TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/13 2003/13/0116

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Veröffentlicht am 13.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

KommStG 1993 §1;
KommStG 1993 §10 Abs5;
KommStG 1993 §3 Abs1;
KommStG 1993 §3 Abs3;
KStG 1988 §2 Abs1;
KStG 1988 §2 Abs5;
VwGG §48 Abs3 Z2;
VwGG §49 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der Landeshauptstadt Graz gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 26. August 2003, Zl. RV/4455-W/02, betreffend Zuteilung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Monate Jänner 1994 bis April 1996 (mitbeteiligte Partei: Ö AG in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Landeshauptstadt Graz hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei und der Stadt Lienz werden abgewiesen.

Begründung

Mit Antrag vom 2. April 2001 ersuchte die Ö AG (die mitbeteiligte Partei) das Finanzamt für den 23. Bezirk in Wien gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993 um Zuteilung der Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer. In der Eingabe wurde ausgeführt, der Ö AG als Gesamtrechtsnachfolgerin der Österreichischen Post AG, dieser als Rechtsnachfolgerin der Post- und Telekom Austria AG, dieser als Gesamtrechtsnachfolgerin des Bundes, Post- und Telegraphenverwaltung, sei mit Bescheiden (der Abgabenbehörden) der Stadt Lienz vom 22. Dezember 1999 und der beschwerdeführenden Landeshauptstadt Graz vom 19. April 2000 Kommunalsteuer vorgeschrieben worden, wobei jeweils die Lohnsumme der Dienstnehmer für die Zeit vom 1. April 1994 bis 30. April 1996 zu Grunde gelegt worden sei. Die Bemessungsgrundlage sei im Schätzungsweg ermittelt worden. Die "überaus grobe Schätzung der Gemeinden", die pauschale Annahme der Bemessungsgrundlage, die Nichtberücksichtigung von Besonderheiten (z.B. Dienstzuteilung an eine andere Betriebsstätte) und die Nichterhebung des tatsächlichen Tätigkeitsortes der Mitarbeiter im Außendienst hätten zum Teil zu erheblichen Mehrfacherfassungen derselben Lohnsummenbestandteile geführt.

Dazu vertrat die Antragstellerin in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, dass die Post- und Telegraphenverwaltung nicht als Betrieb gewerblicher Art anzusehen sei, weshalb keine Kommunalsteuerpflicht bestehe und beantragt werde, den Gemeinden eine Bemessungsgrundlage von 0 Schilling zuzuteilen.

Das Finanzamt erließ einen mit 9. Mai 2001 datierten "Zuteilungsbescheid", in dem die Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer für den Zeitraum Jänner 1994 bis April 1996 hinsichtlich der Städte Graz und Lienz jeweils mit "keine" festgestellt wurde. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass die Post- und Telegraphenverwaltung eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt habe und nach ihrer damaligen Organisationsform eine Einrichtung der öffentlichen Verwaltung dargestellt habe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt gedient habe. Durch die Bindung an das Bundesbudget habe es ihr an jeglicher wirtschaftlicher Selbständigkeit gemangelt. Daher sei die Post- und Telegraphenverwaltung kein Unternehmen im Sinn des § 3 KommStG 1993.

Gegen diesen Bescheid erhob die Stadt Lienz mit Schriftsatz vom 29. Mai 2001 Berufung, worin sie die Ansicht vertrat, der Bund habe im Rahmen des von der Post- und Telegraphenverwaltung ausgeübten Postkraftwagendienstes und Fernmeldewesens überwiegend und nachhaltig privatwirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt.

Die beschwerdeführende Landeshauptstadt Graz trat mit Schriftsatz vom 30. Jänner 2002 der Berufung der Stadt Lienz bei und führte aus, dass innerhalb der Post- und Telegraphenverwaltung eine Abgrenzung der Bereiche Postkraftwagendienst und Fernmeldewesen vorgenommen worden sei, dass sowohl der Postkraftwagendienst als auch das Fernmeldewesen über einen eigenen Dienststellenplan verfügt hätten, dass die innerhalb der sonstigen Bundesverwaltung gelegenen Dienststellen von den übrigen Organisationseinheiten des Bundes abgrenzbar seien und dass der Postkraftwagendienst und das Fernmeldewesen über eigene Räumlichkeiten und eigenes Personal verfügten, das den jeweiligen Dienststellen zuordenbar sei. Daher sei die wirtschaftliche Selbständigkeit gegeben. Auch eine nachhaltige privatwirtschaftliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht sei im Bereich des Postkraftwagendienstes entfaltet worden, weil neben dem Linienverkehr auch noch touristische Angebote bestanden hätten und die Organisationseinheit in diesem Bereich wie ein Privater wirtschafte und auftrete. Die im Rahmen des primär durchgeführten Personengüterverkehrs durchgeführte Beförderung von Briefsendungen spiele dabei eine untergeordnete Rolle. Im Rahmen des Postkraftwagendienstes werde neben dem Güterverkehr der Personenverkehr ausgeübt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 11. Juni 2002 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Die beschwerdeführende Landeshauptstadt Graz beantragte die Vorlage der Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und blieb bei ihrer Auffassung, dass hinsichtlich des Bereiches "Personenbeförderungsdienst" der Österreichischen Postbus AG als Rechtsnachfolgerin letztlich des Bundes, Post- und Telegraphenverwaltung, ein Betrieb gewerblicher Art bestanden habe und die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer in näher ausgeführter Höhe für den Streitzeitraum der Landeshauptstadt Graz zuzuteilen sei.

In einer Stellungnahme vom 12. Mai 2003 führte die mitbeteiligte Partei zu der ihr von der belangten Behörde vorgehaltenen Berufung aus, dass sie die Ansicht vertrete, es liege aus näher ausgeführten Gründen kein Betrieb gewerblicher Art der Post- und Telegraphenverwaltung hinsichtlich des Bereiches Personenbeförderung vor. Im Betrieb des Postautodienstes habe die Post- und Telegraphenverwaltung einen Teil der Hoheitsverwaltung dargestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Einbeziehung des Personenbeförderungsbereiches im Linien- und Gelegenheitsverkehr durch die Post in den Unternehmensbereich durch § 2 Abs. 4 Z 2 UStG 1994 gelte als Indiz dafür, dass der Gesetzgeber darin keinen Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechts gesehen habe, weil für diesen Fall die Umsatzsteuerpflicht bereits gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 bestanden hätte und eine gesonderte Regelung wie jene des § 2 Abs. 4 Z 2 leg. cit. nicht notwendig gewesen wäre. Weiters verwies die belangte Behörde auf die Entscheidung des OGH vom 26. Februar 1994, 10 b 2/94 (gemeint wohl: 1 Ob 2/94), in welchem der OGH ua. zum Ausdruck gebracht habe, dass der Einsatz eines Postautobusses, der auch zur Beförderung der dem Beförderungsvorbehalt unterworfenen Postsendungen bestimmt sei, insgesamt der Hoheitsverwaltung zugerechnet werden müsse. Daher komme die belangte Behörde neben anderen im Einzelnen angeführten Argumenten zum Ergebnis, dass hinsichtlich des Postautodienstes der Post- und Telegraphenverwaltung ein Betrieb gewerblicher Art im Sinn des § 3 Abs. 3 KommStG 1993 nicht vorgelegen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Landeshauptstadt Graz hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Soweit die mitbeteiligte Partei die Zurückweisung der Beschwerde begehrt, ist auszuführen, dass der mitbeteiligten Partei lediglich eine im Gefolge eines Verbesserungsauftrages nachträglich eingebrachte (mit dem Eingangsstempel des Gerichtshofes vom 7. November 2003 versehene) Ausfertigung der Beschwerde zugestellt wurde und die Urschrift der Beschwerde fristgerecht eingebracht wurde.

Zu erwähnen ist, dass sich die Stadt Lienz zur Beschwerde geäußert und ebenfalls die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt hat. Da das VwGG einen Eintritt "als Mitbeteiligter auf Seiten des Beschwerdeführers" nicht kennt (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 165), kommt ihr im Beschwerdefall die Stellung als mitbeteiligte Partei mit den entsprechenden Kostenfolgen nicht zu.

Gemäß § 1 KommStG 1993 unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.

Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn (Überschuss) zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 3 Abs. 1 leg. cit.).

Gemäß § 3 Abs. 3 KommStG 1993 sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG 1988) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.

Nach § 2 Abs. 1 KStG 1988 ist Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jede Einrichtung, die wirtschaftlich selbständig ist und ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht und zur Erzielung von Einnahmen oder im Falle des Fehlens der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr von anderen wirtschaftlichen Vorteilen und nicht der Land- und Forstwirtschaft (§ 21 EStG 1988) dient. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Die Tätigkeit der Einrichtung gilt stets als Gewerbebetrieb.

Nach § 2 Abs. 5 KStG 1988 liegt eine privatwirtschaftliche Tätigkeit iSd Abs. 1 nicht vor, wenn die Tätigkeit überwiegend der öffentlichen Gewalt dient (Hoheitsbetrieb). Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 17. November 2005, 2001/13/0239, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass nach den Bestimmungen der §§ 6, 9 und 16 des Postgesetzes, BGBl. Nr. 58/1957, aufgehoben durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 18/1998, die Post zur Postbeförderung gesetzlich verpflichtet gewesen ist, während ihr zur Personenbeförderung lediglich eine Befugnis eingeräumt war. Da der Betrieb von Postbussen gewöhnlich beiden Zwecken diente, war nach Verwaltungspraxis und Rechtsprechung eine Abgrenzung des Bereiches der Personenbeförderung durch die Post von den übrigen Postleistungen nicht vorzunehmen. Allenfalls in einem Teilbereich des Fernmeldewesens sei die Post- und Telegraphenverwaltung als Betrieb gewerblicher Art einzustufen. Die zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des mit jenem Erkenntnis angefochtenen Bescheides ergab sich deshalb im Bereich des Fernmeldewesens und nicht im Bereich des Postkraftwagendienstes.

Es ist somit für nicht rechtswidrig zu befinden, wenn die belangte Behörde im Instanzenzug den Städten Graz und Lienz für den Bereich, für den die Österreichische Postbus AG letztlich Gesamtrechtsnachfolgerin des Bundes, Post- und Telegraphenverwaltung, ist, jeweils die Bemessungsgrundlage "keine" gemäß § 10 Abs. 5 KommStG 1993 zuteilte, weil dieser Bereich keinen Betrieb gewerblicher Art des Bundes darstellte.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt (Wirtschaftsprüfer) vertreten war (§ 49 Abs. 1 iVm § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG; vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2003, 2000/16/0735 und 0736).

Wien, am 13. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003130116.X00

Im RIS seit

06.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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