TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/14 2005/05/0260

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Veröffentlicht am 14.11.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs2;
AVG §69 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. P J in Wien, vertreten durch Dr. Florence Burkhart, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Kajetanerplatz 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 3. August 2005, Zl. SD 568/02, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war seit 24. Mai 1978  in 1090 Wien, S-Gasse 13, Stiege 1, Tür 7 angemeldet (der Meldezettel enthält den Vermerk "Hauptwohnsitz" auf Grund einer Berichtigung am 11. Juni 1979).

Der Beschwerdeführer wurde am 22. März 1999 von der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Alsergrund amtlich abgemeldet. Der Abmeldung lag laut Aktenvermerk des zuständigen Meldeamtes vom 12. Februar 1999 eine Mitteilung der Ehegattin des Beschwerdeführers zu Grunde, wonach der Beschwerdeführer infolge einer gerichtlichen Wegweiseverfügung seit Monaten diese Wohnung nicht mehr als Unterkunft nütze, eine Abmeldung jedoch verweigere.

Mit Schriftsatz vom 23. April 1999 erhob der Beschwerdeführer gegen die amtliche Abmeldung Einwendungen.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde die Gattin des Beschwerdeführers am 3. Mai 1999 als Zeugin einvernommen. Sie gab an, dass der Beschwerdeführer seit 22. Juni 1998 die eheliche Wohnung nicht mehr betreten habe. Am 14. Juli 1998 seien dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die restlichen Effekten (Computer, Akten, Büromaterialien etc.) übergeben worden. Es befänden sich keine Effekten des Beschwerdeführers in der Ehewohnung. Der Beschwerdeführer habe keine Möglichkeit, diese Unterkunft zu nutzen. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens fasste die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, am 27. September 1999 folgenden Bescheid:

"Das Melderegister der Bundespolizeidirektion Wien wird hinsichtlich Ihrer Meldung in Wien 9. S-Gasse 13/1/7 durch Eintragung der Abmeldung von Amts wegen berichtigt."

Die Behörde stützte sich bei ihrer Entscheidung auf § 11 des Meldegesetzes 1972. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer nutze die Wohnung an der angeführten Anschrift weder als Aufenthalts- noch als Wohnort. Eine Zeugeneinvernahme und weitere Erhebungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer an der angeführten Anschrift weder wohnhaft noch aufhältig sei.

Diesen Bescheid übernahm der Beschwerdeführer persönlich am 17. Dezember 1999.

Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 1999 wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Februar 2000 als verspätet zurückgewiesen, weil der Bescheid bereits durch Anschlag an der Amtstafel vom 27. September bis 11. Oktober 1999 zugestellt war.

Wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid durch Anschlag an der Amtstafel zugestellt.

Zu seiner Niederschrift vom 9. Oktober 2001 stellte der Beschwerdeführer den "Antrag auf Annullierung meiner Abmeldung hinsichtlich Adresse Wien 9, S-Gasse 13/7". Er begründete seinen Antrag damit, dass er über Betreiben seiner Ehefrau im Frühjahr 1999 amtlich abgemeldet worden sei. Die Abmeldung sei nach der gerichtlichen Wegweisung ohne sein Wissen und gegen seinen Willen erfolgt. Er betrachte die genannte Adresse nach wie vor als seinen Hauptwohnsitz und wolle diesen auch in Hinkunft beibehalten.

In einem Schreiben vom 6. März 2002, gerichtet an die MA 62, führt der Beschwerdeführer u.a. aus:

"Meine Frau hat - lt. schriftlicher Aussage der Wiener Polizei - aktiv meine Annullierung aus dem Melderegister betrieben, was auch im Polizeiakt Vm - Ma 302/A/99 festgehalten ist."

In einem an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben vom 12. April 2002 führte die zuständige Sachbearbeiterin der Magistratsabteilung 62 (MA 62) aus, dass auf Grund des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. September 1999 bezüglich der Abmeldung nach § 15 Meldegesetz gemäß § 68 Abs. 1 AVG nicht mehr entschieden werden dürfe, dem Beschwerdeführer jedoch die Möglichkeit offen stünde, einen schriftlichen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG bei Vorliegen der im Abs. 1 Z 1 bis 3 dieses Paragraphen abschließend aufgezählten Gründe zu stellen. Der Antrag sei jedoch gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung zwei Wochen vom Zeitpunkt, in dem vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt worden sei, und objektiv binnen drei Jahren ab Erlassung des Bescheides einzubringen.

Am 14. Mai 2002 stellte der Beschwerdeführer als Reaktion auf die Rechtsauskunft der MA 62 vom 12. April 2002 "nochmals den Antrag auf Annullierung der Annullierung, bzw. den Antrag auf Wiederaufnahme des Prüfungsverfahrens, da der widerrechtliche Abmeldungsbeschluss auf Verleumdungen und Lügen basierte, wobei der Wiener Polizei wohl der Vorwurf der aktiven Mittäterschaft nicht erspart bleiben kann".

Mit Schreiben vom 24. Mai 2002 erteilte die MA 62 dem Beschwerdeführer unter Androhung der Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG einen Auftrag zur Verbesserung dieses Wiederaufnahmeantrages. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer am 14. Juni 2002 nach. In der von der MA 62 verfassten Niederschrift über diese Verbesserung wurde festgehalten:

"Dr. P. J. (Beschwerdeführer) erscheint zum ausgemachten Termin mit seinem Rechtsberater (...), wobei darauf hingewiesen wird, dass bloß eine beratende Tätigkeit und keine Vertretungstätigkeit im gegenständlichen Verfahren entfaltet wird.

Zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages vom 14.5.2002 und der weiteren Schriftstücke bringt (Beschwerdeführer) vor, dass er erst am 7.6.2002 davon Kenntnis erlangt hat, dass seine Ehefrau Mag. Paula J. am 12.2.1999 vor der BPD Wien angegeben hat, er verweigere zu Unrecht die Abmeldung. Dies ist deshalb unrichtig, weil (Beschwerdeführer) die Unterkunft 1090 Wien S-Gasse 13/7, niemals aufgegeben hat. Es liegt daher eine unrichtige Zeugenaussage der Mag. Paula J. vor, von der (Beschwerdeführer) erst am 7.6.2002 Kenntnis erlangt hat.

Weiters weise ich darauf hin, dass es bei der früher zuständigen Behörde der BPD Wien mehrfach auf Grund von begründeten Argumenten ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zuletzt am Donnerstag, den 11.10.2001, protokolliert von Dr. Gstettner (Journalbeamter der BPD Wien 9) ... zugeschlagen wurde.

Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf die bisher vorgebrachten Begründungen, im besonderen auf die unwahre Zeugenaussage der Mag. Paula J. in der Niederschrift vom 3.5.1999, insbesondere trifft nicht zu, dass sämtliche Effekten des (Beschwerdeführer) aus der gegenständlichen Wohnung entfernt worden wären. Richtig ist vielmehr, dass noch immer 80 % jener Gegenstände sich in der Wohnung befinden, die sich vor der Wegweisung dort befunden haben.

..."

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 62, vom 2. Juli 2002 wurden die "Anträge (des Beschwerdeführers) vom 9. 10. 2001 und 14. 5. 2002 auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der amtlichen Abmeldung von der Adresse Wien 9, S-Gasse 13/1/7, durch rechtskräftigen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. 9. 1999, (...) abgewiesen". Die Behörde hätte im Jahre 1999 auch ohne die Zeugenaussage der Gattin des Beschwerdeführers einen gleich lautenden Bescheid erlassen bzw. sei die vom Beschwerdeführer behauptete falsche Zeugenaussage nicht ursächlich für die Entscheidung der Bundespolizeidirektion Wien gewesen. Der Verweis auf die Zeugenaussage der Ehegattin des Beschwerdeführers in der Begründung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. September 1999 habe sich auf die wahre Behauptung dieser Zeugin bezogen, dass der Beschwerdeführer seit seiner Wegweisung die Wohnung nicht mehr betreten habe. Neue Beweismittel seien nicht hervorgekommen, es lägen daher keine relevanten Wiederaufnahmegründe vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Oktober 2001 als unzulässig und jener vom 14. Mai 2002 gemäß § 69 Abs. 2 AVG als verspätet zurückgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer habe in einem Schriftsatz vom 6. März 2002 betreffend die "Annullierung der Annullierung" bzw. "Reaktivierung im Melderegister Wien" expressis verbis ausgeführt, dass seine Frau aktiv seine Annullierung aus dem Melderegister betrieben habe; dies sei auch im Polizeiakt festgehalten worden. Auch in einem weiteren E-Mail vom 17. März 2002 habe der Beschwerdeführer u.a. geltend gemacht, dass die von seiner Frau betriebene amtliche Abmeldung nur durch eine "amtliche Richtigstellung" und "Reaktivierung seiner Person im Melderegister " möglich sei. Die Ausführungen des Beschwerdeführers vom 14. Juni 2002, dass er erst am 7. Juni 2002 von den Angaben seiner Ehefrau Kenntnis erlangt habe, stünden mit dem Akteninhalt sohin eindeutig im Widerspruch. Der Beschwerdeführer habe daher die im § 69 Abs. 2 AVG normierte zweiwöchige Frist für einen Antrag auf Wiederaufnahme nicht eingehalten. Bezüglich des Antrages vom 9. Oktober 2001 sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer diese Eingabe erst im Nachhinein als Wiederaufnahmeantrag deklariert habe, er im gegenständlichen Verfahren aber in denkunmöglicher Weise deponiert habe, vom Wiederaufnahmegrund am 7. Juni 2002 Kenntnis erlangt zu haben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 69 AVG hat

folgenden Wortlaut:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."

Gemäß § 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG) in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 151/2004, sind die Bürgermeister Meldebehörden. Gemäß Abs. 2 entscheiden über Berufungen gegen Bescheide der Meldebehörden in letzter Instanz die Sicherheitsdirektionen.

Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht zwar die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat. Hat jedoch eine höhere Instanz lediglich eine prozessuale Entscheidung gefällt (z.B. wie im Beschwerdefall durch Zurückweisung der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. September 1999 wegen Verspätung), so ist sie, wenn es um eine Wiederaufnahme in merito geht, nicht die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat. Hat sich die Zuständigkeit der Behörden zwischenzeitlich geändert (nunmehr sind gemäß § 13 des MeldeG die Bürgermeister im übertragenen Wirkungsbereich zuständige Meldebehörde), so ist jene Behörde zur Entscheidung über die beantragte Wiederaufnahme zuständig, die nach der bestehenden neuen Rechtslage zur Entscheidung berufen wäre (vgl. hiezu Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 8. Auflage, Rz 599).

Für die Beurteilung der Frage, ob einem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben ist, sind allein die innerhalb der Frist des § 69 Abs. 2 AVG vorgebrachten Wiederaufnahmegründe maßgebend (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. März 2006, Zl. 2006/02/0038). Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages trägt der Antragsteller. Er hat bereits im Antrag bekannt zu geben, wann er vom behaupteten Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat; unterlässt er dies, so hat die Behörde gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Behebung dieses inhaltlichen Mangels zu veranlassen. Sie kann den Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgewiesen wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2005, Zl. 2005/12/0114).

Im Beschwerdefall hat die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer am 24. Mai 2002 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG einen Verbesserungsauftrag erteilt. Fristgerecht hat der Beschwerdeführer am 14. Juni 2002 vor der Behörde erster Instanz den Wiederaufnahmsgrund konkretisiert und zur Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmsantrages ausgeführt, dass er erst am 7. Juni 2002 davon Kenntnis erlangt habe, dass seine Ehegattin am 12. Februar 1999 eine falsche Zeugenaussage abgegeben habe, die zur Erlassung des Bescheides am 27. September 1999 geführt habe.

Hiezu hat die belangte Behörde zutreffend ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer die Aussagen der Ehegattin (insbesondere auch die Zeugenaussage vor der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund vom 3. Mai 1999), die auch Grundlage des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. September 1999 waren, viel früher, spätestens jedoch am 17. März 2002 (nach dem vorliegenden Verwaltungsakt schon am 6. März 2002) bekannt waren.

Der Wiederaufnahmeantrag vom 14. Mai 2002 war daher jedenfalls gemäß § 69 Abs. 2 AVG verspätet, weil der Beschwerdeführer von dem von ihm geltend gemachten Wiederaufnahmegrund bereits länger als zwei Wochen vor Einbringung des Wideraufnahmeantrages Kenntnis erlangt hatte.

Der Antrag vom 9. Oktober 2001 ist kein Wiederaufnahmeantrag im Sinne des § 69 AVG. Jedenfalls wurde vom Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet, aus welchem geschlossen werden könnte, dass diesem Antrag Wiederaufnahmsgründe im Sinne des § 69 Abs. 1 AVG zu Grunde liegen, die von ihm rechtzeitig geltend gemacht worden wären.

Die Behauptung in der Beschwerde, der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, vom 27. September 1999 sei dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden, stimmt mit der Aktenlage nicht überein.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides war die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 62, vom 2. Juli 2002. In diesem Wiederaufnahmeverfahren hatten die Behörden zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, vom 27. September 1999 abgeschlossenen Verfahrens vorliegen. Die Rechtmäßigkeit der mit dem zitierten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. September 1999 im Grunde des § 15 Abs. 2 MeldeG ausgesprochenen Abmeldung des Beschwerdeführers von seiner Unterkunft war somit nicht Sache des angefochtenen Bescheides. Insoweit in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Mängel des Verfahrens betreffend die von Amts wegen erfolgte Abmeldung des Beschwerdeführers behauptet werden, kann daher dem angefochtenen Bescheid erfolgreich keine Rechtswidrigkeit angelastet werden.

Hinzuweisen ist darauf, dass es bei der Abmeldung nach dem Meldegesetz allein auf das tatsächliche Nichtbenützen der Unterkunft ankommt ohne Rücksicht auf die dahinterstehenden Gründe.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all), erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2002/05/1519 mwN). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Wien, am 14. November 2006

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Verbesserungsauftrag Nichtentsprechung ZurückweisungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005050260.X00

Im RIS seit

30.11.2006

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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