TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/4 2006/18/0286

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Veröffentlicht am 04.10.2006
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
StGB §31;
StGB §40;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des K N, geboren 1983, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Juli 2006, Zl. SD 2351/05, betreffend Erlassung eines unbefristeten Rückkehrverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. Juli 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 20. April 2004 illegal nach Österreich eingereist und habe am 22. April 2004 einen Asylantrag eingebracht. Das Verfahren über diesen Antrag sei derzeit beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Am 9. November 2005 sei der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 142 Abs. 1, 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130, 178 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 12. Oktober 2005 eine Frau durch Schläge gegen Kopf und Körper verletzt und anschließend versucht habe, dem Opfer Bargeld wegzunehmen. Weiters habe der Beschwerdeführer als Mittäter zwischen 2. August 2004 und 20. August 2005 im Rahmen von 15 Einbruchsdiebstählen in diverse Kraftfahrzeuge gewerbsmäßig Werkzeuge, Autoradios, CDs, Mobiltelefone, einen CD-Player, zwei Autositze, eine Tasche mit einem Rechner, eine Armbanduhr, einen Silberring und weitere verwertbare Gegenstände gestohlen bzw. zu stehlen versucht. Überdies habe er sich zwischen Mai 2004 und März 2005 als Mitglied an einer kriminellen Organisation beteiligt, die darauf ausgerichtet gewesen sei, nicht nur geringfügige Sachbeschädigungen, Diebstähle und Betrügereien zu begehren.

Am 13. Februar 2006 sei der Beschwerdeführer wegen §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2, 148, 15, 298 Abs. 1, 12, 223 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten als Zusatzstrafe zur obgenannten Verurteilung rechtskräftig verurteilt worden, weil er als Mittäter gewerbsmäßig fünf Mobilfunkbetreiber sowie ein Kreditunternehmen durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, zur Herausgabe von Mobiltelefonen, deren Freischaltung und zur Erbringung von Sprachtelefonieleistungen sowie zur Einräumung eines Kredits in der Höhe von EUR 14.900,-- für den Ankauf eines Pkw verleitet habe. Weiters habe er am 22. September 2004 durch die Verwendung einer gefälschten Urkunde Berechtigte eines Unternehmens zur Überlassung von Waren im Wert von EUR 700,-- verleitet sowie im August 2004 eine Gehaltsbestätigung gefälscht, um bei einem Kreditinstitut ein Darlehen in der Höhe von EUR 20.000,-- zu erhalten.

Auf Grund der Verurteilungen des Beschwerdeführers sei der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Das dargestellte gesamte Fehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß, sodass auch die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer sei seit mehr als zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältig. Im Inland befänden sich seine "Lebensgefährtin", seine beiden minderjährigen Kinder, seine Mutter und sein Bruder. Das Rückkehrverbot sei daher mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Diese Maßnahme sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Das wiederkehrende strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr auffällig, dass er nicht gewillt sei, die für ihn maßgebenden Rechtsvorschriften seines Gastlandes einzuhalten. Eine Verhaltensprognose könne daher keinesfalls zu Gunsten des Beschwerdeführers ausfallen. Dies umso weniger, als die Straftaten durch eine besonders hohe kriminelle Energie gekennzeichnet seien.

Im Rahmen der nach § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 2 FPG vorzunehmenden Interessenabwägung sei darauf Bedacht zu nehmen, dass sich der Beschwerdeführer zwar noch nicht sehr lange, immerhin aber seit mehr als zwei Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Ungeachtet dessen könne er sich aber nicht mit Erfolg auf eine daraus ableitbare relevante Integration berufen, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten erheblich gemindert werde. Die familiären Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würden dadurch relativiert, dass sich sowohl die Mutter als auch die "Lebensgefährtin" und die beiden Kinder nur auf Grund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich aufhielten. Zudem habe der Beschwerdeführer auch vor seiner Inhaftierung weder mit den genannten Personen noch mit seinem Bruder in Haushaltsgemeinschaft gelebt. Den solcherart geschmälerten privaten und familiären Interessen stehe das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse, insbesondere jenes an der Einhaltung strafrechtlicher und fremdenrechtlicher Normen, gegenüber. Bei Abwägung dieser Interessen gelange die Behörde zum Ergebnis, dass die Auswirkungen des Rückkehrverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund des unstrittig feststehenden Sachverhalts bestehen gegen die Auffassungen der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt und die in § 62 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sowie dass die Interessenabwägung gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgehe, aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass seine soziale Integration, der inländische Aufenthalt seiner "Lebensgefährtin" und seiner beiden Kinder sowie der Umstand, dass er erstmals verurteilt worden sei, nicht berücksichtigt worden seien.

2.2. Den inländischen Aufenthalt der "Lebensgefährtin" und der Kinder - mit welchen Personen der Beschwerdeführer unstrittig bereits vor seiner Inhaftierung nicht in Haushaltsgemeinschaft gelebt hat - hat die belangte Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen bei der Abwägung gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 FPG berücksichtigt.

Die Ansicht der belangten Behörde, die aus der ohnehin erst kurzen Aufenthaltsdauer von zwei Jahren und drei Monaten ableitbare Integration werde in ihrer sozialen Komponente durch die Straftaten soweit gemindert, dass sich der Beschwerdeführer darauf nicht mit Erfolg berufen könne, ist unbedenklich.

Die beiden zueinander im Verhältnis der §§ 31 und 40 StGB stehenden Verurteilungen des Beschwerdeführers sind als Einheit zu betrachten. Der vorgebrachte Umstand, dass der Beschwerdeführer davor noch nie verurteilt worden sei, kann im Hinblick auf die den genannten Verurteilungen zu Grunde liegenden zahlreichen schweren Straftaten weder am Gerechtfertigsein der Annahme gemäß § 62 Abs. 1 FPG noch am Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und Abs. 2 leg. cit. etwas ändern.

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. Oktober 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006180286.X00

Im RIS seit

27.10.2006

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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