TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/6 2005/09/0100

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Veröffentlicht am 06.11.2006
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6 Z1;
AuslBG §4 Abs6 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der G GmbH in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 21. Juni 2005, Zl. LGSW/Abt. 3/08114/2461282/2005, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 20. April 2005 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine namentlich genannte slowakische Staatsangehörige gemäß § 4 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz abgelehnt. Nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, die Bewilligung sei für die berufliche Tätigkeit als Servierkraft zu einer monatlichen Bruttoentlohnung von EUR 1.322,40 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden für eine Dauerbeschäftigung beantragt worden. Auf Niederlassungsbewilligungen oder eine Niederlassung in Österreich vor dem 1. Mai 2004 sei nicht hingewiesen worden. Zwischen 1997 und 2003 lägen 14 Anmeldungen und 14 Abmeldungen vor, dazwischen mehrfache Unterbrechungen der Meldungen in Österreich; die längeren Auslandsaufenthalte lägen zwischen dem 17. Juni 1998 und dem 19. April 2000 bzw. zwischen dem 23. April 2003 und dem 8. März 2004. Die letzte Abmeldung sei am 22. April 2003 erfolgt. Ab dem 9. März 2004 sei der nunmehrige Wohnsitz in Österreich ohne Aufenthaltstitel begründet worden. Ob es sich dabei um einen Hauptwohnsitz oder um einen Nebenwohnsitz handle, sei der Bestätigung nicht zu entnehmen gewesen. Für die Ausländerin seien 1994, 1995, 2000 und zuletzt vom 19. Jänner 2001 bis zum 15. Mai 2001 Kontingentbewilligungen für den Fremdenverkehr erteilt worden. Die letzte Bewilligung sei für die antragstellende Partei erteilt worden. In den Jahren 2003 und 2004 seien durch die beschwerdeführende Partei wieder Anträge auf Kontingentbewilligungen für die genannte Ausländerin gestellt, jedoch nicht bewilligt worden. Auf Grund der Saisonbewilligungen für den Fremdenverkehr könne auf eine besonders fortgeschrittene Integration in Österreich im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG nicht geschlossen werden. Ausländische Arbeitskräfte mit dieser Verwendung gälten gemäß den fremdenpolizeilichen Bestimmungen zwar als aufhältig, nicht aber als niedergelassen. In diesen Fällen werde vielmehr davon ausgegangen, dass sich diese Ausländer nur vorübergehend zum Zwecke der Saisonbeschäftigung in Österreich aufhielten. Das Vorhandensein von in Österreich bereits integrierten Familienmitgliedern oder das Vorliegen einer Familienzusammenführung mit diesen sei im Antrag nicht behauptet worden.

Nach den ab 1. Mai 2004 auf neue EU-Staatsbürger anzuwendenden Übergangsbestimmungen sei gemäß § 32a Abs. 8 AuslBG Arbeitgebern, die EU-Bürger als Schlüsselkräfte beschäftigen wollten, auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Voraussetzung nach §§ 2 Abs. 5, § 4 Abs. 1 und 3 (mit Ausnahme der Z. 7) und 4b vorlägen. Der im erstinstanzlichen Verfahren angehörte Regionalbeirat habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Weiters habe nicht festgestellt werden können, dass die beantragte ausländische Arbeitskraft dem Personenkreis gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG angehöre; bezüglich der Zugehörigkeit zu einem der bevorzugt zu behandelnden Personenkreise sei auch in der (im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs abgegebenen) Stellungnahme nichts konkretisiert worden. Insbesondere lägen auch die Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft nicht vor. Auf Grund der Beschäftigung im Jahr 2001 könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld infolge der Dauer der Beschäftigung entstanden sei und geltend gemacht werden könne. Gemäß § 14 Abs. 1 AlVG sei bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes (von über 25-Jährigen) die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Diese zeitlichen Voraussetzungen nahm die belangte Behörde daher (implizite) nicht als gegeben an. Zudem sei der Bezug von Arbeitslosengeld im Anschluss an eine Kontingentbeschäftigung gemäß § 7 Abs. 6 AlVG ausgeschlossen, weil solche Personen dem Arbeitsmarkt nach Beendigung ihrer Beschäftigung nicht zur Verfügung stünden und daher nicht die Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG erfüllten. Bereits § 4 Abs. 6 AuslBG stehe somit - unabhängig vom Nichtvorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen - der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde verweist die beschwerdeführende Partei zunächst darauf, dass für die slowakische Staatsangehörige im Zeitraum vom 13. Juni 1994 bis 30. September 2001 mehrmals Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden seien und ihre Beschäftigung "aus besonders wichtigen Gründen dringend geboten und notwendig" sei. In diesem Zusammenhang bekämpft die beschwerdeführende Partei auch die Annahme der belangten Behörde als unrichtig, die beschwerdeführende Partei habe die Stellung von Ersatzkräften abgelehnt. Richtig sei vielmehr, dass qualifizierte Ersatzkräfte weder zugewiesen worden noch erschienen seien.

Auch werde gerügt, dass der angefochtene Bescheid nicht eigenhändig unterfertigt worden sei, sohin allenfalls davon ausgegangen werden müsse, dass die belangte Behörde keinen Bescheid mit den Bescheiderfordernissen nach dem AVG erlassen habe.

Die beschwerdeführende Partei macht darüber hinaus geltend, die belangte Behörde habe sich auf die nicht einhellige Befürwortung des Regionalbeirates im Überziehungsverfahren bezogen, ohne dass die Möglichkeit bestanden hätte, die Entscheidung des Regionalbeirates anzufechten. Es gebe keine ausreichende Begründung dafür, dass der Regionalbeirat der belangten Behörde eine Entscheidung "wegnehme" und dessen Entscheidung für die belangte Behörde bindend sei.

Gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 133/2003, dürfen nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen gemäß § 13 leg. cit. weitere Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und

1. der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet, oder

2. die Beschäftigung des Ausländers im Hinblick auf seine fortgeschrittene Integration geboten erscheint, oder

3. die Beschäftigung im Rahmen eines Kontingents gemäß § 5 ausgeübt werden soll, oder

4. der Ausländer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 erfüllt, oder

5. 4a der Ausländer Ehegatte oder Kind einer Schlüsselkraft nach § 2 Abs. 5

6.

ist, oder

7.

die Beschäftigung auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgeübt werden solle, oder

              8.              der Ausländer einer Personengruppe angehört, die auch nach Überziehung der Bundeshöchstzahl zu einer Beschäftigung zugelassen werden darf (§ 12a Abs. 2).

Dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde die Landeshöchstzahl für Wien (71.000) nach der zuletzt Anfang Juni 2005 veröffentlichten Statistik erheblich überschritten gewesen ist (nämlich um 11.479 ausländische Arbeitskräfte), wurde nicht bestritten. Damit aber lagen die Voraussetzungen des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG bereits vor.

Die Tatsache der nicht einhelligen Befürwortung der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Arbeitskraft durch den Regionalbeirat im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Dass ferner eine der oben genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 3, 4a, 5 oder 6 AuslBG vorgelegen sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde konkret behauptet und ist auch dem Antrag nicht zu entnehmen.

In dem dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Antrag wurde vielmehr - offenbar im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 4 AuslBG - ein dringender Bedarf an der Einstellung der betreffenden Ausländerin angemeldet und damit behauptet, diese habe die Qualifikation einer Schlüsselkraft im Sinn des § 2 Abs. 5 AuslBG. Nach dieser Bestimmung gelten Ausländer dann als Schlüsselkräfte, wenn sie über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 % der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt. Im gesamten Verwaltungsverfahren hat aber die beschwerdeführende Partei in Bezug auf die beantragte Arbeitskraft, die als "Servierkraft" hätte tätig werden sollen, das Vorliegen dieser allgemeinen Voraussetzung nach § 2 Abs. 5 nicht behauptet, weshalb auch eine Prüfung der weiteren besonderen Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 Z. 1 bis 5 AuslBG dahinstehen kann. Ein bloß innerbetriebliches Erfordernis an der Besetzung der Arbeitsstelle allein erfüllt jedenfalls die Kriterien nach § 2 Abs. 5 AuslBG nicht.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, eine im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG fortgeschrittene Integration der Ausländerin, die sich seit 1991 wiederholt, jedoch mit längeren Unterbrechungen in Österreich aufhielt und vor der Antragstellung ab dem 9. März 2004 wiederum in Österreich einen Wohnsitz, wenn auch ohne Aufenthaltstitel, begründet hat und erst infolge des Beitritts ihres Heimatlandes zur EU mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 im Bundesgebiet "Niederlassungsfreiheit" genießt, sei zu verneinen. Dieser Ansicht kann nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, weil konkrete private oder familiäre Beziehungen der Ausländerin im Bundesgebiet auch nach Vorhalt durch die belangte Behörde nicht behauptet werden. Damit war aber bereits eine der in § 4 Abs. 3 AuslBG angeführten Voraussetzungen, auf welche in Abs. 6 leg. cit. Bezug genommen wird, nämlich die fortgeschrittene Integration nach § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG, nicht erfüllt. Im Übrigen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2003/09/0127, verwiesen, in welchem zum Begriff der "fortgeschrittenen Integration" umfassend Stellung genommen wurde.

Insoweit die beschwerdeführende Partei rügt, die Entscheidung des zuständigen Regionalbeirates binde zwar die belangte Behörde, sei aber durch die Partei selbst unanfechtbar, ist darauf zu verweisen, dass es sich bei der einhelligen Befürwortung durch den zuständigen Regionalbeirat um eine Tatbestandsvoraussetzung des § 4 Abs. 6 AuslBG handelt, die von der belangten Behörde zwar wahrzunehmen, nicht aber auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen war. Prüfungsgegenstand für den Verwaltungsgerichtshof ist ausschließlich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde, in welchem unbestritten davon ausgegangen wurde, dass der Regionalbeirat keine einhellige Befürwortung des Antrages der beschwerdeführenden Partei ausgesprochen hat. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1990, VfSlg. Nr. 12.506, welches sich auch mit der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bindung der Arbeitsmarktbehörde an die Befürwortung durch den Regionalbeirat befasst, verwiesen.

Insoweit die Beschwerde "aus Gründen prozessualer Vorsicht" die Behauptung aufstellt, der angefochtene Bescheid sei nicht eigenhändig unterfertigt und entspräche demnach nicht der Bestimmung des § 18 AVG, ist dem entgegen zu halten, dass sich dies nach der Aktenlage als unrichtig erweist. Vielmehr wurde die Urschrift des Bescheides von dem nach der internen Geschäftsverteilung approbationsbefugten Mitarbeiter der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter leserlicher Beifügung seines Namens eigenhändig mit dem Beisatz "Für die Landesgeschäftsführerin" unterfertigt.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 6. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090100.X00

Im RIS seit

06.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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