TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/14 2005/05/0108

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Veröffentlicht am 14.11.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Melderecht;
82/06 Krankenanstalten;

Norm

AVG §78 Abs1 idF 2002/I/117;
AVG §78 Abs1 Satz2 idF 2002/I/117;
AVG §78 idF 2002/I/117;
B-VG Art18;
GebG 1957 §2 Z3;
KAKuG 2001 §64 idF 2004/I/179;
MeldeG 1991 §18 Abs1 idF 2004/I/010;
MeldeG 1991 §18 Abs6 idF 2004/I/010;
MeldeV 2002 §15 Abs3 idF 2004/II/247;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstalten Gesellschaft mbH in Graz, vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in 8200 Gleisdorf, Gartengasse 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 15. Februar 2005, Zl. III 4400/2004, betreffend Verwaltungsabgaben gemäß § 18 Abs. 6 Meldegesetz iVm § 15 Meldegesetz-Durchführungsverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Graz vom 29. Juli 2004 wurde der Beschwerdeführerin "gemäß § 15 Abs. 3 der Meldegesetz-Durchführungsverordnung - MeldeV, BGBl. II 66/2002 idF BGBl. II 247/2004," aufgetragen, "für die in der Beilage im Einzelnen angeführten 467 Meldeauskünfte gemäß § 18 Abs. 1 Meldegesetz 1991 - MeldeG, BGBl. 9/1992 idF BGBl. I 10/2004, aus dem Zentralen Melderegister den Betrag von EUR 3,-- je Auskunft zu entrichten". Insgesamt wurde ein Betrag von EUR 1.401,-- zur Zahlung binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides vorgeschrieben.

Die Behörde führte in der Begründung ihres Bescheides aus, dass die Beschwerdeführerin ("KAGES") die Befreiungsbestimmung des § 64 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG), BGBl. 1/1957 in der Fassung BGBl. I 90/2002, nicht in Anspruch nehmen könne, weil es sich beim Verlangen um Erteilung von Meldeauskünften offenbar nicht um "im Rahmen dieses Bundesgesetzes vorkommende Eingaben" etc. handle, die nach der genannten Gesetzesbestimmung von Stempel- und Rechtsgebühren befreit seien. Auch wenn die Landesfonds nach der genannten Norm von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreit seien, so könne die KAGES diese Gesetzesbestimmung deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil die Befreiung in § 64 KAKuG ausdrücklich für die Landesfonds selbst statuiert worden sei und nicht für jemand, der tatsächlich oder vermeintlich "im Namen" der Landesfonds bei der Meldebehörde einschreite. Die KAGES sei nicht von der Bundesverwaltungsabgabe gemäß TP 17 Bundesverwaltungsabgabenverordnung und auch nicht von der Bundesverwaltungsabgabe gemäß § 15 Abs. 3 MeldeV befreit. Darüber hinaus normiere § 15 Abs. 4 MeldeV, dass nur die Organe der Sicherheitsbehörden und Gemeinden von der Entrichtung der Verwaltungsabgabe nach Abs. 1 befreit seien.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass im Hinblick auf die Regelung des § 20 Abs. 3 MeldeG Organen der Gebietskörperschaften auf Verlangen die im Melderegister oder im Zentralen Melderegister enthaltenen Meldedaten zu übermitteln seien, wobei das Verlangen im konkreten Fall nur gestellt werden dürfe, wenn es für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bilde. Der Kostenbeitrag gemäß § 35a Steiermärkisches Krankenanstalten-Landesgesetz (KALG) werde von der Beschwerdeführerin nicht im eigenen Namen sondern vielmehr für den Steiermärkischen Krankenanstaltenfinanzierungsfonds (SKAFF) eingehoben. Dieser Fonds sei jedoch von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreit. Nicht nachvollziehbar sei die Feststellung der Behörde, dass diese Befreiung nur für den Fonds selbst, nicht jedoch für jemanden, der tatsächlich oder vermeintlich "im Namen" der Landesfonds bei der Meldebehörde einschreite, gelten soll. Die Beschwerdeführerin werde im Rahmen der Einbringung der Kostenbeiträge gemäß § 35a KALG als Organ der SKAFF tätig und verwirkliche somit einerseits den Tatbestand der Abgabenbefreiung hinsichtlich bundesgesetzlich geregelter Verwaltungsabgaben, andererseits müsse aber jedenfalls die Amtshilferegelung des § 20 Abs. 3 MeldeG zur Anwendung kommen. Bei der Beurteilung, ob jemand als Organ einer juristischen Person tätig werde, komme es nicht auf (dienst-)vertragliche oder sonstige formale Bindungen, sondern einzig und allein darauf an, ob jemand "funktionell organisatorisch" für die Körperschaft tätig werde. Im gegenständlichen Fall liege nicht nur tatsächlich eine derartige Einbindung der Beschwerdeführerin in den Landesfonds vor, sondern bestehe hiezu sogar eine gesetzliche Verpflichtung, da § 76 Abs. 3 KALG normiere, dass durch den Träger der Krankenanstalt, mithin durch die Beschwerdeführerin, zusätzlich zum Kostenbeitrag nach § 76 Abs. 1 leg. cit. von sozialversicherten Patienten der allgemeinen Gebührenklasse ein Beitrag von EUR 1,45 pro Verpflegstag einzuheben sei. Dieser Beitrag werde von den Trägern der Krankenanstalten expressis verbis für den SKAFF eingehoben, sodass insoweit jedenfalls von einer Abgabenbefreiung auszugehen sei. Es bestehe somit auch der Ausnahmetatbestand des § 20 Abs. 3 MeldeG zu Recht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten gemäß § 64 KAKuG hinsichtlich aller im Rahmen dieses Bundesgesetzes vorkommenden Eingaben, Beilagen, schriftlichen Ausfertigungen und Rechtsurkunden von Stempel- und Rechtsgebühren befreit seien. Die Beschwerdeführerin sei als Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Körperschaft privaten Rechtes, werde aber in Vollziehung der Gesetze somit funktionell als Organ einer Gebietskörperschaft tätig. Bei den in § 64 KAKuG angeführten Stempel- und Rechtsgebühren handle es sich jedoch um Gebühren, die für das Bundesministerium für Finanzen einzubehalten bzw. zu verrechnen seien; von diesen sei die Beschwerdeführerin befreit. Dies bedeute, dass sie weder eine Antragsgebühr noch eine Beilagengebühr zu leisten hätte. Bei den Abfragekosten handle es sich jedoch nicht um Stempel- und Rechtsgebühren, sondern um eine Verwaltungsabgabe nach der Meldegesetz-Durchführungsverordnung. Eine generelle Befreiung von Verwaltungsabgaben nach der genannten Vorschriften könne jedoch nicht gesehen werden. Die Amtshilferegelung des § 20 Abs. 3 MeldeG und die Bestimmung des § 16a Abs. 4 MeldeG seien hinsichtlich des Organbegriffs jedenfalls vor dem Hintergrund des Art. 22 B-VG zu sehen, der von einem organisatorischen Organbegriff ausgehe. Die Beschwerdeführerin sei organisatorisch kein Organ einer Gebietskörperschaft, wovon aber § 16a Abs. 4 MeldeG ausgehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Befreiung von der Entrichtung bzw. auf Unterbleiben der Vorschreibung von Abgaben bzw. Kosten für die Erteilung von Meldeauskünften bei Inanspruchnahme des Melderegisters verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie stehe im Alleineigentum des Landes Steiermark mit dem Auftrag, die Krankenpflege für anstaltsbedürftige Personen in öffentlichen Krankenanstalten (§ 24 Stmk. KALG) sicher zu stellen. Sie sei ein gemeinnütziges Unternehmen mit Betriebspflicht und Öffentlichkeitsrecht. Leistungen würden im Rahmen des Aufgabenbereiches des Landes Steiermark durch sie als Rechtsträger erbracht. Sie werde als Organ einer Körperschaft öffentlichen Rechts in Vollziehung der Gesetze tätig. Gemäß den §§ 35a und 76 KALG sei sie nämlich verpflichtet, von Patienten der allgemeinen Gebührenklasse, für deren Anstaltspflege Pflegegebührenersätze zur Gänze von einem Sozialversicherungsträger oder von einer Körperschaft öffentlichen Rechtes, welche für ihre Bedienstete eine Krankenfürsorge eingerichtet hat, getragen werden, einen gesetzlich vorgeschriebenen Kostenbeitrag einzuheben. Diese Einhebung und Einbringung dieses Kostenbeitrages erfolge nicht im eigenen Namen, sondern "expressis verbis" für den Steiermärkischen Krankenanstaltenfinanzierungsfonds (SKAFF), welcher gemäß eines Art. 15a B-VG-Vertrages im Rahmen der Neukonstruierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung einzurichten gewesen sei. Dieser Landesfonds sei von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreit. Nach Art. 11 dieses Vertrages seien die Kostenbeiträge Mittel des Landesfonds. Da dieser Fonds gänzlich abgabenbefreit sei, müsse auch der Beschwerdeführerin als den Kostenbeitrag einhebendes bzw. zur Einhebung gesetzlich verpflichtetes Organ diese Befreiung von Abgaben zugute kommen. Um die gesetzliche Verpflichtung gemäß § 35a iVm § 76 KALG bzw. die danach ihr übertragene Aufgabe erfüllen zu können und die Kostenvorschreibungen an die aktuellen Adressen der Patienten im Postwege zustellen zu können bzw. die Bezahlung dieser Beiträge exekutieren lassen zu können, sei die Beschwerdeführerin auf die Vornahme von Abfragen aus dem Melderegister angewiesen. Dies habe die belangte Behörde übersehen. Es komme die Bestimmung des § 78 AVG zum Tragen. Es gebe keine ausdrückliche Regelung, dass diese Bestimmung auf die beschwerdegegenständlichen Abgaben nicht angewendet werden dürfte. Die Beschwerdeführerin sei auch gemäß § 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 von der Entrichtung von (Stempel- und Rechts-)Gebühren befreit. Darunter fiele auch die Erteilung von Meldeauskünften. Auch gemäß § 64 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) sei die Beschwerdeführerin als Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten von allen Stempel- und Rechtsgebühren befreit. Man könne dem Gesetzgeber nicht unterstellen, zweimal inhaltlich idente "Gebührenfreiheitsbestimmungen" erlassen zu haben, weshalb die Regelung des § 64 KAKuG über Stempel- und Rechtsgebühren hinausgehen müsse. Auch Verwaltungsabgaben seien im Sinne der finanzwissenschaftlichen Terminologie als gebührenartige Geldleistungen zu bezeichnen bzw. einzustufen. Unter einer Gebühr sei in der Regel eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegende Gegenleistung für eine spezielle Leistung einer Gebietskörperschaft zu verstehen. Die finanzielle Gegenleistung für die Auskunftserteilung aus dem Melderegister sei angesichts dieser Aspekte unter den weitgezogenen Gebührenbegriff zu subsumieren, sodass Meldeauskünfte für die Beschwerdeführerin abgabenbefreit seien. Die Auskunftserteilung aus dem Melderegister sei unter die Begriffe "schriftliche Ausfertigungen und Rechtsurkunden" des § 64 KAKuG zu subsumieren. § 1 des Gebührengesetzes 1957 beziehe sich im Übrigen neben Schriften und Rechtsgeschäften ausdrücklich auch auf Amtshandlungen. Gemäß § 40 KALG hätten die Landesbehörden und die Gemeinden der Beschwerdeführerin zur Einbringung von Pflegegebühren, Kostenbeiträgen etc. Unterstützung zu leisten. Ebensolche Bestimmungen zur Rechts- bzw. Amtshilfeleistung seien im Meldegesetz in den §§ 20 Abs. 3 und 16a Abs. 4 MeldeG sowie Art. 22 B-VG enthalten. Rechts- und Amtshilfe sei per se niemals mit Abgaben belastet. Diese Rechts- und Amtshilferegelungen hätten im Falle der Beschwerdeführerin zur Anwendung zu kommen, weil sie im Rahmen der §§ 35a und 76 KALG als Organ des von landes- und bundesgesetzlichen Abgaben befreiten SKAFF tätig sei. Sie agiere dabei nicht vermeintlich für den SKAFF, sondern kraft rechtlicher Verpflichtung gemäß dem KALG bzw. organschaftlich. Daher sei sie unter diesen Gesichtspunkten bei Meldeauskünften abgabenbefreit. Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt habe, habe sie auch kein Ermittlungsverfahren dahingehend durchgeführt, ob oder allenfalls inwieweit die Meldeauskunftserteilung an die Beschwerdeführerin eine unmittelbare Voraussetzung der von ihr aufgezeigten und ihr obliegenden Vollziehung der Gesetze bilde und sie dafür folglich keine Verwaltungsabgaben zu entrichten habe. Die Meldeauskunftserteilung bilde eine unmittelbare Voraussetzung der der Beschwerdeführerin auferlegten Gesetzesvollziehung gemäß §§ 35a und 76 KALG. Die Einbringung des Kostenbeitrages gemäß den vorzitierten Gesetzesbestimmungen zähle zur Vollziehung der Gesetze im Sinne des § 78 AVG. Die belangte Behörde habe auch Ermittlungen dahingehend unterlassen, ob bzw. dass die Beschwerdeführerin als Organ des SKAFF tätig werde. Hätte die belangte Behörde diesbezüglich ordnungsgemäß ermittelt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die Beschwerdeführerin Organ des SKAFF bzw. Rechtsträger im Sinne des § 78 AVG sei und in Vollziehung der Gesetze (KALG) handle und damit abgabenbefreit sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin ist als Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Firmenbuchregister unter FN 49003b eingetragen. Alleiniger Gesellschafter ist das Land Steiermark. Im angefochtenen Bescheid wurde nicht festgestellt, welchen Gesellschaftszweck die Beschwerdeführerin erfüllt. Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin "in Vollziehung der Gesetze" tätig werde. Nähere Begründungsdarlegungen hiezu fehlen jedoch. Die Beschwerdeführerin geht ebenfalls davon aus, dass sie in Vollziehung der Gesetze tätig werde. Die Beschwerdeführerin beruft sich diesbezüglich auf den ihr übertragenen Auftrag, die Krankenpflege für anstaltsbedürftige Personen in öffentlichen Krankenanstalten sicherzustellen (Hinweis auf § 24 Stmk. Krankenanstaltengesetz 1999 - KALG). Um ihren gesetzlichen Verpflichtungen gemäß § 35a iVm § 76 KALG nachkommen zu können, sei sie auf Abfragen aus dem Melderegister angewiesen. Die Gebührenbefreiung ergebe sich aus § 64 KAKuG. § 78 AVG gelte auch für die beschwerdegegenständliche Gebühr.

Die Verwaltungsabgaben wurden der Beschwerdeführerin auf Grund der ihr gemäß § 18 Abs. 1 Meldegesetz 1991 erteilten Meldeauskunft vorgeschrieben.

Von folgender maßgeblicher Rechtslage ist auszugehen:

§ 64 Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957, in der Fassung BGBl. I Nr. 179/2004:

"§ 64. Die Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten sind hinsichtlich aller im Rahmen dieses Bundesgesetzes vorkommenden Eingaben, Beilagen, schriftlichen Ausfertigungen und Rechtsurkunden von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit. Die von den Pfleglingen zu entrichtenden Kostenbeiträge (§ 27a) sind kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Die Landesgesundheitsfonds sind von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben mit Ausnahme der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit."

§ 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 sieht vor, dass u.a. öffentlichrechtliche Körperschaften hinsichtlich ihres Schriftenverkehrs mit den öffentlichen Behörden und Ämtern von der Entrichtung von Gebühren befreit sind.

§ 18 Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992 in der Fassung BGBl. I

Nr. 10/2004 lautet auszugsweise:

"Meldeauskunft

§ 18. (1) Die Meldeauskunft hat auf Verlangen gegen nach Nachweis der Identität Auskunft zu erteilen, ob und zutreffendenfalls wo innerhalb des Bundesgebietes ein eindeutig bestimmbarer Mensch angemeldet ist. ...

(1a) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten kann eine Meldeauskunft auch im Datenfernverkehr aus dem Zentralen Melderegister unter Verwendung der Bürgerkarte (E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) verlangt und erteilt werden. Die Höhe der dafür zu entrichtenden Verwaltungsabgabe ist in der Verordnung gemäß § 16a Abs. 8 festzulegen.

...

(6) Für die Erteilung einer Meldeauskunft nach Abs. 1 sind Verwaltungsabgaben zu entrichten, die vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzusetzen sind."

§ 15 Meldegesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 66/2002 in der Fassung BGBl. II Nr. 247/2004, (MeldeV) lautet auszugsweise:

"Verwaltungsabgaben

§ 15. ...

(3) Für Meldeauskünfte gemäß § 18 Abs. 1 MeldeG und für Meldebestätigungen gemäß § 19 Abs. 2 MeldeG, die unter Inanspruchnahme des ZMR erteilt werden, sind Verwaltungsabgaben in der Höhe von 3 EUR zu entrichten. ...

...

(5) Handelt es sich bei abfrageberechtigten Stellen um Organe der Länder fällt die Verwaltungsabgabe gemäß Abs. 1 nicht an, wenn das jeweilige Land an den Betreiber einen Pauschalbetrag entrichtet. Der Betrag beträgt jährlich 0,02 EUR pro Einwohner des Landes. Die Einwohnerzahl bestimmt sich nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung. Der Betrag ist jeweils im ersten Quartal für das laufende Kalenderjahr zu entrichten."

§ 78 Abs. 1 und 2 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 117/2002 lauten:

"§ 78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare und mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.

(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1.090 EUR im einzelnen Fall festzusetzen sind."

Bezüglich der Meldeauskünfte gemäß § 18 Abs. 1 MeldeG ist in § 18 Abs. 6 MeldeG sowie in § 15 Abs. 3 MeldeV ausdrücklich normiert, dass es sich hierbei um Verwaltungsabgaben handelt. Im hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0082, (in diesem Erkenntnis ging es um die für die Auskunftserteilung durch Abfragen im Wege des Datenfernverkehrs zu entrichtenden Geldleistungen gemäß § 16a Abs. 8 MeldeG und § 15 MeldeV), hat der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich näher begründet ausgeführt, dass der Bundesgesetzgeber, wenn Befreiung von Gebühren und Abgaben eintreten soll, zwischen Stempel- und Rechtsgebühren nach dem Gebührengesetz einerseits und Bundesverwaltungsabgaben andererseits unterscheidet und eine ausdrückliche Regelung, dass § 78 AVG auf diese Verwaltungsabgaben nicht anzuwenden wäre, nicht vorliegt.

Es kommt daher auch im Beschwerdefall § 78 Abs. 1 zweiter Satz AVG zum Tragen. Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27. April 2004 ausgeführt, wenn eine Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, so sind es ebenso alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltungsweisen, seien sie auch bloß vorbereitender oder sonst hoheitlichen Zielsetzungen dienender Art, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen. Der Tätigkeitsbereich, der die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben zum Gegenstand hat, ist einheitlich als hoheitlich anzusehen, selbst wenn einzelne Teile dieser Aufgabe so erfüllt werden, wie sie für sich genommen nach dem äußeren Erscheinungsbild von jedermann vorgenommen werden könnten. Hervorzuheben ist im gegebenen Zusammenhang aus den im genannten Erkenntnis umfangreich zitierten Gesetzesmaterialien zu § 78 Abs. 1 zweiter Satz AVG (664 BlgNR XI. GP):

"Der allgemeine Ausdruck 'Rechtsträger' besagt, dass die Befreiungsbestimmung nicht nur für die Gebietskörperschaften, sondern auch für beliehene Unternehmungen (siehe Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechtes, Allgemeiner Teil, S. 68; Antoniolli, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 186) als Hoheitsträger gelten soll."

In Verkennung dieser Rechtslage hat die belangte Behörde keine Ermittlungen dahingehend geführt und auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob oder allenfalls inwieweit die Beschwerdeführerin bei Einholung der beschwerdegegenständlichen Meldeauskünfte als beliehenes Unternehmen in Vollziehung der Gesetze tätig war und die Beschwerdeführerin folglich nach den oben genannten Grundsätzen die Verwaltungsabgaben gegebenenfalls nicht zu entrichten hat. Im vorzitierten hg. Erkenntnis vom 27. April 2004 hat der Verwaltungsgerichtshof auch darauf hingewiesen, dass § 16a Abs. 8 MeldeG dem § 78 Abs. 1 zweiter Satz AVG nicht derogiert hat. Gleiches gilt für § 18 Abs. 6 MeldeG.

§ 78 Abs. 1 zweiter Satz AVG enthält für Rechtsträger, die zur Vollziehung der Gesetze berufen sind, eine an die Sache anknüpfende spezielle Regelung.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da in dem geltend gemachten Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthalten ist.

Wien, am 14. November 2006

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005050108.X00

Im RIS seit

05.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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