TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/12 2002/03/0107

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Veröffentlicht am 12.09.2006
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65006 Jagd Wild Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

JagdG Stmk 1986 §56;
JagdRallg;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der E P in P, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. März 2002, Zl FA10A-42 Pe 18/25-02, betreffend Festsetzung von Abschussplänen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl 93/03/0025, sowie auf das hg Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl 95/03/0056, verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurden im Instanzenzug die Abschusspläne für das Jagdjahr 1992/1993 für die Jagdgebiete H, P und B, sowie - soweit es nicht das Rot- und Gamswild betrifft - weiters für die Jagdgebiete F I, F II und O festgesetzt.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: In neuerlich fortgesetzten Verfahren habe der Amtssachverständige für das Jagd- und Forstwesen ROFR Dipl. Ing. S - aufbauend auf Befund und Gutachten vom 28. Juni 1994 (worin die Wintersituation des gesamten Jagdgebietes, die "jagdlichen" Verhältnisse, die Wildschadenssituation der einzelnen Reviere dargestellt und daraus ein Abschussplanvorschlag abgeleitet worden seien) und weiters auf der ergänzenden Stellungnahme dieses Amtssachverständigen vom 31. Oktober 1995 (worin die dem Abschussplanvorschlag zugrundeliegenden Erhebungen detailliert angeführt worden sowie dargetan worden sei, dass Entwicklungen nach 1993 nicht in den Abschussplanvorschlag 1992/93 eingeflossen seien) - mit Schreiben vom 15. Juni 2001 Befund und Gutachten wie folgt erstattet:

"Befund:

Die Schadenssituation wurde am 28.6.1994 im Detail beschrieben und braucht nicht wiederholt zu werden. Auch, dass die Jagdgebiete im Winter und Spätwinter fast rotwildleer sind, wurde festgestellt. Zu ergänzen ist, dass in den Revieren mit der gegebenen Waldstruktur Rehe überhaupt nicht zählbar sind und Gamswild infolge seiner großräumigen Raumnutzung nur zeitweilig in den Revieren steht.

Gutachten:

Die Jagdreviere B, H und P liegen in einem Gebiet, das weiträumig ist, wenig beunruhigt wird, freie Flächen in den Hochlagen aufweist und in der Vegetationszeit über ausreichend Äsung für einen geringen Rotwildstand verfügt. Die Anzahl des Wildes ist vom Zustand der Vegetation, der Schadanfälligkeit der Kulturen, dem jagdlichen Geschick und der vom Grundeigentümer bestimmten tragbaren Wilddichte abhängig. Es ist auch zu beachten, dass Rotwild in geeigneten Lebensräumen zur Landeskultur zählt.

Die übrigen Jagdreviere sind jedoch aufgrund der guten forstlichen Bonitäten, der hohen Anfälligkeit gegenüber Wildschäden und dem Fehlen der für Rotwild notwendigen Ausstattung als Rotwildlebensraum ungeeignet. Hier ist ein rigoroser Rotwildabschuss notwendig - mit Ausnahme von Hirschen der Klasse I und II aus anderen Überlegungen.

Ähnliches gilt auch für Gamswild: In den Revieren B, H und P gibt es geeignete Gamswildbiotope für Gamswild in tragbarer Zahl.

Die übrigen Jagdreviere sind als Gamswildlebensraum ungeeignet.

     Für Rehwild sind in allen Jagdrevieren geeignete Lebensräume

vorhanden.

     Aufgabe der Abschussplanung ist es, einen gesunden

Wildbestand aller heimischen Wildarten in geeigneten Lebensräumen in angemessener Zahl zu erhalten, eine untragbare Entwertung der eigenen und der angrenzenden Jagdgebiete zu vermeiden und die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden zu wahren. Voraussetzung zur Erfüllung dieser Vorgaben ist ein tragbarer Wildstand im entsprechenden Altersklassenaufbau und in der entsprechenden Struktur, da nur dann tolerierbare Schäden erwartet werden können.

Für das Raum-, Zeit- und Territorialverhalten von Wildtieren, für Geschlechts- und Altersklassenaufbau sowie über Auswirkungen unterschiedlicher Jagdmethoden gibt es wissenschaftliche Abhandlungen. Die steirischen Abschussrichtlinien befassen sich mit der bestmöglichen Nutzung und der hiefür notwendigen Struktur der Wildbestände. Aus den Abhandlungen ist zu schließen, dass gewisse Vorgaben für Wildbewirtschaftung zu beachten sind, Wildbestand und -struktur gehören dazu. Die Abschussplanerfüllung ist ein gewichtiger Hinweis, ob die Voraussetzungen gegeben sind.

Da in den P'schen Revieren das Wild nicht gezählt, in der Folge der Zuwachs und der Abschuss nicht bestimmt werden kann, andererseits die Schadenssituation unbefriedigend ist, muss man sich der richtigen Abschussfestsetzung durch den Vergleich von Abschussvorgabe und -erfüllung nähern. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Jagdberechtigte die besten Kenntnisse über seine jagdlichen Möglichkeiten hat.

Aufgrund dieser Überlegungen wird vorgeschlagen, für das Jagdjahr 1992/93 folgenden Abschuss festzusetzen:"

Es folgen die vorgeschlagenen Abschusszahlen, denen die belangte Behörde im Spruch (mit Ausnahme hinsichtlich des Rot- und Gamswild in den Jagdgebieten F I, F II und O) folgte.

Befund und Gutachten seien der Beschwerdeführerin zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur allfälligen Stellungnahme (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten: bis 30. Juli 2001) laut Rückschein am 5. Juli 2001 zur Kenntnis gebracht worden. Eine Stellungnahme bzw ein Einwand hiezu sei bislang nicht eingelangt, sodass die belangte Behörde davon ausgehe, dass das ihrer Auffassung nach schlüssige Gutachten des Amtssachverständigen zustimmend zur Kenntnis genommen worden sei. Den Vorschlägen des Amtssachverständigen betreffend den Abschussplan für Rot- und Gamswild in den Revieren F I, F II und O sei nicht gefolgt worden, da diesbezüglich infolge Abweisung der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde durch Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl 93/03/0025, der Erstbescheid "bereits in Rechtskraft erwachsen ist und somit in diesem Verfahren nicht mehr gegenständlich ist".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im hg Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl 93/03/0025, wurde ausgeführt, dass Grundlage für den Abschussplan der tatsächliche Wildstand in dem betreffenden Jagdgebiet ist. Ein Bescheid, mit dem ein Abschussplan gemäß § 56 Abs 4 des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 von der Behörde festgelegt wird, muss, um einer inhaltlichen Prüfung zugänglich zu sein, jedenfalls den für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen, nach Anzahl, Geschlecht und klassenmäßiger Zusammensetzung gegliederten Wildstand erkennen lassen. Des weiteren muss daraus hervorgehen, wie hoch die unter Berücksichtigung der erwähnten Grundsätze wünschenswerte Wilddichte im Jagdgebiet ist. Schließlich ist die Eignung der getroffenen Abschussverfügung zur Verwirklichung des angestrebten Ziels darzulegen, sofern sie nicht ohnehin der Sachlage nach offenkundig ist. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in den Abschussplänen keine Angaben über den jeweiligen Wildstand gemacht hat, enthob die belangte Behörde nicht der Verpflichtung, den Wildstand auf geeignete Weise, etwa durch Vernehmung allfälliger in Betracht kommender Zeugen (zB Bezirksjägermeister und Hegemeister) in Verbindung mit anderen zur Wildzählung tauglichen Methoden zu ermitteln.

Mit hg Erkenntnis vom 12. Juli 1995, Zl 95/03/0056, wurde der damals angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof vor allem deshalb behoben, weil die belangte Behörde es entgegen dem § 63 Abs 1 VwGG unterließ, jene Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchzuführen, die eine erschöpfende Beurteilung des maßgeblichen Sachverhalts ermöglichen, weil ihr eine solche Vorgangsweise "nicht mehr sinnvoll" erschien.

In der vorliegenden Beschwerde räumt die Beschwerdeführerin - in Übereinstimmung mit dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Amtssachverständigengutachten - ein, dass der (im vorliegenden Zusammenhang relevante) "Wildstand nicht zählbar" sei. Insofern hat sich die maßgebliche Sachlage gegenüber derjenigen geändert, die den in Rede stehenden hg Erkenntnissen aus den Jahren 1993 und 1995 zugrunde liegt, sodass insofern eine Bindung der belangten Behörde im Grunde des § 63 Abs 1 VwGG an diese Erkenntnisse nicht mehr bestand (vgl dazu die bei Mayer, B-VG3, 2002, § 63 VwGG, auf Seite 808 unter III. zitierte hg Rechtsprechung). Schon ausgehend davon vermag die Beschwerde mit ihrem Vorwurf, dass in den dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Verfahren in den Jagdgebieten der Beschwerdeführerin das Wild nicht (iSd hg Erkenntnisses vom 29. September 1993) gezählt worden sei, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Auch der Einwand, die belangte Behörde habe das hg Erkenntnis vom 12. Juli 1995 nicht beachtet, geht von daher fehl.

Ferner kann bei dieser Sachlage die vom Amtssachverständigen im wiedergegebenen Befund und Gutachten vom Juli 2001 eingeschlagene Vorgangsweise der Abschussfestsetzung im Wege eines Vergleichs von Abschussvorgabe und Abschusserfüllung - der die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid folgte - nicht als unschlüssig angesehen werden. Zudem ist die Beschwerdeführerin unstrittig diesem Befund und Gutachten trotz Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme hiezu nicht entgegengetreten. Schon deshalb ist für die Beschwerdeführerin mit ihren in der Beschwerde vorgebrachten Einwänden, der besagte Befund und Gutachten sei zur geforderten Ergänzung des Ermittlungsverfahrens "wohl nicht geeignet", nichts gewonnen. Nach der hg Rechtsprechung ist zudem die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die in einem Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verwaltungsverfahren als mangelhaft zu bekämpfen, in dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat; auch von daher vermag die Beschwerdeführerin mit ihren nunmehrigen gegen diesen Befund und Gutachten gerichteten Beschwerdeausführungen nicht durchzudringen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 11. Dezember 1996, Zl 96/03/0249).

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGG-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 12. September 2006

Schlagworte

Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2002030107.X00

Im RIS seit

09.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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