TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/12 2003/03/0275

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Veröffentlicht am 12.09.2006
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65004 Jagd Wild Oberösterreich;
L65006 Jagd Wild Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AVG §52;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 impl;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 lita impl;
JagdG OÖ 1964 §40 impl;
JagdG Stmk 1986 §41 Abs1 lite;
JagdG Stmk 1986 §42;
JagdRallg;
SPG 1991 §20;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1986 §12 impl;
WaffG 1996 §12;
WaffG 1996 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Ed L in P, vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. September 2003, Zl FA10A - 42 Le 7/8-03, betreffend Entziehung der Jagdkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 24. April 2003 wurde dem Beschwerdeführer "gemäß § 42 in Verbindung mit § 41 Absatz 1 lit. e des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl. Nr. 23, in der geltenden Fassung," die Jagdkarte entzogen sowie angeordnet, dass diese dem Jagdreferat in der Bezirkshauptmannschaft innerhalb einer Woche (ab Rechtskraft des Bescheides) zu übermitteln sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der gegen den Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

"Für die Berufungsbehörde steht aufgrund der Erhebung des Gendarmeriepostens Puch b. Weiz vom 18. November 2002 sowie auch aufgrund der bestätigenden Zeugenaussagen und des Berufungswerbers fest, dass Herr Ed L am 18. November 2002 um ca. 20.00 Uhr mit einem Schrotgewehr in die Küche seiner Eltern kam und den Hund, einen drei Jahre alten Mischling, Hundehalterin Frau Er L, mitnehmen und erschießen wollte. Herr L hatte sein Gewehr 'gebrochen' (d.h. den Gewehrlauf gekippt) und ungeladen bei sich. In der Küche gab er eine Patrone in den Lauf, schloss den Lauf aber nicht zu. In der Folge kam es zu einer wörtlichen Auseinandersetzung zwischen Ed L und seiner Mutter Er L. Ed L ließ von seinem Vorhaben, den Hund zu erschießen ab, und verließ nach ca. einer Minute die Küche und begab sich in seine Wohnung im

1. Stock. Bei der Auseinandersetzung in der Küche waren neben Ed L und Er L auch NL, die Tochter von Herrn Ed L, Frau MB und deren Tochter KB anwesend. Die Zeuginnen MB und KB bestätigten diesen Sachverhalt und führten beide in ihrer Zeugenbefragung aus, dass sie aufgrund der lautstarken Auseinandersetzung zwischen dem Ehepaar L und ihrem Sohn sowie der Tatsache, dass dieser mit einem Gewehr hantierte, erschraken. Herr L bestätigt in seiner Berufungsausführung, dass er mit einem gebrochenen Schrotgewehr in der Küche erschien sowie seine Absicht, den Hund zu erschießen. Widersprüchlich sind seine Aussagen hingegen hinsichtlich der Verfügungsgewalt über den Hund. In der Berufung wird betont, dass die Hundehalterin seine Mutter sei, in der Stellungnahme zum Ermittlungsverfahren wird behauptet, dass er als Eigentümer über das Tier verfügen und es nötigenfalls erschießen könne. Auf das Vorhaben von Herrn Ed L, den Hund zu erschießen, wer immer auch die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Tier hat, wird nicht weiter einzugehen sein, da dies nicht verfahrensgegenständlich ist."

Weiter führte die belangte Behörde unter anderem aus:

"Das Gutachten der medizinischen Sachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren wurde im Berufungsverfahren von der medizinischen Sachverständigen als schlüssig für das (von der Bezirkshauptmannschaft Weiz aus Anlass dieses Vorfalles mit Bescheid vom 13. Dezember 2002 gegen den Beschwerdeführer) ausgesprochene Waffenverbot bezeichnet. Die medizinische Amtssachverständige der Fachabteilung für das Gesundheitswesen bestätigt, dass beim Berufungswerber aufgrund emotionaler Instabilität bei einer offensichtlich massiven familiären Konfliktsituation keine ausreichende Verlässlichkeit gegeben ist. Wenn auch im Jagdgesetz für einen Jagdkartenentzug die Verlässlichkeit nicht explizit genannt ist, so ist dennoch die Verlässlichkeit Voraussetzung nach dem Jagdgesetz für eine Prognose der Behörde insofern, dass das bisherige Verhalten besorgen lässt, dass jemand eine Schusswaffe unvorsichtig führt oder die öffentliche Sicherheit gefährdet. Herr L hat am 18. November 2002 um ca. 20.00 Uhr eine Schusswaffe unvorsichtig, wenn zwar 'gebrochen' so doch, bestätigt durch die Zeugenaussagen, mit sich geführt. Das Führen meldepflichtiger oder sonstiger Schusswaffen ist gemäß § 35 des Waffengesetzes u.a. zulässig für Menschen, die im Besitz einer gültigen Jagdkarte sind hinsichtlich des Führens von solchen Jagdwaffen. Aufgrund des rechtskräftigen Waffenverbotes kann Herr L die Jagd praktisch nicht mehr ausüben, da er aufgrund des Waffenverbotes auch Jagdwaffen nicht besitzen (innehaben) und demnach nicht führen darf.

Das Führen von Waffen bedeutet gemäß § 7 des Waffengesetzes, dass eine Waffe führt, wer sie bei sich hat. Als Führen einer Waffe gilt nicht, wenn jemand eine Waffe innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften bei sich hat, wenn die zur Benützung der Räumlichkeiten bzw. Liegenschaften berechtigte Person dem Beisichhaben der Waffe zugestimmt hat. Aus der Anzeige geht eindeutig hervor, dass Frau Er L nicht zugestimmt hat, dass ihr Sohn eine Waffe bei sich hatte.

Des Weiteren würde nicht als Führen einer Waffe gelten, wer sie, in den Fällen einer Schusswaffe ungeladen, in einem geschlossen(en) Behältnis und lediglich zu dem Zweck, sie von einem Ort zu einem anderen zu bringen, bei sich hat (Transport). Aus dieser gesetzlichen Bestimmung geht klar hervor, dass alle drei Voraussetzungen gegeben sein müssen, um das Beisichhaben einer Waffe nicht als Führen anzusehen. Herr L hat die Waffe demnach nicht in diesem Sinne transportiert und gilt sein Beisichhaben der Waffe als Führen. Aus der Anzeige, bestätigt durch die Zeugenaussagen, geht hervor, dass Herr L mit dem Gewehr hantierte, indem er in der Küche vor den Anwesenden eine Patrone in den Lauf gab, und ist diese Handlung im Zusammenhang mit seiner Drohung, den Hund zu erschießen, als unvorsichtiges Führen einer Waffe zu betrachten. Aufgrund des Verhaltens von Herrn L, bei dem er die Schusswaffe unvorsichtig geführt hat, sowie des medizinischen Gutachtens, welches von der fehlenden notwendigen Verlässlichkeit für das Führen einer Waffe spricht, gelangt die Behörde zu dem Schluss, dass das bisherige Verhalten des Herrn L besorgen lässt, dass er die Schusswaffe unvorsichtig führen oder die öffentliche Sicherheit gefährden könnte."

Weitere Beweisaufnahmen seien nicht notwendig gewesen. Auf Grund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes sowie auf Grund der medizinischen Gutachten sei die Behörde zu dem Schluss gelangt, "dass der Tatbestand des § 41 Abs. 1 lit. e Jagdgesetz erfüllt war".

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:

Über die Entziehung der Jagdkarte bestimmt das Steiermärkische Jagdgesetz 1986, LGBl Nr 23/1986 idF LGBl Nr 58/2000:

"§ 42

Einziehung der Jagdkarte

Die Jagdkarte ist ohne Rückstellung der hiefür erlegten Gebühr einzuziehen, wenn nach der Ausstellung bezüglich der Person des Inhabers einer der obigen Ausschließungsgründe (§ 41) eintritt oder bekannt wird."

§ 41 leg cit lautet:

"§ 41

Verweigerung der Jagdkarte

(1) Die Ausstellung einer Jagdkarte ist zu verweigern:

a)

Unmündigen;

b)

Minderjährigen, insoferne nicht für sie von ihren gesetzlichen Vertretern, bezüglich der Schüler einer Forstschule von der Direktion, bei Forstlehrlingen und gehilfen vom Forstrevierleiter oder Lehrherrn darum angesucht wird;

c)

Personen, für die ein Sachwalter bestellt ist;

d)

Geisteskranken und jenen Personen, die wegen körperlicher Mängel unfähig sind, ein Jagdgewehr sicher zu führen, ferner Trunkenbolden;

              e)              Personen, deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die Schusswaffe unvorsichtig führen oder die öffentliche Sicherheit gefährden;

              f)              Personen, die wegen eines Verbrechens unbedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von 5 Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist, und Personen, die wegen eines Verbrechens bedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von 3 Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist;

              g)              Personen, die wegen eines Vergehens wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen oder wegen Zuwiderhandelns gegen die §§ 180 bis 183 des Strafgesetzbuches unbedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von 2 Jahren, gerechnet von dem Tage, an welchem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist, und Personen, die wegen eines solchen Vergehens bedingt verurteilt worden sind, für die Dauer von einem Jahr, gerechnet von dem Tage, an dem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist;

              h)              für die Dauer von zwei Jahren denjenigen, der wegen absichtlicher Übertretung der Schonvorschriften (§ 51) oder wegen sonstiger Übertretungen dieses Gesetzes oder hiezu erlassenen Verordnungen oder der zum Schutze von Tierarten erlassenen Vorschriften oder wegen Tierquälerei wiederholt oder gegen Missbrauches der Jagdkarte bestraft wurde;

              i)              alle jene Personen, welche, insoweit sie nach den bezüglichen Vorschriften eines Waffenscheines (Jagdgewehrerlaubnisscheines) bedürfen, sich mit einem solchen nicht ausweisen können;

              j)              Personen, denen eine der in § 37 geforderten Voraussetzungen mangelt;

              k)              Personen für die Dauer ihres Ausschlusses aus der Steirischen Landesjägerschaft, wenn der Disziplinarrat auf ihren zeitlichen Ausschluß erkannt hat.

(2) Außerdem kann die Ausstellung einer Jagdkarte an Personen verweigert werden, die schon einmal wegen Verstoß gegen die Jagdvorschriften mit Entzug der Jagdkarte oder Ausschluss aus der Steirischen Landesjägerschaft bestraft worden sind und deshalb keine Gewähr für eine ordnungsmäßige und weidgerechte Ausübung der Jagd bieten. Diese Bestimmung gilt auch für Personen, gegen die in einem anderen Bundesland gleichartige Maßnahmen verhängt worden sind."

Wie der Verwaltungsgerichtshof (in Bezug auf das Waffengesetz 1986 und das Oberösterreichische Jagdgesetz 1964) ausgesprochen hat, führt das Vorliegen eines Waffenverbotes nach § 12 Waffengesetz nicht zwingend zur Verweigerung bzw zum Entzug einer Jagdkarte, sondern es ist für den jeweils anzuwendenden (hier: jagdrechtlichen) Tatbestand das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gesondert zu prüfen (vgl das Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl 94/03/0334). Auch das im Beschwerdefall anzuwendende Steiermärkische JG knüpft für die Einziehung der Jagdkarte gemäß § 42 iVm § 41 Abs 1 lit e leg cit nicht an den Ausspruch eines Waffenverbotes an, sondern verlangt, dass das bisherige Verhalten des Betreffenden besorgen lässt, dass er die Schusswaffe unvorsichtig führe oder die öffentliche Sicherheit gefährde. Dass das Verhalten einer Person künftig eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit besorgen lässt, setzt entsprechende - nach den Verhältnissen im jeweiligen Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu treffende - Sachverhaltsfeststellungen voraus. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, Gutachten eines anderen Verwaltungsverfahrens (etwa des waffenrechtlichen Verfahrens) auch im jagdrechtlichen Verfahren heranzuziehen, soweit aus diesen in Bezug auf den anzuwendenden jagdrechtlichen Tatbestand relevante Aussagen abgeleitet werden können.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Entzug der Jagdkarte damit begründet, dass der Beschwerdeführer bei dem Vorfall am 18. November 2002 eine Schusswaffe "unvorsichtig geführt hat" und das "medizinische Gutachten" von "der fehlenden notwendigen Verlässlichkeit für das Führen einer Waffe spricht".

Die belangte Behörde hat damit die Rechtslage verkannt. Der Beschwerdeführer hat zwar bei dem in Rede stehenden Vorfall, bei dem er die Waffe in der Wohnung seiner Eltern bei sich hatte und versuchte, den Hund, dessen Tötung er beabsichtigte, mitzunehmen, durchaus eine Waffe "geführt" (vgl § 7 WaffG). Es kann jedoch entgegen der Auffassung der belangten Behörden nicht davon gesprochen werden, dass er das Gewehr, dessen Lauf während des Vorfalles gekippt und somit nicht schussbereit war, "unvorsichtig geführt" hätte. Da ein unvorsichtiges Führen der Waffe nicht vorliegt, ist dieser Vorfall auch nicht geeignet, daraus die gemäß § 42 iVm § 41 Abs 1 lit e JG maßgebliche Prognose - das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers lasse besorgen, dass er die Schusswaffe unvorsichtig führen werde - abzuleiten.

Soweit die belangte Behörde sich auch darauf stützt, dass "die medizinische Amtssachverständige der Fachabteilung für das Gesundheitswesen bestätigt (habe), dass beim Beschwerdeführer (...) keine ausreichende Verlässlichkeit gegeben" sei, hat sie verkannt, dass es bei dem von ihr herangezogenen Entziehungstatbestand des § 42 iVm § 41 Abs 1 lit e JG nicht auf die "Verlässlichkeit" des Betreffenden ankommt, sondern dass dieser - neben der Gefahr des unvorsichtigen Führens einer Schusswaffe - nur bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verwirklicht ist. Die belangte Behörde hätte sich daher mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, ob aus dem Verhalten des Beschwerdeführers die Gefahr einer künftigen gefährlichen Verwendung einer Waffe, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit (zu diesem Begriff vgl etwa § 20 Sicherheitspolizeigesetz) führen kann, abzuleiten war. Die belangte Behörde hat sich aber im Wesentlichen - nach dem oben Gesagten unzutreffend - nur darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer sein Gewehr "unvorsichtig" geführt habe. Dass der Beschwerdeführer "die öffentliche Sicherheit gefährden könnte", ist durch die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen daher nicht ausreichend gedeckt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 12. September 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Gutachten Verwertung aus anderen Verfahren Jagdkarte Entzug Jagdkarte Verweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003030275.X00

Im RIS seit

04.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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