TE Vwgh Beschluss 2006/9/21 AW 2006/05/0053

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Veröffentlicht am 21.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

UVPG 2000 §3 Abs6;
UVPG 2000 Anh1 Spalte2 Z17 lita;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Golfclubs X, vertreten durch Dr. E und Dr. T, Rechtsanwälte, der gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 26. April 2006, Zl. US 4B/2006/6-9, betreffend Feststellung der UVP-Pflicht (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Umweltanwaltschaft) erhobenen Beschwerde, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über Berufung der mitbeteiligten Partei im Instanzenzug festgestellt, dass für die Errichtung eines 18-Loch-Golfplatzes am Westufer des B-Sees eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anhang 1, Spalte 2, Z. 17 lit. a UVP-G 2000 im vereinfachten Verfahren durchzuführen ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu hg. Zl. 2006/05/0172 protokollierte Beschwerde, mit dem Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die beschwerdeführende Partei begründet diesen Antrag mit Finanzierungsproblemen, wenn das Bauvorhaben der Errichtung des Golfplatzes nicht im Jahr 2006 verwirklicht werde. Es stehe zu befürchten, dass durch die eingetretene Zeitverzögerung viele Gründungsmitglieder ihre erlegten Beträge rückfordern würden und das Projekt nicht finanzierbar sein werde. Darüber hinaus verlöre der Beschwerdeführer jedenfalls ein Jahr an Jahresbeiträgen, was einen Verlust von mindestens EUR 200.000,-- bedeute. Die Einräumung der aufschiebenden Wirkung sei nicht zum Nachteil Dritter. Die Bezirkshauptmannschaft habe bereits das Verfahren weitestgehend beendet und es entstünden keine Nachteile, die nicht durch die Bewilligungsbescheide verhindert würden.

Die belangte Behörde nahm zu diesem Antrag Stellung und brachte vor, es sei davon auszugehen, dass mit der Verwirklichung des gegenständlichen Projektes die Rodung einer Fläche von über 10.000 m2, die landschaftliche Umgestaltung einer Fläche von mehr als 70 ha sowie die Beeinträchtigung naturschutzfachlich wertvoller Flächen und eines naturschutzfachlich hochrangigen Feuchtwiesenkomplexes einhergehe. Es liege auf der Hand, dass die Wiederherstellung dieser Fläche im Falle der Abweisung der Beschwerde nicht ohne Weiteres erfolgen könne. Gerade Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume stellten nach dem UVP-G 2000 geschützte Rechtsgüter dar, sodass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen stünden.

Aus der Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 18. Juli 2006 ergibt sich, dass betreffend die Genehmigung des Golfplatzes neben einem forstrechtlichen, einem wasserrechtlichen und einem naturschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zum derzeitigen Zeitpunkt noch die Flächenwidmungsplan-Änderungsverfahren sowie ein Bauvorhaben bei den Gemeinden C und D anhängig sei. Die beschwerdeführende Partei habe mit Eingabe vom 7. Juli 2006 bei der UVP-Behörde erster Instanz einen Antrag um Erteilung einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 eingebracht. Eine allfällige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung des in Beschwerde gezogenen Feststellungsbescheides werde baurechtliche, naturschutzrechtliche oder sonstige erforderliche Bewilligungen nicht ersetzen können. Aus Sicht der mitbeteiligten Partei sei unter Zugrundelegung obiger Ausführungen die Erreichung des angestrebten Rechtsschutzzieles durch Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der bis dato nicht abgeschlossenen materienrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht gewährleistet.

Der Verwaltungsgerichtshof hielt dem Beschwerdeführer - vor dem Hintergrund der Mitteilung der mitbeteiligten Partei, wonach der Beschwerdeführer um die Erteilung einer Genehmigung nach dem UVP-G 2000 ersucht hatte, - mit Verfügung vom 2. August 2006 die Bestimmung des § 3 Abs. 6 UVP 2000 und die seines Erachtens daraus erfließenden Rechtsfolgen vor.

In seiner Äußerung vom 14. September 2006 bestätigte der Beschwerdeführer, dass er am 7. Juli 2006 bei der UVP-Behörde einen Antrag auf Erteilung der Genehmigung nach dem UVP-Gesetz 2000 gestellt habe. Die Gefahr, dass nach § 3 Abs. 6 UVP-G 2000 keine Genehmigungen erteilt werden dürften, sei Grund für den Antrag auf aufschiebende Wirkung gewesen. Auf Grund der bereits bestehenden Genehmigungen und Gutachten hätte das Projekt unter Vermeidung von noch größeren Nachteilen verwirklicht werden können. von den Sachverständigen müsse angenommen werden, dass sie im UVP-Verfahren bzw. in einem nachfolgenden Verfahren nach § 40 Abs. 3 UVP-G 2000 bei ihrer Sachverständigenmeinung blieben. Eine Nichtigerklärung sei nicht zu befürchten, da ja die Beschwerdeführerin den Wünschen der Sachverständigen nachgekommen sei. Die Befürchtung, dass durch das UVP-Verfahren eine extreme Zeitverzögerung mit einem großen finanziellen Verlust eintreten werde, habe die Beschwerdeführerin veranlasst, den Antrag auf aufschiebende Wirkung vor dem Antrag auf Durchführung des UVP-Verfahrens einzubringen um eine parallele Erledigung zu ermöglichen. Die Verfahren vor der BH bzw. der Landesregierung stünden unmittelbar vor dem Abschluss, was auch der mitbeteiligten Partei bekannt sei. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, werde daher aufrecht erhalten.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder der mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Vorweg ist zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof die Vollzugstauglichkeit eines die UVP-Pflicht eines Vorhabens feststellenden Bescheides bejaht hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. September 2000, AW 2000/03/0060, vom 13. August 2004, AW 2004/04/0031, sowie vom 5. August 2005, AW 2005/03/0013).

Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde die UVP-Pflicht nicht mehr bindend feststünde und die einzelnen Genehmigungsbehörden nach den hier in Betracht kommenden Materiengesetzen (wieder) zuständigerweise Bewilligungen erteilen könnten, die ihn in die Lage versetzten, sein Vorhaben zu verwirklichen.

Sollte dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er den Antrag auf UVP-Genehmigung erst nach Antragstellung auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt hat, die Ansicht zu entnehmen sein, der Verwaltungsgerichtshof habe den Umstand der erfolgten Antragstellung nicht zu beachten, so irrt er. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die aktuell gegebene Sach- und Rechtslage zu beachten. Dies zeigt sich insbesondere in § 30 Abs. 2 zweiter Satz VwGG, der bei einer wesentlichen Änderung der Entscheidungsvoraussetzungen eine neue Entscheidung über den Antrag ermöglicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher bei der Prüfung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, insbesondere der mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer verbundenen Nachteile, im vorliegenden Fall auch den Umstand zu beachten, dass der Beschwerdeführer um die Erteilung der Bewilligung nach dem UVP-G 2000 angesucht hat.

§ 3 Abs. 6 UVP-G 2000 lautet:

"(6) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 unterliegen, Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen können von der gemäß § 40 Abs. 3 zuständigen Behörde innerhalb einer Frist von drei Jahren als nichtig erklärt werden."

Nach dieser Bestimmung dürfen bis zum Abschluss eines UVP-Verfahrens Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt Anzeigen keine rechtliche Wirkung zu. Der Beschwerdeführer bringt selbst vor, dass die Verfahren bei den einzelnen, nach den Materiengesetzen einschreitenden Behörden noch vor dem Abschluss standen, als noch nicht alle notwendigen Genehmigungen rechtskräftig vorlagen. Einer Weiterführung dieser Verfahren und einer Erteilung der Genehmigungen nach den Materiengesetzen steht aber der Umstand entgegen, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Durchführung der UVP gestellt hat und ein solches Verfahren anhängig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Beurteilung der vorliegenden rechtlichen Situation zudem davon auszugehen, dass sich die Behörden rechtskonform verhalten und tatsächlich keine Genehmigungen (mehr) erteilen; der Hinweis des Beschwerdeführers, wonach "eine Nichtigerklärung nicht zu befürchten sei, da ja die Beschwerdeführerin den Wünschen der Sachverständigen nachgekommen seien" war daher nicht weiter zu beachten.

Der einzig denkbaren Rechtsfolge der Sistierung der Bescheidwirkungen, nämlich der Möglichkeit für die einzelnen Materienbehörden, im Rahmen ihrer Zuständigkeit Genehmigungen zu erteilen, steht daher die auf Grund der erfolgten Antragstellung relevant gewordene Bestimmung des § 3 Abs. 6 UVP-G 2000 entgegen. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde würde daran nichts ändern, weil diese Sperrwirkung in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides steht. Mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides sind daher keine unverhältnismäßigen Nachteile für den Beschwerdeführer verbunden.

Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 21. September 2006

Schlagworte

Entscheidung über den Anspruch Unverhältnismäßiger Nachteil Vollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:AW2006050053.A00

Im RIS seit

15.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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