TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/13 2003/12/0179

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2006
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
63/02 Gehaltsgesetz;
63/05 Reisegebührenvorschrift;

Norm

ABGB §1014;
ABGB §1015;
GehG 1956 §20 Abs1 idF 1972/214;
GehG 1956 §20 Abs2 idF 1990/447;
RGV 1955 §10 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der S in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. September 2003, Zl. 11 2011/6-I/11/02, betreffend Aufwandsentschädigung gemäß § 20 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Amtsdirektorin (Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 6) in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist das Finanzamt Braunau am Inn, wo sie als Betriebsprüferin verwendet wird.

Die Beschwerdeführerin nahm im Rahmen ihres Dienstes im Jahr 2001 am 3. Führungskräftelehrgang der Finanzverwaltung teil, der aus vier "Modulen" bestand. Am 2. April 2001 erhielt sie neben den Seminarunterlagen eine E-Mail ihrer Dienstbehörde, worin die Anfahrtsmöglichkeiten zum Seminarort S. mit dem Auto oder per Bahn näher beschrieben wurden. Bei einer Bahnanreise wurde empfohlen, für den Transfer vom Bahnhof zum (näher bezeichneten) Seminarhotel Frau X., am besten vorher telefonisch, zu kontaktieren.

Zur Anreise bei den Modulen 1 und 2 benützte die Beschwerdeführerin ihren privaten Pkw, ohne dass eine Bestätigung der vorgesetzten Dienststelle vorlag, dass die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeuges im Dienstinteresse liege. Eine Vergütung des jeweils verzeichneten Kilometergeldes ist nicht erfolgt. Bei der Anreise zum dritten Modul benützte sie öffentliche Verkehrsmittel (die Österreichischen Bundesbahnen).

Für die Anreise zum 4. Modul (vom 27. November 2001, 13.00 Uhr, bis zum 29. November 2001, 16.00 Uhr) - in der Einladung hiezu sind nähere Hinweise zur Anreise unter Verweis auf die Routine aus dem Besuch der früheren Module unterblieben - benützte die Beschwerdeführerin für die Fahrt von ihrem Wohnort P. bis zum Seminarort S. (Gesamtstrecke für Hin- und Rückfahrt laut ihrer Reiserechnung 260 km) wiederum ihren privaten Pkw, ohne dass eine Bestätigung der vorgesetzten Dienststelle vorgelegen wäre, dass die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges im Dienstinteresse gelegen wäre. Bei der Anreise zum Seminar am 27. November 2001 ereignete sich ein Verkehrsunfall, den die Beschwerdeführerin in ihrer beim Gendarmerieposten K. aufgenommenen Niederschrift am gleichen Tag wie folgt beschrieb:

"Ich lenkte heute gegen 11.15 Uhr meinen PKW, ..., auf der Bundesstraße von der Autobahn A9 kommend in Richtung K. Kurz vor K. kam ich aus mir nicht bekannten Gründen - entweder Sekundenschlaf oder geistige Abwesenheit bei einem Seminar - auf die linke Fahrbahnseite und stieß in der Folge mit der rechten Frontseite gegen einen entgegenkommenden PKW. Kurz vor dem Zusammenstoß bemerkte ich erst, dass ein PKW direkt vor mir war. Ich wollte noch auf den rechten Fahrstreifen zurücklenken, konnte jedoch einen Zusammenstoß nicht mehr verhindern.

Ich sprach nach dem Unfall sofort mit der Unfallsgegnerin, welche

nicht aus dem Fahrzeug ausstieg.

Ich wurde bei diesem Unfall nicht verletzt.

Zum Unfallszeitpunkt war ich alleine im Fahrzeug, war angegurtet, hatte das Abblendlicht eingeschaltet und vermutlich den 4 Gang eingelegt.

An meinem PKW entstand vermutlich ein Totalschaden. Mehr kann ich zum Unfall nicht angeben."

(Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)

Am 14. Jänner 2002 beantragte die Beschwerdeführerin unter Anschluss der dargestellten Niederschrift vom 27. November 2001 und einer Bestätigung des Vorliegens eines Totalschadens an ihrem Pkw den Ersatz des Zeitwertes dieses Wagens von S 18.000,-- (= 1.308,11 EUR).

Zur Begründung führte sie aus, die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges sei im dienstlichen Interesse gestanden. Sie habe zu diesem Seminar neben dem persönlichen Gepäck auch eine Menge an Unterlagen aus den vorherigen Seminaren und Unterlagen für die geforderte Projektarbeit mitbringen müssen. Sämtliche Teilnehmer seien mit Pkw angereist, den Kollegen aus anderen FLD sei auch das Kilometergeld bezahlt worden. Das öffentliche Verkehrsmittel sei unzumutbar. Die Anreise dauere unverhältnismäßig lange. Die "reine Fahrzeit mit der Bahn" betrage allein 3 1/2 Stunden für eine Strecke. Man müsse mit dem gesamten Gepäck zweimal umsteigen und dann vom Bahnhof noch etwa 2 km zu Fuß zum Seminarort gehen. Mit der Bahn dauere die Dienstreise 9 Stunden länger als mit dem Pkw.

Am 29. Mai 2002 erstattete der Vorstand des Finanzamtes Braunau am Inn der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (kurz: FLD), deren Geschäftsabteilung (kurz GA) 2 am 17. Mai 2002 mitgeteilt hatte, dass ein dienstliches Interesse an der Benützung des eigenen Pkws fehle und Anreisen zu Aus- und Fortbildungsveranstaltungen grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgten, folgenden Bericht:

"Zur vorstehenden Schadenersatzangelegenheit wird auftragsgemäß berichtet:

-

Die Benützung eines PKW für die Anreise zur Fortbildungsveranstaltung am 27.11.01 durch die Schadenswerberin erfolgte ohne jedes dienstliches obligo, war nicht geboten und wurde auch nicht angeordnet.

-

Dringende oder unaufschiebbare Diensterfüllungspflichten (innen- oder außendienstliche) am Vormittag des Anreisetages (Schadensereignistag) waren nicht gegeben. Dies hat nicht zuletzt

eine Befragung ihrer Dienst- und Fachvorgesetzten ... ergeben.

Auch Anhaltspunkte formaler Art (z.B. Dienstzeitaufschreibungen) fehlen für eine Annahme hiezu.

-

Dass das Amtseinverständnis im Sinne des § 10 Abs. 2 RGV von der Dienststelle nicht bescheinigt wurde (ex ante) und aus rechtlichen Gründen nachträglich auch nicht erteilt wird (ex post), wurde bereits festgestellt ...

...

Abschließend darf aber angemerkt werden, dass die Aussage der GA 2, wonach 'die Anreise zu Aus- und Fortbildungsveranstaltung grundsätzlich mit öffentlichen Verkehrsmittel erfolge', in der Dienststellenpraxis keine Bestätigung findet. Faktum ist nämlich, dass extrem abgelegene Dienstverrichtungsorte (wie z.B. bei Seminaren und Schulungen) aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen meistens mit den PKWs der Bediensteten angefahren werden (die Bedienstete hat diesen Umstand in ihrem konkreten Fall auch begründet)."

Mit Schreiben vom 2. Juli 2002 hielt die FLD der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ihre Erhebungsergebnisse und den Inhalt des § 20 GehG Folgendes vor:

"Für den Ersatz des am beamteneigenen PKW entstandenen Schadens ist erforderlich, dass

-

die dem/der Dienstnehmer/in aufgetragene Tätigkeit ohne Kfz nicht ordentlich bewältigt werden konnte,

-

die Beistellung eines Kfz durch den Dienstgeber nicht möglich gewesen ist,

-

die Benützung des dienstnehmereigenen Kfz für die aufgetragene Tätigkeit unabdingbar erforderlich gewesen ist und

-

kein Grund vorliegt, der den Ersatz des Schadens grundsätzlich ausschließt (z.B. überwiegendes privates Interesse, vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensherbeiführung usw.)

Mit Einsichtsbemerkung vom 17. Mai 2002 und mit Schreiben vom 29.5.2002 verneinen sowohl die Geschäftsabteilung 2 der Finanzlandesdirektion f. O.Ö. als auch das Finanzamt Braunau das dienstliche Interesse an der Benützung des beamteneigenen Kraftfahrzeuges. Mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen kann der entstandene Schaden seitens des Dienstgebers nicht abgegolten werden und wird der Antrag auf Schadenersatz abzuweisen sein.

..."

Hiezu äußerte sich die Beschwerdeführerin am 8. August 2002 und brachte "zu Punkt 3" des Vorhaltes vor, bei den bisherigen Seminaren und Tagungen sei es ausdrücklich angeführt worden, wenn das dienstliche Interesse für die Verwendung des beamteneigenen KFZ nicht gegeben sei. Diese Vorgangsweise bedinge den Umkehrschluss, das dienstliche Interesse, wenn es nicht ausdrücklich verneint werde, zu bejahen. Sie habe ihr Kfz somit im guten Glauben verwendet und sei der Ansicht, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen.

Mit Schreiben vom 27. August 2002 legte die Beschwerdeführerin über Ersuchen der FLD verschiedene Unterlagen über ihren Seminarbesuch vor.

Mit Bescheid vom 13. September 2002 wies die FLD den Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. Jänner 2002 auf Ersatz des Schadens an ihrem Personenkraftwagen (§ 20 GehG idgF), der ihr durch ihre auswärtige Dienstverrichtung am 27. November 2001 entstanden sei, ab.

Nach Darstellung des Antrages, des darüber abgeführten Verwaltungsverfahrens und der Rechtslage führte die FLD in ihrer Begründung aus, zum Modul 3 des Führungskräftelehrgangs sei die Beschwerdeführerin mit den Österreichischen Bundesbahnen angereist. Entgegen ihrer Behauptung, es habe ein dienstliches Interesse an der Benützung des eigenen Pkw vorgeherrscht, sei festzustellen, dass "für alle vier Reisebewegungen", insbesondere auch die schadensverursachende, ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet hätte werden können, wodurch der Zweck der Dienstverrichtung erreicht worden wäre. Dem Dienstgeber sei daher "keinesfalls der Schaden aus der Benützung des beamteneigenen Kraftfahrzeuges zuzurechnen", weil der Beschwerdeführerin keine Aufgaben übertragen worden seien, deren Erfüllung ohne Kraftfahrzeug nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre und sich der Dienstgeber mangels Beistellung eines Dienstfahrzeuges das eigene Unfallrisiko erspart hätte. Vielmehr sei für die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges "überwiegend privates Interesse" vorgelegen. Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 20 GehG lägen somit nicht vor. Dem von der Beschwerdeführerin gezogenen Umkehrschluss hielt die Dienstbehörde erster Instanz u.a. entgegen, dass sie bei der Anreise zum Modul 3 ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet habe und ihr das in der Reiserechnung (für andere Module) geltend gemachte Kilometergeld vom Dienstgeber nicht bezahlt worden sei.

In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Annahme der Behörde, die Benützung des privaten Pkw sei nicht notwendig gewesen, sei wegen der unverhältnismäßig langen Dauer der Bahnreise und unter Berücksichtigung der mitzuführenden Unterlagen unrichtig. Ob (zu Unrecht oder zu Recht) für die bisherigen Reisebewegungen das in Rechnung gestellte Kilometergeld nach der RGV bezahlt worden sei, spiele im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der von der Beschwerdeführerin dagegen am 8. Oktober 2002 erhobenen Berufung nicht statt und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG.

In ihrer Begründung teilte die belangte Behörde, nach Wiedergabe des Antrages, des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage, die von der FLD vertretene Ansicht. Zwar habe die Dienstreise durch die Benützung des privaten Pkw schneller und im Hinblick auf mitzuführende Unterlagen auch bequemer durchgeführt werden können. Bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn) hätte jedoch der Zweck der Dienstreise, nämlich die Teilnahme am Fortbildungslehrgang, ebenfalls erfüllt werden können. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Beschwerdeführerin zum Modul 3 des Führungskräftelehrganges mit der Bahn angereist sei.

Der Umstand, dass eine Dienstreise mit dem eigenen Pkw zweckmäßiger durchgeführt werden könne, erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 20 Abs. 1 GehG, der fordere, dass der Mehraufwand dem Beamten "notwendigerweise" entstanden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 20 des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, die Überschrift und Abs. 1 idF BGBl. Nr. 214/1972, Abs. 2 idF BGBl. Nr. 447/1990, lautet:

"Aufwandsentschädigung

§ 20. (1) Der Beamte hat Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihm in Ausübung des Dienstes oder aus Anlass der Ausübung des Dienstes notwendigerweise entstanden ist.

(2) Der Ersatz des Mehraufwandes, der einem Beamten durch eine auswärtige Dienstverrichtung oder eine Versetzung entsteht, wird, soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt, durch ein besonderes Bundesgesetz geregelt."

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Aufwandsentschädigung nach § 20 GehG durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit erblickt sie (zusammengefasst) darin, dass die belangte Behörde zu Unrecht nicht bereits den Umstand, dass die Verwendung ihres privaten Pkw "in den Rahmen des Zweckmäßigen bzw. Üblichen fällt", als anspruchsbegründend im Sinn des § 20 Abs. 1 GehG erachtet habe.

Diese Ansicht erweist sich jedoch als nicht berechtigt: Der Verwaltungsgerichtshof judiziert, beginnend mit dem in Anlehnung an zivilrechtliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 1014 ABGB ergangenen Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 1. Juli 1992, Zl. 90/12/0216 = Slg. Nr. 13.678/A, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen wird, in ständiger Rechtsprechung, dass dem Dienstgeber der Schaden aus der Benützung eines Kraftfahrzeuges durch den öffentlich-rechtlichen Dienstnehmer (nur dann) zuzurechnen ist, wenn dem Beamten Aufgaben übertragen wurden, deren Erfüllung ohne Kraftfahrzeug nicht möglich oder zumutbar war, der Schaden in Erfüllung dieser Aufgaben eingetreten ist und sich der Dienstgeber somit mangels Beistellung eines Dienstfahrzeuges das eigene Unfallrisiko erspart hat (vgl. weiters etwa die hg. Erkenntnisse vom 2. September 1998, Zl. 93/12/0117 = Slg. Nr. 14.957/A, und vom 23. Juni 1999, Zl. 93/12/0319 = Slg. Nr. 15.175/A, sowie das zu § 20 GehG/Stmk. ergangene hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2004, Zl. 2000/12/0100).

Da § 20 Abs. 1 GehG (lediglich) den Ersatz eines notwendigerweise entstandenen Mehraufwandes vorsieht, ist als Anspruchsvoraussetzung die zwingende Notwendigkeit für die Benützung eines privaten Personenkraftwagens zu fordern. Eine solche liegt nicht vor, wenn die dienstliche Aufgabe ohne Beistellung eines Kraftfahrzeuges ordentlich und in zumutbarer Weise bewältigt werden konnte, insbesondere also, wenn die Dienstreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (etwa den Österreichischen Bundesbahnen) hätte ausgeführt werden können. Dann ist nämlich ein dienstliches Interesse an der Verwendung eines Kraftfahrzeuges zu verneinen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Juli 1992, Zl. 90/12/0312, und vom 2. September 1998, Zl. 93/12/0117 = Slg. Nr. 14.957/A, jeweils mit weiterem Nachweis arbeitsrechtlicher Judikatur des Obersten Gerichtshofes).

Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, ausreichend wäre bereits die Zweckmäßigkeit bzw. Üblichkeit, stehen neben dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 GehG, der - ebenso wie § 1014 ABGB - ausdrücklich auf die Notwendigkeit abstellt, auch die in Lehre und Judikatur entwickelten Grundsätze zum Verständnis zivilrechtlicher Dienstverhältnisse entgegen, die nach den Ausführungen des genannten hg. Erkenntnisses vom 1. Juli 1992 auch für die Interpretation des § 20 Abs. 1 GehG fruchtbar gemacht werden können:

Danach ist nämlich vorweg zwischen (ersatzfähigen) Schäden zu unterscheiden, die unmittelbar durch die auftragsbezogene Tätigkeit entstanden sind, und (nicht ersatzfähigen) Schäden, die im Vermögen des Dienstnehmers nur gelegentlich der Arbeitsverrichtung eingetreten sind. Dies impliziert - auf den Beschwerdefall bezogen - eine Prüfung, ob die Benützung des eigenen Kraftfahrzeuges dem persönlichen Lebensbereich des Arbeitnehmers oder dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist. Dem Arbeitgeber kommt aber nur dann ein beabsichtigter Vorteil aus diesem Sacheinsatz, der die Grundlage für die Schadensüberwälzung darstellt, zugute, wenn er ohne Einsatz des dem Dienstnehmer gehörenden Pkws genötigt gewesen wäre, ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, um die ordnungsgemäße Erfüllung der von ihm aufgetragenen Aufgaben zu erreichen. Bloße nicht zum Inhalt des Dienstvertrages gemachte Aspekte der Bequemlichkeit des Dienstnehmers können dagegen keine Ersatzfähigkeit begründen (vgl. dazu ausführlich etwa Löschnigg-Reissner in ecolex 1991, 110, mwN aus Lehre und Judikatur des Obersten Gerichtshofes).

Die entscheidende Voraussetzung eines Ersatzanspruches im Bereich zivilrechtlicher Dienstverhältnisse liegt somit darin, dass dem Arbeitnehmer eine entsprechende Aufgabe übertragen ist und dass diese Aufgabe den Einsatz der Güter des Arbeitnehmers erfordert, weil in diesem Fall der Arbeitgeber, der in Kenntnis dieses Umstandes dem Arbeitnehmer die Aufgabe überträgt, über die Güter des Arbeitnehmers für eigene Zwecke disponiert (vgl. Strasser in Rummel3, Rz 10 zu §§ 1014, 1015; Arb 10.664). Die Benützung eigener Güter, die der Arbeitnehmer nach der Verkehrsauffassung selbst beizustellen hat, vermag hingegen ebenso wenig einen Anspruch zu begründen, wie die Benützung eigener Güter lediglich zur Erleichterung der Berufsausübung (vgl. zuletzt etwa das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11. Mai 2006, 8 ObA 1/06i, mwN.).

Ebenso wenig kann im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 GehG, also bei öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, vom Erfordernis der Notwendigkeit des Entstehens eines bestimmten Mehraufwandes abgegangen werden.

Angesichts der unstrittigen Zeiten des Beginns (13.00 Uhr) und des Endes (16.00 Uhr) des von der Beschwerdeführerin zwischen 27. und 29. November 2001 besuchten Seminares sowie des Fehlens dienstlicher Verpflichtungen an beiden Tagen, woraus die Notwendigkeit einer möglichst raschen An- oder Abreise resultiert hätte, des Umfanges der Reisebewegung und des dafür insgesamt erforderlichen Zeitaufwandes unter Berücksichtigung einer Transfermöglichkeit zwischen Bahnhof und Seminarhotel erweist es sich somit als nicht rechtswidrig, dass die belangte Behörde die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Reise unter Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bejaht hat. Den Feststellungen betreffend den erforderlichen Zeitaufwand ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten. Eine nähere Abklärung der Unfallursache und des Ausmaßes eines allfälligen Verschuldens der Beschwerdeführerin (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1992, Zl. 92/12/0078, oder das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 1. Juli 2004) war bei dieser Sachlage nicht erforderlich.

Anzumerken ist, dass der für den Reisekostenanspruch (Kilometergeld) erforderlichen Bestätigung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 RGV (die im Beschwerdefall gefehlt hat) keine normative Bedeutung für den auf § 20 Abs. 1 GehG gestützten Anspruch zukommt. § 20 Abs. 2 GehG, der einen Verweis auf eine gesetzliche Regelung des Ersatzes des Mehraufwandes bei auswärtigen Dienstverrichtungen (das ist der Regelungsgegenstand der RGV) in einem besonderen Bundesgesetz zum Inhalt hat, enthält (seit der Novelle BGBl. Nr. 447/1990) den Halbsatz "soweit es sich nicht um den Ersatz eines Schadens handelt". Der Ersatz derartiger Schäden (bei auswärtigen Dienstverrichtungen) fällt u.a. unter § 20 Abs. 1 GehG. Aus dieser Systematik folgt, dass die RGV (hier § 10 Abs. 2 leg. cit.) keine (bindenden) Auswirkungen auf einen auf § 20 Abs. 1 GehG gestützten Anspruch auf Aufwandersatz in Bezug auf den (dienstlichen) Einsatz des beamteneigenen Kraftfahrzeuges bei einer auswärtigen Dienstverrichtung hat (vgl. allgemein etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1992, Zl. 90/12/0312).

Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde auf das von ihr geltend gemachte Transporterfordernis (von verschiedenen Unterlagen zum "4. Modul" des von ihr besuchten Seminares) in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht näher eingegangen sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof dazu kein konkretes Vorbringen (etwa zu Umfang und Gewicht von schriftlichen Unterlagen oder dem räumlichen Ausmaß allenfalls mitgeführter Modelle oder Projektdarstellungen) erstattet hat. Damit fehlt die Dartuung einer Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels.

Die Beschwerdeführerin hält der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auch vor, der von ihr gezogene Rückschluss aus der Durchführung der Anreise zum dritten "Modul" auf die Anreisemöglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum vierten "Modul" sei unrichtig, weil ein Transport verschiedener Unterlagen beim dritten "Modul" nicht erforderlich gewesen sei. Darin liegt allerdings eine unzulässige Neuerung, weil die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nur (wie gezeigt zudem nicht ausreichend konkretisiert) vorgebracht hat, dass das Transportproblem beim "Modul" 4 bestanden hat, ohne dabei auszuführen, dass das beim "Modul" 3 nicht der Fall gewesen wäre und dass das der Grund gewesen sei, dass sie beim "Modul" 3 ein öffentliches Verkehrsmittel benützt habe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 13. September 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003120179.X00

Im RIS seit

01.11.2006

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten