TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/4 2005/09/0082

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Veröffentlicht am 04.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §19;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VStG §25 Abs2;
VStG §51e;
VwGG §42 Abs2 Z3;
ZustG §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Mag. Anneliese Markl, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. März 2005, Zl. uvs-2004/15/051-10, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe vier namentlich genannte russische Staatsangehörige am 21. Jänner 2004 abends zu den Öffnungszeiten als unselbständige Showtänzerinnen und Table Tänzerinnen im Unternehmen "P Bar", ehemals "T Bar" in der Ostraße in T, beschäftigt, obwohl ihm für diese Fremden weder eine Beschäftigungsbewilligung, Zulassung als Schlüsselkraft, oder Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebewilligung ausgestellt worden sei. Die Ausländerinnen seien auch nicht im Besitze einer für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines oder eines Niederlassungsnachweises gewesen. Der Beschwerdeführer habe dadurch in vier Fällen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG begangen und sei mit Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils vier Tagen) zu bestrafen gewesen.

Die belangte Behörde begründete diesen Spruch mit Feststellungen auf Grundlage der von ihr durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, wonach die vier namentlich genannten russischen Staatsangehörigen zumindest am 21. Jänner 2004 abends zu den Öffnungszeiten des Show-Tanzlokales "P Bar" als unselbständige Show-Tänzerinnen und Table-Tänzerinnen beschäftigt worden seien. Die Tänzerinnen hätten vom Vermittler M.I. das Gehalt bekommen, welches diesem vom Beschwerdeführer gegeben worden sei. Der Beschwerdeführer habe daher die Lohnkosten für die Tänzerinnen geleistet. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer auch die Unterkünfte der Tänzerinnen bezahlt. Es sei den Tänzerinnen verboten gewesen, über die Beschäftigung beim Beschwerdeführer hinaus irgendwelche Tätigkeiten zusätzlich zu entfalten. Daher sei rechtlich davon auszugehen gewesen, dass die Tänzerinnen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis und nicht als selbständige Künstlerinnen tätig gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe die Leistungen von als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Arbeitskräften entgegen genommen;. diese seien wirtschaftlich unselbständig gewesen und hätten unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen gearbeitet wie ein Arbeitnehmer. Sie seien auf die Gegenleistung aus dem Rechtsverhältnis zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes angewiesen gewesen. Im Gegenstandsfall sei daher von einer Entgeltlichkeit des Arbeitsverhältnisses auszugehen gewesen. Dadurch, dass für die Tätigkeit der vier russischen Tänzerinnen keine Beschäftigungsbewilligungen, keine Zulassung als Schlüsselkraft, keine Entsendebewilligungen oder Anzeigebestätigungen oder gültige Arbeitserlaubnis, Befreiungsschein oder Niederlassungsnachweise ausgestellt worden seien, habe der Beschwerdeführer die im Spruch ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begangen.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer unter anderem die Unterlassung seiner eigenen Einvernahme. Er sei unvertreten gewesen und habe die Bedeutung einer Vorladung beim UVS nicht erkannt. Durch die Unterlassung seiner Einvernahme sei auf jeden Fall der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten war der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren von einem Rechtsanwalt vertreten gewesen, doch hatte dieser der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. Februar 2005 die Auflösung dieses Vollmachtsverhältnisses anzeigt. Damit konnte die belangte Behörde den Ladungsbescheid zur mündlichen Berufungsverhandlung nur mehr dem Beschwerdeführer persönlich zustellen, weil zwar grundsätzlich dem Parteienvertreter zuzustellen ist, jedoch naturgemäß nur so lange, als ein "Parteienvertreter" auch vorhanden ist.

Aus den Verwaltungsakten geht ferner hervor, dass der Beschwerdeführer die Annahme der an ihn persönlich gerichteten Ladung zur mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am 20. Februar 2005 verweigert hat. Gründe hierfür sind nicht aktenkundig.

Gemäß § 20 Abs. 1 Zustellgesetz, ist, wenn der Empfänger die Annahme ohne Vorliegen des im § 13 Abs. 5 genannten oder eines anderen gesetzlichen Grundes verweigert, die Sendung an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, nach § 17 ohne die dort vorgesehene schriftliche Verständigung zu hinterlegen. Voraussetzung für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 19 AVG ist die Rechtswirksamkeit der Zustellung der Ladung.

Im Beschwerdefall kann der Verwaltungsgerichtshof von einer Rechtswirksamkeit der Zustellung nicht ausgehen, weil sich im Akt kein Hinweis auf die erfolgte Zurücklassung der Ladung an der Abgabestelle oder auf ihre Hinterlegung nach § 17 ZustG findet. Ist die Ladung des Beschwerdeführers zur Verhandlung aber nicht rechtswirksam erfolgt und erfolgte die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde in Abwesenheit des Beschuldigten, wurde diesem dadurch die ihm zustehende Gelegenheit entzogen, sich im Verfahren zu beteiligen und die ihm zustehenden Verfahrensrechte auszuüben. Damit wurde sein Recht auf Parteiengehör verletzt.

Schon aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass es der Erörterung der weiteren Beschwerdebehauptungen bedurfte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 4. September 2006

Schlagworte

Parteiengehör Rechtsmittelverfahren Verwaltungsstrafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090082.X00

Im RIS seit

18.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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