TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/14 2006/18/0019

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Veröffentlicht am 14.12.2006
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12 Abs8;
AuslBG §2 Abs5;
AuslBG §24;
FrG 1997 §89 Abs1a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des S S, (geboren 1971), in W, vertreten durch Mag. Astrid Wagner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 6. Dezember 2005, Zl. 143.910/2-III/4/05, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 6. Dezember 2005 wurde der vom Beschwerdeführer, einem indischen Staatsangehörigen, am 4. August 2003 gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit )für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - selbständig, § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG") gemäß §§ 14 Abs. 3, 18 Abs. 1a, 19 Abs. 1 und 22 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG abgewiesen.

Die Erstbehörde habe die Landesgeschäftstelle des Arbeitsmarktservice Wien um Erstellung eines Gutachtens gemäß § 24 AuslBG ersucht. Die Landesgeschäftstelle habe in ihrem Gutachten vom 10. Jänner 2005 festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 24 AuslBG zu werten sei. Die Darstellung im genannten Gutachten ergebe, dass der Beschwerdeführer der persönlich haftende Gesellschafter einen näher genannten KEG wäre. Der Geschäftszweig der KEG würde Marktfahrer lauten. Es könnte nicht mit einer Beschäftigung von Dienstnehmern in einem für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen maßgeblichen Umfang gerechnet werden. Auf den Transfer von Investitionskapital in einem für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen maßgeblichen Umfang könnte nicht geschlossen werden. Zu § 24 AuslBG hätte daher kein positives Gutachten abgegeben werden können.

In der Folge habe die Erstbehörde den besagten Antrag mit Bescheid vom 2. Mai 2005 gemäß § 89 Abs. 1a FrG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben und eingewendet, dass er beabsichtigen würde, seine Tätigkeit als Marktfahrer auszuweiten. Der Berufung könne nicht entnommen werden, dass der Beschwerdeführer nunmehr die Erfordernisse des § 24 AuslBG erfüllte. Dies sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. September 2005 mitgeteilt worden. In seiner hiezu erstatteten Stellungnahme vom 29. September 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, er würde beabsichtigen, sein Gewerbe insoweit auszuweiten, als er durch den Ankauf von weiteren Fahrzeugen und Ausweitung seiner Marktstände naturgemäß genötigt sein würde, seinen Personalstand zu erweitern, was einen positiven und auch gesamtwirtschaftlichen Nutzen nach sich ziehen würde.

Die belangte Behörde habe den vorliegenden Sachverhalt auf dem Boden der Aktenlage, des besagten schlüssigen Gutachtens vom 10. Jänner 2005 und der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 29. September 2005 angenommen. Vor diesem Hintergrund stehe für die belangte Behörde im Hinblick auf die Kriterien für selbständige Schlüsselkräfte fest, dass die vom Beschwerdeführer angestrebte selbständige Erwerbstätigkeit keinesfalls als die einer Schlüsselkraft angesehen werden könne. Dabei sei anzumerken, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die seinerzeitige Judikatur der Höchstgerichte zu § 5 Abs. 2 AufG nicht an die Feststellung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gebunden sei. Als Schlüsselkräfte würden Fremde gelten, die über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügten. Zusätzlich müsse mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Die beabsichtigte Beschäftigung habe eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt, die beabsichtigte Beschäftigung trage zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei, der Fremde übe einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebs (Führungskraft) aus oder die beabsichtigte Beschäftigung habe einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge.

Der Beschwerdeführer beabsichtige in Österreich als persönlich haftender Gesellschafter der genannten KEG selbständig erwerbstätig zu werden. Der Geschäftszweck dieser KEG laute Marktfahrer. Auf Grund der von ihm im Verfahren vorgelegten Unterlagen sei mit der vom Beschwerdeführer beabsichtigten selbständigen Tätigkeit kein Transfer von Investitionskapital nach Österreich verbunden. Die nachhaltige Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen habe trotz der Absichten des Beschwerdeführers nicht nachvollzogen werden können. Somit könne in der vom Beschwerdeführer beabsichtigten Tätigkeit kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG erkannt werden, eine ökonomische Gesamtbedeutung scheine nicht gegeben. Vielmehr schienen die beruflichen Aktivitäten des Beschwerdeführers, die sich primär im Anbieten der eigenen Arbeitskraft erschöpften, ausschließlich im persönlichen Interesse zu liegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltendmachende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier relevanten Bestimmungen des § 89 FrG sowie der §§ 2, 12 und 24 AuslBG (samt Überschriften) lauten wie folgt:

"Sachliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen

§ 89. ...

(1a) Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen für Schlüsselkräfte (§ 18 Abs. 1 Z 1, § 18 Abs. 1a) trifft der Landeshauptmann gemäß den Vorschriften der §§ 12 und 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle (§ 12 Abs. 4 AuslBG) oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle (§ 24 AuslBG) des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag gemäß § 10 Abs. 1 oder § 14 Abs. 2 abzuweisen oder gemäß § 22 Abs. 2 zurückzuweisen ist. Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 Abs. 5 AuslBG) in Rechtskraft, so ist das Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft formlos einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (§ 24 AuslBG) negativ, so hat der Landeshauptmann den Antrag ohne weiteres abzuweisen. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörde mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden."

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(5) Als Schlüsselkräfte gelten Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 vH der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung."

"Sonderbestimmungen für die Neuzulassung von Schlüsselkräften

§ 12. ...

(8) Die Zulassung von selbständigen Schlüsselkräften erfolgt gemäß den Vorschriften des § 89 Abs. 1a FrG und des § 24."

"Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte

§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 89 Abs. 1a FrG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

2.1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen ein, die belangte Behörde habe sich mit seiner Stellungnahme vom 29. September 2005 in keiner Weise auseinandergesetzt, sondern nur auf das abschlägige in Rede stehende Gutachten verwiesen, das nicht alle in der Stellungnahme genannten Umstände erfasse und zudem lediglich eine Entscheidungsgrundlage, aber "kein Präjudiz" darstelle. Weiters gehöre es zu den de facto unmöglichen Prognosen, wie sich ein bestimmtes Unternehmen künftig entwickeln werde.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er persönlich haftender Gesellschafter einer KEG ist, deren Geschäftszweig "Marktfahrer" lautet. Wenn er dem oben wiedergegebenen Gutachten in seiner Berufung sowie in der genannten (nach Ausweis der Verwaltungsakten mit der Berufung im Wesentlichen wortgleichen) Stellungnahme vom 29. September 2005 damit entgegentrat, dass dieses Gutachten auf seine Geschäftstätigkeit in keiner Weise Bedacht nehme und es keinen Hinweis darauf gebe, dass es ihm nicht gelingen sollte, schon innerhalb kurzer Zeit sein Gewerbe als Marktfahrer insoweit auszuweiten, als er durch den Ankauf weitere Fahrzeuge und Ausweitung seiner Marktstände naturgemäß genötigt sein würde, seinen Personalstand zu erweitern, was einen positiven, auch gesamtwirtschaftlichen Nutzen nach sich ziehen würde, vermochte er die Schlüssigkeit dieses Gutachtens nicht zu erschüttern. Dies schon deshalb, weil er keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorbrachte, dass er tatsächlich in der Lage sein werde, sein Gewerbe als Marktfahrer in dem von ihm genannten Sinn auszuweiten. Im gegebenen Zusammenhang reicht es nicht aus, dass kein gegen eine solche Ausweitung sprechender Hinweis vorliege, vielmehr wäre es geboten gewesen, zu bescheinigen, dass der Beschwerdeführer bereits konkrete Schritte unternommen habe, um seine geschäftliche Tätigkeit auszuweiten. Auch aus dem weiteren (bloßen) Hinweis in seinen genannten Schriftsätzen, dass er in einem Geschäftsbereich tätig sei, in dem der Erfolg unternehmerischer Tätigkeit zum überwiegenden Ausmaß von der Person und den Fähigkeiten des Unternehmers abhänge, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die beabsichtigte Ausweitung erfolgen würde. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten waren - im Gegensatz zur Behauptung in der Beschwerde - den genannten Schriftsätzen auch keine die Absichten des Beschwerdeführers stützenden Bescheinigungsmittel angeschlossen, solche wurden dort auch nicht angeboten. Es kann somit nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde ihre Beurteilung auf das besagte Gutachten stützte. Auf dem Boden des Gesagten ist schließlich für den Beschwerdeführer mit seiner Meinung, es gehöre zu den de facto unmöglichen Prognosen, wie sich ein bestimmtes Unternehmen künftig entwickeln werde, nichts gewonnen.

3. Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. Dezember 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006180019.X00

Im RIS seit

22.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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