TE Vfgh Erkenntnis 2008/6/9 B1108/07

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Veröffentlicht am 09.06.2008
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/06 Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
BDG 1979 §38, §40
Dienstrechtsverfahrens- und PersonalstellenV-BMJ 2004 - DVPV-BMJ 2004 §1 Z3
DVG §2 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterinfolge Unzuständigkeit des Präsidenten eines Oberlandesgerichtes zurVersetzung eines bei ihm verwendeten Beamten in den Sprengel einesanderen Oberlandesgerichtes; Zuständigkeit der Präsidenten derOberlandesgerichte im Sinne des DVG nur innerhalb ihresWirkungsbereiches

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem

öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war bis zum 1. März 1992 als Psychologe im damaligen landesgerichtlichen Gefangenenhaus Innsbruck und seit dem genannten Zeitpunkt als Leiter der Justizanstalt Innsbruck beschäftigt.

Mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 26. Mai 2006 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn an die Justizanstalt Garsten zu versetzen und ihn dort mit der Funktion eines Psychologen zu betrauen.

Gegen die beabsichtigte Maßnahme erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8. Juni 2006 Einwendungen.

In weiterer Folge erging ein an den Beschwerdeführer gerichteter Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. August 2006 folgenden Inhaltes:

        "[Der Beschwerdeführer] wird von seiner Funktion als Leiter

der Justizanstalt Innsbruck von seiner Planstelle ... in der

Verwendungsgruppe A1, Funktionsgruppe 4, Funktionsstufe 2 und in der

Gehaltsstufe 16 abberufen und im Einvernehmen mit dem Präsidenten des

Oberlandesgerichtes Linz auf die Planstelle ... bei der Justizanstalt

Garsten in der Funktion 'Psychologe' mit der Einstufung in die Verwendungsgruppe A1, GL Grundlaufbahn, und Gehaltsstufe 16 mit Wirksamkeit zum 01. Oktober 2006 versetzt.

Die maßgeblichen Gründe, die für die Versetzung ausschlaggebend sind, hat [der Beschwerdeführer] selbst zu vertreten.

[Der Beschwerdeführer] hat seinen Dienst in der Justizanstalt Garsten ohne neuerliche Aufforderung am 01. Oktober 2006 anzutreten."

Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt (in der Folge: Berufungskommission) vom 2. Mai 2007 abgewiesen. Begründend wird dazu u.a. ausgeführt:

"Zur Unzuständigkeitseinrede:

Der Rechtsauffassung des BW [Berufungswerber; Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Verfahren], wonach der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck für seine Versetzung in einen anderen Oberlandesgerichtssprengel nicht zuständig gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden: Die auf Grund des §2 DVG ergangene 'Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Regelung der Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten der Beamten und Vertragsbediensteten des Justizressorts (Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung - BMJ 2004 - DVPV-BMJ 2004)', BGBl. II 2004/516, bestimmt in ihrem §1 Z3, dass nachgeordnete Dienststellen gemäß §2 Abs2 zweiter Satz DVG (Dienstbehörden erster Instanz) und gemäß §2e Abs1 zweiter Satz VBG (Personalstellen), die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, im Bereich des Justizressorts (auch) 'die Präsidenten der Oberlandesgerichte (auch für die Dienststellen im Bereich des Strafvollzuges) ...' sind. Die Berufungskommission hat bereits in ihrer Entscheidung vom 13. Juni 2005, GZ 55/9-BK/05 zur parallelen Situation hinsichtlich der bis 31. August 2006 in Geltung gestandenen DVPV BMLV 2002, BGBl. II 2002/492, ausgesprochen, dass in der in §2 Abs2 DVG enthaltenen Wortfolge 'innerhalb ihres Wirkungsbereiches' keine Einschränkung der Zuständigkeit nachgeordneter Dienstbehörden in Ansehung 'dienstbehördenübergreifender' Versetzungen zu erblicken ist. Mit der in Rede stehenden Wortfolge wurde nämlich jener Wirkungsbereich umschrieben, den §2 Abs5 DVG der jeweiligen Dienstbehörde zuweist (also die Zuständigkeit für alle Beamten, die entweder ihr selbst oder ihr nachgeordneten Dienststellen angehören). Wie bereits in zitierter Entscheidung festgehalten spricht gegen die Richtigkeit der (gegenteiligen) Auffassung, wonach die auszulegende Wortfolge eine Einschränkung der Zuständigkeit nachgeordneter Dienstbehörden in Ansehung 'dienstbehördenübergreifender' Versetzungen anordne, dass dem §2 Abs2 DVG diesfalls eine Zuständigkeitsregelung für derartige Versetzungen überhaupt nicht zu entnehmen wäre. Wie sich aus den ErläutRV zum Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 (1182 BlgNR 21. GP 75) ergibt, wollte der Gesetzgeber die dienstbehördlichen Zuständigkeiten aber - ausgenommen jene für die der Zentralstelle angehörenden Beamten und die Leiter der unmittelbar nachgeordneten Dienstbehörden - 'generell' den nachgeordneten Dienstbehörden übertragen (vgl. hierzu auch jüngst VwGH 30.5.2006, 2005/12/0118). Eine Einschränkung auf die Zuständigkeit für Versetzungen lediglich innerhalb des eigenen (örtlichen) Zuständigkeitsbereiches wie nach der Rechtslage vor dem

'Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002' ... ist dem

geltenden §2 Abs2 DVG folglich nicht zu entnehmen. Aus letzterem Grund geht auch der Hinweis des BW auf die Beilage ... ('Zuständigkeitskatalog Abteilung III 8', nach deren Seite 3 'Versetzungen und Dienstzuteilungen in Fällen, in denen die dienstbehördliche Zuständigkeit wechselt'[,] eine 'Zentralstellenaufgabe' sei) fehl, da diese Beilage, wie aus dem auf ihr angebrachten Datumsvermerk ('22.09.01') ersichtlich, die Rechtslage vor dem Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002 betrifft. Für eine Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde 'Bundesministerin für Justiz' für die hier gegenständliche Versetzung besteht somit weder nach dem Gesetzeswortlaut des §2 Abs2 DVG noch sonst eine rechtliche Grundlage. Da wie dargestellt nach richtiger Auslegung durch §1 Z3 DVPV-BMJ 2004 den Präsidenten der Oberlandesgerichte eine generelle dienstbehördliche Zuständigkeit in Hinsicht der ihrem jeweiligen Sprengel zuzuordnenden Justizmitarbeiter zu eigen ist, erweist sich schließlich auch das Argument des BW, es liege mangels Gesetzes- oder Verordnungsgrundlage eine 'Willkür indizierende Vorgangsweise des Dienstgebers' vor, als nicht stichhältig. Die Unzuständigkeitseinrede erweist sich demnach als gänzlich unberechtigt."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Begründend bringt der Beschwerdeführer u.a. Folgendes vor:

"... Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten

Rechtes auf den gesetzlichen Richter

Ich habe in meiner Berufung Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde geltend gemacht. Die belangte Behörde hat diesen Einwand verworfen, obgleich sie meinen Ausführungen nichts Stichhältiges entgegenzuhalten vermag.

Nach §2 Abs2 DVG sind in Dienstrechtsangelegenheiten grundsätzlich die Zentralstellen zuständig, in concreto ist das der

Bundesminister ... bzw. derzeit die Bundesministerin für Justiz.

Untergeordneten Behörden kann nach dieser Norm die Zuständigkeit für Dienstrechtsangelegenheiten 'innerhalb ihres Wirkungsbereiches' für Entscheidungen in 1.Instanz übertragen werden. Es ist unbestritten, dass eine solche Zuständigkeitsübertragung in concreto stattgefunden hat[,] und zwar im Bezug auf den hier ma[ß]geblichen zeitlichen Geltungsbereich durch §1 DVPV-BMJ 2004 (inzwischen ersetzt durch DVPV-BMJ 2007) dahin gehend, dass die (u.a.) Präsidenten der Oberlandesgerichte zu solchen Dienststellen erklärt wurden. Es ist weiters unbestritten, dass für den Bereich meiner Dienststelle damit der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck Dienstbehörde

1. Instanz ist.

Das aber eben mi[t] der Beschränkung 'innerhalb seines Wirkungsbereiches'.

Da der Zielort der Versetzungsentscheidung, nämlich die Justizanstalt Garsten[,] im Bereich des Oberlandesgerichtes Linz liegt, ist sie zweifellos nicht 'innerhalb des Wirkungsbereiches' des [gemeint wohl: Oberl]andesgerichtes Innsbruck gelegen.

Ebenso eindeutig ist es, dass es zum zentralen Inhalt der gegenständlichen Versetzungsentscheidung gehört, dass die Justizanstalt Garsten meine neue Dienststelle sein und ich an dieser Dienststelle einen bestimmten Arbeitsplatz inne haben soll. Das ist ganz zweifellos etwas, was den Wirkungsbereich des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz betrifft, sodass gleichzeitig eine \berschreitung des örtlichen Zuständigkeitsbereiches des Präsidenten

des Oberlandesgerichtes Innsbruck ... wie auch ein Eingriff in den

Zuständigkeitsbereich des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz gegeben ist.

An all dem vermag die Argumentation der belangten Behörde ... nicht das Geringste zu ändern. Ihr nachhaltiges Insistieren darauf (mit Zitaten von Gesetzesmaterialien), dass die Zuständigkeitsübertragung eine 'umfassende' sein soll, geht völlig ins Leere, weil das ein Begriff für die sachliche Zuständigkeit ist und nicht für die örtliche. Gewiss wird auch die belangte Behörde nicht meinen, dass der Präsident des [gemeint wohl:

Oberl]andesgerichtes Innsbruck 'umfassend' für ganz Österreich als Dienstbehörde 1.Instanz des Justizressorts zuständig gemacht werden sollte. Auch ein von der belangten Behörde zitiertes Erkenntnis des VwGH (Zl.2005/12/0118) vermag nicht im Geringsten ihren Standpunkt zu stützen, es betrifft §15 BGBG und keine Frage der Überschreitung des örtlichen Zuständigkeitsbereiches.

Allerdings ist zu unterstreichen, dass es hier nicht blo[ß] um eine örtliche Zuständigkeit geht, weil andererseits auch nicht etwa der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz zuständig ist, sondern um die Frage, ob für Versetzungen solcher Art die sachliche Zuständigkeit bei den nachgeordneten Dienstbehörden gelegen ist oder nicht. Weil das zu verneinen ist, handelt es sich um eine Frage der sachlichen Unzuständigkeit und damit werde ich durch die getroffene Entscheidung im Sinne der einschlägigen Judikatur des Hohen Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 11.033 u.v.a.) im verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt."

Die Berufungskommission als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Sie führt darin u.a. Folgendes aus:

"[Es] ist auch darauf hinzuweisen, dass es zu einer dienstbehördenübergreifenden Versetzung jedenfalls auch dann kommen muss, wenn die Versetzung zu einer Dienststelle eines anderen Ressorts erfolgt. Auch diese Personalmaßnahme wird vom Leiter des abgebenden Ressorts verfügt. Für diesen Fall sieht §38 Abs5 BDG 1979 bei sonstiger Nichtigkeit des Versetzungsbescheides die Voraussetzung der schriftlichen Zustimmung des Leiters des aufnehmenden Ressorts vor, wenn die Versetzung von Amts wegen erfolgt. Diese Bestimmung ist für Fälle von behördenübergreifenden Personalmaßnahmen (wie auch dem hier zu beurteilenden) analogiefähig, wobei hier die Versetzung des BF [Beschwerdeführers] von der Justizanstalt Innsbruck zur Justizanstalt Garsten im Einvernehmen zwischen der abgebenden und der aufnehmenden Dienstbehörde erfolgte und die ausdrückliche und schriftliche Zustimmung des Präsidenten des OLG Linz zu dieser Versetzung vorlag."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die bis zum Inkrafttreten der Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung - BMJ 2007 - DVPV-BMJ 2007, BGBl. II 301/2006, maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.1. Die §§1 und 2 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 - DVG, BGBl. 29 (WV), lauten auszugsweise:

"Anwendungsbereich

§1. (1) Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlichrechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses (im folgenden 'Dienstverhältnis' genannt) zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden.

(2) ...

(3) ...

(4) ..."

"Zu den §§2 bis 6 AVG

§2. (1) Die Zuständigkeit in Dienstrechtsangelegenheiten richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen. Soweit in diesen Rechtsvorschriften keine Bestimmungen über die Zuständigkeit enthalten sind, gelten die folgenden Absätze.

(2) Die obersten Verwaltungsorgane des Bundes sind für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentralstelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig. In zweiter Instanz sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde zuständig. ...

(3) ...

(4) ...

(5) Welche Dienstbehörde im einzelnen Fall zuständig ist, richtet sich bei Bediensteten des Dienststandes nach der Dienststelle, der der Bedienstete angehört. ...

(6) ...

(6a) ...

(7) ...

(8) ...

(9) ..."

1.2. §1 Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellenverordnung - BMJ 2004 - DVPV-BMJ 2004, BGBl. II 516, lautete - auszugsweise - wie folgt:

"Nachgeordnete Dienststellen gemäß §2 Abs2 zweiter Satz DVG (Dienstbehörden erster Instanz) ..., die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind im Bereich des Justizressorts

...

3. die Präsidenten der Oberlandesgerichte (auch für die Dienststellen im Bereich des Strafvollzugs, der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien überdies bundesweit für die Beamten der Bewährungshilfe);

..."

2. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Damit ist er im Recht.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002). Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der administrative Instanzenzug als Einheit aufzufassen; wird die sachliche Zuständigkeit auch nur in unterer Instanz gesetzwidrig in Anspruch genommen, so ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, und zwar auch dann, wenn in oberer Instanz die zuständige Behörde eingeschritten ist (zB VfSlg. 5700/1968, 9599/1983, 11.061/1986, 14.008/1995). Maßgeblich für diese Rechtsprechung war der Gedanke, dass durch die Übergehung der zuständigen Behörde erster Instanz der gesetzlich vorgesehene Instanzenzug unvollständig geblieben ist und durch eine solche Verkürzung des Instanzenzuges die Rechtsverfolgungsmöglichkeit behindert wird (vgl. VfSlg. 8188/1977).

Ein solcher Fall liegt hier vor.

Gemäß §2 Abs2 zweiter Satz DVG sind nämlich die vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten nachgeordneten Dienststellen - gemäß dem im vorliegenden Fall anzuwendenden §1 Z3 DVPV-BMJ 2004 die Präsidenten der Oberlandesgerichte - "innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig" (Hervorhebung nicht im Original). Der Wirkungsbereich des Präsidenten eines Oberlandesgerichtes, hier des Oberlandesgerichtes Innsbruck, umfasst aber keinesfalls die Versetzung eines in seinem Sprengel verwendeten Beamten in den Sprengel eines anderen Oberlandesgerichtes, hier des Oberlandesgerichtes Linz, einschließlich der Zuweisung eines Arbeitsplatzes im Sprengel dieses anderen Oberlandesgerichtes. Vielmehr ist für eine solche Personalmaßnahme, die notwendigerweise den Wirkungsbereich (des Präsidenten) eines Oberlandesgerichtes überschreitet und den Wirkungsbereich (der Präsidenten) zweier Oberlandesgerichte betrifft, die Bundesministerin für Justiz als (oberste) Dienstbehörde zuständig (vgl. VfGH 3.3.2008, B97/07). Dass die Versetzung des Beschwerdeführers von der Justizanstalt Innsbruck zur Justizanstalt Garsten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz erfolgte, ändert daran nichts.

Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den von ihm bekämpften Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt ist.

Der Bescheid war daher vom Verfassungsgerichtshof schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Dienstrechtsverfahren, Behördenzuständigkeit, Versetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1108.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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