TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/17 2005/20/0092

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Veröffentlicht am 17.10.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher und Dr. Berger und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des O in W, geboren 1987, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Oktober 2004, Zl. 251.466/0-IV/11/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der seinen Angaben zufolge am 20. Dezember 1987 geborene Beschwerdeführer, ein aus Warri im Delta-State stammender nigerianischer Staatsangehöriger, reiste gemäß seinen Angaben am 15. Oktober 2003 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein und stellte am 17. Oktober 2003 einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme am 21. Juni 2004 gab er zu seinen Fluchtgründen - zusammengefasst - an, sein Vater habe für das Amt des Bürgermeisters in einem näher genannten Dorf im Süden kandidieren wollen. Weil sein Vater jedoch nicht aus diesem Dorf stamme, sei ihm von einer Kandidatur vom "Dorfkönig" abgeraten und von diesem für den Fall einer Rückkehr in das Dorf gedroht worden, dass er und seine Familie umgebracht würden. Im Juli 2003 seien Bewohner dieses Dorfes dann sogar nach Warri gekommen, hätten den Beschwerdeführer, seine Schwester und seine Mutter bedroht und mit Macheten geschlagen, wodurch sie geringe Verletzungen erlitten hätten. Sie hätten angekündigt, wieder zu kommen. Der Beschwerdeführer und seine Schwester seien daher auf Veranlassung ihres Vaters aus Angst vor diesen Dorfbewohnern Mitte Oktober 2003 aus Nigeria geflüchtet.

Mit dem im Instanzenzug, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ergangenen Bescheid vom 14. Oktober 2004 wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt 1.). Weiters stellte sie gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 des Fremdengesetzes 1997 die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest (Spruchpunkt 2.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt 3.).

Die belangte Behörde ging aufgrund der in der Begründung im Einzelnen dargelegten Unterschiede in den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt und in der Berufungsverhandlung sowie aufgrund von Abweichungen zu den Angaben seiner Schwester von der mangelnden Glaubwürdigkeit der behaupteten Fluchtgründe aus. Schon deshalb kam die belangte Behörde rechtlich zur Abweisung des Asylantrages und zur Versagung von Refoulement-Schutz und hielt mangels familiärer Bindungen in Österreich - die Schwester hatte sich mittlerweile nach Italien begeben - auch die Ausweisung des Beschwerdeführers für gerechtfertigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde wendet sich gegen die für die Annahme der Unglaubwürdigkeit herangezogenen Argumente im angefochtenen Bescheid und meint zusammenfassend, damit werde nicht die Beweiswürdigung an sich bekämpft, sondern die Tatsache, dass eine solche Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Art und Weise in Wahrheit nicht stattgefunden habe. Dem Beschwerdeführer gelingt es mit diesem Vorbringen jedoch insgesamt nicht, eine Unschlüssigkeit oder mangelnde Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Vor allem durfte die belangte Behörde den Divergenzen in den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Schwester beim Namen des Dorfes, in Bezug auf das angebliche Niederbrennen ihres Hauses in diesem Dorf, zur Parteizugehörigkeit des Vaters und auch hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der Geschehnisse maßgebliches Gewicht zubilligen, zumal die diesbezüglichen Ungereimtheiten auch unter Einbeziehung der Beschwerdeausführungen nicht ausgeräumt werden konnten. Angesichts der jeweiligen Reaktionen des Beschwerdeführers auf die entsprechenden Vorhalte in der Berufungsverhandlung, auf die in der Beschwerde nicht Bedacht genommen wurde, werden aber insoweit auch keine relevanten Ermittlungsmängel aufgezeigt.

Die Beschwerde vermag daher insoweit, als sie sich gegen die ersten beiden Spruchpunkte richtet, keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen und kann somit in Bezug auf die Asyl- und Refoulement-Entscheidung nicht erfolgreich sein.

Mit Rechtswidrigkeit belastet ist hingegen der Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides). Diesbezüglich hat die belangte Behörde nämlich verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere unter Bedachtnahme auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 17. Oktober 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005200092.X00

Im RIS seit

21.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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