bei einem Kapitalisierungszinssatz von 6,5 % und einer Restnutzungsdauer von 33 Jahren bzw. 52 Jahren (entsprechend dem Entstehungsdatum der Teile des Gebäudes) ergäbe sich ein kapitalisierter Ertragswert des Gebäudes ohne Grund und Boden von S 305.449,--. Unter Zugrundelegung des Mittelwertes zwischen Sachwert (S 768.735,--) und Ertragswert des Gebäudes (S 305.449,--) ergebe sich der Verkehrswert des Gebäudes von S 537.092,--. Nach der Berechnung der belangten Behörde ergäbe sich damit ein Entnahmewert des Gebäudes von rund S 537.000,--. Der belangten Behörde sei jedoch durchaus bewusst, dass es sich bei den vorliegenden Methoden der Gebäudebewertung um Schätzungsmethoden handle, die den Wert nur annähernd, jedoch niemals genau ermitteln könnten. Eine Gebäudewertermittlung unterliege trotz gebührender Berücksichtigung aller wertbeeinflussenden Umstände erfahrungsgemäß immer gewissen Unsicherheiten und Unschärfen.

Unter Bedachtnahme auf diese Umstände erachte der Senat auf Grund der vorliegenden Aktenlage, insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen und der Berechnungen des Finanzamtes und der belangten Behörde, den vom Finanzamt im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung ermittelten Gebäudewert von S 432.000,-

- als an der unteren Grenze liegend gerade noch vertretbar.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Abgabenbehörden wäre bei Nichtanerkennung des vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen zur Einholung eines Gegengutachtens verpflichtet, werde von der belangten Behörde nicht geteilt. Nach § 177 Abs. 1 BAO sei dem Verfahren ein Sachverständiger zwingend beizuziehen, wenn die Aufnahme eines Beweises durch einen Sachverständigen notwendig sei. Dies sei der Fall, wenn die Erfahrung und das Fachwissen der entscheidenden Behörde zur Beantwortung von im Verfahren auftauchenden und zu lösenden Fachfragen nicht ausreichten. Verfüge die Behörde selbst aber über das nötige Fachwissen, bestehe keine Verpflichtung, Sachverständige heranzuziehen. Die belangte Behörde sei daher prinzipiell befugt, ihr eigenes Fachwissen zu verwerten und die Ergebnisse der Beurteilung und Wertung ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Nur dann, wenn die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen der Behörde nicht ausreichten, sei ein Sachverständiger heranzuziehen. Verzichte die Behörde aber auf einen Sachverständigenbeweis, weil sie das eigene erforderliche Fachwissen und die eigenen nötigen Erfahrungen für ausreichend halte, dann dürfe auch die Begründung der behördlichen Beschlussfassung nicht hinter einer Begründung zurückstehen, die von einem Gutachten eines Sachverständigen gefordert werden müsse. Im vorliegenden Fall sei von der belangten Behörde das Gutachten des Sachverständigen der freien Beweiswürdigung unterzogen worden. Im Rahmen dieser Würdigung sei die belangte Behörde nach eingehender Befragung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom vorgelegten Gutachten nur dahingehend abgewichen, als sie der Ermittlung des Ertragswertes des entnommenen Gebäudes die allgemein anerkannte Methode der Sachwertverhältnisse zugrunde gelegt habe. Warum die belangte Behörde diese Methode im gegenständlichen Fall für besser geeignet halte als jene des Sachverständigen, den tatsächlichen bzw. annähernd richtigen Teilwert des strittigen Gebäudes zu ermitteln, sei hinreichend begründet worden. Die belangte Behörde habe sich auf Grund ihres Fachwissens und ihrer Erfahrung durchaus in der Lage gesehen, über das Gutachten des Sachverständigen zu befinden und die gewählte Schätzungsmethode richtig anzuwenden. Die Einholung eines weiteren Gutachtens werde daher nicht für erforderlich erachtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides rügt der Beschwerdeführer zunächst, der von der Betriebsprüfungsabteilung ermittelte Entnahmewert des Betriebsgebäudes "nach dem Baukostenindex" entbehre jeglicher seriösen Grundlage.

Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde bei Schätzung des Entnahmewertes nicht die anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung angewandte Methode angewandt hat, sondern mit Ausnahme der Ermittlung des Ertragswertes dem vorgelegten Sachverständigengutachten gefolgt ist. Vor dem Hintergrund der ausführlichen Begründung der von der belangten Behörde durchgeführten Ertragswertschätzung einschließlich der schlüssigen Begründung, warum die belangte Behörde hinsichtlich des Ertragswertes nicht dem Sachverständigen gefolgt ist, kann der nicht näher begründeten Ansicht des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, dass die Wertermittlung "offensichtlich" das Ziel vor Augen gehabt hätte, die Wertermittlung nach dem Baukostenindex zu untermauern.

Vor dem Hintergrund der angeführten Abweichung der Schätzung durch die belangte Behörde gegenüber der Schätzung anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung ist auch die in der Beschwerde vorgetragene Rüge, es seien die "von der Betriebsprüfungsabteilung herangezogenen Vergleichspreise" gänzlich ungeeignet, unberechtigt.

Gleiches gilt für den Vorwurf, eine Schätzung, die sich nur auf den Sachwert beziehe, "wie sie durch die Betriebsprüfung vorgenommen" worden sei, sei "unlängst vom Obersten Gerichtshof" als grob fahrlässig bezeichnet worden.

Soweit der Beschwerdeführer von der belangten Behörde "in Zweifel gezogene Grundstückspreise" erwähnt, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde letztlich die vom Sachverständigen in Ansatz gebrachten Vergleichspreise anerkannt hat.

Vor dem Hintergrund einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde ohne Einholung eines Gegengutachtens von der Bewertung des Sachverständigen abgewichen ist.

Zutreffend hat sich die belangte Behörde diesbezüglich darauf gestützt, dass sie prinzipiell befugt ist, ihr eigenes Fachwissen zu verwerten. Nur dann, wenn ihre eigenen Kenntnisse und Erfahrungen nicht ausreichen, ist ein Sachverständiger heranzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1995, 93/15/0119).

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. Juli 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2001140171.X00

Im RIS seit

21.08.2006

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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