TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/24 2006/06/0120

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Veröffentlicht am 24.10.2006
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

BauRallg;
B-VG Art139;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
RPG Vlbg 1996 §11;
RPG Vlbg 1996 §14 Abs4;
RPG Vlbg 1996 §23 Abs1;
RPG Vlbg 1996 §28 Abs3 lita;
RPG Vlbg 1996 §28;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der S GmbH in R, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 27. Oktober 2004, Zl. VIIa-81.572, betreffend Abweisung eines Bauansuchens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und der vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten samt angewendetem Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan und Gegenschriften ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Eingabe vom 3. Oktober 2000 suchte die Beschwerdeführerin u. a. um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Selbstbedienungs-Lanzenwaschanlage auf dem Grundstück Nr. 1373/1, GB S., an. Nach den dem Bauantrag beigelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen soll das Betriebsgebäude für die Freiwaschplätze und Technikräume eingeschoßig ausgeführt werden.

Die Bezirkshauptmannschaft Bludenz versagte diesem Bauansuchen mit Bescheid vom 9. Oktober 2003 die Erteilung der Baubewilligung, da das Bauvorhaben entgegen dem anzuwendenden Bebauungsplan eingeschossig, statt mindestens zweigeschossig geplant worden sei.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid ab. Die belangte Behörde führte dazu im Wesentlichen aus, dass mit Verordnung der Gemeindevertretung der Marktgemeinde S vom 19. Oktober 2000 für das gesamte, bei Einbringung des Bauansuchens als Betriebsgebiet Kategorie I gewidmete Gebiet, in dem sich das gegenständliche Baugrundstück befinde, eine Bausperre gemäß § 37 Vbg. Raumplanungsgesetz bis zur Erlassung eines Bebauungsplanes erlassen worden sei. Mit Verordnung der Gemeindevertretung der Marktgemeinde S vom 25. Juni 2003, in Kraft getreten am 18. September 2003, sei für dieses Gebiet ein Bebauungsplan ("Bebauungsplan Nr. 2 'Bereich Stand M', S") gemäß § 28 Vbg. Raumplanungsgesetz erlassen worden. In diesem Bebauungsplan werde u.a. eine Mindestgeschoßzahl von zwei und eine Höchstgeschoßzahl von drei festgelegt.

In der Berufung habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass das dem Bescheid zu Grunde liegende Verordnungsverfahren sowohl hinsichtlich der Rückwidmung der gegenständlichen Liegenschaft von Betriebsgebiet Kategorie I in Baumischgebiet als auch hinsichtlich der Erlassung des Bebauungsplanes von der Markgemeinde S letztendlich mit dem ausschließlichen und vordergründigen Bestreben geführt worden sei, ihr Bauvorhaben zu verhindern. Die Beschwerdeführerin habe im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach die diesbezüglichen Verordnungen der Marktgemeinde S den raumplanungsrechtlichen Vorgaben widersprächen.

Gemäß § 28 Abs. 3 Vbg. Baugesetz sei die Baubewilligung zu versagen, wenn die im Abs. 2 für eine Bewilligung genannten Voraussetzungen nicht gegeben seien und auch durch Befristungen, Auflagen oder Bedingungen gemäß § 29 nicht erfüllt werden könnten.

Zu den raumplanungsrechtlichen Vorschriften im Sinne des § 28 Abs. 2 Vbg. Baugesetz zählten u.a. die auf Grund des Raumplanungsgesetzes erlassenen Verordnungen, wie z.B. ein Bebauungsplan. Das Bauvorhaben der Beschwerdeführerin entspreche dem Bebauungsplan Nr. 2 "Bereich Stand M", S, insoweit nicht, als das Betriebsgebäude nicht mindestens zweigeschoßig, sondern nur eingeschoßig ausgeführt werde. Eine zweigeschoßige Ausführung hätte auch durch Auflagen und Bedingungen nicht vorgeschrieben werden können. Die Baubewilligung sei daher zwingend zu versagen.

Die Rechtsmittelbehörde habe im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden. Das bedeute im vorliegenden Fall, dass die belangte Behörde dem Bescheid den genannten Bebauungsplan Nr. 2 zu Grunde zu legen habe. Da das beantragte Bauvorhaben schon aus dem Grunde des Widerspruchs mit dem Bebauungsplan unzulässig sei, sei nicht mehr zu prüfen gewesen, ob es mit der Widmungskategorie "Baufläche-Mischgebiet", in der außer Wohngebäuden auch das Wohnen nicht wesentlich störende sonstige Gebäude und Anlagen errichtet werden dürften, vereinbar sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die dagegen zunächst bei ihm erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 27. Februar 2006, B 1567/04-15, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof - abgesehen von Bedenken gegen § 28 Abs. 3 lit. a Vbg. RaumplanungsG - ausschließlich Bedenken im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes geltend, wobei auch sämtliche geltend gemachten Bedenken schon beim Verfassungsgerichtshof vorgetragen wurden.

Der Verfassungsgerichtshof hat zu den diesbezüglichen Bedenken in dem angeführten Ablehnungsbeschluss Folgendes ausgesprochen:

"Soweit in der Beschwerde die Rechtswidrigkeit der den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zum räumlichen Entwicklungskonzept als Änderungsanlass, vgl. VfGH vom 5. Oktober 2005, V 23/05) die behaupteten Rechtsverletzungen oder die Verletzung eines nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat:

Die Ansiedlung einer - an sich im Mischgebiet zulässigen - Verwaltungseinrichtung und eines Sanatoriums nach der Widmung als Betriebsgebiet und die Erlassung des räumlichen Entwicklungskonzeptes (mit dem Planungsziel der Trennung von Wohn- und Betriebsgebieten und der Durchmischung von Wohnen und emissionsarmen Betrieben, § 2 Z 3 und 5) stellt einen ausreichenden Änderungsanlass gemäß § 23 Abs. 1 Vbg. RPG dar. Trotz des zeitweise bestehenden Fluglärms und der Bundesstraße liegen auch die Festlegungen im Bebauungsplan im Hinblick auf die bereits bestehenden Nutzungen und das örtliche Entwicklungskonzept innerhalb des dem Verordnungsgeber zustehenden Gestaltungsspielraums."

Der Verfassungsgerichtshof hatte somit u.a. gegen die konkreten Festlegungen im Bebauungsplan im Hinblick auf die bereits bestehenden Nutzungen und im Hinblick auf das örtliche Entwicklungskonzept mit Rücksicht auf den dem Verordnungsgeber zustehenden Gestaltungsspielraumes keine Bedenken. Dies gilt insbesondere auch für die im vorliegenden Fall maßgebliche Festsetzung von mindestens zwei Geschossen im Bebauungsplan. Wenn der Verordnungsgeber dabei im Lichte des Grundsatzes der möglichst sparsamen Verwendung von Grund und Boden ein bestimmtes Ausmaß der baulichen Nutzung festsetzte, kann ihm nicht entgegengetreten werden. In Bezug auf die Änderung der Widmung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück im Flächenwidmungsplan erachtete er das Räumliche Entwicklungskonzept als einen entsprechenden Anlass zur Änderung, wie er dies in dem o. a. Erkenntnis vom 5. Oktober 2005 auch vertreten hat.

Die Grundlagen für diese Auffassung des Verfassungsgerichtshofes werden aus den Ausführungen der Marktgemeinde S in ihrer Gegenschrift im verfassungsgerichtlichen Verfahren zum Bestand in der Umgebung des vorliegenden Grundstückes, zu den Gründen für die Widmungsänderung und zum örtlichen Entwicklungskonzept deutlich.

Zu den teils ergänzend vorgetragenen Bedenken der Beschwerdeführerin in der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Änderung des Flächenwidmungsplanes ist zudem festzustellen, dass der maßgebliche Versagungsgrund für das vorliegende Bauvorhaben die Anordnung im Bebauungsplan war, dass mindestens zweigeschoßige Bauvorhaben durchgeführt werden müssen. Im Hinblick darauf hat sich die belangte Behörde - wie auch die erstinstanzliche Behörde - mit der Frage, ob ein Betrieb wie der im vorliegenden Fall beantragte auch im Bau-Mischgebiet zulässig ist, nicht auseinander gesetzt. Es wurde im vorliegenden Fall daher nicht festgestellt, ob eine Selbstbedienungswaschanlage für Kraftfahrzeuge in der neuen Widmung für das verfahrensgegenständliche Grundstück nicht zulässig sei. Den diesbezüglich auch in der Beschwerde ergänzend vorgetragenen Bedenken fehlt somit die Grundlage.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Bedenken gegen die gesetzliche Regelung des § 28 Abs. 3 lit. a Vbg. Raumplanungsgesetz, nach dem im Bebauungsplan u.a. die Art der baulichen Nutzung festgelegt werden kann, wobei. maßgebliche Kriterien für diese Festlegungen der Flächenwidmungsplan, ein allenfalls bestehender Landesraumplan und der Umstand sind, dass eine solche Festlegung nach den in Abs. 2 angeführten Kriterien erforderlich ist.

Auch die Festlegung im Bebauungsplan betreffend die Art der Nutzung "Wohn-, Büro- und Geschäftsgebäude sowie Gebäude zur medizinischen Versorgung" ist im Einklang mit den angeführten Kriterien auszulegen, also u.a. im Einklang mit der Widmung Bau-Mischgebiet gemäß § 14 Abs. 4 Vbg. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 39/1996. Daraus ergibt sich nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, die Festlegung einer bestimmten Art der gewerblichen Nutzung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück.

Soweit in dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan keine weitere Zufahrt von der L XXX zu dem Grundstück der Beschwerdeführerin vorgesehen ist, ist auf das verkehrstechnische Erschließungskonzept hinzuweisen, das im Erläuterungsbericht zum Bebauungsplan erwähnt wird. Nach diesem Konzept sollen die beiden bestehenden Zufahrtsstraßen mittels einer Straße am nordöstlichen Rand des Planungsgebietes miteinander verbunden werden, sodass das gesamte Planungsgebiet durch eine spangenförmige Straße erschlossen werde. Durch diese Maßnahme seien zur verkehrsmäßigen Erschließung des gesamten Planungsgebietes keine weiteren Zufahrten von der L XXX aus erforderlich, wodurch die Verkehrssicherheit auf dieser Straße nicht verschlechtert werde. Auch gegen diese Festlegung im Bebauungsplan bestehen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken.

Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht somit keine Veranlassung, im vorliegenden Fall ein Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof einzuleiten.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2006

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006060120.X00

Im RIS seit

29.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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