TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/20 2003/17/0206

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Veröffentlicht am 20.11.2006
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

B-VG Art139;
B-VG Art140;
MOG 1985 §101 idF 2001/I/108;
MOG MilchGarantiemengenV 1999 §33 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde 1. der MV und

2. des AV, beide in P, beide vertreten durch Mag. Manfred Schaffer, Rechtsanwalt in 5452 Pfarrwerfen, Dorfwerfen 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 17. April 2003, Zl. 17.274/339-I/7/03, betreffend endgültige Zuteilung einer Direktverkaufs-Referenzmenge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem landwirtschaftlichen Betrieb der Erstbeschwerdeführerin wurde mit 1. April 1999 eine Milch-Direktverkaufs-Referenzmenge von 40.000 kg provisorisch zugeteilt. Zuzüglich einer bereits endgültig zugeteilten Direktverkaufs-Referenzmenge aus früheren Antragsverfahren stand diesem Betrieb für den Zwölfmonatszeitraum 1999/2000 eine Direktverkaufs-Referenzmenge von insgesamt

82.983 kg zu.

Bei einer am 16. und 17. Jänner 2002 stattgefundenen Vorortkontrolle der Direktverkaufs-Referenzmenge für den Zwölfmonatszeitraum 2000/2001 wurden den Prüforganen Aufzeichnungen über den Verkauf von Milch und Milchprodukten in Höhe von 72.100 kg vorgelegt. Diese Absatzmenge erschien jedoch den Prüfern nicht plausibel. Ihre Schätzung ergab eine Direktvermarktungsmenge von nur 42.008 kg.

Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 22. August 2002 wurde unter Hinweis auf das Ergebnis der Vorortkontrolle eine zusätzliche Direktverkaufs-Referenzmenge von nur 9.226 kg per 1. April 2001 endgültig zugeteilt und ein Anteil von 30.774 kg der provisorischen Direktverkaufs-Referenzmenge des Zwölfmonatszeitraums 2000/2001 per 1. April 2001 der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung gemäß § 289 BAO in Verbindung mit "§ 33 Abs. 2 Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999, BGBl. II Nr. 28/1999", ab.

Die belangte Behörde ging dabei im Wesentlichen davon aus, dass die im Rahmen der Vorortkontrolle vorgelegten Aufzeichnungen über den Verkauf von Milch und Milchprodukten in Höhe von

72.100 kg auf Grund der Produktionsgrundlagen des Betriebes nicht dem möglichen Ausmaß an Direktvermarktungen entsprechen würden. Im Zwölfmonatszeitraum 1999/2000 habe die Direktvermarktung von Milch- und Milchprodukten noch 42.083 kg ausgemacht. Ein sprunghafter Anstieg des Absatzes auf 72.100 kg (das entspreche einer Steigerung von 68 %) im Zwölfmonatszeitraum 2000/2001 habe nicht ausreichend belegt werden können. Aus den vom örtlichen Zuchtverband bekannt gegebenen Daten des Betriebes ergebe sich zwar eine deutlich gesteigerte Herdenleistung, diese stelle aber für die gemeldete Steigerung des Direktverkaufs noch keine ausreichende Produktionsgrundlage dar; es habe keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für eine noch höhere Milchleistung gegeben. Die Einwände, dass die Daten des Zuchtverbandes unvollständig seien und dessen Messungen teilweise zu Zeiten von Fütterungsumstellungen bzw. von einem hohen Anteil von im Östrus befindlichen Tieren stattgefunden hätten, seien unbeachtlich. Auch mache der Umstand, dass in ihrem Betrieb ein Fremdenverkehrsprojekt, nämlich das "EU-Museumsprojekt 7-Mühlen" angelaufen sei, die geltend gemachte Steigerung des Direktverkaufs nicht plausibel. Die angegebene Produktions- und Absatzsteigerung sei bereits ausreichend im Rahmen der erstinstanzlichen Entscheidung berücksichtigt worden. Eine darüber hinausgehende Absatzsteigerung widerspreche den bestehenden Produktionsgrundlagen sowie den Absatzmöglichkeiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Spruchpunkt I. des Erkenntnisses vom 11. Oktober 2006, G 50/06-11, G 51-53/06-15, V 28/06-11 und V 29-31/06-15, wurde in § 101 Marktordnungsgesetz 1985, BGBl. Nr. 210/1985 idF BGBl. I Nr. 108/2001, die Wortfolge "Referenzmengen," als verfassungswidrig aufgehoben, wobei die Aufhebung mit Ablauf des 30. Juni 2007 in Kraft tritt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung auf die am 11. Oktober 2006 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

Mit Spruchpunkt II. des genannten Erkenntnisses wurde die Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 in ihrer Stammfassung BGBl. II Nr. 28/1999 sowie in den Fassungen BGBl. II Nr. 188/2003 und BGBl. II Nr. 390/2003 als gesetzwidrig aufgehoben, wobei diese Aufhebung ebenfalls mit Ablauf des 30. Juni 2007 in Kraft tritt. Weiters wurde ausgesprochen, dass die aufgehobene Verordnung in allen von der Aufhebung erfassten Fassungen auf die am 11. Oktober 2006 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden ist.

Der vorliegende Beschwerdefall war bereits am 11. Oktober 2006 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Damit ist die Anlassfallwirkung auch auf ihn erstreckt.

Dem angefochtenen Bescheid - der seinen Abspruch auf § 33 Abs. 2 der Milch-Garantiemengen-Verordnung 1999 stützt - wurde somit die rechtliche Grundlage entzogen, sodass er schon deswegen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 20. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2003170206.X00

Im RIS seit

19.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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