TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/12 2003/03/0219

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Veröffentlicht am 12.09.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
KflG 1999 §14 Abs3;
KflG 1999 §7 Abs1 Z4 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/03/0218 E 12. September 2006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der O GmbH in B, vertreten durch Dr. Friedrich Bubla und Dr. Christian Falkner, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 14. Juli 2003, Zl 841.804/14-II/ST7/03, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession (mitbeteiligte Parteien: 1. A GmbH in W, vertreten durch Schneider & Schneider Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Stephansplatz 8a, 2. B GmbH in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der Konzession zum Betrieb der österreichischen Teilstrecke der geplanten internationalen Kraftfahrlinie Wien-Tuzla gemäß § 7 Abs 1  Z 4 lit b des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl I Nr 203/1999 idF BGBl I Nr 77/2002 (KflG), ab.

Nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage traf die belangte Behörde Feststellungen zu den beiden bestehenden Kraftfahrlinien der erstmitbeteiligten Partei auf der Strecke von Wien über Graz nach Tuzla ("Linie 1 und Linie 2"; Abfahrt ab Wien Montag und Freitag bzw Donnerstag, jeweils 18.00 Uhr) und der bestehenden Kraftfahrlinie der zweitmitbeteiligten Partei auf der Strecke von Wien nach Tuzla ("Linie 3"; Abfahrt ab Wien Dienstag und Donnerstag, jeweils

19.30 Uhr), sowie zu der geplanten Linie der Beschwerdeführerin von Wien über Graz nach Tuzla (Abfahrt ab Wien Montag, Donnerstag und Freitag, jeweils ab 15.30 Uhr). Es lägen also "sehr ähnliche Betriebsprogramme" vor, wobei auch "jede einzelne Haltestelle bereits von einem Linienverkehr bedient" werde. Dies bedeute, dass die beantragte Linie teilweise oder nahezu gänzlich in den Verkehrsbereich von drei bestehenden Linien falle. Hinsichtlich der Linie 1 habe die erstmitbeteiligte Partei den zu erwartenden Fahrgastausfall für Orasje, Cerik, Srebrenik und Tuzla mit

2.320 Personen beziffert. Wenn man berücksichtige, dass Tuzla das Hauptverkehrsaufkommen auf dieser Linie darstelle, weil mehr als 67,73 % der Gesamtzahl der Beförderungsfälle (5.344 Personen) nach Tuzla befördert würden (nämlich 3.620 Personen) und sich die restlichen 1.724 Beförderungsfälle (32,26 %) auf Orasje, Cerik und Srebrenik verteilten, müsse davon ausgegangen werden, dass es durch die Errichtung eines weiteren Linienverkehrs "zu wirtschaftlichen Einbußen" von ca 43,41 % (2.320 Personen bzw EUR 80.960), wie von der erstmitbeteiligten Partei geltend gemacht, kommen werde. Überdies stehe fest, dass durch einen weiteren Fahrgastrückgang die ohnehin schwache durchschnittliche Auslastung von 23,33 Personen pro Kurs (bei einem Bus mit 48 Sitzplätzen) noch geringer würde und daher eine wirtschaftliche Weiterführung des bestehenden Linienverkehrs in Frage gestellt würde, zumal sich "Fahrgäste bei gleichartigem Angebot nicht beliebig vermehren, sondern höchstens aufteilen".

Ähnliches gelte für die Linie 2 der erstmitbeteiligten Partei von Wien über Graz nach Tuzla, wo Tuzla (mit 334 Personen bzw 21,41 %) und Ormanica (mit 1.042 Personen bzw 66,79 %) das Hauptverkehrsaufkommen dieser Linie darstellten. Würde zum bestehenden Linienverkehr mit einem Kurspaar wöchentlich ein weiterer Linienverkehr mit drei Kurspaaren wöchentlich dazukommen, seien die von der erstmitbeteiligten Partei geltend gemachten "Einbußen" von 1.222 Personen bzw 78,33 % glaubhaft, weshalb bei der gegebenen schwachen Auslastung von 15 Personen pro Kurs (wiederum bei einem Bus mit 48 Sitzplätzen) eine wirtschaftliche Weiterführung des Betriebes in jedem Fall in Frage gestellt wäre.

Die zweitmitbeteiligte Partei, welche die "Linie 3" (von Wien nach Tuzla) betreibe, habe es zwar trotz Aufforderung unterlassen, ihre Einwendungen zu konkretisieren, und nur die Gesamtzahl der Beförderungsfälle, nämlich 1.422 Personen bzw EUR 69.475,-- Gesamteinnahmen, bekannt gegeben. Da auf bosnisch-herzegowinischem Staatsgebiet neben Tuzla weitere vier Haltestellen zu bedienen seien, sei davon auszugehen, dass nicht alle Fahrgäste nach Tuzla befördert würden. Da aber drei der fünf Haltestelle (nämlich Orasije, Srebrenik und Tuzla) der bestehenden Linie 3 mit dem Angebot der Beschwerdeführerin ident seien, könne davon ausgegangen werden, dass es auch für die zweitmitbeteiligte Partei auf der Relation Wien-Tuzla zu empfindlichen, allenfalls wirtschaftlich nicht tragbaren Einnahmenausfällen kommen werde, wenn sich das Fahrgastaufkommen auf weitere zusätzliche drei Kurspaare wöchentlich aufteile.

Entgegen der Äußerung der Beschwerdeführerin weise das KflG keine "gesetzliche Schutzzeit" für einander konkurrenzierende Linien auf. Die Erörterungen der Beschwerdeführerin, welche die Richtigkeit der von der erstmitbeteiligten Partei genannten Betriebsergebnisse für die Linie 1 unter Hinweis auf das genannte Datum der Konzessionserteilung (13. Februar 2003) und das Datum des Schreibens (10. März 2003), mit dem bereits Gesamteinnahmen in der Höhe von EUR 186.982,-- genannt wurden, bezweifelt habe, gingen deshalb ins Leere, da der zitierte Bescheid vom 13. Februar 2003 lediglich eine Streckenänderung in Österreich (die Miteinbeziehung von Graz) betroffen habe. Wenn auch die erstmitbeteiligte Partei keinen Zeitraum für die vorgelegten Betriebsdaten genannt habe, könne es sich doch "nur um eine Jahresmeldung handeln", wie sich schon aus dem Vergleich zum Jahrespassagieraufkommen der zweitmitbeteiligten Partei und den von der Beschwerdeführerin selbst dazu angestellten Überlegungen ergebe. Insgesamt sei "daher festzustellen, dass es die Konzessionswerber unterlassen haben, durch sachliche Auseinandersetzung mit den vorgelegten Betriebsdaten der existenten Konzessionsinhaber deren Einwände gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG zu entkräften". Es stehe fest, dass bereits "drei genehmigte Linienverkehre von Wien nach Tuzla bestehen, die von sechs Unternehmen betrieben werden, wobei hinzu kommt, dass auch jede einzelne der beantragten Haltestellen im Zielland bereits bedient wird". Tuzla sei eine Stadt mit etwa 100.000 Einwohnern; unter Berücksichtigung "anderer existenter Verkehre z.B. nach Linz sowie auch in andere europäische Staaten" und der eher geringen Auslastung der bestehenden bilateralen Verkehre sei davon auszugehen, dass kein zusätzliches Verkehrsbedürfnis bestehe. Auch der Fahrplan erscheine nicht geeignet, den Fahrgästen eine Verbesserung zu den bereits vorhandenen Verkehren zu bieten. Im Hinblick auf die schon derzeit geringe Auslastung bzw die daraus resultierenden Einnahmen auf den bestehenden Linienverkehren seien die Befürchtungen der betroffenen Verkehrsunternehmen, durch Hinzutreten eines weiteren - fahrplanmäßig sehr ähnlichen - Linienverkehrs wirtschaftlich nicht mehr tragbare Einnahmeneinbußen hinnehmen zu müssen, nachvollziehbar und berechtigt, zumal durch den beantragten Linienverkehr kein neues oder besseres Angebot entstehe, sondern offensichtlich derselbe Interessentenkreis angesprochen werden solle. Da die Endpunkte der Linien ident seien, alle Haltestellen des beantragten Verkehrs bereits bedient würden und sich auch die Fahrpläne nur geringfügig unterschieden, könnten keine Auflagen vorgeschrieben werden, die einen effizienten Schutz jeder einzelnen der existenten Linien bewirken könnten. Es sei daher der Ausschließungsgrund des § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG gegeben.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:

Gemäß § 1 Abs 1 des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl Nr 203/1999 idF BGBl I Nr 77/2002 (KflG), ist Kraftfahrlinienverkehr die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgesetzten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden.

Gemäß § 1 Abs 3 KflG bedarf der innerstaatliche und grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nach Abs 1 einer Konzession, der grenzüberschreitende Kraftfahrlinienverkehr nur mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder nur mit Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

Gemäß § 7 Abs 1 KflG ist die Erteilung der Konzession (unter anderem) davon abhängig, dass

Z 3 die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet und

Z 4 die Erteilung einer Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwiderläuft. Dieser Ausschließungsgrund liegt insbesondere dann vor, wenn

a) die Kraftfahrlinie auf Straßen durchgeführt werden soll, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eignen, oder

b) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 1 bis 3) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist, oder

c) der beantragte Kraftfahrlinienverkehr einer dem öffentlichen Bedürfnis mehr entsprechenden Ausgestaltung des Verkehrs durch die Verkehrsunternehmen, in deren Verkehrsbereich (§ 14 Abs 4) die beantragte Linie ganz oder teilweise fällt, vorgriffe, und eines von diesen die notwendige Verbesserung der Verkehrsbedienung innerhalb einer von der Konzessionsbehörde festzusetzenden angemessenen Frist von höchstens 6 Monaten vornimmt.

Gemäß § 14 Abs 1 KflG erstreckt sich der Verkehrsbereich nach § 7 Abs 1 Z 4 lit b so weit, wie (sich)eine beantragte Kraftfahrlinie auf einen bereits konzessionierten öffentlichen Verkehr gefährdend auswirken kann.

Gemäß § 14 Abs 2 KflG liegt eine Gefährdung der Erfüllung der Verkehrsaufgaben dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmen in der Führung seines öffentlichen Verkehrs einschneidend beeinträchtigt wird, dies ist dann der Fall, wenn es hinsichtlich der gefährdeten Linie einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.

Gemäß § 14 Abs 3 KflG hat ein Verkehrsunternehmen, das behauptet, durch die Erteilung einer neuen oder einer hinsichtlich der Streckenführung abzuändernden Konzession einen die wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall zu erleiden, der Aufsichtsbehörde jene zum Teil nur ihm bekannten Daten zu liefern, anhand derer diese in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, wie sich der Einnahmenausfall auf die wirtschaftliche Betriebsführung seiner Linie auswirken wird.

Die mitbeteiligten Parteien haben im Konzessionserteilungsverfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin den Ausschließungsgrund nach § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG geltend gemacht, weil sie durch die Erteilung der beantragten Konzession auf der von ihnen bereits betriebenen - streckengleichen - Linie einen Einnahmenausfall erleiden würden, der die wirtschaftliche Betriebsführung in Frage stelle.

Die belangte Behörde hat - basierend im Wesentlichen auf den Angaben der erstmitbeteiligten Partei - das Bestehen des geltend gemachten Ausschließungsgrundes angenommen, weil die bestehende Linie schon derzeit nur schwach ausgelastet sei, das Angebot der Beschwerdeführerin (abgesehen von einem als geringfügig beurteilten Unterschied in den Abfahrtszeiten) ident mit dem bestehenden sei und eine Erhöhung des Fahrgastvolumens nicht zu erwarten sei.

Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin zunächst geltend, dass nicht sie die Angaben der mitbeteiligten Parteien "entkräften" hätten müssen, vielmehr es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, sich damit kritisch auseinander zu setzen; stattdessen habe sie die nicht nachvollziehbaren Angaben der mitbeteiligten Parteien einfach übernommen.

Wird im Konzessionserteilungsverfahren von einem Verkehrsunternehmen, in dessen Verkehrsbereich die beantragte Linie zumindest teilweise fällt, behauptet, durch die Konzessionserteilung einen relevanten Einnahmenausfall zu erleiden, hat dieses Unternehmen der Behörde die notwendigen "Daten zu liefern"; § 14 Abs 3 KflG legt also diesem Unternehmen eine besondere Mitwirkungspflicht auf, zumal es der Behörde regelmäßig nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt (Vorliegen des geltend gemachten Ausschließungsgrundes) ohne Mitwirkung der Partei festzustellen.

In die "Gegenrichtung", also seitens des Konzessionswerbers (hier: Beschwerdeführerin) besteht aber keine derartige Verpflichtung; vielmehr bleibt es im Sinne des § 39 Abs 2 AVG Aufgabe der Behörde, von Amts wegen den maßgebenden Sachverhalt festzustellen, bei Geltendmachung des Ausschließungsgrundes nach § 7 Abs 1 Z 4 lit b KflG also auf eine Konkretisierung zu dringen, über den behaupteten Fahrgast- und Einnahmenausfall Ermittlungen - auch ohne "Gegeneinwendungen" des Konzessionswerbers - vorzunehmen und dazu nachvollziehbare Feststellungen zu treffen. So hat der Verwaltungsgerichtshof schon in einer Reihe von Entscheidungen klargestellt, dass der Bescheid über die Konzessionserteilung bzw - verweigerung objektive Grundlagen über die geltend gemachten Einnahmenausfälle zu enthalten hat (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 8. September 2004, Zl 2002/03/0242, und vom 16. Oktober 2002, Zl 99/03/0439). Hätte die belangte Behörde also angenommen, es sei Aufgabe des Konzessionswerbers, Angaben von konzessionierten Verkehrsunternehmen über eigene Einnahmenausfälle zu entkräften, wäre sie von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen. Die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid sind jedoch entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht in diesem Sinn zu verstehen. Die belangte Behörde wollte damit vielmehr offenbar zum Ausdruck bringen, dass sie die Angaben der mitbeteiligten Partei im Rahmen der Beweiswürdigung für glaubhaft halte und das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet sei, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

Die erstmitbeteiligte Partei hat - in Beantwortung des Auftrages der belangten Behörde vom 4. Februar 2003, "die Höhe des zu erwartenden Fahrgast- und des damit verbundenen Einnahmenausfalls bekannt zu geben und letzterer zu den Gesamteinnahmen der betroffenen Linie ins Verhältnis zu setzen" - in ihrer Stellungnahme vom 10. März 2003 "die letzten Linienergebnisse" genannt, nämlich (hinsichtlich der Linie 1):

"Fahrplankilometer:

161.216,00

Kursfahrten:

229,00

Beförderte Personen:

5.344,00

Gesamteinnahmen (EUR):

186.982,00

 

 

Beförderte Personen in den Destinationen:

Wien (Graz) - Orasije:

200 (30)

Wien (Graz) - Cerik:

344

Wien (Graz) - Srebrenik:

998 (152)

Wien (Graz) - Tuzla

2.470 (1.150)

 

 

Verkehrseinnahmen (EUR) in den Destinationen:

Wien/Graz - Orasije

7.360,00

Wien/Graz - Cerik:

11.352,00

Wien/Graz - Srebrenik:

37.950,00

Wien/Graz - Tuzla

130.320,00

 

 

Durchschnittl. beförderte Personen/Kursfahrt:

23,33

Durchschnittl. Auslastung/Bus (48 Sitzplätze):

48,60 %

Durchschnittl. Einnahmen/Km (EUR):

1,15

Durchschnittl. Einnahmen/Kursfahrt (EUR):

816,51

Durchschnittl. Einnahmen/bef. Person (EUR):

34,98

"

Die erstmitbeteiligte Partei machte, ausgehend von einer "mit Ausnahme der Einbindung von Ormanica gänzlichen Streckenparallelität und des völlig gleichen Fahrplanangebotes" folgende Fahrgast- und Einnahmenausfälle geltend:

"Wien (Graz) - Orasije:

80

(20)

3.200,00 EUR

Wien - Cerik:

120

 

3.960,00 EUR

Wien (Graz) - Srebrenik:

500

(100)

19.800,00 EUR

 

 

 

 

Wien (Graz) - Tuzla

1.000

(500)

54.000,00 EUR

 

1.700

(620)

80.960,00 EUR

Bezogen auf das letzte Linienergebnis stünde daher ein Fahrgastausfall von insgesamt 2.320 Personen (= 43,41 %) und ein Einnahmenausfall von EUR 80.960,00 (= 43,29 %) zu befürchten."

Weiters nannte sie die "letzten Linienergebnisse" für die "Linie 2":

"Fahrplankilometer:

79.976,00

Kursfahrten:

104,00

Beförderte Personen:

1.560,00

Gesamteinnahmen (EUR):

34.580,00

 

 

Beförderte Personen in den Destinationen:

Wien (Graz) - Orasije:

0 (0)

Wien (Graz) - Loncari:

130 (0)

Wien (Graz) - Cerik:

0 (0)

Wien (Graz) - Ormanica:

834 (208)

Wien (Graz) - Srebrenik:

54 (0)

Wien (Graz) - Tuzla:

334 (0)

Es wurden behördlicherseits von Wien und Graz ausgehende Einheitstarife in die bosnisch-herzegowinischen Destinationen genehmigt. Die Verkehrseinnahmen in den Destinationen nach Wien betragen EUR 30.420,00 in den Destinationen nach Graz EUR 4.160,00.

Durchschnittl. beförderte Personen/Kursfahrt:

15,00

Durchschnittl. Auslastung/Bus (48 Sitzplätze):

31,25 %

Durchschnittl. Einnahmen/Km (EUR):

0,43

Durchschnittl. Einnahmen/Kursfahrt (EUR):

332,50

Durchschnittl. Einnahmen/bef. Person (EUR):

22,16

"

Wegen der "gänzlichen Streckenparallelität und des völlig gleichen Fahrplanangebotes" seien bei Konzessionserteilung hinsichtlich dieser Linie folgende Fahrgast- und Einnahmenausfälle zu befürchten:

"Wien (Graz) - Ormanica:

834

(208)

18.765,00 (4.610,00) EUR

Wien - Srebrenik:

20

 

450,00 EUR

Wien - Tuzla

160

 

3.600,00 EUR

 

 

1.014

(208)

22.815,00 (4.610,00) EUR

Bezogen auf das letzte Linienergebnis stünde daher ein Fahrgastausfall von insgesamt 1.222 Personen (= 78,33 %) und ein Einnahmenausfall von EUR 27.425,00 (= 79,30 %) zu befürchten."

Die zweitmitbeteiligte Partei machte in ihren Stellungnahmen vom 4. März 2003 und 19. Mai 2003 - zusammengefasst - geltend, dass ihr Jahrespassagieraufkommen von 1.422 Personen und die daraus resultierenden Einnahmen von EUR 69.475,-- durch die beantragte Konzessionserteilung fast vollständig wegfallen würden.

In ihrer Äußerung vom 10. Juni 2003 trat die Beschwerdeführerin den von der erstmitbeteiligten Partei geltend gemachten Einnahmenausfällen mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Weiters liefert die A Ges.m.b.H. in Ihrem Schreiben zwar sehr viel Zahlenmaterial, aus dem aber letzten Endes nicht sehr viel ersichtlich ist. Zum Beispiel ist es ja ganz schön, wenn die letzten Linienergebnisse bekannt gegeben werden, es wäre aber natürlich noch schöner, wenn auch der Zeitraum, auf den sich diese Ergebnisse beziehen, angeführt wäre (Tage, Wochen, Monate oder Jahre). Besonders verwundert sind wir, dass die A am 13.2.2003 (lt. eigenen Angaben) die Konzession erhalten hat und in Ihrem Schreiben vom 13.03.2003 bereits 161.216,00 Fahrplankilometer angibt und bereits Einnahmen in der Höhe von EUR 186.982,-- erzielt hat. Dieses Ergebnis kann für den Zeitraum vom 13.02.2003 (Konzessionserteilung) bis 10.03.2003 (Datum des Briefes) wahrlich als stolze Leistung bezeichnet werden, lässt aber auf keinen Fall den Schluß zu, dass die A Ges.m.b.H. durch die Erteilung der Konzession an unser Unternehmen schwer wirtschaftlich geschädigt werden könnte.

Wie die A Ges.m.b.H. den Fahrgast- und Einnahmenausfall, den Sie durch die Erteilung der beantragten Konzession erleiden würde, berechnet hat ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Besonders der behauptete Fahrgastausfall von 43,41 % und von 78,33 % ist nicht nur nicht nachvollziehbar sondern vor allem aus einem anderen Grunde hochinteressant. Wenn diese Zahlen tatsächlich stimmen würden, bedeutet dies nämlich nichts anderes, dass die Fahrgäste der A Ges.m.b.H. deren Dienste nur mangels einer anderen Alternative in Anspruch nehmen und bei einer sich anbietenden anderen Möglichkeit diese sofort in Anspruch nehmen würden. Dies mag verschiedene Ursachen haben (Innen- und technische Ausstattung der eingesetzten Linienbusse, Fahrsicherheit der Chauffeure etc.) zeigt aber auf jeden Fall, dass die Kunden der A anscheinend mit der Art der Durchführung der Linienfahrten durch die A Ges.m.b.H. nicht zufrieden sind und dass dies der Betriebsführung auch bewusst ist."

Das "Zahlenmaterial" der erstmitbeteiligten Partei wurde von der Beschwerdeführerin zunächst also insofern in Frage gestellt, als unklar geblieben sei, auf welchen Zeitraum sich "die letzten Betriebsergebnisse" bezögen, und warum die erstmitbeteiligte Partei zwischen 13. Februar 2003 und 10. März 2003 schon

"161.216 Fahrplankilometer" erzielt habe.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid dazu ausgeführt, es müsse allen Beteiligten klar gewesen sein, dass es sich bei den "letzten Betriebsergebnissen" nur um eine "Jahresmeldung" handeln habe können. Diese Beurteilung wird in der Beschwerde nicht mehr in Frage gestellt, ebenso wie die Klarstellung, dass es sich bei der von der mitbeteiligten Partei bekannt gegebenen Konzession laut "letztem Bescheid vom 13. Februar 2003" nur um eine Änderung der bereits bestehenden Konzession für die Linie von Wien nach Tuzla gehandelt hatte.

Soweit sich das Beschwerdevorbringen gegen die Richtigkeit der von der erstmitbeteiligten Partei genannten Fahrgastzahlen auf einen mit der Beschwerde vorgelegten Bericht des Ministeriums für Verkehr, Kommunikationen, Handel und Unternehmertum von Bosnien und Herzegowina bezieht, kann darauf nicht eingegangen werden. Selbst wenn sich die in dieser Urkunde genannten Zahlen auf die von der erstmitbeteiligten Partei mit den beschwerdegegenständlichen Linien transportierten Fahrgäste beziehen sollte (was von der erstmitbeteiligten Partei bestritten wird), hat die Beschwerdeführerin das genannte Schreiben nicht schon vor Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegt. Dem in Rede stehenden Vorbringen steht daher das sich aus § 41 Abs 1 VwGG ergebende Neuerungsverbot entgegen, das soweit gilt, als eine Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, Tatsachen und Beweismittel vorzubringen (vgl etwa das Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl 2001/08/0192). Dass die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gehabt hätte, im Verwaltungsverfahren noch vor Erlassung des angefochten Bescheides die von ihr angeregte "Überprüfung" zu veranlassen, ist nicht ersichtlich.

Dennoch ist die Beschwerde im Ergebnis berechtigt:

Der von der erstmitbeteiligten Partei geltend gemachte und von der belangten Behörde ihren Feststellungen zu Grunde gelegte Ausfall von 43,41 % der Fahrgäste und 43,29 % der Einnahmen (hinsichtlich der Linie 1) bzw 78,33 % der Fahrgäste und 79,30 % der Einnahmen (hinsichtlich der Linie 2) resultierte, wie ein Vergleich der in der Stellungnahme vom 10. März 2003 genannten Zahlen zeigt, aus der geschätzten Annahme, dass 2.320 von

5.344 Personen (bzw 1.222 von 1.560 Personen hinsichtlich der Linie 2) die neue Linie der Beschwerdeführerin in Anspruch nehmen würden. Auf welchen tatsächlichen Annahmen diese Schätzung (2.320 bzw 1.222 Fahrgäste würden "abwandern") aber beruht, wurde von der belangten Behörde nicht dargelegt. Die von ihr hervorgehobenen Umstände, Ausgangs- und Endpunkt der beantragten Linie seien "ident" mit den bestehenden, alle Haltestellen würden "bereits bedient", auf Grund des "bloß geringfügigen Unterschiedes" in den Abfahrtszeiten könne auch nicht von einer entscheidenden Verbesserung des Fahrplanangebotes ausgegangen werden, deuten zwar darauf hin, dass die beantragte Linie zu keiner Vermehrung des Fahrgastaufkommens führen wird, erklären jedoch nicht wieso der Fahrgastausfall gerade in der geltend gemachten Höhe anzunehmen sei.

Schon deshalb ist die Begründung des angefochtenen Bescheides mangelhaft geblieben.

Dazu kommt, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, Feststellungen über die Höhe der für eine wirtschaftliche Betriebsführung der Linie der mitbeteiligten Parteien, in deren Verkehrsbereich durch die von der Beschwerdeführerin beantragte Konzession eingegriffen würde, erforderlichen Einnahmen zu treffen (vgl das hg Erkenntnis vom 8. September 2004, Zl 2002/03/0242). Diese Feststellungen können durch den Hinweis auf eine als "schwach" beurteilte durchschnittliche Auslastung der von der erstmitbeteiligten Partei gefahrenen Kurse nicht ersetzt werden.

Im Lichte des zitierten Erkenntnis wäre es zur Beurteilung des von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachten Ausschlussgrundes also erforderlich gewesen, nachvollziehbar begründete Feststellungen zu treffen über

-

die Höhe der für eine wirtschaftliche Betriebsführung der Linie Wien - Tuzla erforderlichen Einnahmen,

-

die Einnahmen aus der Beförderung der auf dieser Linie reisenden Fahrgäste durch die mitbeteiligten Parteien und

-

den unter Berücksichtigung der geplanten Linie der Beschwerdeführerin zu erwartenden Einnahmenausfall der mitbeteiligten Parteien auf der Linie Wien - Tuzla.

Der angefochtene Bescheid war deshalb wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 12. September 2006

Schlagworte

Sachverhalt SachverhaltsfeststellungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteVerfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003030219.X00

Im RIS seit

05.10.2006

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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